Johano StrasserLeben ohne Utopie?
Ein
Essay
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1990
142
Seiten
detopia
Rede-2005 Utopie |
Von
der Utopie zur
Utopie:
Überlegungen
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Mit Billigung von Prof. Strasser für detopia
Inhalt Vorrede (6) § 1 (9) § 2 (25) § 3 (43) § 4 (57) § 5 (71) § 7 (107) Organisation der Arbeit § 8 (123) Soziale Gleicheit § 9 (135) Schlusswort |
Vorrede Die Linke träumt schlecht. Kein Wunder, wird man sagen, nach allem, was im Namen des Sozialismus geschehen ist! Aber schlechte Träume haben auch jene demokratischen Linken, denen keine Mitschuld an den Verbrechen der Stalinisten untergeschoben werden kann, die niemals mit Unterdrückung sympathisierten, auch dann nicht, wenn zu deren Legitimation die sozialistischen Ideale bemüht wurden. Da sie seit eh und je die Hauptlast der Auseinandersetzung mit den autoritären Kommunisten zu tragen hatten, brauchen sie in dieser Hinsicht kein schlechtes Gewissen zu haben. Nicht Alpträume sind gemeint, sondern die Träume vom besseren Leben, die vielgeschmähten und doch so bitter notwendigen Utopien, ohne die die Menschheit keinen Schritt vorwärts machen könnte. Wo nicht mehr geträumt wird, erstirbt das Leben. Aber wie steht es um die Qualität unserer Träume? Bieten sie Orientierung, weisen sie uns gangbare Wege in eine menschliche Zukunft? Die Linke träumt schlecht — das soll heißen, daß wir Grund haben, unsere Utopien zu überdenken, sie im Lichte historischer Erfahrung zu überprüfen und zu korrigieren. Denn harmlos sind sie nicht, unsere Träume vom besseren Leben, auch dann nicht, wenn wir nur <die Seele baumeln lassen>, wenn wir gar nicht daran denken, in die Realität umzusetzen, was uns durch den Kopf geht, wenn wir wie der Camussche Sisyphos dem Tal zuwandern, wo der Stein auf uns wartet, den es bergauf zu wälzen gilt. »Nur wer den Stillstand im Fortschritt kennt und achtet«, heißt es bei Günter Grass im <Tagebuch einer Schnecke>, »wer schon einmal, wer mehrmals aufgegeben hat, wer auf dem leeren Schneckenhaus gesessen und die Schattenseite der Utopie bewohnt hat, kann Fortschritt ermessen.« |