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Matthias HorxDas Zukunfts-ManifestAufbruch aus der Jammerkultur
Wie
wir uns auf das 21. Jahrhundert 1997 im ECON-Verlag |
1997 (*1955) detopia: |
Inhalt Vorwort (7)
Literatur (327) Register (330)
2. Auflage 1998 |
1. Die Grammatik des Wandels
2. Die Gesellschaftskontrakte des 21. Jahrhunderts Einleitung: Eine neue Etappe der Zivilisation (125)
Zusammenfassung: Der "New Deal" des 21. Jahrhunderts (261) 3. Zukunftsmentalitäten
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Rezension: Das Zukunfts-Manifest -- Von Siegfried Scheithauer / Deutsche Welle
Im
Sonnenbad kann man nicht untergeh'n, weil es nicht tief ist. ...schrieb quasi dialektisch der Münchner Kabarettist Karl Valentin. Auch vieles von dem, was Matthias Horx eifrig in seinem "Manifest" zusammengetragen hat, könnte man bei kritischer Betrachtung genau in anderer Richtung interpretieren. Und doch findet man in dem herzerfrischend frechen Elaborat manch Bedenkenswertes und Vergnügliches. Der prominente Trend- und Zukunftsforscher stimmt ein in die modische Klage über die deutschen Zauderer, Jammerer, Nörgler und Bedenkenträger. Er will sich verstanden wissen als Stifter einer Art neue Glaubensgemeinschaft der realistischen Optimisten. Heilmittel - Horx spricht im Internet-Slang von "tool", also eher Werkzeug - auf dem Weg in die bunte und harmonische Zukunft soll die Theorie der Komplexität sein. Nun, Begriffe zu besetzen, das ist sein Metier. Verabschiedet wird lineares, binäres und vor allem ideologisches Denken. Therapiert wird mit systemischen und ganzheitlichen Anleihen aus der Evolutionswissenschaft, die zu einem reichhaltigeren, vielfältigeren Leben verhelfen sollen. Individualisierung, Globalisierung und Information analysiert Horx als die aktuell wichtigsten Elementarkräfte, die man aber nicht als übermächtig hinnehmen, sondern durchaus emanzipativ nutzen soll. Unternehmensführung, Arbeitsethos überhaupt, Sozialsystem, Bildungs- und Lernmethoden werden mit Hohn und Spott überschüttet, genüsslich radikale und halbradikale Alternativen ausgebreitet. Das hat der Ex-68er und ehemalige linke Sponti-Journalist in Jahren gelernt und nicht vergessen. Die Jahrtausendwende kommt ihm gerade recht, um die Stimmung zu einer Generalbilanz und Neuorientierung zu nutzen. Nach der Ära Kohl wird gefahndet nach Charismatikern, die realistische Visionen auch als Person vertrauenswürdig vermitteln können. In den neuen Koordinaten soll sich dann auch massenhaft der neue Zivilisationstyp herausbilden. Als Programm scheinen hinter jeder Formulierung die Ideale der gesättigten, aber frustrierten intellektuellen Mittelschicht durch. Seine eigenen gesellschaftlichen Kreise kritisiert und karikiert Horx dann auch am trefflichsten, ihre Träume von Abenteuer und Individualismus im Lande Egotopia gleichsam zu ewigen Menschheitszielen stilisierend. Zu flüchtig wird da über politische, wirtschaftliche und ökologische Katastrophen hinweggeschrieben mit dem Hinweis, evolutionär und "komplex" gesehen gebe es zu jeder Bewegung schließlich viele Gegenbewegungen. Vieles Neue wird eben nicht im Selbstlauf, sondern auch in Kämpfen und unter Opfern durchgesetzt. Evolution heißt auch Gewalt, heißt auch Verlierer, heißt auch manchmal Untergang. An der Grenze zu einer billigen "Alles-wird-gut"-Mentalität hinterlässt der propagierte Optimismus hier einen höchst faden Beigeschmack. Bei allem löblichen Impetus, die eigene Position zu überdenken, selbst initiativ zu werden, seine Chance zu suchen, reicht es nicht aus, neue Märchen an Stelle der alten zu erzählen, um im Horxschen Jargon zu bleiben. Der Trendforscher ist selbst Teil eines Trends, was ihn als typische Figur des Zeitgeistes der 90er in all seinen Erklärungsbemühungen für den Leser vielleicht sogar zusätzlich interessant macht. Horx selbst bemerkt in der eher besinnlichen Schlusspassage religiöse Untertöne in seinem Zukunftsentwurf und wird zu guter Letzt selbst ein wenig von der zuvor noch beklagten Melancholie eingeholt. # |
Unteres neoliberales Niveau 2005, pavel-pavement, Amazon
Vorsicht vor diesem Buch. Wer es nur oberflächlich liest, dem mag die Idee kommen, für unsere Zukunft nichts mehr tun zu müssen. Alles ist rosig, alles und jeder, der die Zukunft in düsteren Farben malt, wird niedergemacht und als Panikmacher angeprangert.
Sicher hat Horx Recht, wenn er z.B. die Panikmache einiger Umweltschützer skeptisch sieht. Aber nüchterne Analysen, welche Gefahren der Zukunft heute realistisch dargestellt werden, sind nirgendwo zu finden. Dafür abgestandene, oberflächliche Sätze wie diesen:
"Firmen und Konzerne sind mit vielen unsichtbaren Fäden mit den Gesellschaften und Märkten verbunden, und sie lernen immer mehr, mit dieser Komplexität differenzierter umzugehen als in den Input-Output-Logiken des frühen industriellen Zeitalters." Hübsche Formulierung, die letztlich aussagt, dass die Unternehmen auf Profit verzichten würden. Doch wo bleiben die Beweise? Man findet keinen einzigen in dem Buch.
Horx bringt z.B. das Beispiel der sog. "Familienfirmen", in der der Arbeitnehmer gut versorgt wird, usw. Dass es solche Ausnahmen auch schon zu Zeiten der Industrialisierung gab, will er nicht wahrhaben. Einen generellen Trend, der besagt, dass Wirtschaftskrisen nicht mehr zustande kommen, weil die Unternehmen ja soviel "dazugelernt" haben, kann Horx nicht beweisen.
Überhaupt sieht Horx die Welt recht unternehmerfreundlich - v.a. die neoliberalen Arbeitsmarktmodelle aus aller Welt (v.a. aus den USA) lobt er über den grünen Klee. Auch die Flexibilisierungen des Arbeitsmarktes vertritt er vehement. Am Anfang des Buches noch schreibt er darüber, wie sich bestimmte Erfindungen wie das Bildschirm-Telefon nicht durchsetzten, weil sie den menschlichen Bedürfnissen widersprechen. Dass die ganzen Flexibilisierungen diesen auch widersprechen, ignoriert er und meint sogar, Familien würden Vertreter dieser Flexibilisierungen werden.
Alle diese unlogischen Gedankengängen werden vermischt mit schönen Phrasen, die, wenn man sie mal genauer durchdenkt, seine Thesen aber überhaupt nicht belegen. Seine Basis-These ist, dass der Fortschritt in der Welt auf der Aufhebung von Widersprüchen besteht. Dies ist auch durchaus richtig, aber seine abgeschmackten extremst oberflächlichen Schlussfolgerungen sind schockierend.
Anstatt bei Hegel und Marx nachzulesen, was die wirklichen Widersprüche in unserer Gesellschaft sind, erklärt er seinen Optimismus anhand von nebensächlichen Widersprüchen wie den, dass der Staat die Armen durch Forderungen fördern muss. Läuft letztendlich alles wieder auf neoliberale Forderungen heraus. Ein Buch, das schwach an Beweisen ist und versucht die Zukunft zu verklären.
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Verlagstext:
Dieses Buch beschreibt die Zukunft der europäischen Demokratien im Zeitalter von Globalisierung, Individualisierung und Information.
Es setzt dem grassierenden Pessimismus einen realistischen Optimismus gegenüber und skizziert die New Deals des 21. Jahrhunderts.
Dieses Buch ist ein Gegengift gegen den allgegenwärtigen Pessimismus und die Jammerkultur der Deutschen.
Zum Ausgang des Jahrtausends geht es um zwei Haltungen, durch die sich die Menschen in verschiedene Lager scheiden — um Optimismus oder Pessimismus. Die einen sehen in der Zukunft des anbrechenden neuen Jahrtausends vor allem die Chancen zum Aufbruch, die anderen die drohenden Zeichen des Untergangs. Sie gipfeln in zwei Gestalten des Denkens: dem neuen Denken und dem alten Denken.
Das alte Denken kennen wir seit Mitte der 80er Jahre: Seine Vertreter betätigen sich vor allem im Anklage-, Bedenkenträger- und Kassandragewerbe, ihre Taktik ist das Verweigern von Wandlungsprozessen, das Aussitzen, das ständige Warnen und Mahnen vor GLOBALISIERUNGSFALLEN oder WOHLSTANDSVERLUSTEN, der typisch-deutsche Alarmismus.
Doch die sozialen und kulturellen Bruchlinien verlaufen in Deutschland und seinen vergleichbaren europäischen Nachbarn nicht mehr zwischen Kapital und Arbeit, rechts und links. Moral und Geld, Ökologie und Ökonomie. Was an der Schwelle zum 21. Jahrhundert entsteht, ist ein Zivilisationstypus, der völlig neue Kombinationen ermöglicht und erfordert. Eine Politik jenseits von rechts und links verändert die Konturen der europäischen Demokratien. Die Flexibilisierung der Arbeit und die Kultur der neuen Selbständigkeit schreiben die Lebensentwürfe der Menschen neu.
Die Megatrends Individualisierung, Globalisierung und Wissensgesellschaft formen eine gesellschaftliche Welt, in der neue Werte entstehen. Diese Werte bilden das Fundament für eine neues. Denken, mit dem allein wir die Herausforderungen der Zukunft meistern können. Der Trend- und Zukunftsforscher Matthias Horx zeigt in seinem optimistischen Manifest für die Zukunft an allen wichtigen kulturellen Feldern, wie das neue Denken schon überall am Werk ist.
Neue Kontrakte der Arbeit, des Politischen, des Sozialen sind im Entstehen begriffen und setzen auf die Lernfähigkeit von Menschen. Ein New Deal zeichnet sich ab: Ein Konsens, in dem die Möglichkeiten der neuen Technologien und die größeren Freiheitsgrade der Menschen nicht mehr nur Risiken und Fallen sind, sondern Optionen auf eine reifere, vielfältigere Gesellschaft.