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2.7  Die Apokalypse aufhalten?  
 Ein neuer Entwurf: Logik der Rettung

Anmerkungen

 

409-421

Er sei zu dem Schluß gekommen, daß eine politische Partei, »die sich auf der Ebene der vorgezeichneten Mach­barkeit engagiert, kontra­produktiv ist«, erklärte Rudolf Bahro auf einer Versammlung der <Schweizer Energie­stiftung> 1985 in Zürich. (Tages-Anzeiger, 1.7.1985). Wenige Tage zuvor hatte er auf der Hagener Bundesversammlung Abschied von den Grünen genommen. In seiner Austritts­erklärung stellte Bahro fest: 

»Die Grünen sind - kritisch - mit dem Industriesystem und seiner politischen Verwaltung identifiziert. Sie wollen nirgends raus. Anstatt Bewußt­heit zu verbreiten, schütten sie sie auf der ganzen Linie wieder zu. Sie helfen die Risse im Konsens kitten. .... Es sah einmal so aus, als hinge von uns etwas Rettendes ab .... Es wird nichts anderes übrigbleiben als eine normale Partei neben den anderen. Ich kann damit nicht weiter.« (taz, 29.6.1985)

In Zürich begegneten sich Rudolf Bahro und Joschka Fischer und erlebten das »undemagogischste je geführte Gespräch«, so Bahro — der sich »zum Geständnis hinreißen ließ, wenn es immer so gewesen wäre bei den Grünen, wäre er nicht aus der Partei ausgetreten« (Tages-Anzeiger, 1.7.1985). 

Die beim Hamburger Parteitag im Dezember 1984 formulierte Hoffnung, das grüne Projekt sei regenerierbar, hatte sich in der Zwischenzeit für ihn als Illusion erwiesen. In Hamburg habe er »noch ernsthaft gemeint, die Fundamentalisten in den Grünen sammeln zu sollen. Aber dann habe ich gemerkt: Stopp, ich bin nur dabei, Reisende aufhalten zu wollen, aus eher privaten Identitätsgründen.« (Schroeren 1990, 168) Die hatten etwas mit seiner Erziehung zum Kommunisten und dem Ideal »felsenfester bolschewistischer Parteimenschen« zu tun, wie er in einem taz-Gespräch bekannte (taz, 29.6.1985).

Schon bei seinem Eintritt in die Grünen sei er einer »Täuschung« unterlegen, erklärte Bahro im Herbst 1989, kurz vor den grundlegenden politischen Veränderungen in der DDR. 

»Aber ich bin wirklich froh darüber, daß ich diese Illusion hatte. Nur aktiv kann man sich eine politische Situation aneignen. Wäre ich damals schon schlauer gewesen und dieser Illusion nicht aufgesessen — ich weiß nicht, ob ich fähig gewesen wäre, aus bloß taktischen Gründen bei den Grünen mitzumachen.« (Schroeren 1990,168) 

Was er in seiner ersten wichtigen Rede in der Bundesrepublik, beim Offenbacher Kongreß im November 1979, gesagt habe, sei nach wie vor richtig:

»...daß wir eine andere große Koalition quer zu den alten politischen Lagern schaffen müssen, die entlang der Symptome der Welt­zerstörung sich aufbaut und eine Rettungspolitik sucht [...] Diese weitblickenderen Dinge hätte ich nicht zustande gebracht ohne den Glauben an die Grünen als weiterreichendes Fahrzeug.« (Ebd., 168f.)

Rudolf Bahro ließ den Partei-Zug hinter sich — und auch die Geste der Unversöhnlichkeit, mit der er in Hamburg den GRÜNEN den Fehdehand­schuh hingeworfen hatte. Doch sein letzter Kampf auf dem grünen Parteitagspodium war noch von unerbittlicher Härte geprägt. Die Kontroverse ging um die Frage der Tierversuche — ein scheinbares Randgebiet grüner Politik. Bahro sprach sich für die Forderung nach einem bedingungs­losen Verbot aller Tierversuche aus — mit der nicht allein auf dieses Thema bezogenen Begründung: (Lehrstück, 40)

»Nur die Position der vollständigen Abschaffung (ähnlich wie im Falle des Militärs die einseitige Abrüstung und das Nein zur Bundeswehr) wird uns erlauben, die Aufmerksamkeit auf das Wesen der Sache zu lenken, weil die Gegenseite erst dann und nur dann gebührend aufheulen wird. Nur so erzielen wir die nötigen schnellen Durchbrüche in der öffentlichen Meinung.«

Damals formulierte Bahro: »Wie wir mit dem animalischen Leben umgehen, muß sich am Menschen rächen.« (Verrat, 41) Von der BSE-Tierseuche und ihren Folgen für die Menschen wußte man zu jener Zeit noch nichts.

 

Die inhaltliche Begründung für Bahros Parteiaustritt, der von den GRÜNEN vorgelegte Entwurf eines Tierschutz­gesetzes sei ihm zu wenig radikal, »hing auch mit meiner Liebe zusammen, mit Christine Schröter, war aber kein Zufall«. Seine Freundin hatte sich in den 70er Jahren in der Anti-AKW-Szene engagiert. Den Anstoß dazu gab der Bau der Atomanlage in Biblis, sozusagen vor ihrer Wormser Haustür. Sie lernte Petra Kelly kennen und kam über die Friedensbewegung zum Thema »Tierversuche«. 

Gemeinsam mit Kelly und anderen sah Christine Schröter die Notwendigkeit, die Forderungen der verschiedenen sozialen Bewegungen »durch eine Anti-Partei, wie sich die GRÜNEN anfangs verstanden, auf der parlamentarischen Ebene umzusetzen«. 

P.Kelly bei detopia 

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Nie habe er intensiver als in der Auseinandersetzung mit dieser Frau erfahren, »wie sehr ich selber in der Wissenschaftslogik denke, die zu den Tier­versuchen führt, und daß das sich im Politikverständnis niederschlägt«, erklärte Bahro im Herbst 1989 (Schroeren 1990, 168). 

Mit der von den GRÜNEN vorgeschlagenen Kompromißlösung, Tierversuche würden nur geduldet, »wenn sie dem Vorbeugen, Erkennen und Heilen von Krankheiten bei Mensch und Tier dienen« (Kommune, Nr. 2, 15.2.1985, 38), könne man zwar »konventionell konsensfähig werden, aber kein neues Bewußtsein wecken« (Schroeren 1990, 168).

Ein solches Bewußtsein würde nach Bahros Auffassung zur Erkenntnis kommen, daß es darum geht, »die heiligste Kuh des neuzeitlich-abendländischen Götzendienstes, die <Freiheit der Wissenschaft> zu schlachten« (Lehrstück, 39) — einer Wissenschaft, der Bahro später attestieren wird, sie jage »nicht nach Wahrheit im großen Sinne, nicht nach der Rekonstruktion des Ganzen, die die Rekonstruktion Gottes wäre, sondern bloß nach Splitterwissen«. Wohl habe die moderne Wissenschaft die Kirche beerbt. Sie sei aber zugleich »unendlich« weit hinter dieser zurückgeblieben, »weil sie im Egotrip ihrer Adepten steckenblieb« (Logik, 183).

Der gesetzte politische Rahmen sei eine »Falle«, in der die Lebensenergie der dort Agierenden verschwinde, hieß es in Bahros Austrittserklärung. Sein Schritt sei Ausdruck einer sehr konkreten »Verzweiflung« über die Entwicklung einer Partei, die nicht mehr das ursprüngliche Projekt darstelle, »das heute <fundamentalistisch> genannt wird«. Allerdings werde er nicht unpolitisch und verabschiede sich auch nicht aus dem geistigen Prozeß. »Ich will dabei mitwirken, daß wir uns einen neuen Platz und eine Praxis schaffen. Offenbar müssen wir weiter ausholen. Etwas kaltes Wasser will riskiert sein, wenn wir die Substanz für den Ausstieg zusammenbringen wollen, zuerst bei uns selbst.« (taz, 29.6.1985)

 

In Worms arbeitete Bahro an einem neuen Werk. Den entsprechenden Vertrag dafür hatte er im Sommer 1984 mit dem K. Thienemanns Verlag in Stuttgart unterschrieben. Er bekam einen Vorschuß und fünf Jahre Zeit, um — nach der <Alternative> — sein zweites Hauptstück vorzulegen.9

Anläßlich einer internationalen Tagung der Vereinigung <The-Fourth-World> im September 1986 in Zürich, die dem Thema <Basisdemokratie, Regierung durch das Volk>, gewidmet war, präsentierte Rudolf Bahro die Grundzüge seiner <Logik der Rettung>.  

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Die <Neue-Zürcher-Zeitung> faßte den Vortrag so zusammen: 

»Angesichts der - wie er sagte - spätestens in fünfzig Jahren bevorstehenden Apokalypse des <industriell-kapitalistischen Systems> empfahl Bahro eine <Rettungsregierung> und eine <spirituelle Erneuerung> des Individuums mit Hilfe christlich-mystischer Anleihen. Die Form dieser Regierung wollte er allerdings nicht präzisieren und meinte nur, daß <dahinter Konsens stehen> müsse.« 

Der NZZ-Berichterstatter (oder Berichterstatterin) hielt Bahros Ausführungen für »religiös-marxistischen Nebel«. Er verbreite »aggressive Äußerungen, grobe Verallgemeinerungen und gewisse Ressentiments«; zeigte sich allerdings erstaunt darüber, daß Bahros Worte »von einer kleinen gläubigen Gemeinde dankend entgegen­genommen« wurden. (NZZ, 10.9.1986)

 

Im Winter 1986/87 schrieb Bahro an den letzten Kapiteln seines neuen Buches. Die dort entworfene Gestalt des »Fürsten der ökologischen Wende« kam für ihn im sowjetischen Partei- und Staatschef Michail Gorbatschow immer deutlicher zum Ausdruck. Er beschrieb seine Faszination angesichts der »befreienden Revolution von oben«. Sie gehe offenbar in jene Richtung, wie sie »im Schlußteil meiner <Alternative> erhofft und ziemlich detailliert vorentworfen« war, formulierte Bahro am 25.02.1987 in einem Rundbrief an die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der von ihm organisierten Treffen. 

Diese Sicht legte er auch in einem Beitrag für die TAZ dar: »Der Fürst, den ich antizipierte, nachdem ich mich von dem Haß und der Niedergeschlagenheit nach dem sowjetischen Einmarsch gegen den Prager Frühling erholt hatte, ist erschienen.« (Il Principe, 15) 

 

  

 

In der linken und linksliberalen Öffentlichkeit fand er damit kaum Anklang. Zu den wenigen, die Bahros Wahrnehmung würdigten, gehörte der marxistische Philosoph Wolfgang Haug. In seinem Gorbatschow-Buch stellt er fest: »Rudolf Bahro hat früher als andere die entscheidende Bedeutung der Perestroika begriffen.« (Haug 1989, 449)

Bahros damalige Hoffnung war, der neue Generalsekretär der Kommunistischen Partei der Sowjetunion werde »die Kompaßnadel der Russischen Revolution wieder ausrichten auf die allgemeine Emanzipation des Menschen, Mann und Frau, auf unseren Aufstieg zur Freude und darüber hinaus zur Kommunikation und Kommunion mit dem Ganzen«. Bahro glaubte, Gorbatschow wolle »nicht nur dem Archipel Gulag ein Ende machen, sondern allen schöpferischen Kräften Zugang zu dem Prozeß der sozialen Konsensbildung verschaffen«. (In der taz heißt es fälschlicherweise: »der sozialistischen Konsensbildung«.) 

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Und nicht zuletzt werde Gorbatschow - so Bahros tiefste Hoffnung - »die Substanz und die Würde der Kommunistischen Partei wiederherstellen« (Il Principe, 16). 

Um zu verstehen, was er damit gemeint hat, müssen wir nochmals die <Alternative> heranziehen.  

In deren dritten Teil mit dem Titel <Zur Strategie einer kommunistischen Alternative> entwickelte Bahro sein Modell eines erneuerten »Bundes der Kommunisten«: Dieser wäre nicht mehr der »Überstaatsapparat« des »real existierenden Sozialismus«, sondern das Organ eines »kollektiven Intellektuellen« im Sinne Antonio Gramscis, »der die Reflexion der ganzen Gesellschaft, ihre Bewußtheit über alle sozialen Entwicklungsprobleme vermittelt und der in sich selbst etwas von dem humanen Fortschritt vorwegnimmt, für den er arbeitet« (430f.).

Der letzte Teil der <Logik der Rettung> greift diesen Gedanken noch einmal auf und variiert ihn. Dort ist vom »Fürsten der ökologischen Wende« die Rede, von den »Basisgemeinden des <Ordine Nuovo>«, einer »Unsichtbaren Kirche« und schließlich auch noch vom »Gottesstaat«: Begrifflichkeiten, die dafür gesorgt haben, daß das Buch hauptsächlich auf Abwehr und Widerwillen stieß, wenn es überhaupt zur Kenntnis genommen wurde. 

Reinhard Spittler, ein langjähriger Weggefährte Bahros, meint: »Im Grunde genommen hat ja kaum einer und eine verstanden, um was es ihm ging.«

Mit seiner Wahrnehmung der ökologischen Krise als dem zentralen Problem unserer Zeit stand Rudolf Bahro Mitte der 80er Jahre keineswegs allein da. In ganz unterschiedlichen gesellschaftlichen Kreisen war nach dem Reaktorunfall von Tschernobyl im April 1986 ein Bewußtsein dafür vorhanden, daß <Die Zeit drängt> — so der Titel einer Veröffentlichung von Carl Friedrich von Weizsäcker von 1986, der den christlichen Kirchen vorschlug, eine Weltversammlung für Gerechtigkeit, Frieden und die Bewahrung der Schöpfung zu organisieren. Sie sollte auf die weit verbreitete Angst vor einer möglicherweise finalen Konfrontation der Supermächte, vor den Folgen wachsender Ungleichheit zwischen Nord und Süd sowie vor der Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen Antworten finden, die zu wirksamem Handeln ermutigen.

 

Bereits 1985 hatte der Publizist Carl Amery geschrieben: »Das Waldsterben war das erste gewaltige Schock-Erlebnis ökologischer Natur, welches die ganze Nation trifft und betrifft; weitere werden folgen.« An die Adresse der Grünen gerichtet, formulierte er: Allein eine »harte ökologische Achse der Programmatik« sei geeignet, »jenen kulturellen Druck auszuüben, ohne den die Schlacht um die Zukunft verloren geht, und zwar todsicher«. (Amery 1991, 352) 

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Es sei allerdings nicht realistisch, die Verantwortung für einen kulturellen Gegenentwurf einer politischen Partei zu überlassen: 

»Wer, wie heute etwa Rudolf Bahro, eine <Ausgießung des Geistes> fordert, um dem Verderben mit einer Aussteiger-Bewegung entgegen­treten zu können, der sollte ganz persönlich die Verantwortung für seine Prophetie übernehmen und den Orden schaffen und formen, der solche Ausgießung beispielhaft konkretisiert.« (Ebd., 354)

Bahro propagierte zwar den »Ausstieg aus der Megamaschine«, aber was ihm vorschwebte, war wohl nicht eine »Aussteigerbewegung« im Sinne der seit den späten 60er Jahren weit verbreiteten Konzepte einer »zweiten« oder »Gegenkultur«. 

1969 hatte der Soziologe Walter Hollstein voller Enthusiasmus geschrieben, im »Untergrund« entfalte sich »langsam eine Gegenwelt, die die neue und menschliche von morgen werden möchte« (Hollstein 1969, 174). 

Der Sozialwissenschaftler und Philosoph Rolf Schwendter formulierte radikaler: »Die Subkulturen als Gegenkulturen, die progressiven Subkulturen [...] sind solche, die sich als entschiedene Opposition zum bestehenden System ausdrücken und auch so verstanden werden wollen.« (Schwendter 1981, 11)

Die »Subkulturalisten« suchten den Hebel zur gesellschaftlichen Veränderung möglichst weit draußen, außerhalb der vorhandenen Ordnung. Der ehemalige <Kommune>-Chefredakteur Joscha Schmierer bemerkte dagegen: »Bahro war kein politischer Extremist.« Nicht an den Rändern, sondern mitten in der Gesellschaft suche er die herrschende Übereinstimmung mit den Strukturen der (Selbst-) Zerstörung zu sprengen und einen neuen, rettenden Konsens zu finden.

Tatsächlich hatte Bahro mit gegenkulturellen Konzepten nichts im Sinn — auch nicht mit der in den 80er Jahren aufkommenden »New Age«-Bewegung des »Wassermann-Zeitalters«. Eine ihrer Vorkämpferinnen, die US-Amerikanerin Marilyn Ferguson, veröffentlichte 1980 <The Aquarian Conspiracy>. Dort formulierte sie die Weltsicht der New-Age-Leute: »Es hat ein tiefgreifender Paradigmenwechsel in unserem Verhältnis zur gesamten Erde stattgefunden. Wir kennen sie jetzt als ein Juwel im Weltraum, als einen zerbrechlichen Wasserplaneten [...]. Alle Länder sind wirtschaftlich, ökologisch und politisch miteinander verknüpft. Die alten Götter Isolationismus und Nationalismus werden von ihrem Sockel gestoßen.« (Ferguson 1982, 469)

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Die allzu optimistische Auffassung der Bewegung des »Neuen Zeitalters« von einer »sanften Verschwörung« habe, so gab Bahro zu bedenken, vor allem »den schnöden Massenfaktor unterm Allerwertesten« (Logik, 302) vergessen: die historisch beispiellose Stärke der materiellen Trägheitskräfte. Diesen setze eine weitgehend »egozentrische, gierige, genußsüchtige Spiritualität der New-Age-Mode« (ebd., 509, Fußnote 93) nichts entgegen.10) 

Die Gegenkultur, in der sich die zeitweiligen Aussteiger und Aussteigerinnen der Moderne sammeln, ist nicht mehr als ein Rädchen der Megamaschine. Sie stellt keine ernsthafte Alternative dar.

Die <Logik der Rettung> ist ein ziemlich desillusionierendes Buch. 

Der Exterminismus, eine »Logik der Selbstausrottung«, die Bahro in der Zivilisation unserer Zeit am Werk sieht, läßt sich mit Retuschen und Reformen nicht mehr aufhalten — so seine Sicht der Lage, die er im Eingangskapitel entwickelt. Gestützt auf ein Konzept, das »die Gesamtlast erfaßt, mit der wir auf die Biosphäre drücken, um unser Modell von <gutem Leben> alias <Lebensstandard> durchzusetzen« (Logik, 29), kommt Bahro zu dem Schluß, »daß wir das Schadensprodukt aus Energie- und Materialdurchsatz um eine Zehnerpotenz zurücknehmen müssen« (ebd., 31). 

Diese Rechnung bestätigt rund zehn Jahre später die vom <Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie> erstellte Studie <Zukunftsfähiges Deutschland> (BUND/Misereor 1996). Geht man von der Voraussetzung aus, daß jeder Mensch das gleiche Recht auf eine intakte Mitwelt hat und daß dies gleichermaßen für die künftigen Generationen gilt, so müßte der Verbrauch nicht erneuerbarer Ressourcen bis Mitte des 21. Jahrhunderts »um den Faktor fünf bis zehn« reduziert werden.

Bahro rechnet in seinem Buch mit einer Politik der »ökologischen Modernisierung« ab, die das Problem der Grundlast des Industriesystems und seiner Folgen für die natürlichen Lebensgrundlagen nicht ernst nehmen will, sondern insgeheim auf die Haltung »nach uns die Sintflut« setzt. 

Falls es nicht »zu einem gerade noch rechtzeitigen Bewußtseinssprung kommt«, sei der Exterminismus »das unausweichlich letzte Stadium der Zivilisation« (Logik, 33). Den Voraussetzungen, Bedingungen und Möglichkeiten einer solchen Revolution des Geistes ist dieses Buch gewidmet. Im ersten Teil — <Koordinaten der Lage> betitelt — stellt Bahro einige Antworten auf die ökologische Krise dar. 

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Er hält nichts vom »ängstlichen Späth-Imperialismus«11) (ebd., 49 — auf den CDU-Politiker Lothar Späth anspielend), der auf technische Innovationen setzt, und den »dienstbaren Geistern« der GRÜNEN, die für Bahro lediglich »ein Alibi für unsere umwelttrostbedürftige Gesellschaft« (ebd., 57) darstellen. So ein »Ministerlein« wie Joschka Fischer eigne sich zum »Liebling der Nation und ihrer Industrie« (ebd., 55), indem er der Gesellschaft eine »Fahrweise dicht unterhalb der Schwelle direkter Selbstzerstörung« (ebd., 54f.) nahelege. Dagegen hat der ordo-liberale Ansatz von Kurt Biedenkopf für ihn den Vorteil, die gegenwärtige Situation angemessen zu beschreiben. So heißt es in Biedenkopfs Buch Die neue Sicht der Dinge aus dem Jahr 1985: Die materielle Expansion »überfordert unsere ökologische Basis und stellt uns damit vor eine existentielle Gefahr« (ebd., 59).

 

Ordnungspolitische Konzepte, die den Willen zum Ausdruck bringen, den materiellen Ausstoß zu begrenzen, wären schon ein Schritt in die Richtung einer ökologischen Wende. Bahro erwartete solche Vorstellungen eher aus dem »rechten« Spektrum der Politik als von »links«. Die damals formulierte Hoffnung, es könnten sich »konservative Kräfte finden, die den (materiellen) Fortschritt nicht vorantreiben, sondern abbremsen und darauf setzen wollen, die menschliche Substanz zu bewahren«, hat sich in den vergangenen anderthalb Jahrzehnten allerdings nicht erfüllt. Doch für Bahro war klar, daß ohne eine drängende soziale Bewegung die politische Energie für einen Kurs der »Kontraktion statt Expansion« kaum zusammenkommen kann — nicht einmal für eine »konservativ-ökologische Wende« (ebd., 70). Diese Bewegung ist in der Tat bislang ausgeblieben.

In den 80er Jahren war die Botschaft der drohenden ökologischen Katastrophe bereits im Massenbewußtsein angekommen. Doch dort löste sie vor allem die Einstellung aus: »Das hält sowieso keiner mehr auf.« Diesem Volksempfinden habe Hoimar von Ditfurths Buch <So laßt uns denn ein Apfelbäumchen pflanzen: Es ist soweit> zu »wissenschaftlichem Anstrich« verholten (ebd., 79) — nicht umsonst sei es zu einem Bestseller geworden, meint Bahro. 

Ist der Mensch tatsächlich ein »Irrläufer der Evolution«, wie Arthur Koestler glaubt? Gegen eine solche pessimistische Anthropologie, deren Vorteil darin besteht, von Verantwortung zu entlasten, erhebt Bahro seine Stimme. Er fragt: »Was treibt uns denn eigentlich, Sachen zu machen, die sich gegen uns verselbständigen müssen (Ebd., 80)

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Einer Antwort auf diese Frage ist der zweite Hauptteil des Buches gewidmet: <Logik der Selbstausrottung>. Die dort beschriebene »Tektonik des Verderbens« (ebd., 107) ist die zentrale denkerische Leistung Bahros, eine intellektuelle Innovation, die für seine weiteren Überlegungen bedeutsam geblieben ist, wie beispiels­weise seine Berliner Vorlesungen zur Sozialökologie zeigen. Dieser Ansatz geht weit über die bisherigen Erklärungsversuche der ökologischen Krise hinaus. Bahro betrat damit ein geistiges Neuland, das die wissen­schaftliche Debatte bislang sträflich vernachlässigt. 

Die <Logik der Rettung> belegt, daß Bahro einen wichtigen Beitrag zur Aufhebung des traditionell-marxistischen Modells von Basis und Überbau geleistet hat: Sein dort entwickeltes Konzept weist den Vorteil auf, auch die Tiefenstrukturen menschlicher Existenz erfassen zu können.

Bahros Buch durchmißt und analysiert die Schichten der Tektonik von »oben« nach »unten«. Zuoberst lagern die bewußtseins­geschichtlich jüngsten Formationen. Sie heißen »Exterminismus«, »Industriesystem (Megamaschine)« und »Kapitaldynamik«. Der Exterminismus ist für Bahro nicht nur die unerwünschte, sondern die zwangsläufige Folge des Industriesystems. Dieses System ist keineswegs identisch mit Werkzeugen und Maschinen zur Erleichterung und Verkürzung der Arbeit. 

Erich Fromm faßte das Resultat, zu dem Lewis Mumford — der »Altmeister der ökologistischen Geschichts­betrachtung« (ebd., 118) — in seiner Analyse der Megamaschine kam, so zusammen: Die Megamaschine ist 

»eine Gesellschaftsordnung, in der die Gesamtgesellschaft zu einer Maschine organisiert ist, in der das einzelne Individuum zum Teil der Maschine wird, programmiert durch das Programm, das der Gesamtmaschine gegeben wird. Der Mensch ist materiell befriedigt, aber er hört auf zu entscheiden, er hört auf zu denken, er hört auf zu fühlen und er wird dirigiert von dem Programm. Selbst jene, die die Maschine leiten ..., werden vom Programm dirigiert.« (Ebd., 121) 

Diese Maschine, die Bahro als »Machtkomplex« (ebd., 118) bezeichnet, hat das Bewußtsein weitgehend besetzt. Sich von ihr zu lösen würde bedeuten, »von der Idee der allgemeinen Emanzipation durch Überflußproduktion« (ebd., 124) Abschied zu nehmen.

Diese Überflußproduktion wird durch die Eigendynamik des Kapitals angetrieben. Doch nach Bahro wäre es verfehlt, den »Kapitalisten« dafür die Schuld in die Schuhe zu schieben. In der Magie des Geldes,12 das dem Individuum Freiheit verspricht, liege »das Geheimnis des Tiefenkonsenses, auf den sich das Kapital stützt« (ebd., 137). Geld werde erst dann und in dem Maße überflüssig, wie die Individuen ihre Angst verlieren, wieder in persönliche Abhängigkeit zu geraten. 

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Mit anderen Worten: Sie müssen 

»die innere Ruhe erlangt haben [...], sich ohne Unterwerfung und Schuldgefühle von einer Gemeinschaft tragen lassen zu können, die sie auch ihrerseits nicht infantil ausbeuten wollen. Nur wer sicher sein kann, nicht um seiner — gleichwohl als Selbst­verwirk­lichung natürlichen — Leistungen, sondern um seiner Existenz willen versorgt zu werden, kann sich bedingungslos einer Gemeinschaft anvertrauen.« (Ebd., 147 f.)

Zu den älteren und ältesten Bewußtseinsschichten gehören — wieder von »oben« nach »unten« — die »europäische Kosmologie« (ein von Johan Galtung geprägter Begriff), Patriarchat und schließlich der Genotyp: die »conditio humana«. Bahro ist davon überzeugt, »daß ein ganz bestimmter völkischer Impuls in dem industriellen Durchbruch steckt: [...] ein besonderer Typus von psychischer Energetik und von entsprechendem geistigem Zugriff auf die Welt« (ebd., 149). 

Diese Welt des »homo occidentalis« stellt sich in der von Galtung abgeleiteten Charakteristik folgendermaßen dar: Der Raum wird »scharf perspektivisch vom Interesse des eigenwilligen Subjekts aus geordnet«, die Zeit verläuft in einer Richtung, »Entwicklung ist Fortschritt vom Niederen zum Höheren«. Das Wissen versucht die Welt auf wenige Axiome zurückzuführen. »Der Mensch steht über der Natur als ihr Beherrscher.« In der Sozialstruktur ist »'wölfische' Konkurrenz um den Rang die Norm«. Gott ist »als Über-Ego unser großer Spiegel, vor dem wir zwischen Allmachts- und Ohnmachtsempfinden schwanken« (ebd., 150).

In diesem Weltbild kommt die Mentalität von Eroberern zum Ausdruck. In den germanisch geprägten Ländern ist es vor allem der Geist des Wotan, der hier wirksam wird. Die europäische Kosmologie ermöglichte dem Ich, sich von den Kollektivkräften zu befreien. Damit wurde auch die individuelle Hybris freigesetzt. An die Stelle der bislang stabilisierenden Institutionen, insbesondere der Kirche, hätte »eine verantwortliche innere Instanz« treten müssen. 

Der Protestantismus proklamierte dies zumindest als Prinzip, »Kant hat die Idee im kategorischen Imperativ vollendet«. Doch das blieb bis jetzt weitgehend Sonntagsrede. Bahro erklärt, es gebe »nur diese einzige Perspektive, unsere Individualität zu retten und nicht daran kaputtzugehen« (ebd., 156): Wir müssen unser »kopfgebürtiges und kopfstehendes« Ich, »um das herum wir mehr oder weniger unsere gesamte Existenz aufgebaut haben, [...] willentlich loslassen, wenn wir leben und leben lassen wollen« (ebd., 159).

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Noch fundamentaler als die europäische Kosmologie ist die patriarchale Bewußtseinsverfassung. Die Auseinandersetzung mit ihr findet auf »gründlich vermintem Gebiet« (ebd., 162) statt, weil sie zum Kampfplatz der Geschlechter geworden ist. Im Patriarchat seien eben beide, Mann wie Frau, gefangen. So zeige sich selbst der Feminismus, der » — uneingestanden — die Errungenschaften des Patriarchats zu erobern« (ebd., 170) versuche, als Teil des Problems und nicht als Lösung. 

Angesichts dieser Lage lautete Bahros Utopie der Geschlechterbeziehungen: 

»Mann und Frau, im Begriff, sich voll zu individualisieren und ihre Teilkräfte zu integrieren, werden leichter in einem Geflecht von Liebesbeziehungen leben können, angstlos und frei genug, einander zu beschenken, anstatt sich teils schuldig, teils bestohlen zu fühlen, wenn mehr als eine Liebe von ihrem Herzen ausgehen oder ihr Herz erreichen will. [...] Weil es nichts Schmerzhafteres gibt als den Haß der Egos, die wirklich intim miteinander geworden sind, werden Mann und Frau aneinander die Grenzüberschreitung vom machtkämpferischen Ich zum liebenden Selbst erlernen. Die Liebe selbst, zentral aber die erotische Liebe ist der Weg.« (Ebd., 168 f.)

 

Die <Logik der Rettung> stieß bei ihrem Erscheinen auf wenig öffentliche Resonanz. Eine der wenigen, die sich kritisch mit seinem Entwurf befaßten, war Christina Thürmer-Rohr: Bahro wage es zwar — heißt es bei ihr mit Schärfe und Genauigkeit —, den Begriff Patriarchat ins Zentrum seiner Gesellschafts­kritik zu rücken. Doch von den Frauen sei bei ihm nicht die Rede, auch »nicht von Gewalt und Unterdrückung durch tatsächliche Männer bzw. durch von Männern gefundene und getragene gesellschaftliche Systeme«

Für Bahro handle es sich beim Patriarchat um eine innerpsychische Verfassung, um einen »reduzierten seelischen Zustand des Mannes«, der sich von seiner »inneren weiblichen Natur« entfremdet fühle. Genau dort, wo er den Angelpunkt seiner Analyse ansetzen wolle, beim Patriarchat, »bricht er ein in einen Sumpf narzißtischen Selbstmitleids des Herrschergeschlechts, in verkorkste Schwärmerei fürs Weibliche und ins Erlöserpathos, mit dem er aus einer höchst riskanten Realität in die erotische Phantasie springen will« (Thürmer-Rohr 1990, 84).

Christina Thürmer-Rohr hatte in Bahros Patriarchatskapitel den Versuch erkannt, »die eigene reduzierte männliche Person auf neue Weise zu sanieren«. Damit könnte nicht nur der Theoretiker Bahro gemeint gewesen sein. Auch andere lasen aus seinen Ausführungen sehr Persönliches, Intimes heraus. 

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So schrieb Franz Alt in einer Besprechung (Die Zeit, Nr. 4, 22.1.1988): 

»Die alte Erkenntnis ist noch immer gültig: Es gibt keine Liebe und keine <Liebeskultur> (Bahro) ohne Treue. Die Treue ist die Nagelprobe — im Privatleben wie in der Politik. Alles andere sind die immer gleichen, meist männlichen Ausflüchte vor Konsequenz, Reife und Selbsterkenntnis... Einer Kultur der Liebe und einer Politik des Friedens kommen wir nur näher, wenn Männer nicht über immer neue Frauenleichen [ein erschreckend prophetisches Wort, wie der weitere Verlauf von Bahros Leben zeigen wird] gehen und Frauen sich endlich weigern, weiterhin die Opfer unreifer Männer zu sein. Es gibt keine Liebe ohne Liebesarbeit. Das Wort Liebe ist ein Schlüsselwort für Bahros <Logik der Rettung>. Aber die Worte Treue, Partnerschaft und Ehe meidet er wie der Teufel das Weihwasser.« 

Das war ein öffentlicher Wink mit dem Zaunpfahl: Rudolf Bahro hielt — zumindest in jenen Jahren — nicht viel von Treue. (Siehe das Kapitel <Glück und Unglück: Rudolf Bahro und die Frauen>)

 

Die grundlegende Schicht der »Tektonik des Verderbens« stellt der menschliche »Genotyp« dar. Mit seiner Frage nach der menschlichen Gesamtverfassung, der »conditio humana«, zielt Bahro auf das Großhirn, »dieses übergewichtige Organ«, dessen Integration ins Lebensganze bis jetzt noch nicht gelang. Am Anfang stand der Sieg des Menschen — Mann und Frau — über das Tier. Das Untertan-Machen der tierischen, pflanzlichen und mineralischen Welt wurde möglich, weil sich der Mensch auf die geistige Seite verlegte: »Der Geist war von Anfang an ein kompensatorisches Machtinstrument, und wir mußten die Flucht nach vorn in die Kultur antreten.« Diese sei zu einem »Prozeß wachsender Aufrüstung gegen alle Risiken des Lebens geworden« (ebd., 181).

Wir werden in unserem Erkennen, Fühlen und Handeln von unserem »selbstbesorgten Ego« geleitet und befinden uns damit in einer Grundposition, »aus der heraus wir nicht lebensrecht und lebensecht agieren können« (ebd., 183). Mit diesem Ego sind wir ein »Top-Parasit auf verlorenem Posten« (ebd., 181) geworden. Aus dieser parasitären Position kommen wir, so Bahro, nur heraus, wenn wir unsere Existenz »vom Ursprung her unter Selbstkontrolle nehmen oder gar nicht. Am Ursprung aber ist das Gehirn Organ des fühlenden Körpers.« (Ebd., 185) Das andere ist allerdings auch angelegt: die Möglichkeit der Verselbständigung des Geistes und die Verlagerung der kulturellen Kräfte auf abgehobene Ebenen, von deren »Sekundärinteressen« (z.B. Ansehen und Herrschaft) die primären vergewaltigt und ausgebeutet werden.

Unser anthropozentrisches Weltbild leidet an einem Mangel an innerer Souveränität — und aus diesem Mangel heraus »sammeln die Menschen Macht, Sicherheit, Bequemlichkeit, Rüstung gegeneinander an, und Expansionsdynamik ist das unvermeidliche Ergebnis« (ebd., 194).

Hier helfe nur, Welt- und Selbstveränderung als Einheit sehen zu lernen, wie bereits Karl Marx in seinen Feuerbach-Thesen gefordert hatte. In dieser Einheit gehe heute aber Selbsterkenntnis, Selbstfindung und Selbstveränderung vor — »im analytischen wie auch im integralen (spirituellen) Sinne«. Die Einsicht und Erfahrung, daß die Logik der Selbstausrottung »hauptsächlich in unserer eigenen Bewußtseinsverfassung« sitzt, »müssen wir uns abverlangen, um in den Vorhof einer Umkehrinitiation zu gelangen« (ebd., 189).

Für sein Modell der »Tektonik des Verderbens« hat Bahro sehr viel Material zusammengetragen — vielfach solches, das vom wissenschaftlichen mainstream kaum zur Kenntnis genommen wird und deshalb als »esoterisch« gilt. 

Da wäre beispielsweise Jean Gebser zu nennen, der in seinem Hauptwerk <Ursprung und Gegenwart> eine umfassende Struktur der Bewußtseinsgeschichte präsentiert. 

Auf ihn bezieht sich auch der US-amerikanische »Theoretiker der Bewußtseinsevolution« Ken Wilber, von dem Bahro hauptsächlich dessen Buch <Halbzeit der Evolution: Der Mensch auf dem Weg vom animalischen zum kosmischen Bewußtsein> heranzieht.

Bahros Verständnis des Patriarchats und seiner Wurzeln beruht vor allem auf der Auseinandersetzung mit den Werken von Erich Neumann, »dessen <Ursprungsgeschichte des Bewußtseins> mir den ersten Lichtblick bot«, William Irving Thompson (»er demonstrierte am Gilgamesch-Epos die heroische Psychologie nach dem Eintritt in die städtische Zivilisation und ihren Konflikt mit der weiblichen Kosmologie«) und Friedrich Heer

»Am außerordentlichsten aber fand ich Walter Schubarts Werk <Religion und Eros>, schon in den dreißiger Jahren geschrieben. [...] Obwohl Schubarts Buch in manchem Detail auch positionell ein wenig altmodisch ist, hat es mir wie kein anderes klar gemacht, wieviel Flucht vor der Frau und damit wieviel Nichtbewältigung jenes Urproblems in allen männlichen Kulturleistungen [...] liegt und daß an aller Spiritualität etwas Grundlegendes falsch ist, die den Eros nicht nur partiell sublimieren, sondern letztlich überwinden will.« (Ebd., 506f., Fußnote 78) 

Dieses Thema sollte ihn nicht mehr loslassen. 

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 Von Kurt Seifert