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John
Bellamy Foster
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2011 148 Seiten wikipe Foster *1953 |
Seit das Thema Umweltschutz ins gesellschaftliche Problembewusstsein selbst systemtreuer Bevölkerungsgruppen gerückt ist, wird von einem neuen 'grünen Kapitalismus' gesprochen, der die Wunden der Natur nicht nur heilen, sondern gar dem herrschenden Wirtschaftssystem neuen konjunkturellen Schub verleihen soll. Klimawandel, Vergiftung der Meere und Trinkwasserressourcen, zunehmendes Artensterben, Verlust der Biodiversität sowie die Ausbreitung umweltbedingter Erkrankungen sind jedoch von jenem Wirtschaftssystem verursacht, um dessen Erhaltung es den Propheten des 'grünen Kapitalismus' geht.
Solange die kapitalorientierte Verwertung der Natur im Interesse einer kleinen Gruppe von Produktionsmittelbesitzern nicht überwunden wird, kann es jedoch keinen nachhaltigen Umgang mit der Natur und ihren Ressourcen geben. Der Verdienst dieses Bandes ist es, sich nicht mit einem Aufruf zum gesellschaftlichen Umsturz zu bescheiden, sondern minutiös die Bedingungen aufzuzeigen, die notwendig sind, um die Gesellschaft fundamental zu verändern und die nötigen Anleitungen zur Organisierung des Widerstandes gegen die weitere Vernichtung unserer Lebensgrundlagen zu geben. Für jeden, dem Umweltschutz ein Anliegen ist, gehört dieser Band zur Pflichtlektüre.
John Bellamy Foster ist Professor für Soziologie an der University of Oregon in Eugene. Er arbeitet und veröffentlicht zu den Themen Politische Ökonomie und Umweltsoziologie und ist Herausgeber des marxistischen Magazins Monthly Review. Fred Magdoff ist Professor für Ökologie und Bodenkunde an der
Universität von Vermont und Außerordentlicher Professor für Agrarwissenschaften an der Cornell Universität. Er ist Mitautor des Buches Building Soils for Better Crops und The ABCs of the Economic Crisis.
John Bellamy Foster ist Professor für Soziologie an der University of Oregon in Eugene. Er arbeitet und veröffentlicht zu den Themen Politische Ökonomie und Umweltsoziologie und ist Herausgeber des marxistischen Magazins <Monthly Review>. Fred Magdoff ist Professor für Ökologie und Bodenkunde an der Universität von Vermont und Außerordentlicher Professor für Agrarwissenschaften an der Cornell Universität. Er ist Mitautor des Buches <Building Soils for Better Crops> und <The ABCs of the Economic Crisis>.
Seit das Thema Umweltschutz ins gesellschaftliche Problembewusstsein selbst systemtreuer Bevölkerungsgruppen gerückt ist, wird von einem neuen "grünen Kapitalismus" gesprochen, der die Wunden der Natur nicht nur heilen, sondern gar dem herrschenden Wirtschaftssystem neuen konjunkturellen Schub verleihen soll. Klimawandel, Vergiftung der Meere und Trinkwasserressourcen, zunehmendes Artensterben, Verlust der Biodiversität sowie die Ausbreitung umweltbedingter Erkrankungen sind jedoch von jenem Wirtschaftssystem verursacht, um dessen Erhaltung es den Propheten des "grünen Kapitalismus" geht. Solange die kapitalorientierte Verwertung der Natur im Interesse einer kleinen Gruppe von Produktionsmittelbesitzern nicht überwunden wird, kann es jedoch keinen nachhaltigen Umgang mit der Natur und ihren Ressourcen geben. Der Verdienst dieses Bandes ist es, sich nicht mit einem Aufruf zum gesellschaftlichen Umsturz zu bescheiden, sondern minutiös die Bedingungen aufzuzeigen, die notwendig sind, um die Gesellschaft fundamental zu verändern und die nötigen Anleitungen zur Organisierung des Widerstandes gegen die weitere Vernichtung unserer Lebensgrundlagen zu geben. |
Inhalt Vorwort Die weltweite ökologische Krise
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Zitate:
Seite 13:
Die Schädigung der Umwelt ist kein Phänomen der heutigen Zeit, sondern sie ist in der gesamten Geschichte aufgetreten – mit gravierenden Folgen für eine Reihe antiker Zivilisationen, besonders für Mesopotamien und die Maya-Kultur.Beide erlitten größere Zusammenbrüche, die vermutlich ökologische Ursachen hatten. Probleme mit Entwaldung, Bodenerosion und Versalzung bewässerten Böden zogen sich durch die ganze Antike. (…)
Die Neuzeit unterscheidet sich davon jedoch insofern, als wir viel zahlreicher geworden sind und einen größeren Teil der Erde besiedeln; wir haben Technologien, die viel größeren Schaden anrichten können, und das wesentlich rascher; und wir haben ein Wirtschaftssystem, das keine Grenzen kennt. Die Schäden, die heute angerichtet werden, sind so umfassend, dass sie nicht nur lokale und regionale Ökosysteme zerstören wie in früheren Zivilisationen, sondern die Umwelt des gesamten Planeten in Mitleidenschaft ziehen und das Überleben der meisten Arten bedrohen, uns selbst eingeschlossen.
Es gibt daher wissenschaftlich fundierte Gründe, sich über die rasante weltweite Umweltzerstörung unserer Zeit Sorgen zu machen.
Seite 37:
Das Wirtschaftssystem, das diesen Planeten bis fast in den letzten Winkel dominiert, ist der Kapitalismus. Für die meisten von uns ist er so sehr Teil unseres Lebens, das er so unsichtbar ist wie die Luft die wir atmen. Wir nehmen ihn so wenig war, wie die Fische das Wasser wahrnehmen, in dem sie schwimmen. Der Ethik, Anschauung und den inneren Werten des Kapitalismus passen wir uns an; sie prägen uns seit unserer Kindheit.
Unbewusst lernen wir, dass Gier, Ausbeutung von Arbeitern und Konkurrenz (unter Menschen, Unternehmen, Ländern) nicht nur akzeptabel, sondern sogar gut für die Gesellschaft sind, da sie der Wirtschaft helfen, „effizient“ zu funktionieren.
Die meisten von uns sind mit dem Kapitalismus so verwachsen, dass sie sich dessen kaum bewusst sind.
Seite 38:
Kurz gesagt, ist Kapitalismus ein ökonomisches und soziales System, in welchem sich die Eigentümer von Kapital (Kapitalisten) den Mehrwert der Produktion aneignen, der von den direkten Produzenten (Arbeitern) erzeugt wurde. Dies führt zur Akkumulation von Kapital – Investment und Anhäufung von Wohlstand – bei den Eigentümern. Die Produktion nimmt die materielle Form der Herstellung von Waren für einen Markt an mit dem Ziel, Profit zu erzeugen und Akkumulation zu fördern. Die Individuen verfolgen in diesem Prozess ihr Eigeninteresse und werden nur durch die Konkurrenz untereinander und die unpersönlichen Kräfte des Marktes reguliert.
Seite 39:
Die Verfechter des Kapitalismus behaupten, dass der das Ganze antreibende Egoismus das System höchst effizient und überaus gerecht mache. Das ist offenkundig falsch.
Kapitalismus ist planlos und anarchisch, einmal einem dahintreibenden Boot ähnelnd, ein anderes Mal einem heranrasenden Zug. Sozialstandards und Kontrollen befinden sich auf niedrigem Niveau. Zwangsläufig hat die Produktion und Distribution von Gütern und Dienstleistungen daher viele unbeabsichtigte Konsequenzen.
Führende Ökonomen nennen dies „Externalitäten“ – Begleiterscheinungen eines im Grunde jedoch vernünftigen und sozialverträglichen Systems. Dazu gehören die Wasser- und Luftverschmutzung, die Verseuchung des Bodens, das Wohlstandsgefälle, ausgedehnte Perioden hoher Arbeitslosigkeit und das Unvermögen, die existenziellen Grundbedürfnisse aller Menschen zu erfüllen. Externalitäten entstehen, weil sie strukturell von den ökonomischen Kosten und den Profiten des Systems ausgeschlossen werden, obwohl sie volkswirtschaftliche und ökologische Kosten darstellen.
Der Ökonom K. William Kapp drückt es so aus: „Der Kapitalismus muss in der Tat als eine Wirtschaft der unbezahlten Kosten bezeichnet werden; ‚unbezahlt‘, weil ein wesentlicher Teil der wirklichen Produktionskosten nicht in die Kalkulationen der Unternehmungen eingeht; stattdessen werden die Kosten auf Drittpersonen oder die Gesellschaft als Ganzes abgewälzt.“
Seite 75:
Der Kapitalismus führt zum Verlust der Verbindung mit der Natur, den Mitmenschen und der Gemeinschaft. Die von diesem System geförderte Kultur der Ichbezogenheit und des Konsums bringt es mit sich, dass die Menschen ihren engen Bezug zur Natur verlieren – die in erster Linie als Fundort von Substanzen betrachtet wird, mit denen sich die Ausbeutung anderer Menschen und anderer Gemeinschaften steigern lässt.
Seite 76 ff:
Ideologisch basiert der Kapitalismus auf der Behauptung, dass jeder oder jede, der seine oder ihre eigenen Interessen verfolgt (Gier), zum Wohl des allgemeinen Interesses und des Wachstums handelt. (…)
Anders gesagt: die individuelle Gier hält das System in Betrieb, und die Befriedigung menschlicher Bedürfnisse ist ein bloßes Nebenprodukt. (...) Die Einstellungen und Sitten, die für das reibungslose Funktionieren eines solchen Systems ebenso wie für den Einzelnen zum Gedeihen in einer derart gewinnorientierten Gesellschaft notwendig sind – Gier, Individualismus, Konkurrenzdenken, Ausnutzung anderer und Materialismus – werden den Menschen von Schulen, Medien und Arbeitsumfeld laufend eingeimpft. (…)
Die Vorstellung von Verantwortung gegenüber anderen und der Gemeinschaft erodiert unter so einem System.
Seite 116:
Tatsache ist, dass die großen Umweltprobleme, denen wir gegenüberstehen – und von denen der Klimawandel nur eines ist – nicht mit technologischen oder marktwirtschaftlichen Mitteln gelöst werden und zugleich die bestehenden sozialen Beziehungen intakt bleiben können.
Ein Wandel in den sozialen Beziehungen wird vielmehr am dringendsten gebraucht: in der Gemeinschaft, in Kultur und Wirtschaft, in unseren Beziehungen untereinander als Menschen und unserem Verhältnis zu unseren Planeten. Mit anderen Worten: Nötig ist eine ökologische Revolution.
Seite 129:
Der Übergang zu einer ökologischen und demokratischen Wirtschaft wird schwierig sein und nicht über Nacht geschehen. (...) Es wird eher ein dynamischer, facettenreicher Kampf für einen neuen Gesellschaftsvertrag und ein neues Produktionssystem sein. Der Kampf richtet sich letztlich gegen das System des Kapitals.
Beginnen muss er jedoch, indem man sich der Logik des Kapitals widersetzt und versucht, im Hier und Jetzt in den Nischen des Systems einen neuen sozialen Metabolismus zu erschaffen, der in Egalitarismus, Gemeinschaft und einer nachhaltigen Beziehung zur Erde wurzelt. Die Grundlage für eine nachhaltige menschliche Entwicklung muss aus dem Inneren des vom Kapital dominierten Systems kommen, ohne jedoch ein Teil davon zu sein, genau so wie die Bourgeoisie aus den Poren der feudalistischen Gesellschaft selbst aufstieg. Letzten Endes können diese Initiativen stark genug werden, die Basis für eine neue revolutionäre Bewegung und Gesellschaft zu bilden.
Seite 134 f:
Wir brauchen neue Vorstellungen davon, was realisierbare, postkapitalistische Gesellschaften konstituiert – zusammen mit einer Bewegung, die zum Ziel hat, einen vernünftigen, wirtschaftlich und sozial gerechten Stoffkreislauf zwischen Mensch und Umwelt zu etablieren.
Diese Art von sozialistischer Gesellschaft, die im 21. Jahrhundert voranschreitet, unterscheidet sich deutlich von den früheren fehlgeschlagenen Versuchen des Übergangs zu postkapitalistischen Systemen.
Revolutionen im 20. Jahrhundert entstanden typischerweise in relativ armen, wenig entwickelten Ländern, die schnell isoliert und kontinuierlich von anderen Staaten bedroht wurden.
In diesem frühen Stadium der Revolte gegen den Kapitalismus wurden postrevolutionäre Gesellschaften letztendlich für gewöhnlich höchst bürokratisch, und eine Minderheit in staatlicher Verantwortung regierte de facto den Rest der Gesellschaft. Viele der hierarchischen Beziehungen, die den kapitalistischen Produktionsprozess charakterisieren, wurden übernommen (…).
Die Arbeiter blieben proletarisiert; die Produktion wurde ausgeweitet um der Produktion willen. Wirkliche soziale Verbesserungen existierten nur allzu oft Seite an Seite mit extremen Formen sozialer Unterdrückung. (...)
Revolutionen im frühen 21. Jahrhundert gehen immer noch vorwiegend von den armen Ländern der Peripherie aus. Sie müssen sich gegen enorme, scheinbar unüberwindbare Widerstände zur Wehr setzen und gleichzeitig gegen Imperialismus, Unterentwicklung und Umweltzerstörung kämpfen. Dennoch haben sich die Bedingungen in vieler Hinsicht verändert. Es gibt zunehmend Versuche – zum Beispiel in Venezuela, Bolivien und Kuba (nach 1991) – eine neue Gesellschaft mit substantieller Gleichheit, menschlicher Freiheit und ökologischer Nachhaltigkeit aufzubauen.
Seite 136:
Wir müssen erkennen, dass wir als Menschen ein Teil der Natur sind und nicht etwas von ihr Getrenntes. Die Ausbeutung der Natur in der kapitalistischen Gesellschaft hat ihre Wurzeln in der Ausbeutung der Arbeitskraft.
Die Bildung einer Gemeinschaft mit der Natur – als eine Form der Achtung vor der natürlichen Welt – ist essenziell für das Schmieden einer egalitären menschlichen Gemeinschaft.
Lesebericht-dlf-2013
deutschlandradiokultur wie-die-erde-den-menschen-vertraegt
Abkehr vom "kapitalistischen Wachstumsdogma"
Der Klimawandel nimmt auch bei diesen Autoren eine zentrale Stellung ein. Foster und Magdoff sehen eine weltweite ökologische Krise kommen durch den Anstieg des Meeresspiegels, das Abnehmen der Gebirgsgletscher, die Erwärmung der Ozeane, katastrophale Dürren, wärmere Winter und geringere Ernteerträge.
Sie argumentieren, ein Problem der meisten grünen Ökologen liege darin, dass sie nicht nach dem Warum dieser Veränderungen fragten.
Und unterziehen dann selbst "das kapitalistische Wachstumsdogma" einer nicht ganz unbekannten marxistischen Analyse, wobei allein das Streben nach Profit als Ursache des Fiaskos erscheint.
Gegen die Gefahr eines großen planetarischen Bruchs setzen sie einen Bruch mit dem System: "Es ist wichtig, mit einem System zu brechen, das auf einem einzigen Motiv basiert - der stetigen Akkumulation von Kapital und dem daraus folgenden Wirtschaftswachstum ohne Ende. Dieser Bruch ist eine notwendige, wenn auch nicht hinreichende Bedingung für die Schaffung einer neuen ökologischen Zivilisation."
Die marxistische Ökokritik aus Amerika kommt etwas schulbuchmäßig daher und ist auch als Einführung gedacht.
Umfangreichere Titel der Autoren gibt es beim gleichen Verlag.
Die ökologische Zivilisation der amerikanischen Marxisten erscheint vielleicht als Utopie, aber auch die nicht mehr ganz so utopisch wirkende Schule der Tiefenökologie kommt ja ursprünglich aus Amerika.
Leider sieht die Praxis im Land der allerhöchsten Energieumsätze anders aus.
Dazu sei noch einmal Dennis Meadows zitiert, der vor 40 Jahren in Europa für den Debattenanstoß sorgte: "Wir leugnen sogar den Klimawandel. Wenn wir also nicht einmal daran glauben, dass sich das Klima infolge menschlichen Handelns verändert, sind wir in den USA mit Sicherheit politisch noch nicht so weit, über andere Arten von Wachstumsgrenzen zu sprechen."