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Lloyd deMauseWas ist Psychohistorie?Eine GrundlegungFoundations of PsychohistoryHerausgegeben
von Ludwig Janus, 2000 im Psychosozialverlag Übersetzung von Artur Boelderl |
2000 480 Seiten Original: 1973-1991
detopia: |
Inhalt Für Reuben Fine, für meine Psychohistoriker-Kollegen und für meine Frau Susan Hein (d-2007:) Mit ca. 100 Illustrationen. Das Buch ist ausführlicher als das von 2002 und erscheint mir wie sein deutsches Hauptwerk. Die Herausgeber sind für mich wie Kulturhelden. Die zentrale These deMause's: Der Weg zum Verständnis historischer Ereignisse führt nicht über die narrative Anhäufung von Daten aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft; er führt über die methodische Ergründung bewusster und insbesondere unbewusster Motive der geschichtlich Handelnden. Psychohistorie ist die wissenschaftliche Erforschung historischer Motivationen. DeMauses Werk zielt auf eine vollständige "Geschichte der Psyche" ab. Die Psyche des einzelnen bildet sich nach Maßgabe der zu einem bestimmten Zeitpunkt in einer bestimmten Gruppe praktizierten Erziehungsformen heraus. Kinder, die denselben Erziehungsformen unterworfen waren, bilden als Erwachsene eine Gruppe mit gemeinsamen unbewussten Phantasien, eine sogenannte "Psychoklasse". Die
Neuübersetzung der hier enthaltenen Texte aus Foundations of
Psychohistory (New York 1982) der
Originaltexte by Lloyd deMause ( Psychohistory.com ) Psychohistorie ist die wissenschaftliche Erforschung historischer Motivationen. Dieser Ausgangspunkt von Lloyd deMauses Theoriebildung impliziert eine radikale Kritik sowohl an der traditionellen Geschichtswissenschaft als auch an den traditionellen Formen der Sozialwissenschaften wie Anthropologie, Soziologie und Psychologie. Der Weg zum Verständnis historischer Ereignisse führt nicht über die Sammlung und narrative Anhäufung von Daten aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft; er führt über die methodische Ergründung bewußter und unbewußter psychologischer Motive der geschichtlich Handelnden. Veränderungen der Erziehungsformen ziehen Veränderungen in der Psyche nach sich, die sich durch die Psychoklassen auf die Möglichkeitsfelder geschichtlichen Handelns auswirken. Je besser die Behandlung von Kindern seitens ihrer Eltern, je angenehmer und freudvoller die Kindheit insgesamt, desto integrierter die Psyche des einzelnen, desto weniger paranoid und ergo friedlicher auch das Verhalten der Gruppe — und desto unwahrscheinlicher die gewaltsame Lösung von Konflikten zwischen Gruppen respektive Nationen. Diese verborgenen Zusammenhänge dessen, was er auch die "Krieg-als-Geburt"-Fantasie nennt, weist der Autor in zahlreichen Einzelstudien geschichtlicher Ereignisse wie historischer Persönlichkeiten nach und belegt sie mit reichhaltigem Material. |
Teil 1 Foundations of Psychohistory (1) Vorwort (1981) (9) (2) Die Evolution der Kindheit (1973) (1973) (16) Kindsmord und Todeswünsche gegenüber Kindern (55) Reinlichkeitserziehung (88) (3) Die Eigenständigkeit der Psychohistorie (1975) (118) (4) Die Entstehung der amerikanischen Persönlichkeit durch psychische Artenbildung (1976) (145) (5) Die psychogene Geschichtstheorie (1977) (183) (6) Jimmy Carter und die amerikanische Fantasie (1977) (199) (7) Historische Gruppenfantasien (1979) (229) Nixon (259) Eisenhower & Kennedy (280) (8) Die fötalen Ursprünge der Geschichte (1981) (322) # I: 326 II: 367 III: 409
Teil 2 Drei neue Aufsätze, 1988-1991 1 "Kopf oder Zahl": Geld als poison container (1988) (435) 2 Die sanfte Revolution: Die Wurzeln der sowjetischen und osteuropäischen Demokratiebewegungen in der Kindheit (1990) (453) 3 Der Golfkrieg als Geistesstörung (1991) (465-487) |
Editorische Notiz der Herausgeber
Mit dem vorliegenden Buch wird Lloyd deMause' grundlegendes theoretisches Werk zum Verständnis der psychologischen Motive im geschichtlichen Prozeß erstmals in seiner Gesamtheit einer deutschsprachigen Leserschaft zugänglich gemacht.
Bislang konnte man die einzelnen Kapitel der <Foundations of Psychohistory> nur auf zwei verschiedene Bücher verteilt lesen, von denen sich das erste bis heute großer Verbreitung erfreut — <Hört ihr die Kinder weinen> (1977) —, während das zweite — <Grundlagen der Psychohistorie> (1989) — aus den unterschiedlichsten Gründen nicht das Echo hervorrief, das es verdient hatte (und das man sich angesichts seiner Aufnahme in Amerika erwarten durfte), und mittlerweile längst vergriffen ist.
Da auch die als solche verdienstvolle Erstübersetzung vor allem des letzteren Buches Verbesserungen zuließ, lag die Entscheidung nahe, eine vollständig neue deutsche Ausgabe der <Foundations of Psychohistory> in Angriff zu nehmen. Daß diese zustande kommen konnte, ist neben dem Engagement der Deutschen Gesellschaft für psychohistorische Forschung insbesondere dem Entgegenkommen des Verlegers Herrn Dr. Hans-Jürgen Wirth zu verdanken, der sich trotz der angespannten Lage auf dem Buchmarkt, die kleinere Verlage mit ganzer Härte trifft, dazu bereit erklärt hat, das wirtschaftliche Risiko einer solchen Neuausgabe tragen zu wollen, und so maßgeblich zur Erfüllung eines Desiderats auf dem Gebiete der Psychologie wie der Geschichtswissenschaft und verwandter Disziplinen beiträgt.
Zusätzlich zu den in Foundations of Psychohistory enthaltenen Kapiteln (die ersten acht Texte) enthält der vorliegende Band noch drei weitere Aufsätze von deMause, die er seither verfaßt hat und die — erschienen im von ihm 1973 begründeten und herausgegebenen Journal of Psychohistory — verschiedene Aspekte der psychohistorischen Theorie respektive der Anwendung ihrer Methoden, wie sie in den vorangegangenen Kapiteln eingeführt worden sind, weiter entwickeln bzw. empirisch unterfüttern.
DeMause ist der erste, der in systematischer Weise auf dem Niveau wissenschaftlicher Operationalisierbarkeit die psychologische Tiefendynamik historischer Prozesse dargestellt hat. Dabei arbeitet er grundlegende psychologische Wirkmechanismen heraus, die das Verständnis der geschichtlichen Entwicklung wesentlich zu bereichern versprechen.
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Linz und Heidelberg im Sommer 1999
Die Herausgeber
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