Carl Amery
Herausgeber

 

Briefe
an den
Reichtum

 

2005 bei Luchterhand

 

2005   

272 Seiten

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Umweltbuch  


Amery-2002 

Amery-2007


Herbert Schui

 

 "Die Absicht dieses Buches ist schlicht Aufklärung. Aufklärung über Tatstände des Reichtums, die für das Weiterleben der Menschheit so krisenhaft wichtig sind wie nie zuvor. (...)

Die laufende Plünderung des Planeten kritiklos hinzunehmen und Leuten, welche solche Entwicklungen verbrecherisch nennen, Sozialneid vorzuwerfen, zeugt von einer kollektiven Begriffs­stutzigkeit, die wir uns nicht leisten können."

(Vorwort)


penguin.de/Buch/Briefe-an-den-Reichtum/Carl-Amery/Luchterhand-Literaturverlag/e141204.rhd   Leseprobe

 

deutschlandfunk.de/carl-amery-hrsg-briefe-an-den-reichtum-100.html  Kritik


 

Inhalt          Inhalt.pdf      Leseprobe    dlf-Kritik-2005

 

Carl Amery # Von deutlicher Rede # Statt eines Vorworts (9-18)


Grundkurs

21 Andreas Eschbach # An Max Mustermann # Zeugt Geld? Arbeitet Geld? Rat für einen ziemlich ratlosen neuen Bankkunden

36 Basilius der Große # Rede an die Reichen


Herz der Finsternis

39 Harald Schumann # An Mr. Gent # Eine Analyse des Vodafone-Skandals

60 Oskar Negt # An Heinrich von Pierer # Von der Wirtschaft gegen den Menschen

85 Freda Meissner-Blau # An den Prinzen Pahlevi # Das Kriminalregister einer jungen Dynastie


Historisches und Kollaterales

111 Karl Gaier # An die Großgrundbesitzer # Der Todeskuss des Kapitalismus für den Wald

129 Harald Grill # An Silvio Berlusconi # Ratschläge aus dem Bayerischen Wald an einen Lebenskünstler

145 Hermann Scheer # An Prof. Dr. Axel Börsch-Supan # Der Platz der »gefälligen Wissenschaft" in der Welt des Reichtums

160 Gottfried Fischborn # An Alberto Vilar # Fallstricke des Mäzenatentums

171 Rupert Neudeck # An Oliver Kahn # Wie ein Millionärs-Entertainer wirklich wichtig werden könnte

181 Ogden Nash # Geht auf meine Rechnung


Therapien

185 Hans Olbrich # An einen jungen Freund # Ermunterung zum Abstand

196 Margrit Kennedy # An eine Erbin # Empfehlung einer höchst praktischen Alternative

216 Ulrich Duchrow # Ein Briefwechsel zwischen Arm und Reich und seine Folgen  # Wie kommt ein Kamel durchs Nadelöhr?

258 Christian Morgenstern # Die Probe


259 Carl Amery  # An den Bundespräsidenten # Statt eines Nachworts

267 Die Absender # Zu den Autoren

 


 

Kurzbeschreibung 

Während es über die Probleme der Armut jede Menge Diskussionen gibt, ist es dem Reichtum gelungen, inmitten unserer Gesellschaft sozusagen als verschleiertes Idol zu existieren. Dank der PR-Offensive des Kapitalismus, die jede genauere Nachfrage als Sozialneid disqualifiziert, gibt es überraschend wenig zuverlässige Informationen über Art und Umfang des Reichtums.

Die »Briefe an den Reichtum« lüften ein paar Zipfel dieses Schleiers. Die Motivation der Absender ist kein Sozialneid, aber Zorn. Zorn insbesondere, wenn der Brief an die neue Geldaristokratie gerichtet ist. Dieser neue Geldreichtum, der flexibelste und unpersönlichste der Geschichte, hat ältere, oft prunkvollere, aber weniger ertragreiche Formen des Reichtums wie etwa den Grundbesitz an den Rand gedrängt und bildet als »Herz der Finsternis« den Kern des Buches.

Aber um ihn herum ist eine Girlande von weiteren Briefen angeordnet, von Grundkursen in Geldwirtschaft bis zu Möglichkeiten der Therapie von der Unbill des Reichtums. Damit kann das Gespräch über den Reichtum in einer neuen Atmosphäre fortgeführt werden, ohne Angstgeruch und ohne Ergebenheit.

»Unter den Absendern«:

Andreas Eschbach, Margit Kennedy, Frieda Meissner- Blau, Oskar Negt, Rupert Neudeck, Hermann Scheer, Harald Schumann. »Unter den Empfängern«: Silvio Berlusconi, Mr. Gent, Herr v. Pierer, Oliver Kahn, Baron v. Oppenheim, Alberto Vilar, Carl Christian von Weizsäcker.

"Mit dem Reichtum fertig zu werden ist auch ein Problem." Ludwig Erhard

"Amerys Buch ist eine brillant geschriebene Provokation, anschaulich, mitreißend, voll desillusionierter Analysen und kluger Beobachtungen." Bayerischer Rundfunk zu Global Exit

Carl Amery, Schriftsteller und politischer Ökonom, hat Autoren wie Oscar Negt aufgefordert, Briefe an reiche "Menschen zu formulieren. Das Ergebnis ist ein äußerst heterogener Chor, dessen Basso continuo heißt: Reichtum ist nicht einfach der Gegensatz von Armut. Reichtum schafft vielmehr Armut, indem er weltweit seine Selbstvermehrung betreibt." Financial Times Deutschland


Während es über die Probleme der Armut jede Menge Diskussionen gibt, ist es dem Reichtum gelungen, inmitten unserer Gesellschaft weiterhin gleichsam als verschleiertes Idol zu existieren.

Kritik wird nur allzu leicht als Sozialneid disqualifiziert.

Carl Amery will mit der Herausgabe von <Briefe an den Reichtum> diese Verschleierung und Verklärung des Reichtums hinterfragen. So erklärt er in seinem Vorwort:

"Die Absicht dieses Buches ist schlicht Aufklärung. Aufklärung über Tatstände des Reichtums, die für das Weiterleben der Menschheit so krisenhaft wichtig sind wie nie zuvor. (...) Die laufende Plünderung des Planeten kritiklos hinzunehmen und Leuten, welche solche Entwicklungen verbrecherisch nennen, Sozialneid vorzuwerfen, zeugt von einer kollektiven Begriffsstutzigkeit, die wir uns nicht leisten können."

Mit dreizehn prominenten Theoretikern und Autoren (u.a. Oskar Negt, Hermann Scheer, Rupert Neudeck, Margrit Kennedy, Andreas Eschbach) will Amery in seinem jüngsten Buch dem Reichtum ins Gewissen reden.

Die dreizehn Briefe an den reichen Jedermann (u.a. Silvio Berlusconi, Mr. Gent, Herr v. Pierer, Oliver Kahn, Alberto Vilar, Carl Christian von Weizsäcker) wollen Anklage, Aufbegehren und Standortbestimmung sein: Wie verhält es sich mit dem Reichtum in unserer Republik?

Prof. Dr. Franz-Theo Gottwald, Vorstand
Verena Walterspiel, Projektleitung
www.schweisfurth.de 


Mit welchen Themen wenden sich die 13 Autoren an den Reichtum, bzw. an die Reichen?

Zu Beginn hat Andreas Eschbach Max Mustermann bei einem Beratungsgespräch in der Bank belauscht. Nun erklärt er ihm, wie das funktioniert, wenn Geld arbeitet und sich vermehrt. Auf diese Weise gerät der Grundkurs über Zins und Zinseszins zu einer vergnüglichen Lektüre. Dieser heitere Ton zieht sich durch fast alle Beiträge.

Da erzählt der Journalist Harald Schumann den Vodaphone Skandal nach und endet nicht etwa mit einer empörten Moral, sondern mit der - offensichtlich - nicht ernst gemeinten Aufforderung an Mr. Gent: „Könnten Sie sich da nicht mal wieder was Neues einfallen lassen? Sie sind doch jetzt in der Pharmabranche. Da könnte man bestimmt einen tollen Skandal drehen, was meinen Sie? Vielleicht können wir das mal in irgendeiner Flughafen-Lounge vertraulich besprechen."

Auch so kann man ausdrücken, dass die Affäre um die Mannesmannübernahme vielen die Augen geöffnet hat. Auf die gleiche zweifelhafte Weise lobt Harald Grill Silvio Berlusconi für seine geschickten bis dreisten Bereicherungscoups. Trotzdem ist der ernste, ja bedrohliche Hintergrund nicht zu übersehen. Einer der Autoren schreibt sogar unter Pseudonym, weil er sonst um seinen Arbeitsplatz fürchten muss, wie er einleuchtend darlegt.

Die letzten drei Briefe an dem Reichtum sind dem Thema Therapien gewidmet. Natürlich sind dort keine Patentlösungen vorgeschlagen, aber Anstöße zum Weiterdenken und Weiterhandeln.

 Der letzte Brief an den Bundespräsidenten, den Carl Amery statt eines Nachworts geschrieben hat, hat schon Wirkung gezeigt. Im November hat Horst Köhler Amery zu Hause besucht.

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Amazon -- Andreas Vierecke

Carl Amery ist ein ernster Mensch. Die Themen, die ihn bewegen, sind bedeutungsschwer. Aber: Carl Amery ist vor allen Dingen auch ein Mann mit Humor. Und ein Mann, müßig dies zu erwähnen, der eine glänzende Feder führt -- und beizeiten eine außerordentlich spitze obendrein!

Und weil Carl Amery auch noch viele andere kluge Frauen und Männer des Geistes und des Wortes kennt, hat er als Autoren für die hier versammelten, ebenso ernsten wie heiteren Mahnschreiben an den Reichtum Mitautoren gefunden, die ganz in seinem Sinne souverän decouvrieren, was eigentlich so obszön an unserem heutigen Reichtum ist. Adressaten der klugen Briefe sind unter anderen der uns allen bekannte "Max Mustermann" (den Andreas Eschbach über die wahren Hintergründe der Zinswirtschaft aufklärt, nachdem er hat mit anhören müssen, was ein Bankberater ihm so alles eingeflüstert hat), der Mannesmann-Aufkäufer Chris Gent, der Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann oder der frühere Siemens-Chef Heinrich von Pierer (dem Oskar Negt die Leviten liest).

Ganz ohne den Kapitalismuskritikern so gerne vorschnell unterstellten Neid zeigen Amery und seine Mitstreiter, wes schwachen Geistes Kind in Wahrheit doch all jene sind, die uns fortwährend weismachen wollen, dass das Leben und die Welt nach einem einzigen Prinzip (und wirklich nur nach diesem) funktionierten, nämlich dem der Kapitalakkumulation. Erstaunlich nicht nur, dass diesen Leuten so viele Menschen Glauben schenken, viel erstaunlicher noch, dass sie selbst ernsthaft zu glauben scheinen, dass sich alles zum Besseren fügte, wären wir nur endlich rückhaltlos bereit, die Welt nach den Notwendigkeiten einzurichten, die sie uns diktieren.

Zum Besseren freilich fügt sich so in Wahrheit gar nichts! Das macht jeder einzelne Brief dieses überaus lesenswerten Bandes auf seine Weise deutlich.

Bei genauem Hinsehen, so veranschaulicht Carl Amery gleich zu Beginn in seiner "Von deutlicher Rede" überschriebenen Einleitung, hat ja der Reichtum seinen Glanz längst verloren. Das fängt schon damit an, dass es keine echten Schätze mehr gibt und der vormalige Glanz des Goldes einem matten Schimmer gewichen ist: "In dem Maße", so Amery, "in dem sich der Reichtum (und die Begierde nach Reichtum) vom erlebbaren Schauder des Goldes löst, begibt sich der Begriff des Schatzes in die Trostlosigkeit der Bilanzen -- und wird zur knochentrockenen Rennstrecke der Dezimalstellen."

Inmitten eben dieser Trostlosigkeit stehen wir hier und heute noch ganz gut da, währenddessen dort, wo die Armut herrscht, auf deren Schultern wir unsere traurig-reiche Existenz gründen, die Not groß und endlos ist. Diesen Zusammenhang ganz und gar unaufgeregt plausibel zu machen, ist das große Verdienst dieses Buches, das wir gerne und von Herzen zur -- angesichts des doch ernsten Themas -- überraschend vergnüglichen Lektüre empfehlen.

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Wieder ein Tabuthema angegangen, 9. März 2005

dorisrueb aus München Deutschland

Armut kennt man auch in unserem immer noch reichen Land. Aber was istReichtum? Das Hundert- Tausend- oder Hunderttausendfache? Oder gar noch mehr?Reichtum entzieht sich. Es gilt geradezu als unanständig, sich damit zubefassen - über Geld spricht man nicht. Als Herausgeber der „Briefe an denReichtum" hat Carl Amery dieses Tabu gebrochen. Im Vorwort schreibt er:

„Die Absicht dieses Buches ist schlicht Aufklärung. Aufklärung überTatstände des Reichtums, die für das Weiterleben der Menschheit sokrisenhaft wichtig sind wie nie zuvor. Dabei ist allen, auch den Autoren undAutorinnen der folgenden Texte hinlänglich klar, dass solche Aufklärung nurin sehr begrenztem Maße möglich ist. Zwar ist es dem Reichtum gelungen, sichund seine Wachstumsmethoden seit der Implosion des Sowjetsystems fürschlechthin naturwüchsig zu erklären; dennoch haftet ihm, ob er dies bewusstwill oder nicht, der zwanghafte Drang zur Verschleierung an."

Wer diesen Schleier lüften will, riskiert den Vorwurf des Sozialneids. Obwohlkeiner der Autoren in „Briefe an den Reichtum" diesen Eindruckvermittelt, geht der Herausgeber im Vorwort darauf ein. Er schreibt:
„Bei einem solchen System ist es nicht nur möglich, dass sich die Scherezwischen Armut und Reichtum immer weiter öffnet - es ist unvermeidlich."Und weiter: „Dies und die laufende Plünderung des Planeten kritikloshinzunehmen und Leuten, welche solche Entwicklungen verbrecherisch nennen,Sozialneid vorzuwerfen, zeugt von einer kollektiven Begriffsstutzigkeit, diewir uns nicht leisten können."

Mit welchen Themen wenden sich die 13 Autoren an den Reichtum, bzw. an dieReichen?

Zu Beginn hat Andreas Eschbach Max Mustermann bei einemBeratungsgespräch in der Bank belauscht. Nun erklärt er ihm, wie dasfunktioniert, wenn Geld arbeitet und sich vermehrt. Auf diese Weise gerät derGrundkurs über Zins und Zinseszins zu einer vergnüglichen Lektüre. Dieserheitere Ton zieht sich durch fast alle Beiträge.
Da erzählt der Journalist Harald Schumann den Vodaphone Skandal nach undendet nicht etwa mit einer empörten Moral, sondern mit der - offensichtlich - nicht ernst gemeinten Aufforderung an Mr. Gent:
„Könnten Sie sich da nicht mal wieder was Neues einfallen lassen? Sie sinddoch jetzt in der Pharmabranche. Da könnte man bestimmt einen tollen Skandaldrehen, was meinen Sie? Vielleicht können wir das mal in irgendeinerFlughafen-Lounge vertraulich besprechen."

Auch so kann man ausdrücken, dass die Affäre um die Mannesmannübernahmevielen die Augen geöffnet hat. Auf die gleiche zweifelhafte Weise lobt HaraldGrill Silvio Berlusconi für seine geschickten bis dreistenBereicherungscoups. Trotzdem ist der ernste, ja bedrohliche Hintergrund nichtzu übersehen. Einer der Autoren schreibt sogar unter Pseudonym, weil er sonstum seinen Arbeitsplatz fürchten muss, wie er einleuchtend darlegt.
Die letzten drei Briefe an dem Reichtum sind dem Thema Therapien gewidmet. Natürlich sind dort keine Patentlösungen vorgeschlagen, aber Anstöße zum Weiterdenken und Weiterhandeln. Der letzte Brief an den Bundespräsidenten,den Carl Amery statt eines Nachworts geschrieben hat, hat schon Wirkunggezeigt. Im November hat Horst Köhler Amery zu Hause besucht.

Wieder ein Tabuthema angegangen # 2005 # doris rueb aus München 

Armut kennt man auch in unserem immer noch reichen Land. Aber was ist Reichtum? Das Hundert- Tausend- oder Hunderttausendfache? Oder gar noch mehr? Reichtum entzieht sich. Es gilt geradezu als unanständig, sich damit zu befassen - über Geld spricht man nicht. Als Herausgeber der „Briefe an den Reichtum" hat Carl Amery dieses Tabu gebrochen. Im Vorwort schreibt er: „Die Absicht dieses Buches ist schlicht Aufklärung. Aufklärung über Tatstände des Reichtums, die für das Weiterleben der Menschheit so krisenhaft wichtig sind wie nie zuvor. Dabei ist allen, auch den Autoren und Autorinnen der folgenden Texte hinlänglich klar, dass solche Aufklärung nur in sehr begrenztem Maße möglich ist. 

Zwar ist es dem Reichtum gelungen, sich und seine Wachstumsmethoden seit der Implosion des Sowjetsystems für schlechthin naturwüchsig zu erklären; dennoch haftet ihm, ob er dies bewusst will oder nicht, der zwanghafte Drang zur Verschleierung an."

Wer diesen Schleier lüften will, riskiert den Vorwurf des Sozialneids. Obwohl keiner der Autoren in „Briefe an den Reichtum" diesen Eindruck vermittelt, geht der Herausgeber im Vorwort darauf ein. Er schreibt: „Bei einem solchen System ist es nicht nur möglich, dass sich die Schere zwischen Armut und Reichtum immer weiter öffnet - es ist unvermeidlich."

Und weiter: „Dies und die laufende Plünderung des Planeten kritiklos hinzunehmen und Leuten, welche solche Entwicklungen verbrecherisch nennen, Sozialneid vorzuwerfen, zeugt von einer kollektiven Begriffsstutzigkeit, die wir uns nicht leisten können." 

 

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ND vom 05.04.05

Ins Gewissen geredet

Carl Amerys »Briefe an den Reichtum«

Von Sabine Neubert

Auch wenn der Titel feuilletonistisch klingt, so handelt es sich doch hier um ein Sachbuch, das Tatbestände faktenreich belegt. Ein Sachbuch allerdings, das – bedauernswerter Weise – auf Buchmessen keinen Preis erhält. Die Gründe dafür kann man direkt oder indirekt dem Buch selbst entnehmen. Viel zu eng sind die Adressaten – konkrete Personen des öffentlichen Lebens – mit Politik, Wirtschaft und meinungsbildenden Institutionen verschwistert. Der Band geht weit über Pauschalsätze oder Schlagworte wie: »Die Schere zwischen arm und reich wird immer größer«, »Abbau des Sozialstaates« oder »Wir leben auf Kosten künftiger Generationen« hinaus. Dieses Buch ist konkret und zugleich »von deutlicher Rede«, wie Herausgeber Carl Amery sein Vorwort nennt. »Aufklärung über Tatbestände des Reichtums, die für das Weiterleben der Menschheit so wichtig ist wie nie zuvor«, soll geleistet werden, Aufklärung, soweit sie möglich ist angesichts eines »zwanghaften Dranges zur Verschleierung.« Amery erinnert an den doppelten Wortsinn von »Vermögen«. Die Reichen, die Vermögenden sind es, die die moralische Pflicht haben, der Verelendung und Zerstörung Schranken zu setzen – nicht zuletzt auch im eigenen Interesse, denn den Folgen wird keiner entgehen.

Der prominente Philosoph und Gründer der Cap Anamur, Rupert Neudeck, bringt es (nicht als einziger übrigens) in einem Brief an Oliver Kahn auf den Punkt: »Der horrende Abgrund zwischen denen hier und denen da unten, die im Dunkeln sind, der produziert auf Dauer Terror. Die zweihundert reichsten Menschen der Welt verdienen genau so viel wie die eine Hälfte, die ärmere, der gesamten Menschheit. Das muss, das kann nur Terroristen produzieren und gebären. Denn natürlich ... werden Mitmenschen nicht als Selbstmordattentäter geboren.«

Rupert Neudeck macht Oliver Kahn einen konkreten Vorschlag: nur einen Bruchteil seines Jahresgehaltes von 5 Millionen Euro für eine Schule, eine Wasserleitung, eine Werkstatt und ein kleines Ambulatorium in West Afghanistan zu überweisen, um Menschen dort das Überleben zu ermöglichen: »Was meinen Sie, was diese Dorfmenschen Ihnen für Denkmäler setzen werden!!«

Dreizehn prominente Autoren von Oskar Negt (Bücher: »Arbeit und menschliche Würde«, »Wozu noch Gewerkschaften«), Hermann Scheer (»Klimawechsel« und »Die Politiker«) bis Rupert Neudeck »reden dem Reichtum ins Gewissen«. Unter dem Titel »Herz der Finsternis« sind drei konkrete Analysen von Skandalen des Reichtums zusammengestellt, Musterbeispiele schamloser Bereicherung: ein Brief an den Top-Manager Mr. Gent beleuchtet die Vodafon-Affäre, ein Brief an Heinrich von Pierer die Milliarden-Betrügereien bei Siemens-Mannesmann, ein Brief an den Prinzen Pahlevi weist Zusammenhänge zwischen Politik, Blut, Öl und Reichtum auf.

Es folgen Briefe zum Thema »Historisches und Kollaterales«. Der Forstwirtschaftler Karl Gaier weist hier auf ein öffentlich weniger beachtetes Thema, den Reichtum der Großwaldbesitzer und ihren »Todeskuss ... für den Wald«. Es folgen Briefe an die Herren Silvio Berlusconi und Alberto Vilar.

Im dritten Themenkomplex werden »Therapien« angeboten. Es ist wohl keine (beabsichtigte) Ironie, wenn der Herausgeber im letzten Brief an den Bundespräsidenten nochmals ganz konkret wird: Auf keinen Meter ihrer Yacht, auf keinen Gang eines großen Arbeitsessens müssen die Reichen verzichten, wenn sie einen Bruchteil ihres Privatvermögens »verschenken« und nicht an der Steuer vorbei lancieren. Eine Frage, die immer wieder auftaucht und auch ganz »normale« Menschen beschäftigt: Was machen die Reichen eigentlich mit ihrem vielen Geld? Oskar Negt hat einen Vorschlag: zweitausend deutsche Manager sollten zum Salzburger »Jedermann«, eingeladen werden, dem »Spiel vom Sterben des reichen Mannes«.

(ND 05.04.05) 

 

 

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Herausgeber: Carl Amery 2005 Briefe an den Reichtum