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Ivan IllichEntschulung der GesellschaftEntwurf eines demokratischen Bildungssystems Eine Streitschrift - Deschooling Society
1971 by Ivan Illich 1972 im im Kösel-Verlag 1973 im Rowohlt-Verlag 1995 im Beck-Verlag, 4., überarbeitete und erweiterte Auflage. 2017 letzte Auflage |
1971 185 Seiten *1926 wikipe Deschooling deutsch detopia Start Illich |
Inhalt Vorwort 1970 (7) Vorwort 1995 (10)
Anmerkungen (186)
Klappentext |
1 Warum wir die Schule "abschaffen" müssen (17) 2 Eine Phänomenologie der Schule (48) 3 Die Ritualisierung des Fortschritts (59) 4 Ein Spektrum der Institutionen (81) 5 Irrationale Folgerichtigkeit (97) 6 Wege zum Lernen (105) 7 Die Wiedergeburt des epimetheischen Menschen (144) 8 Wider die Verschulung (158) Ivan Illichs "Entschulung der Gesellschaft" zeigt, daß die Schulen der hochindustrialisierten Gesellschaft alles andere als Orte der Bildung sind. Vielmehr erkennt er in der Schule das wirksamste Instrument zur Vorbereitung der Kinder auf ein entfremdetes Leben unter Leistungs- und Konsumdruck. Angesichts dieser ernüchternden Diagnose plädiert Illich dafür, die sogenannte Pflichtschule durch ein Netz "kommunikativer, geselliger" Institutionen zu ersetzen, die allen in jedem Alter ein freies und schöpferisches Lernen ermöglichen. Für Ivan Illich ist die Schule das wirksamste Instrument zur Vorbereitung der Kinder auf ein entfremdetes Leben unter Leistungs- und Konsumdruck. Nicht zuletzt deshalb zählt er die uns geläufige Institution "Schule" zu den primären Ursachen für die Ausbreitung sozialer Ungleichheiten. Doch beläßt es Illich nicht bei dieser provokanten Feststellung, die, 1972 erstmalig in Deutschland veröffentlicht, eine Welle der Empörung und lebhafteste Diskussionen auslöste. Ziel eines guten Bildungswesens müsse vielmehr sein, "allen, die lernen wollen, zu jedem Zeitpunkt ihres Lebens Zugang zu vorhandenen Möglichkeiten zu gewähren; es sollte allen, die ihr Wissen mit anderen teilen wollen, Vollmacht geben, diejenigen zu finden, die von ihnen lernen wollen; es sollte allen, die der Öffentlichkeit ein Problem vorlegen wollen, Gelegenheit schaffen, ihre Sache vorzutragen." Die Abschaffung der sogenannten "Regelschule" zugunsten eines Netzes "geselliger, kommunikativer" Einrichtungen wäre die Voraussetzung, um diese Zielsetzung zu verwirklichen. |
Vorwort 1970 von I. Illich
Mein Interesse am öffentlichen Bildungswesen verdanke ich Everett Reimer. Ehe wir uns 1958 auf Puerto Rico zum ersten Mal begegneten, hatte ich den Wert einer Ausdehnung der Schulpflicht auf alle Menschen niemals in Frage gestellt. Gemeinsam sind wir zu der Einsicht gelangt, daß das Recht zu lernen für die meisten Menschen durch die Pflicht des Schulbesuchs eingeengt wird.
Die im CIDOC entstandenen und in diesem Buch zusammengefaßten Aufsätze sind aus Denkschriften hervorgegangen, die ich Reimer vorgelegt habe und die wir im Laufe des Jahres 1970, im dreizehnten Jahr unseres Zwiegesprächs, erörtert haben. Der vorletzte Aufsatz enthält meine Gedanken nach einem Gespräch mit Erich Fromm über Bachofens <Mutterrecht>.
Seit 1968 haben Reimer und ich uns regelmäßig im <Zentrum für interkulturelle Dokumentation> (CIDOC) in Cuernavaca in Mexiko getroffen. An unseren Gesprächen hat auch Valentine Borremans, die Leiterin des Zentrums, teilgenommen. Sie hat mich stets gedrängt, ich solle unsere Überlegungen an der Wirklichkeit Lateinamerikas und Afrikas überprüfen.
Dieses Buch ist der Spiegel ihrer Überzeugung, daß das Ethos und nicht nur die Institutionen der Gesellschaft "entschult" werden müßten.
Durch Schulung ist allgemeine Bildung nicht erreichbar. Sie wäre eher erreichbar, würde der Versuch mit alternativen, im Stil auf den jetzigen Schulen aufbauenden Einrichtungen unternommen. Allgemeine Bildung ist weder durch eine neue Einstellung der Lehrer zu ihren Schülern noch durch die Vermehrung von Lernmitteln oder Lehrstoffen (im Klassen- oder Schlafzimmer) noch auch durch den Versuch zu erreichen, die Verantwortung des Erziehers auszuweiten, bis sie das ganze Leben seiner Schüler umspannt.
Die heutige Suche nach neuen Bildungstrichtern muß in die Suche nach deren institutionellem Gegenteil umgekehrt werden: nach Bildungsgeflechten, die für jeden mehr Möglichkeiten schaffen, jeden Augenblick seines Lebens in eine Zeit des Lernens, der Teilhabe und Fürsorge zu verwandeln. Wir hoffen Vorstellungen zu liefern, deren diejenigen bedürfen, die solche ergänzende Bildungsforschung betreiben - und auch für jene, die Alternativen zu anderen etablierten Dienstleistungsgewerben suchen.
Im Frühling und Sommer 1970 legte ich jeden Mittwoch morgen die verschiedenen Teile dieses Buches den Teilnehmern unserer CIDOC-Veranstaltungen in Cuernavaca vor. Dutzende von ihnen haben Vorschläge oder kritische Anmerkungen gemacht. Viele werden ihre Gedanken auf diesen Seiten wiederfinden, zumal Paulo Freire, Peter Berger und Jose Maria Bulnes, aber auch Joseph Fitzpatrick, John Holt, Angel Quintero, Layman, Fred Goodman, Gerhard Ladner, Didier Piveteau, Joel Spring, Augusto Salazar Bondy und Dennis Sullivan. Unter meinen Kritikern hat Paul Goodman mich am radikalsten genötigt, mein Denken zu überprüfen. Robert Silver hat mir beim 1., 3. und 6. Kapitel, die auch in <The New York Review of Books> erschienen, glänzende redaktionelle Hilfe geleistet.
Reimer und ich haben beschlossen, daß jeder von uns seine Ansicht über die gemeinsamen Untersuchungen veröffentlichen soll. Er arbeitet an einer umfassenden dokumentierten Darstellung, die nochmals vier Monate lang kritisch überprüft werden und gegen Ende 1971 bei Doubleday & Co erscheinen soll. Dennis Sullivan, der bei den Zusammenkünften zwischen Reimer und mir die Rolle des Sekretärs gespielt hat, will im Frühjahr 1972 ein Buch herausbringen, das meine Auffassung im Rahmen der gegenwärtigen Debatte über öffentliche Bildung in den Vereinigten Staaten darstellt. Ich lege diese Aufsätze jetzt in der Hoffnung vor, daß sie weitere kritische Beiträge zu einem Seminar über "Bildungsalternativen" provozieren werden, das 1972 und 1973 im CIDOC stattfinden soll.
Ich möchte einige beunruhigende Fragen erörtern, die sich stellen, sobald wir die Hypothese akzeptieren, daß die Gesellschaft entschult werden kann. Ich möchte nach Kriterien suchen, mit deren Hilfe wir die Einrichtungen umreißen können, die Förderung verdienen, weil sie das Lernen in einer entschulten Umwelt unterstützen. Ich möchte schließlich diejenigen persönlichen Zielvorstellungen klären, die der Heraufkunft eines Zeitalters der Muße (schole) anstelle einer von Dienstleistungsbetrieben beherrschten Wirtschaft dienlich wären.
CIDOC, Cuernavaca (Mexiko), November 1970, Ivan Ilich
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Vorwort 1995 von Ivan Illich
10-15
Noch im Herbst des Jahres, in dem dieses Buch im Frühjahr erschienen war, mußte der Autor seine Niederlage erleiden. Ich war in Paris, hatte mich mit einem afrikanischen Beamten in der UNESCO verabredet und dort im Labyrinth der Flure verlaufen. Ich trat also in die erste offene Tür, ließ mich am Haustelefon verbinden und wurde gefragt, wo man mich abholen sollte.
"Mademoiselle, j'ai l'honneur de me trouver dans le bureau de ...?" und dann kam's: "Monsieur, Vous etes au programme de l'education descolarisee." Genau dagegen, nämlich "Erziehung ohne Schule", hatte ich mich einsetzen wollen, und nun war ich der Erfinder des Slogans für mehr Erziehung in einer Gesellschaft, die sich die Schule ersparen will.
"Entschulung" steht im Wörterbuch. Fünfundzwanzig Jahre nach der ersten Auflage sitze ich am Vorwort zu dieser Jugendsünde.
Was seither zur Sache von anderen gedacht und geschrieben wurde, wäre keine Lesehilfe. Ein Blick auf die Windungen des Weges, der mich in die Geschichte der Muttersprache, der Schriftlichkeit, des Textbildes und des erziehungsbedürftigen Menschen geführt hat, würde von der Zeitgebundenheit ablenken. Die "Entschulung der Gesellschaft" enthält sieben Pamphlete, deren Sprache mich, beim Wiederlesen, beeindruckt und ärgert. Was mich beeindruckt, ist die bleibende Gültigkeit des Arguments, was mich wurmt, ist die zeitgebundene Sprache, die mir inzwischen fremd geworden ist. Die Neuauflage des Buches gibt mir Gelegenheit, meine Haltung in den 60er Jahren zu vergegenwärtigen. Ein Postskriptum zum ursprünglichen Vorwort soll mir das erlauben. "Schule" war mir damals Anlaß, von vier Dingen zu sprechen:
von der Widersprüchlichkeit des Entwicklungsvorhabens;
von der Kontraproduktivität industrieller Dienstleistung;
von der religiösen Funktion dieser weltumspannenden Rituale;
und um schließlich eine Bildungsreform, die am Mythos des homo educandus festhält, in Frage zu stellen.
Entwicklungskritik
Mitte der 90er Jahre kann man sich gar nicht mehr vorstellen, was für eine Heilige Kuh die Schule damals war. Meine Skepsis der Schulpflicht gegenüber hätte mich beinahe um die innige Freundschaft mit Erich Fromm gebracht.
Ein guter Mensch stellte die Schulpflicht nicht in Frage. Weil die Schule so unantastbar war, kam mir das Erziehungswesen gelegen, um etwas viel Umfassenderes bloßzustellen, nämlich das Vorhaben weltweiter Entwicklung von Bedürfnissen im Zeitalter von Kennedy, Brandt und Johannes XXIII.
Für den Ersatz traditioneller Genügsamkeit durch Bedürfnisse, deren "Befriedigung" unein-lösbar ist, schien mir das Entwicklungsvorhaben auf dem Bildungssektor das schlagende Exempel zu sein. Der gesamte Staatshaushalt eines lateinamerikanischen Staates, wäre er nur für den Bau und Betrieb von Schulen eingesetzt worden, hätte nirgends ausgereicht, jenes Quantum kostenloser "Beschulung" zu finanzieren, deren Konsum gesetzlich zur Pflicht gemacht worden war.
1970 war die Einsicht, daß Entwicklungshilfe für die große Mehrheit Bedürfnisse schafft, die nie befriedigt werden können, für meine Leser noch überraschend und empörend.
Jener selbstverständliche Zynismus, der diesen Widerspruch heute mit Achselzucken übergeht, hatte sich damals noch nicht durchgesetzt.
In der Zwischenzeit haben viele meiner Schüler sogenannte Alternativ-Schulen gegründet und geführt. Die Kritik an der Verschulung hat sich im Aufbau von Bildungsalternativen erschöpft, so wie die Kritik am Straßenkreuzer das Spar- oder gar das Elektro-Auto hervorgebracht hat.
Club of Rome
Mitte der 90er Jahre kann man sich auch nicht mehr vorstellen, wie jener erste Bericht des Club of Rome gewirkt hat, den Volkswagen, Fiat und Ford in Auftrag gegeben und bezahlt hatten, um auf die Existenz von Grenzen des industriellen Wachstums aufmerksam zu machen. Die Ökologie, die sich bis dahin als Wiesen- und Tümpelforschung verstanden hatte, wurde über Nacht zur Fachwissenschaft für ein neues Objekt: die "bedrohte" Umwelt, die durch Abgase und Zement, Müll und Verstädterung, durch Waldsterben und "Bevölkerungs-Explosion" menschenfeindlich wird.
Ich habe mich damals geweigert, an der Kritik des Wachstums von Autos oder Kühlschränken teilzunehmen, die mir zu kurz griff, um meine Aufmerksamkeit auf die Grundlagen des industriellen Produktionssystems zu richten.
Darüber hinaus lassen sich die immanenten Grenzen des Wachstums deutlicher im Dienstleistungswesen nachweisen als im Umsatz von Energie und Rohstoff. Die Kontraproduktivität verdummender Ausbildung, krankmachender Medizin, kriminogener Sozialkontrolle kommt in der Analyse professioneller Institutionen deutlicher und noch peinlicher zum Vorschein als in der Verschmutzung, Vergiftung und Verunstaltung durch Kalorien.
Unter Kontraproduktivität, also "zweckwidriger Wertschöpfung", verstehe ich die Tatsache, daß jenseits gewisser Schwellen eine Institution die Mehrzahl ihrer Klienten von genau jenem Ziel entfernt, zu dem sie gestaltet und finanziert worden ist. Dieses Argument habe ich in meinem Buch "Selbstbegrenzung" ausgeführt und untersuche es hier am Beispiel des weltweiten Beschulungsvorhabens. So sehr es mir also um Kinder und um die armen Lehrer ging, so ging es mir noch mehr darum, anhand einer Phänomenologie der Schule die zwangsweise Eingliederung der "Unterentwickelten" in die Welt "zweckwidriger Wertschöpfung" bloßzustellen.
Ritual
Seit 1960 hatte ich mir die Aufgabe gestellt, freiwilligen Entwicklungshelfern für Südamerika Gelegenheit zur Besinnung zu geben. Zu diesem Zweck hatte ich südlich der Stadt Mexiko eine Stätte eingerichtet, an der intensive Sprachkurse mit vielseitiger Gelegenheit verbunden waren, Menschen aus allen Teilen Südamerikas für einen mehrtägigen Gedankenaustausch zu treffen. Die Kurse waren so eingerichtet, daß unmotivierte Leute abgeschreckt wurden. In einem Jahrzehnt habe ich auf diese Weise für Perioden von jeweils vier Monaten mit mehreren Tausend Männern und Frauen im täglichen Gespräch zusammengelebt. Mitglieder des deutschen oder französischen Entwicklungsdienstes, Nonnen und Priester und Pastoren, Amerikaner, Iren und Kanadier. Da ich frei war, die Seminarleiter auszuwählen, konnte ich so dafür sorgen, daß jene Menschen nach Cuernavaca kamen, die den Fragen der damals sogenannten "Modernisierung" nachdenklich und kritisch gegenüberstanden.
Von Jahr zu Jahr wurde dabei für mich eine Frage immer dringlicher: Wie kam es, daß diese meist großherzigen Menschen so hartnäckig, ja verbohrt an einem Glauben an die Wohltat dessen festhielten, was da Entwicklung hieß? Gleich, ob sie sich als Schüler von Dahrendorf, Milton Freedman oder Howard Becker verstanden, gleich, ob sie sich der Kirche, Castro oder dem Peace Corps verschrieben hatten, gleich, ob sie meinten, als linke Ausländer antiimperialistische Bewegungen in Chile oder Guatemala zu unterstützen oder ob sie sich als politisch neutrale technische Hilfskräfte begriffen, - sie waren fast ohne Ausnahme stur von der Heilsmacht der Dienstleistungs-Organisationen überzeugt: Schulen im Dienst der Erziehung, Medizin als Mittel zur Gesundheit, Straßen als freie Fahrt in die Zukunft.
Zu der Zeit, als ich die hier wieder aufgelegten Vorträge hielt, stand für mich die Frage nach der Wurzel dieser Sturheit im Mittelpunkt meiner Überlegungen. Ich erinnere mich an einen Abend auf der Terrasse mit Peter Berger und einem halben Dutzend Studenten, als die dritte Flasche Rum schon zur Neige ging. Die "Geschichte der Kindheit" von Philippe Aries und Bergers "Soziale Konstruktion der Wirklichkeit" hatten unser Gespräch in Gang gebracht.
An diesem Abend kam ich zur Einsicht, daß sich der sture Glauben an die Naturgegebenheit von homo oeconomicus - ich konnte das Wort damals nicht verwenden, denn Louis Dumont hatte es noch nicht geprägt - durch eine religionssoziologische Überlegung erschließen würde. Ich begann, Entwicklungshilfe als Mission zu deuten, als geistigen Imperialismus im Dienste eines Regentanzes, als Bekehrung zur frommen Teilnahme an Ritualen, die nur deshalb ihr Versprechen nicht einlösen, weil bei ihrer Feier ein Fehler gemacht wurde. Mit dem Kapitel über die Ritualisierung des Fortschritts begann mein Versuch, der mich auch heute noch beschäftigt, die Institutionen des Industriezeitalters als solche Rituale zu deuten. Ich begann davon abzusehen, was Schule tut, und mein Augenmerk darauf zu lenken, was sie sagt: darauf, was ihr geheimer Lehrplan dem Schüler und noch mehr dem Lehrer einbläut. Und das ist vor allem ein Menschenbild: der "bedürftige Mensch" und speziell der "erziehungs-bedürftige Mensch".
Entschulung
Auch wenn ich das Wort geprägt hatte, so war es der Verleger Kass Canfield, der deschooling als Titel meines Buches wollte. Ein mehrtägiger Zusammenbruch der Telefonverbindungen von Mexiko in die USA ließ meinen Einspruch zu spät kommen. Mein Unbehagen nicht nur am Titel, sondern am Text selbst wuchs während der neun Monate, in denen das Manuskript zum Buch wurde.
Denn immer dringlicher erschien mir die Gefahr eines peinlichen Mißverständnisses, dem mein Argument Vorschub leisten könnte. Zwar schließt der Titel eine reformpädagogische Intention des Autors aus, aber im Klima nach 1968 sprach manches im Text dafür, daß ich für lebenslängliche Erziehung plädieren wollte.
Ich bin dem Herausgeber der <Saturday Review> noch immer dankbar, daß er am Erscheinungsdatum des Buches den Essay, der hier nun unter der Kapitelüberschrift <Wider die Verschalung> erscheint, als Leitartikel druckte.
Dort weise ich auf die Gefahr hin, daß mit der De-Legitimierung von Pflicht- und Gesamtschule der Verwandlung der Gesellschaft in ein umfassendes Erziehungswesen Vorschub geleistet werden kann, daß also nach dem Zusammenbruch der Liturgie das durch sie verbreitete Dogma sich nur um so gründlicher und hinterlistiger durchsetzt.
Wie diese "total und totalitär gewordene Pädagogisierung sämtlicher Lebensverhältnisse" in den 80er Jahren zur bundesrepublikanischen Wirklichkeit geworden ist, das hat Johannes Beck in seinem Buch <Der Bildungswahn> (rororo 1994) überzeugend dargestellt. Wenn der Leser zum Buch meines Freundes Johannes greift, dann ist diese Wiederauflage von "Entschulung" für mich ein besonderes Geschenk.
Mein Buch wurde im Auftrag von Freimut Duve 1972 in ein Deutsch übersetzt, dessen ich nicht mächtig war. Claudia Sandkühler hat diesen deutschen Text für den Beck Verlag so bearbeitet, daß ich jetzt den weitaus jüngeren Autor in ihm wiederfinde.
Ivan Illich, Cuernavaca (Mexiko) 1995
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wikipedia Johannes_Beck Pädagoge 1938-2013