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Daniela Dahn
Audio: 2009 Interview zu "Wehe dem Sieger" (12') 2011 Fragen an die Autorin Dahn (50')
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wikipedia Autorin *1949 in Berlin DanielaDahn.de Home detopia Pankowbuch |
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2019 Der Schnee von gestern ist die Sintflut von heute - Die Einheit - Eine Abrechnung
Drei Jahrzehnte ist der Fall der Mauer her, aber die innere Spaltung zwischen Ost und West ist nicht überwunden. Trotz der Anpassung an das westliche Lebensmodell zeichnen sich auf der sozialen, mentalen und politischen Landkarte die einstigen Staatsgrenzen der DDR noch trennscharf ab. Warum? - Es wird Zeit, so Daniela Dahn, nicht mehr nur das DDR-Erbe aufzuarbeiten, sondern auch die 30 Jahre danach. Denn so manche Kluft ist mit der Vereinigung überhaupt erst entstanden, ob es um Integration, Medien und Kulturindustrie oder den Verfall unserer Werte geht. Daniela Dahn sieht keinen Anlass für ein "Weiter so"; sie plädiert vielmehr für "Vernunftmaximierung statt Profitmaximierung".
INHALT Inhalt pdf 192 Seiten TEIL I GEHT EIN KAMEL DURCHS NADELÖHR (9)
WAS AM MEISTEN FEHLTE: BALANCE (40)
REVOLUTION DER DUCKMÄUSER? (68) Schlechte Gutachten, gute Schlächter 69 Orgien persönlicher Herabwürdigung 74 Kein Marxist über diese Schwelle 77 Bürde statt Würde 80 «Alles schwachsinnig, nicht mal intelligent» 82 Gendern - Wir Ostfrauen 86 TEIL II KEINE GEMEINSAME ERINNERUNGSKULTUR (89)
RECHTSLASTIGE SIGNALE AUS ALLEN STAATLICHEN INSTITUTIONEN 110
HISTORISCHES GEDÄCHTNIS IM OSTEN BEREINIGT (132)
MYTHOS DDR-ANTIFASCHISMUS (145)
TEIL
III MILITARISIERUNG DES DENKENS (186)
MEDIEN ALS WAFFE (206)
DEMOKRATIE HEISST AUCH SELBER SCHULD SEIN (225)
Anmerkungen (283) |
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Rezension: Wir sind der Staat Von: Ulli Gellermann 2013 rationalgalerie.de index_2_404.html
Noch ist die dringend notwendige Bewegung zur Änderung der Verhältnisse nicht auszumachen, da denkt Daniela Dahn gründlich darüber nach wie denn die Herrschaftsverhältnisse der neuen Gesellschaft aussehen könnten. Das ist so bei Revolutionären: Sie denken vor. Und dass die Autorin schon einmal an einer Revolution beteiligt war, jener, die mit der Losung "Wir sind das Volk" hoch gesprungen war und dann mit der Bitte um "Ein Volk" kläglich landete, schärft das Denkvermögen. Und an diesem Vermögen lässt uns Frau Dahn mit ihrem neuen Buch WIR SIND DER STAAT großzügig teilhaben.
Und sieht man sich die aktuellen Vermögens- also Machtverhältnisse an, dann haben die Buffets schon gewonnen: "Die absolute Mehrheit der Menschen", schreibt Daniela Dahn, besitzt nur ein Prozent aller Vermögenswerte. Vor zehn Jahren, vor der Krise also, besaß sie wenigsten noch fast fünf Prozent." Und Dahn vergisst nicht, den Kollateralschaden des Kriegs der Milliardäre gegen das Volk zu erwähnen: Alle fünf Sekunden stirbt auf der Welt ein Kind an Hunger. Auch deshalb kann sich die Autorin die Verhältnisse nicht mit Gleichmut und Duldung ansehen.
Weil der Besitz am Staatsapparat - getarnt durch die vorgebliche Gewalten-Teilung und die alle paar Jahre veranstalteten Placebo-Wahlen - ein wesentliches Instrument der Macht ist, schaut sich Daniela Dahn die Staatsfunktionen an, um zu beweisen, dass die wichtigste Aufgabe des Staates die Sicherung des Eigentums ist. Natürlich darf, schreibt sie, "Der Gürtel der Habenichtse unbegrenzt enger geschnallt werden." Offenkundig sind die Vielen nicht "too big to fail", die darf man ruhig scheitern lassen: Ihre Löhne und Sozialleistungen genießen keinen Bestandsschutz. Das ist bei den Wenigen, die Banken entsprechender Größe besitzen, natürlich anders. Dort springt der Staat, der das Steuer-Geld der Vielen angeblich treuhänderisch verwaltet, gerne ein, um das Eigentum zu schützen.
Und wenn sie eine FORSA-Umfrage zitiert, nach der 84 Prozent der Deutschen gegen Privatisierungen sind, dann merkt sie auch die Wirklichkeit an: "Von 1991 bis 2007 hat der Staat der Deutschen zwei Drittel seiner großen Beteiligungen verscherbelt: Post, Telekom, Lufthansa und vieles mehr." Das sollte, so wissen wir, modernisieren, den Staat schlanker machen und die Staatsschulden abbauen. Die erfreulich penible Daniela Dahn erkennt statt dessen den Anstieg der Staatsschulden auf über zwei Billionen Euro. Der Staat, der angeblich zwischen Kapital und Arbeit, zwischen Besitzenden und Besitzlosen steht und vermittelt, ist zur Umverteilungsmaschine von Unten nach Oben verkommen, ist zu einem sozialen Unwesen geworden.
Für einen kurzen Moment hatten die Revolutionäre in Ost-Europa die Macht in den Händen: "Beliebtestes Möbel in Polen, CSSR, Ungarn, Bulgarien und der DDR wurden die Runden Tische", ist im Buch zu lesen. Und weil diese höchst demokratische Machtausübung - in der DDR gab es diese Tische von der kleinsten Gemeinde bis zum zentralen Tisch in Berlin - ein Modell für morgen sein könnte, sucht und findet Daniela Dahn bei Hannah Arendt, in deren Buch "Über die Revolutionen", einen Hinweis: Das Rätesystem, so Arendt, sei "die künftige Staatsform". Mit diesem Rat ausgestattet, sucht die Autorin die versunkene Bayerische Räterepublik auf, stattet Lenin ein Besuch ab und will auch den Rat der Kronstädter Matrosen nicht ausschlagen.
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Daniela Dahn