Gerald O. BarneyStudy Director Global 2000
Report
to the Entering the 21st Century
Der Bericht an den Präsidenten Der Schritt ins 21. Jahrhundert
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1980 1400 Seiten en.wikipe Barney (1937-2020, 82) 1968 Club of Rome 1987 Brundtland-Bericht |
Mister President Jimmy Carter Vorwort: Jimmy Carter
Einst gestiftet von Peter Krech. detopia dankt! Der Leiter Dr. Gerald O. Barney hat in Frankfurt am Main studiert:
Global
2000 Revisited (1993)
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Audio-2014 Rückblick: "Klassiker"
1981 Zusatzband zu Global 2000 Globale Zukunft - Zeit zu handeln
detopia: R.Carson P.Ehrlich W.Vogt L.Brown J.Forrester
GeraldBarney.com HOME
Volume 1 englisch: GeraldBarney.com mit pdf geraldbarney.com/G2000Page.html download in deutsch resources/elibrary/papers/G2R.pdf
Gerald Barney (1999) An der Schwelle zu 2000 Kritische Bereiche und spirituelle Werte für ein globales Zeitalter
Threshold 2000 Critical Issues and Spiritual Values for a Global Age
bibliotecapleyades.net/sociopolitica/esp_sociopol_depopu14a.htm
Leseberichte
Audio 2014 - 35 Jahre Global 2000 detopia-2016: "Richard Nixon" wird im DLF-Audio gesagt, aber es war Jimmy Carter, vl auch beide.
In den Sechziger- und Siebzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts brach, unterstützt von unwiderleglichen wissenschaftlichen Argumenten, im Bewußtsein der Nachdenklichen die ökologische Perspektive auf — die einzige wirklich originelle seit den Tagen der großen Theoretiker des 19. Jahrhunderts. Sie begann sich politisch zu formieren und wurde gestärkt durch den Vietnam-Protest sowie die erste massive Ölkrise. Ein US-amerikanischer Präsident, Jimmy Carter, erwog allen Ernstes, diese Perspektive in die politische Praxis einzuführen; er gab die große Prognose GLOBAL 2000 in Auftrag, und (was wichtiger war) einen strategisch begründeten Plan zur Dezentralisierung und zum raschen Ausbau regenerativer Energieerzeugung. Heute ist klar: die Plutokratie, vor allem die großen US-Wirtschaftsmächte, die politisch vorwiegend in der republikanischen Partei zusammengefaßt sind, erkannten die ungeheure Gefahr, die da für sie drohte. Durch ein beispiellos machiavellistisches Manöver mit den schiitischen Machthabern des Iran stellten sie 1980 die Abwahl Carters sicher, lancierten ihren Darsteller Ronald Reagan und ließen die beiden skandalösen Pläne schleunigst in der hintersten Washingtoner Archivschublade verschwinden. Eine Linie der Macht- und Wirtschaftspolitik war damit gefestigt, deren tödliche Folgen wir rings um uns erleben. Darüber hinaus aber gelang es den glänzend dotierten think tanks, den neoliberalen und neokonservativen Denkküchen Europas und US-Amerikas, die gesamte ökologisch-biosphärische Dimension so gut wie ganz aus der öffentlichen Debatte, vor allem aus den Tagesmedien, zu tilgen. Es war und ist dies ein ideenpolitischer Coup, wie er keinem noch so effizienten und machthungrigen Leitungsbüro irgendeiner Kirche oder irgendeines Imperiums je gelungen ist, und selbst die brutalen Meinungsdiktate des Sowjetsystems waren bei weitem nicht in der Lage, ihre Gegner in den Köpfen so erfolgreich zu paralysieren. Ohne bedenkliche Verdummungserscheinungen war dies allerdings nicht zu machen, das ist ja tagtäglich in den Geschwätzspektakeln, neudeutsch Talkshows, zu erleben. Und Politik reduziert sich mehr und mehr auf die wirkliche oder vermeintliche Sicherung des jeweiligen Industrie- und Finanzstandorts. Die wird mit unbewiesenen Argumenten und unpassendem Werkzeug versucht, meist auf Kosten der unteren Hälfte der Bevölkerungen — vor allem der unteren Hälfte der Weltbevölkerung. Die Folge ist, daß zweihundertfünfzig Menschen dieser Welt mehr besitzen als ihre gesamte untere Armutshälfte. ###
Fleck - Dirk C. Fleck, 2006, S. 285 Am 23. Mai 1977 gab der amerikanische Präsident Jimmy Carter Wissenschaftlern und Regierungsstellen den Auftrag, eine Studie zur Umweltproblematik zu erstellen. Der Bericht sollte auf der Basis von absehbaren Entwicklungstrends die politische Planungsgrundlage für eine ökologisch orientiertere Politik liefern. Die Studie mit dem Titel »Global 2000« kommt in ihrem Vorwort zu folgendem Ergebnis: »Die Schlussfolgerungen deuten für die Zeit bis zum Jahre 2000 auf ein Potential globaler Probleme von alarmierendem Ausmaß. Wenn die Trends verändert und die Probleme verringert werden sollen, werden weltweit mutige und entschlossene neue Initiativen erforderlich sein. Die Fähigkeit der Erde, Leben zu ermöglichen, muss geschützt und wieder hergestellt werden. Grundlegende natürliche Ressourcen — Agrarland, Fischgründe, Wälder, mineralische Rohstoffe, Energie, Luft und Wasser — müssen erhalten und der Umgang mit ihnen verbessert werden. Eine weltweite Veränderung der Politik ist erforderlich, bevor die Möglichkeiten für wirkungsvolles Handeln immer stärker eingeschränkt werden. Angesichts der Dringlichkeit, Reichweite und Komplexität der vor uns liegenden Herausforderungen bleiben die jetzt auf der ganzen Welt in Gang gekommenen Anstrengungen allerdings weit hinter dem zurück, was erforderlich ist. Es muss eine neue Ära der globalen Zusammenarbeit und der gegenseitigen Verpflichtung beginnen, wie sie in der Geschichte ohne Beispiel ist.«
Herbert Gruhl 1992 S. 362
Jimmy Carter wird in die Geschichte eingehen als der Präsident, der den Report "Global 2000" in Auftrag gab. Niemand vermochte die Prognosen des umfassenden Berichts zu widerlegen; doch die Welt verhält sich heute so, als existierten diese nicht. Die pauschale Zusammenfassung der 1400 Seiten lautet, um nur die allerwichtigsten Sätze zu zitieren: "Wo 1975 zwei Menschen auf der Erde lebten, werden es im Jahre 2000 drei sein. Vier Fünftel der Weltbevölkerung werden in unterentwickelten Regionen leben. Die Kluft zwischen den Reichsten und den Ärmsten wird sich vertieft haben. Die Umwelt wird wichtige Fähigkeiten zur Erhaltung von Leben verloren haben. Die Welt wird anfälliger sein für Naturkatastrophen, ebenso für von Menschen verursachte Störungen. Wenn die Grundlagen heutiger Politik weitgehend unverändert bleiben ... wird die Welt der Zukunft auch infolge verpaßter Gelegenheiten eine andere sein. Tatsächlich lassen sich, wenn überhaupt, nur wenige der in ›Global 2000‹ angesprochenen Probleme mit raschen technologischen und politischen Eingriffen handhaben. Sie sind vielmehr mit den schwierigen sozialen und ökonomischen Weltproblemen unauflöslich verflochten."
WDR 2005 detopia-2023: Lakonisch-unangemessen: https://www1.wdr.de/stichtag/stichtag1132.html
Stichtag Heute wird die Studie kaum mehr zitiert. Die düstere Zukunft, die das Buch auf 1.500 Seiten prognostiziert, ist anscheinend nicht eingetreten, das magische Datum längst verstrichen. Die Apokalypse wirkt überholt. Eine österreichische Umweltschutzorganisation nennt sich standhaft weiterhin "Global 2000".
"Global 2000" entsteht nicht bei Greenpeace oder bei den
Grünen, die sich Anfang 1980 als Bundespartei gründen. Sie wird 1977 vom
US-Präsidenten Jimmy Carter in Auftrag gegeben, als Grundlagenstudie
über die Zukunftsaussichten der Menschheit. Mehrere 100 Experten
erarbeiten das Szenario. Sie rechnen mit zunehmender Überbevölkerung der
Erde, knapper werdenden Nahrungsmitteln, stärker belasteter Umwelt. Auch
den Klimawandel durch CO2-Emission sehen die Autoren schon; die
Polkappen könnten schmelzen, der Meeresspiegel steigen. Am 23. Juli 1980
legen die Autoren den Bericht dem Präsidenten vor. Aber Carter hat zu
dieser Zeit andere Probleme: In der US-Botschaft in Teheran werden 52
Amerikaner als Geiseln festgehalten. Ihre gewaltsame Befreiung
misslingt. In der Präsidentschaftswahl am 4. November 1980 besiegt
Ronald Reagan den glücklosen Carter. Der konservative Optimist Reagan
lässt "Global 2000" in der Schublade verschwinden. Stand: 23.07.05 |
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"Diese Einsicht und der Vorsatz, seine längerfristigen Regierungspläne so effektiv wie möglich zu gestalten, bewogen den ehemaligen amerikanischen Präsidenten Jimmy Carter im Jahre 1977, eine »Zukunftserforschung« durchführen zu lassen. Die Studie, später <The Global 2000 Report> genannt (<Bericht an den Präsidenten>) wurde vom Mai 1977 bis zum Frühjahr 1980 vom amerikanischen Außenministerium und dem <Council on Environmental Quality> gemeinsam mit zahlreichen Forschungsinstituten und Fachbehörden erarbeitet. Sie sollte die wahrscheinlichen globalen Veränderungen bis zum Ende des Jahrhunderts aufzeigen. So startete der bisher wohl umfassendste und ernsthafteste Großversuch mit dem Ziel, ein Bild von der Zukunft der Menschheit und ihrem Lebensraum zu gewinnen. Das dreibändige Werk ist dann zwar zu einem Weltbestseller geworden und es hat auch einen Nachfolgebericht mit dem Titel <Global Future — Time to Act> mit Handlungsempfehlungen gegeben, doch muß befürchtet werden, daß aus ihnen ebenso wenig Lehren gezogen werden wie seinerzeit aus der beschwörenden Mahnung des Clubs von Rom <Die Grenzen des Wachstums>. Und dies, obgleich <Global 2000> in mancher Hinsicht schon aufgrund der außerordentlich aufwendigen Recherchen noch bedeutsamer ist." |
DIE ZEIT - 2011 Geschichte der Umweltpolitik - Vertane Chancen, verlorene Jahre Schon einmal sollte die große ökologische Wende hin zu erneuerbaren Energien und Klimaschutz beginnen: 1977 in den USA unter Präsident Jimmy Carter. Von Jens Hohensee |
Hoimar
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"Zwei Beispiele von vielen: (Beispiel A) In dem Editorial des September-Heftes 1981 der vom <Fusions-Energie-Forum e.V.> in Wiesbaden herausgegebenen Zeitschrift <Fusion> heißt es u.a.:
Im weiteren Text wird die Rolle der Kernspaltung als einer unbedingt benötigten Schlüsseltechnologie unterstrichen, welche...
(Beispiel B) Die gleiche Mentalität dokumentiert sich in dem in der <Welt> vom 19.12.1981 auf S. 17 abgedruckten "Gastkommentar" eines als Städteplaners vorgestellten Autors namens Theo Romahn mit dem Titel <Ökologie als Instrument im Kampf gegen das Auto>. Kostproben:
Man würde es nicht glauben, wenn es nicht schwarz auf weiß nachzulesen wäre." |
Hoimar von Ditfurth 1985
90-96
Im Mai 1977 forderte der damalige US-Präsident Carter den amerikanischen Kongreß auf, in Zusammenarbeit mit den fachlich zuständigen Bundesbehörden "die voraussichtlichen Veränderungen der Bevölkerung, der natürlichen Ressourcen und der Umwelt auf der Erde bis zum Ende dieses Jahrhunderts" zu untersuchen und über das Ergebnis als "Grundlage für unsere langfristige Planung" zu berichten. Auf den Wunsch des Präsidenten machten sich einige hundert Regierungsangestellte ans Werk, unterstützt von Heerscharen von Wissenschaftlern großer amerikanischer Universitäten und staatlicher Forschungsinstitute. Drei Jahre später, 1980, legten sie das Resultat ihrer Anstrengungen vor. Es trägt den Titel Global 2000. Der Bericht an den Präsidenten.
Das Autorenteam fügte seinem eineinhalbtausend Seiten umfassenden Report einen Begleitbrief bei, in dem es unter anderem heißt: "Die Schlußfolgerungen, zu denen wir gelangt sind, sind beunruhigend. Sie deuten für die Zeit bis zum Jahre 2000 auf ein Potential globaler Probleme von alarmierendem Ausmaß. Der Druck auf Umwelt und Ressourcen sowie der Bevölkerungsdruck verstärken sich und werden die Qualität menschlichen Lebens auf diesem Planeten zunehmend beeinflussen." Angesichts der Dringlichkeit und des Ausmaßes der Gefahren, fuhren die Autoren fort, sei eine globale Zusammenarbeit notwendig, wie es sie in der Geschichte noch nie gegeben habe. Die zur rechtzeitigen Abwehr der ermittelten Gefahren notwendigen Veränderungen überstiegen jedenfalls die Möglichkeiten jeder einzelnen Nation.(29)
Deutliche Worte, sollte man meinen. Wenn eine Weltmacht im Auftrag ihres Präsidenten ihre Brain-Power zusammenrafft, um für ihre langfristige Planung Informationen über zukünftige Entwicklungen zu beschaffen, dann muß auf eine solche Diagnose doch wohl die Tat einer mindestens vergleichbar großen therapeutischen Anstrengung folgen — sagt sich der "gesunde Menschenverstand". Abermals jedoch erweist er sich mit dieser Vermutung als nur mangelhaft vertraut mit den Realitäten der politischen Welt. Denn: Es geschah überhaupt nichts. Der Präsident - inzwischen hieß er Ronald Reagan - nahm die Antwort auf die Frage, die sein Amtsvorgänger gestellt hatte, schlicht nicht zur Kenntnis. Er ließ sie im Archiv begraben.
"Da die ursprünglich von der US-Regierung beabsichtigte internationale Abstimmung über Ergebnisse und über globale aus dem Bericht abzuleitende politische Handlungsempfehlungen von der Regierung Reagan nicht mehr aufgegriffen wurde, blieb die erwartete weitere internationale Beratung über den Bericht zunächst aus."(30) <Zunächst> heißt in diesem Falle: bis auf den heutigen Tag. Die regierungsamtliche Beerdigung von "Global 2000" gelang jedoch nicht gänzlich unbemerkt. Der Text des Expertenreports begann in ökologisch interessierten Kreisen der amerikanischen Gesellschaft zu kursieren. Wenige Monate später erschien eine deutsche Übersetzung.29)
Die öffentliche Diskussion war jetzt nicht mehr aufzuhalten. Sie spielte sich während der längsten Zeit allerdings außerhalb der offiziellen politischen Gremien ab. Die einzige politische Gruppierung in der Bundesrepublik, die sich von Anfang an weigerte, das Totschweigen von Global 2000 für eine praktikable Methode zur Lösung der darin aufgezählten globalen Gefahren zu halten, war das im eigenen Selbstverständnis zwischen der Rolle einer "neuen Partei" und einer "basisdemokratischen Bewegung" bis auf den heutigen Tag hin und her gerissene Häuflein der "Grünen".
Diese Identifikation wirkte sich auf die Bereitschaft der politischen Repräsentanten unserer Gesellschaft, die ökologische Bedrohung als Tatsache anzuerkennen, nicht eben förderlich aus. Es war, als fühlte sich die psychologisch obligate Tendenz zur Verdrängung der in Global 2000 aufgezählten Unerfreulichkeiten durch die Tatsache legitimiert, daß gerade "diese Leute" es waren, die auf einer parlamentarischen Diskussion und politischen Konsequenzen bestanden. Vorübergehend schlug die bloße Verdrängung damals um in unverhüllte Feindseligkeit, ja in blanken Haß all denen gegenüber, die davor warnten, die Entscheidung über Konsequenzen weiter auf die lange Bank zu schieben.
Zur Charakterisierung der Atmosphäre nur ein einziges Beispiel:
Auf einer kommunalen Wahlveranstaltung der Hamburger FDP am 22. April 1982 sah sich der Redner, ein Wirtschaftswissenschaftler der Universität Kiel, veranlaßt, Kritiker daran zu erinnern, daß es sich bei Global 2000 nicht um ein Machwerk "linker Demagogen" handele, sondern um eine als durchaus konservativ einzustufende Expertise.
Bei ähnlichen Gelegenheiten erwies sich der Hinweis als nicht überflüssig, daß in diesem Falle auch der Verdacht abwegig sei, der Report könne womöglich mit Moskauer Unterstützung entstanden sein, da über allem Zweifel feststehe, daß er aus der Feder amerikanischer Regierungsangestellter stamme.
Es gab noch groteskere Reaktionen. [Anmerkung 31, siehe oben]
Dies alles wird hier nicht angeführt, am alte Wunden aufzureißen. Das Kernthema dieses Buchs gibt jedoch Anlaß, sich derartiger Reaktionen im Detail zu erinnern. Die Leichtigkeit, mit der sich sonst ganz manierliche, "Aufgeklärtheit" für sich in Anspruch nehmende Zeitgenossen zu verleumderischen oder gar haßerfüllten Attacken auf Mitmenschen hinreißen lassen, die sich ihnen bei dem Versuch, angstauslösende Fakten zu verdrängen, in den Weg stellen, ist für unsere Bestandsaufnahme ein grundlegend wichtiges Phänomen: Es erleichtert das Verständnis der Ursachen unserer Misere, indem es die weitverbreitete Ansicht von der Rationalität des Menschen unübersehbar relativiert.
Wie auch immer, die Fakten ließen sich auch in diesem Falle durch noch so heftige Emotionen nicht aus der Welt schaffen. Und so raffte sich denn, nach einer Schrecksekunde, die zwei Jahre gedauert hatte, und nach endlosem Vorgeplänkel schließlich auch der Deutsche Bundestag in der letzten Oktoberwoche 1982 dazu auf, über Global 2000 zu debattieren. In der "über vierstündigen" (!) Aussprache kam es zu "leidenschaftlichen Appellen an die Regierungen und Parlamente der Welt". Rasches und entschlossenes Handeln wurde gefordert. Die Opposition warf der Regierung mangelnde Entscheidungskraft vor. Bundesforschungsminister Heinz Riesenhuber andererseits warnte vor Resignation gegenüber den Problemen.32
Und das war's denn auch schon. Beschlüsse wurden nicht gefaßt. Ausschüsse wurden nicht ins Leben gerufen. Auf der Tagesordnung unseres Parlaments erschien das Thema nie wieder. Offensichtlich ist die Majorität unserer Volksvertreter der Ansicht, daß es dringendere Probleme gibt, die ihre Aufmerksamkeit erfordern.
Wenn man den "Bericht der Bundesregierung zu Global 2000 und den darin aufgezeigten Problemen" liest, der auf Drängen mehrerer Fraktionen am 15. März 1982 in Bonn vorgelegt worden war, bekommt man für diese Haltung sogar Verständnis. Der Bericht ist ein in seiner Ehrlichkeit anrührendes, kaum verschlüsseltes Dokument der eigenen Ohnmacht. Der größte Teil der 42 Textseiten dient der endlosen Aufzählung aller, aber auch der kleinsten Beiträge der Bundesrepublik zu internationalen und nationalen Hilfsaktionen, Subventionen und Initiativen, die sich auf welche Art auch immer in irgendeinen Zusammenhang mit den von Global 2000 genannten Problemen und Bedrohungen bringen lassen.
Man muß im Lesen zwischen den Zeilen nicht sonderlich geübt sein, um den eigentlichen Tenor zu erkennen, der sich durch den ganzen Text zieht und der da lautet: Was, um Gottes willen, sollen wir denn sonst noch tun oder ausrichten, nachdem die amerikanische Regierung die ursprünglich geplante internationale Zusammenarbeit auf diesem Problemfeld stillschweigend abgeblasen hat?
In der Tat: Was denn schon? Man muß gerecht sein. Immerfort bloß Vorwürfe zu erheben ist allzu billig. Die notwendigen Veränderungen überstiegen die Möglichkeit jeder einzelnen Nation, wie die Autoren von Global 2000 festgestellt haben. Wer könnte bezweifeln, daß diese Bemerkung, adressiert an den eigenen Auftraggeber und gemünzt auf die Weltmacht USA, erst recht für die Bundesrepublik gilt? Die Einsicht ändert nichts daran, daß das globale Stillschweigen über Global 2000 auf jeden unheimlich und beängstigend wirken muß, der sich näher mit dem Bericht beschäftigt.
Seine entscheidende Aussage, das Ergebnis, zu dem Hundertschaften von Wissenschaftlern und Regierungsexperten kamen, läßt sich in einem einzigen Satz zusammenfassen, an dem es nichts zu rütteln und zu deuteln gibt. Dieser lautet:
Wenn sich die weltweit heute festzustellenden Tendenzen und Entwicklungen nicht innerhalb sehr kurzer Zeit grundlegend ändern, dann treibt dieser Planet mit der auf seiner Oberfläche lebenden Menschheit einer Katastrophe entgegen, deren Ausmaß in der bisherigen Geschichte ohne Beispiel ist.
Die Aussage ist klar und eindeutig. Sie läßt ausweichenden Interpretationen grundsätzlich keinen Raum. Die einem wissenschaftlichen Report an die eigene Regierung wohl anstehende distanzierte Coolness der Formulierungen - in denen die Aussage verpackt ist - kann nur den über die Unerbittlichkeit der Prognose hinwegtäuschen, der sich täuschen lassen will; nur den Leser, der es — angesichts der freilich einschüchternden Problemgebirge, die zur Rettung unserer Zukunft bewegt werden müßten — vorzieht, beide Augen zuzumachen. Deren aber gibt es, wen könnte es wundernehmen, nicht wenige.
Seit Global 2000 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde, ist an den Methoden des Berichts, den seinen Extrapolationen zugrunde gelegten Zahlen und den verwendeten Computermodellen herumgemäkelt worden. Den einen waren die Ausgangsdaten nicht weit genug in die Vergangenheit zurückbezogen (ungeachtet der inzwischen nachgewiesenen Tatsache, daß die Voraussagen dann noch ungünstiger ausgefallen wären). Andere Kritiker bestritten die Seriosität der verwendeten statistischen Methoden.
Viele witterten hinter dem ganzen Unternehmen ideologische Voreingenommenheit und verwiesen auf angebliche Einseitigkeiten der Interpretation.
Sie alle müssen sich an die grundlegenden Fakten erinnern lassen, die diese ganzen Diskussionen zu durchsichtigen Scheingefechten werden lassen: Es ist richtig, daß den zur Erstellung von Entwicklungsprognosen zugrunde gelegten Zahlen immer (unvermeidlich) eine gewisse Willkür anhaftet. Einzuräumen ist auch, daß sich bei der Extrapolation bestehender Entwicklungstendenzen grundsätzlich ein gewisser Spielraum ergibt, innerhalb dessen nur nach subjektiven Kriterien ("persönliche Meinung") geurteilt werden kann. Das alles wird von niemandem bestritten. Es war selbstverständlich auch den Autoren des Berichts bewußt.
Sie haben es sich daher zum Prinzip gemacht, an allen Stellen, an denen sich derartige Spielräume ergaben, und bei allen ihren Rechenschritten jeweils von der für die Endprognose günstigeren Annahme auszugehen. Wer das bei seiner Kritik nicht berücksichtigt, muß sich vorhalten lassen, daß er Global 2000 nur flüchtig gelesen hat.
Vor allem aber: Bei den von den Autoren benutzten und errechneten Zahlen handelt es sich um Daten, die sich eine Weltmacht mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln verschafft hat in der Absicht, sie ihrer langfristigen Planung zugrunde zu legen. Auf deutsch: Bessere Zahlen und verläßlichere Vorhersagen gibt es nicht.
Das erkennt auch die deutsche Bundesregierung uneingeschränkt an. In diesem Punkt immerhin herrscht Einigkeit unter den Parteien.
"Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß die in der Studie <Global 2000> aufgezeigten Entwicklungstendenzen Schlüsselprobleme für die Zukunft der Menschheit darstellen ... Die Bundesregierung teilt somit die Grundaussage der Studie <Global 2000>", heißt es in einem "Sprechzettel für den Regierungssprecher" vom 4. März 1982.33)
Unter diesen Umständen können wir uns die Mühe sparen, uns im einzelnen mit den bis heute - wenn inzwischen auch wesentlich leiser - vernehmbaren Ausflüchten derer auseinanderzusetzen, die es noch immer nicht wahrhaben wollen.
Versuchen wir statt dessen, uns anhand einiger Beispiele einmal die "Schlüsselprobleme für die Zukunft der Menschheit" konkret vor Augen zu führen, die auch nach Ansicht unserer Bundesregierung in dem amerikanischen Bericht zutreffend beschrieben worden sind.
Dazu drei Vorbemerkungen.
Erstens: Die Entwicklung der für die ökologische Bedrohung ursächlich verantwortlichen Tendenzen hat sich in den seit der Veröffentlichung des amerikanischen Reports vergangenen Jahren so rapide beschleunigt, daß keines der in den folgenden Kapiteln beschriebenen Beispiele in der Öffentlichkeit mehr unbekannt ist. Trotzdem ist ihre zusammenfassende Darstellung hier notwendig, weil erst sie uns die Möglichkeit geben wird, der Frage nach der gemeinsamen, sich hinter allen diesen Einzelsymptomen verbergenden Grundursache nachzugehen.
Zweitens: stützen sich die Beispiele selbstverständlich nicht allein auf den in manchen Punkten von der Entwicklung schon wieder überholten amerikanischen Bericht des Jahres 1980, sondern von Fall zu Fall auf die zu den einzelnen Spezialthemen inzwischen erschienenen aktuelleren Berichte und Meldungen.
Und schließlich werden wir nicht den globalen Aspekt der einzelnen Probleme jeweils in den Vordergrund stellen (er hat immer etwas Entlegenes, schwer Vorstellbares an sich). Wir werden die uns alle weltweit bedrohenden Gefahren vielmehr anhand der Entwicklungen und Befunde schildern, die sie uns vor der eigenen Haustür bescheren.
Ende Ditfurth 1985 S.90-96