Alice Miller

Du sollst nicht merken 

Variationen über das Paradies-Thema 

 

Ödipus, Kafka, Wolfmanns, Hiob

 

Mit Nachworten 1981, 1982, 1983

1981 im Suhrkamp Verlag

1983 im Suhrkamp-Taschenbuch

 

1981   387 (413) Seiten 

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detopia:

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detopia-2022: Millers Auseinandersetzung mit der etablierten Psychoanalyse ist für mich zwar weiterhin interessant. Aber mich dünkt, ein Hilfesuchender kann davon ausgehen, dass in der allgemeinen Therapie-Praxis die Dinge zum Besseren sich gewendet haben. Insofern muss er nicht (oder wenig) gegen psychoanalytische Windmühlen ankämpfen; also gegen die von Miller angesprochenen Irrtümer und Fehlentwicklungen.

 

"Wenn Du vor mir stehst und mich ansiehst, was weißt Du von den Schmerzen, die in mir sind? Und was weiß ich von Deinen? Und wenn ich mich vor Dir niederwerfen würde und weinen und erzählen. Was wüßtest Du von mir mehr als von der Hölle, wenn Dir jemand erzählt, sie ist heiß und fürchterlich. Schon darum sollten wir Menschen vorein­ander so ehrfürchtig stehen (so nachdenklich; so liebend), wie vor dem Eingang zur Hölle."

Franz Kafka (mit 22 Jahren) in einem Brief an Oskar Pollak (9.11.1905) hier auf S. 373    Franz Kafka auf detopia  

 

Inhalt  

Inhalt-1983.pdf

Vorwort  (7) 


Nachwort 1981 (388)   

Die Töchter schweigen nicht mehr, 1982 (390)

Nachwort 1983 (398)  

Diese Auflage enthält auf Seite 406 bis auf Seite 410
einen ergänzenden Text zum Nachwort von 1983.

Literatur  (411) 


Du sollst nicht merken – nämlich, was dir in deiner Kindheit angetan wurde und was du in Wahrheit selbst tust – ist ein niemals ausgesprochenes, aber sehr früh verinnerlichtes Gebot, dessen Wirksamkeit im Unbewußten des Einzelnen und der Gesellschaft Alice Miller zu beschreiben versucht. 

 

Ihre Analyse dieses Gebots führt sie zu einer Kritik der Triebtheorie Freuds; deren gesell­schaftliche Hintergründe veranschaulicht sie u.a. durch eine ausführliche Interpretation des »Wolfsmanns«, des berühmten Patienten Freuds, und durch eine Auseinander­setzung mit dem Werk Kafkas, aus der ein neues Kafka-Bild hervorgeht (und implizit eine Theorie menschlicher Kreativität). 

Einleitung  (9)  

Teil 1   Psychoanalyse zwischen Dogma und Erfahrung  

1. Zwei Haltungen in der Psychoanalyse (19)  2. Analysanden beschreiben ihre Analysen (26) 

3. Unbewußte Pädagogik in der Psychotherapie (35)  4. Warum so radikal? (51) 

Teil 2  Die frühkindliche Realität in der Praxis der Psychoanalyse

Einübung ins Stummsein (61) 
1. Einleitung (66)  2. Psychoanalyse ohne Pädagogik (71)  3. Warum braucht der Patient einen Anwalt im Analytiker? (76)  4. Die kastrierende Frau oder das gedemütigte kleine Mädchen? (84)  5. Gisela und Anita (94)  6. Trennungsschmerz und Autonomie (Neuauflagen der frühkindlichen Abhängigkeit) (103) Aus dem Buche Genesis  (131)

Teil 3  Warum wird die Wahrheit zum Skandal?

Galileo Galilei  (137)
1. Die Einsamkeit des Entdeckers (138) 

2. Gibt es eine »infantile Sexualität«?  (153)  Die Ödipus-Sage (174)

3. Ödipus - das schuldige Kind (185)   

4. Der sexuelle Mißbrauch des Kindes (Die Geschichte des Wolfsmanns) (203)

5. Die nichtsexuellen Tabus  (222)   6. Der Vater der Psychoanalyse (235)  7.Facetten des falschen Selbst (243)  8. Achtzig Jahre Triebtheorie (248)  Aus dem Buche Hiob (282) 

Teil 4   Aber die Wahrheit erzählt sich doch   

1. Einleitung  (291)  2. Märchen  (294)  3. Träume (301) 

4. Dichtung (Das Leiden des Franz Kafka)  (305)
    Die Brücke (305) Prozeß, Schloß  (331)  Die Verwandlung (356) 

  

Vorwort 

7-8

Der Titel des vorliegenden Buches formuliert ein nirgends ausgesprochenes Gebot, dessen strikte Befolgung dadurch gewähr­leistet ist, daß es sehr früh in unserer individuellen und kollektiven Geschichte verinnerlicht wurde. Ich versuche, die Wirksamkeit dieses Gebotes im Unbewußten des Einzelnen und der Gesellschaft zu beschreiben, und tue das, ähnlich wie in Das Drama des begabten Kindes und Am Anfang war Erziehung, mit Hilfe allgemein verständlicher Geschichten. Die in diesen beiden früheren Büchern enthaltenen Beispiele bieten vielfältiges zusätzliches Ausgangs- und Anschauungs­material für die hier gezogenen theoretischen Schlüsse.

Meinen herzlichen Dank möchte ich denjenigen Kollegen aussprechen, die an der Entwicklung meiner Gedanken kritisch teilnahmen, mir durch die Prüfung meiner Hypothesen im »therapeutischen Alltag«, der mir jetzt fehlt, geholfen haben, meine Entdeckungen ernst­zunehmen und weitere Schritte zu wagen. Die Versuchung, den eingeschlagenen Weg aufzugeben, war angesichts der Schlüsse, die ich ziehen mußte und die auch in mir Widerstand auslösten, nicht unerheblich.

Aber auch den anderen Kollegen, die meine Gedanken mit Empörung, Befremden, offener Ablehnung oder Angst entgegen­nahmen, schulde ich einen Dank. Ohne diese Reaktionen hätte ich nicht so deutlich gemerkt, daß ich mich in tabuisierten Regionen befand, und wäre nicht daraufgekommen, die Hintergründe dieser Tabus zu analysieren. Ich verdanke also gerade den negativen Reaktionen mein Verständnis für den gesellschaftlichen Hintergrund der Freudschen Triebtheorie, von der ich mich in diesem Buch distanziere.

Dennoch ist dieses Buch Sigmund Freud (zu seinem 125. Geburtstag) gewidmet. Seiner Entdeckung der Kindheits­geschichte im Unbewußten des Erwachsenen und des Phänomens der Verdrängung verdanke ich mein Instrumentarium, das von meiner Art zu suchen und zu fragen nicht wegzu­denken ist. Die Tatsache, daß es mich heute zu anderen Ergebnissen als Freud vor achtzig Jahren geführt hat, zeigt die Schärfe und Brauchbarkeit dieses Instrumentariums, denn die gesellschaftliche Wirklichkeit hat sich inzwischen gewaltig verändert. Das Phänomen der Verdrängung ist zweifellos gleichgeblieben, aber die Mittel, die dazu verwendet werden, und der Preis, den wir dafür bezahlen, sind an die jeweiligen gesellschaftlichen Normen so gut angepaßt, daß es sie immer wieder neu zu ermitteln gilt.  

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