Paul LafargueDas Recht auf FaulheitWiderlegung des <Recht auf Arbeit> von 1848Die friedliche Beendigung des Klassenkampfes |
1883 54/59 Seiten (*1842)
detopia: Lafargue.Start |
Inhalt
Als Nachwort (55-59) Anmerkungen? |
1. Ein verderbliches Dogma (20) |
2001:
3. Auflage dieser Ausgabe im Februar 2001
2010:
Trotzdem bei Alibri, Aschaffenburg 2010, 97 Seiten, |
Von Eduard Bernstein, Übersetzer und Herausgeber der deutschen Erstausgabe
Vorwort zur deutschen Buchausgabe von 1887
Als ich mich seinerzeit entschloß, die vorliegende kleine Schrift meines Freundes Lafargue den deutschen Arbeitern zu unterbreiten – sie erschien zuerst als Feuilleton im "Sozialdemokrat" –, da ward mir von verschiedenen Seiten die Befürchtung geäußert, sie werde mißverstanden werden; der Titel allein genüge, böses Blut zu machen, und anderes mehr.
Indes, die Furcht stellte sich als unbegründet heraus, es liefen keine Reklamationen ein, vielmehr fanden die Artikel so viel Anklang, daß die Herausgabe des Ganzen in Broschürenform wünschenswert erschien.
Diese deutsche Übersetzung ist nicht ganz wörtlich. Im Einverständnis mit dem Verfasser sind einige nicht unbedingt zum Thema gehörige und nur für französische Leser verständliche Sätze fortgeblieben, während an anderen Stellen auf deutsche Verhältnisse passende Einschaltungen vorgenommen, deutsche Persönlichkeiten an Stelle französischer zur Exemplifizierung benutzt wurden. Nur so war es möglich, der Schrift den Charakter der Satire zu erhalten. Auch die Kapiteleinteilung ist eine andere als die des Originals. Im übrigen seien hier die Worte wiederholt, mit denen die Redaktion des 'Sozialdemokrat' seinerzeit die Publikation einleitete:
"...So denken wir uns den Dank unserer Leser dadurch zu verdienen, daß wir sie mit einer Schrift bekannt machen, welche mit ihrem beißenden Sarkasmus, mit ihrer rücksichtslosen Offenheit vortrefflich geeignet ist, mit allerhand Vorurteilen, die sich bis in unsere Reihen eingeschlichen haben, tüchtig Kehraus zu machen. Die Biedermeierei, die in Deutschland das große Wort führt und über die 'Frivolität' eines Heine augenverdrehend zetert, darf in unserer Partei keinen Widerhall finden. Mehr als je müssen wir vielmehr gegen Scheinheiligkeit und Duckmäuserei ankämpfen und uns vor allem daran gewöhnen, offen auszusprechen, was wir für recht halten, und unbefangen zu prüfen, was neu an uns herantritt.
Unbefangen prüfen, das ist es auch, was wir den Lesern in bezug auf die Lafarguesche Schrift empfehlen. Nicht aus polemischen Gründen bringen wir sie zum Abdruck - wenn wir polemisieren, so tun wir dies offen und ohne Rückhalt -, sondern ihrer unleugbaren Vorzüge wegen. Sie enthält in knappster Form eine Fülle von anregenden Gedanken sowie von beweiskräftigem Material für unsere Sache, so daß selbst der sie mit Frucht lesen wird, dem ihre 'Moral' oder 'Immoral' - wie man's eben nehmen will - doch einige 'Bedenken' erregt."
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Vorwort des Autors
Im Jahre 1849 sagte Herr Thiers als Mitglied der Kommission für den Elementarschulunterricht: »Ich will den Einfluß des Klerus zu einem allgemeinen machen, weil ich auf ihn rechne - in der Verbreitung jener gesunden Philosophie, die den Menschen lehrt, daß er hier ist, um zu leiden; und nicht jener anderen Philosophie, die im Gegenteil zum Menschen sagt: Genieße!«
wikipedia Adolphe Thiers (1797-1877) wikipedia Elementarschule
Herr Thiers formulierte damit die Moral der Bourgeoisie, deren brutaler Egoismus und deren engherzige Denkart sich in ihm verkörperte.(1) Als das Bürgertum noch gegen den von der Geistlichkeit unterstützten Adel ankämpfte, pflanzte es das Banner der freien Forschung und des Atheismus auf; kaum aber hatte es sein Ziel erreicht, so änderte es Ton und Haltung; und heute sehen wir es bemüht, seine ökonomische und politische Herrschaft auf die Religion zu stützen.
Im 15. und 16. Jahrhundert hatte es fröhlich die Überlieferungen des Heidentums aufgegriffen und das Fleisch und dessen Leidenschaften, diesen »Greuel« in den Augen der christlichen Moral, verherrlicht; heute dagegen, wo es in Reichtum und Genüssen aller Art fast erstickt, will es von den Lehren seiner Denker, der Rabelais und Diderot, nichts wissen und predigt den Lohnarbeitern Enthaltsamkeit.
Die kapitalistische Moral - eine jämmerliche Kopie der christlichen Moral - belegt das Fleisch des Arbeiters mit einem Bannfluch: Ihr Ideal besteht darin, die Bedürfnisse des Produzenten auf das geringste Minimum zu reduzieren, seine Genüsse und seine Leidenschaften zu ersticken und ihn zur Rolle einer Maschine zu verurteilen, aus der man ohne Rast und ohne Dank Arbeit nach Belieben herausschindet.
Die revolutionären Sozialisten sind somit vor die Aufgabe gestellt, den Kampf, den einst die Philosophen und Satiriker des Bürgertums gekämpft, wieder aufzunehmen: sie haben wider die Moral und die Soziallehren des Kapitalismus Sturm zu laufen und in den Köpfen der zur Aktion berufenen Klasse die Vorurteile auszurotten, welche die herrschende Klasse gesät hat; sie haben allen Moralitätsheuchlern gegenüber zu verkünden, daß die Erde aufhören wird, das Tal der Tränen für die Arbeiter zu sein, daß in der kommunistischen Gesellschaft, die wir errichten werden — »wenn es geht, friedlich, wenn nicht, mit Gewalt« —, die menschlichen Leidenschaften freien Spielraum haben werden, da alle »von Natur aus gut sind, wir nur ihren falschen und übermäßigen Gebrauch zu vermeiden haben«.(2) Und das wird nur durch das freie Gegenspiel der Leidenschaften und die harmonische Entwicklung des menschlichen Organismus erreicht.
»Denn«, sagt Dr. Beddoe, »erst wenn eine Rasse das Maximum ihrer physischen Entwicklung erreicht, erreicht sie auch den höchsten Grad von moralischer Kraft und Energie«. Das war auch die Meinung des großen Naturforschers Charles Darwin.(3)
Die <Widerlegung des Rechts auf Arbeit>, die ich mit einigen zusätzlichen Anmerkungen neu herausgebe, erschien in der Zeitschrift <L'Egalité> von 1880.
Gefängnis Sainte-Pélagie, 1883
Paul Lafargue#