Fred Pearce
Wenn
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2007 400 Seiten detopia |
Pearce-2007 |
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Alle Welt redet von schwindenden Energieressourcen. Dass sich daneben eine ungleich gravierendere Wasserkrise anbahnt, ist bis jetzt kaum ins Bewusstsein gedrungen. Selbst wer umweltbewusst zu Hause Wasser spart, weiß selten, wieviel »virtuelles Wasser« er über Nahrung und Kleidung tatsächlich verbraucht: 5.000 Liter Wasser sind nötig, um ein Kilo Reis zu erzeugen, 11.000 Liter für das Rindfleisch eines Hamburgers, unglaubliche 20.000 Liter stecken in 1kg Kaffeepulver. Kein Wunder, dass sich die Flüsse der Welt in atemberaubendem Tempo leeren – während durch Überregulierung andererseits die Flutgefahr dramatisch steigt. Längst weiß man, dass gigantomanische Bewässerungs- und Staudammprojekte eine enorme ökologische und ökonomische Verschwendung darstellen. Doch schon geht man weltweit dazu über, auch die unterirdischen Wasserreservoirs leer zu pumpen. Ressourcenkriege um Wasser bahnen sich an, denn: Ohne Öl können wir zur Not leben, ohne Wasser sicher nicht. Fred Pearces Berichte lesen sich wie Kriminalgeschichten und geben zugleich einen umfassenden Überblick über die Wasserkrise und ihre Auswirkungen. Nach der »grünen Revolution« der 70er Jahre, mit der eine wachsende Weltbevölkerung vor dem Hunger bewahrt werden sollte, ist nun eine »blaue Revolution« nötig, um unser wichtigstes Lebens-Mittel, das Wasser, zu retten.
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Inhalt
Einleitung (13)
1 Der Faktor Mensch (17)
2 Lernen, die Fluten zu lieben (23)
I: Wenn die Flüsse versiegen ... ist die Ernte in Gefahr (35) 3 Ein Trip durch den Wasserkreislauf 37 4 Pakistan: Das traurige Tal 46 5 Nordamerika: Über den Rio Grande 53
II: Wenn die Flüsse versiegen ... greifen wir zum Wasser unserer Kinder (65) 6 Indien: Grenzenlose Anarchie 67 7 Halliburtons Job für Gaddafi 81 8 Die größte Massenvergiftung der Welt 86 9 Fata Morganas 95
III: Wenn die Flüsse versiegen... sterben die Feuchtgebiete (105) 10 Der Reichtum der Gemeinschaft 107 11 Tschad: Die Tragödie der Feuchtgebiete 119 12 Todesseen 131 13 Mekong: Den Puls fühlen 137
IV: Wenn die Flüsse versiegen ... drohen Flutkatastrophen (153) 14 China: Der Hängende Fluss 155 15 Klimaveränderungen 175
V: Wenn die Flüsse versiegen... arbeiten wir mit Beton (181) 16 Die Wunder dieser Welt 183 17 Sonne, Schlamm und Tümpel 194 18 Dämme, die Fluten verursachen 200
VI: Wenn die Flüsse versiegen ... führt die Menschheit Wasserkriege (209) 19 Palästina: Gift in den Brunnen des Friedens 211 20 Der erste Wasserkrieg der Neuzeit 224 21 Damoklesschwerter 232
VII: Wenn die Flüsse versiegen... versinken Kulturen (241) 22 Elischas Quelle und die Geheimnisse von Angkor (243) 23 Der Verlust des Westens 252 24 Aralsee: Das Ende der Welt 261
VIII: Wenn die Flüsse versiegen... suchen wir anderswo nach Wasser (283) 25 Das Wasser zu den Menschen bringen 285 26 Abwasser aus der Leitung 300 27 Geschlossene Flussbecken und vernagelte Köpfe 306 28 Aus der dünnen Luft gegriffen 315
Teil IX: Wenn die Flüsse versiegen... sammeln wir den Regen (329) 29 Regen sammeln 331 30 Es spricht sich herum 342 31 Quellen, die nie versiegen 349
Teil X: Wenn die Flüsse versiegen... schwimmen wir mit dem Strom (359) 32 Die Befreiung der Gefangenen Saddams 361 33 Mehr Ertrag pro Tropfen 368 34 Wasserethik 376
Register (385) Danksagung (399) |
Leseberichte
https://www.spektrum.de/rezension/wenn-die-fluesse-versiegen/940294
perlentaucher.de/buch/fred-pearce/wenn-die-fluesse-versiegen.html
zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 18.06.2007
Zutiefst besorgniserregend scheinen Rezensentin Julia Voss die Befunde, die der englische Umweltjournalist Fred Pearce zur Situation des Süßwassers vorträgt. Dabei kommt das Buch offenbar keineswegs hysterisch-alarmistisch daher: Voss lobt den nüchternen, bedächtigen Ton, in dem der Autor das Versiegen von Flüssen und Seen, den sinkenden Grundwasserspiegel, die zunehmende Versalzung von Binnenmeeren und die Folgen für die Menschen schildert. Besonders der Bericht über die Austrocknung des Aralsees und die Bildung riesiger Salzsümpfe hat sie erschüttert.
Sie lernt bei Pearce zudem einiges über die Ursachen der katastrophalen Trockenheit, die vor allem im gigantischen Wasserverbrauch und der maßlosen Wasserverschwendung bei der Herstellung von Produkten wie zum Beispiel Baumwolle oder von Lebensmitteln wie Weizen, Fleisch, Milch, Kaffee liegen.
Nicht vergessen kann sie nach der Lektüre Pearce' Zahlen über das "virtuelle Wasser", das Wasser also, das zum Beispiel eine Tonne Weizen oder ein Kilo Kaffee zu ihrem Wachstum benötigen. Nur befürworten kann sie daher die Idee des Autors, Herstellungskosten und Wasserbrauch von Produkten auf der Packung anzugeben, um den Anreiz für die Unternehmen zu erhöhen, wassersparende Techniken einzusetzen, die es längst gebe.
zu Süddeutsche Zeitung, 06.06.2007
Interessant findet Alex Rühle die Studie "Wenn die Flüsse versiegen" des britischen Wissenschaftsjournalisten Fred Pearce. Dieser begibt sich in seinem Buch auf die Spur der versiegenden Süßwasserreserven der Erde. Der nach Pearce unökologische Bau von Staudämmen, der unstillbare Durst der Metropolen und die landwirtschaftliche Wasserverschwendung ließen das Süßwasser verschwinden und sorgten schon jetzt in einigen Regionen zu einer Politik der "hydrologischen Apartheid".
Wie der Rezensent zum Beispiel fassunglos nacherzählt, rühmen sich ehemalige Sowjetrepubliken noch immer für ihre überplanmäßige Baumwollproduktion, die nach UN-Angaben zur größten Umweltkatastrophe des 20. Jahrhunderts, dem Austrocknen des Aralsees, führte.
Rühle beeindruckt Pearce' Studie besonders durch ihren nüchternen, wissenschaftlichen Tonfall. Im Kontrast dazu treten für ihn die Dramatik des Süßwassermangels sowie die Brisanz der Konflikte, die sich damit heute und morgen verbinden, besonders hervor.
zu Die Zeit, 22.03.2007
Rezensent Thomas Kluge zeigt sich alarmiert von dem, was der Umweltjournalist Fred Pearce über die sich verschärfende weltweite Krise der Wasserverkommen zusammengetragen hat. Bereits heute zeichnet sich ab, dass sich die Trockenheit in regenarmen Gebieten verstärkt, während regenreiche Regionen mehr Überschwemmungen erleben werden. Bei einer Klimaerwärmung dürften sich die Extreme noch weiter verstärken.
Wie der Rezensent erklärt, konzentriert sich Pearce in seiner Darstellung vor allem auf die Flüsse und ihren Anteil am globalen Wasserkreislauf. Mit Erschütterung hat er von Pearce erfahren, dass einige Flüsse wie der Gelbe Fluss in China oder der Jordan nur noch auf den Atlanten ins Meer münden. In der Wirklichkeit sind sie lange vorher versiegt. In der Trockenzeit schaffen es auch der Euphrat, Tigris und Indus nicht mehr bis zu ihrem Delta.
Nach Informationen des Rezensenten macht Pearce dafür vor allem die intesive Landwirtschaft verantwortlich, in der Hochertragssorten von Weizen, Mais und Reis unverhältnismäßig viel Wasser verbrauchen. Pearce plädiert nach der Grünen also für eine Blaue Revolution, und er kann sich dabei der Unterstützung des Rezensenten Thomas Kluge sicher sein.
https://www.deutschlandfunk.de/knappes-gut-100.html
Knappes Gut
Der Klimawandel verschärft den Wassermangel in vielen Teilen der Welt lediglich, seine Ursachen liegen tiefer.
Das schildert eindrucksvoll der britische Journalist Fred Pearce in seinem neuen Buch „Wenn die Flüsse versiegen“.
Daniel Blum stellt es vor.
„Etwas Irritierendes ist geschehen. Ganz allmählich wurde es mir bewusst, durch die eine oder andere Nachrichtenmeldung. Die Karten in meinem Atlas schienen nicht mehr mit der Wirklichkeit übereinzustimmen. Ganze Binnenmeere und Seen waren verschwunden. Die alten Lehren aus dem Erdkundeunterricht, wonach ein Fluss in den Bergen entspringt, das Wasser aus den Nebenflüssen aufnimmt und seine angeschwollenen Massen schließlich ins Meer ergießt, waren plötzlich überholt. Viele Flüsse sterben auf ihrem Weg ab, statt anzuschwellen. Der Nil in Ägypten, der Gelbe Fluss in China, der Indus in Pakistan, der Colorado und der Rio Grande in den USA – von allen wird berichtet, dass sie im Sand versickern, manchmal Hunderte Meilen vom Meer entfernt. Eine Art erdgeschichtliche Katastrophe.“
Und der Londoner Wissenschaftspublizist Fred Pearce arbeitet solche Katastrophen journalistisch auf. Während Polizeireporter des Boulevards zu Autobahnunfällen oder brennenden Häusern rasen, um ihre Leser mit erschütternden Szenen zu rühren, fliegt Pearce dorthin, wo gleich ganze Völker in Not geraten, in den afrikanischen Tschad oder an den Aralsee, um zu dokumentieren, was geschieht, wenn, so auch der Titel seines Buches, „wenn die Flüsse versiegen“. Dass das Trinkwasser weltweit knapp wird, hat jeder schon mal aufgeschnappt und in der Regel für ein Problem gehalten, das andere haben, nicht man selbst. Ein Trugschluss, wie Pearce nachweist. Auch wenn in Deutschland noch niemand dursten muss: Das Schwinden der weltweiten Wasservorräte trifft uns mit, vor allem deswegen, weil es auch der hohe Lebensstandard der Industrieländer ist, der die Wasserreservoirs in aller Welt geradezu leer pumpt. Fred Pearce rechnet es vor:
„Es mag lobenswert sein, lieber zu duschen, als ein Vollbad zu nehmen, den Hahn zuzudrehen, während man sich die Zähne putzt, doch niemand sollte glauben, dass es unser täglicher Wasserkonsum daheim ist, der die Flüsse der Welt leert. Erst wenn wir das Wasser hinzurechnen, das für den Anbau dessen, was wir essen und trinken, notwendig ist, schnellen die Zahlen in die Höhe. Für ein Kilo Weizen sind 1.000 Liter Wasser vonnöten. Für jeden Löffel Zucker im Kaffee werden 50 Tassen Wasser verbraucht. Ganz oben auf der Liste steht die Kilopackung Kaffeepulver mit 20.000 Litern Wasser – 20 Tonnen. Stellen Sie sich vor, Sie würden diese Menge aus dem Supermarkt nach Hause tragen!“
Ein guter Teil der Lebensmittel dieser Welt kann nur produziert werden, weil die Nutzpflanzen dafür künstlich bewässert werden. Die so genannte Grüne Revolution hat uns Hochertragssorten beschert: neue Weizen- oder Maisarten, die besonders hohe Ernten bringen, aber auch besonders viel Wasser brauchen. Mit dem Regenwasser alleine ist es da nicht getan. Die Flüsse und Seen reichen auch schon lange nicht mehr aus. Immer häufiger pumpen Regierungen oder Privatunternehmer das Wasser aus unterirdischen Reservoirs, aus gewaltigen uralten Grundwassertanks, die jetzt binnen weniger Jahre geleert werden – ohne wieder aufgefüllt zu werden. Politiker weltweit begreifen zwar allmählich, dass ihren Wohlstandsträumen blühender Landschaften buchstäblich das Wasser abgegraben wird, aber als Lösung fällt ihnen zumeist nur ein, vom Falschen noch mehr zu tun.
„Brauchen wir die Mammutprojekte, die die Großen Seen in den amerikanischen Westen ableiten, den Kongo-Fluss in die Sahara, die reißenden Ströme Sibiriens in die Wüsten Zentralasiens? Oder sollten wir uns lieber bescheiden, das Regenwasser vom Dach auffangen und unsere Gärten mit durchlöcherten Fahrradschläuchen bewässern? Nichts, vielleicht nicht einmal der Klimawandel, wird für die Zukunft der Menschheit auf unserem Planeten im kommenden Jahrhundert von derartiger Bedeutung sein wie das Schicksal unserer Flüsse. Einst zogen Entdecker in großer Zahl aus, um ihre Quellen zu finden. Meine Reise ist eine Chronik ihres Sterbens.“
Seine Reisen haben Fred Pearce rund um den Globus geführt. Er hat mit Ingenieuren gesprochen, die gigantische Talsperren planen, und mit Regenwassersammlern in Indien. Doch Pearce hat nicht nur Bonusmeilen gesammelt, er hat auch am Schreibtisch gesessen, Studien und Fachliteratur ausgewertet. Beide Quellen, Literatur und die Inaugenscheinnahme vor Ort, verknüpft er im Text mit leichter Hand zu einem harmonisch wirkenden Ganzen. Zahlenwerk und Reportagen illustrieren sich wechselseitig. Das ist nicht nur inhaltlich überzeugend, sondern auch sprachlich sehr gelungen. Mit seinem einfachen, aber eleganten Stil liest sich das Buch leicht. Dafür, dass es ein eigentlich beklemmendes Thema behandelt, macht seine Lektüre erstaunlich viel Freude. Die Aufgabe, die sich Pearce gestellt hat, war gewaltig: Er wollte nichts weniger als eine umfassende, globale Bestandsaufnahme des heraufziehenden Wassernotstandes erstellen mit selbst recherchiertem, aktuellen Wissen aus allen Teilen der Welt. Für einen einzelnen Autor eine wahre Herkulestat. Nun, er hat die Arbeit gestemmt, und, was noch erstaunlicher ist, er hat sich in der Fleißarbeit nicht verzettelt. Pearce präsentiert seine Erkenntnisse mit Überblick, schafft ständig neue Bezüge zwischen den Kapiteln, nimmt den Leser an die Hand und geleitet ihn sicher durch das Thema. Sein Anliegen ist es, für eine „Blaue Revolution“ zu werben, wie er es nennt: einen radikal neuen, sparsamen Umgang mit dem Wasser:
„Diese neue Ethik verlangt von uns, Möglichkeiten des Wasserspeicherns zu finden, ohne die Umwelt zu zerstören; den Flüssen ihr Wasser zurückzugeben und Seen und Feuchtgebiete wieder zu füllen, ohne dass Menschen verdursten müssen; und das Wasser zu teilen, anstatt sich darum in Kriegen zu streiten. Wir sollten mit dem Strom schwimmen. Und zwar, bevor die Flüsse versiegt sind.“
„Wenn die Flüsse versiegen“, das Buch von Fred Pearce, ist keine Fachliteratur für die Universitäten. Es fehlt ein wissenschaftlicher Fußnotenapparat. Pearce hat, statt das gelehrte Abschreiben zu perfektionieren, viel Mühe darauf verwandt, sich vor Ort ein eigenes Bild zu verschaffen, seine Anschauung durch eigenes Schauen zu erwerben. Mit besonderem Interesse hat er die ersten kleinen Schritte der „Blauen Revolution“ begleitet: die Versuche, mit dezentralen und naturnahen Techniken das Wasser effizienter zu nutzen. Das Ergebnis seiner Arbeit: eine umfassende und aktuelle Dokumentation des Wassernotstandes, hervorragend lesbar und spannend.
Fred Pearce: Wenn die Flüsse versiegen
Verlag Antje Kunstmann, München 2007
398 Seiten, 24,90 Euro