Nathaniel Rich

Losing Earth

Der Verlust der Erde

 A Recent History

Eine jüngere Geschichte

 

2019 im Verlag Farrar, Straus and Giroux. 

2019 im Rowohltverlag

Die Klimakatastrophe, die wir jetzt erleben, hätte verhindert
werden können. Vor dreißig Jahren gab es die Chance, den
Planeten zu retten - doch sie wurde verspielt. Eine
dramatische Reportage über ein Menschheitsversagen.

Nathaniel Rich (2019) Losing Earth - Eine jüngere Geschichte - A Recent History

2019       234 Seiten

Wikipedia Autor *1980 in NYC

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detopia  

Klimabuch 

R.htm    Ökobuch 

Weiner.Jon    Gelbspan,Ross    Davis.Mike  

Wallace-Wells-2019    H.Schellnhuber  

H.Buchter.Fracking    Pearce.Fred   Mann.Tollhaus 

Audio 2019 dlf  6 min   Losing Earth

  Audio 2022 Buch Die zweite Schöpfung  dlf, 6 min

 

Inhalt 

 

Prolog  

    Die  Abrechnung  (11)

 

Teil 1  - Schreie auf der Strasse  # 1979-1982 

Das ungeheure Dings #  Frühjahr 1979  (25)

Spiegelwelten # Frühjahr 1979  (40)

Muschelessen im Chaos # Juli 1979  (46)

Auftritt: Kassandra, rasend # 1979-1980  (51)

Ein besonders aggressives Verteidigungsprogramm # 1979-1980 (59)

Der Tiger auf der Strasse # Oktober 1980 (64)

Eine Flut, so unnatürlich # November 1980 - September 1981 (77)

Helden und Schurken # März 1982 (84)

Iin Richtung einer drohenden Katastrophe # 1982 (92)


 

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TEIL II  -  Schlechte Science-Fiction  # 1983-1988

KEINE PANIK /1983-1984/ 101

OIE WELT OES HANDELNS /1985/ 117

OZON IM OKTOBER /Herbst 1985-Sommer 1986/ 124

ATMOSPHÄRENWISSENSCHAFTLER, NEW YORK, N.Y. /Herbst 1987-Frühjahr 1988/ (131)

 

TEIL III  - Ihr werdet Dinge sehen und sie glauben  #  1988-1989 

LAUTER FEUER / Sommer 1988 / 143

DAS WETTERSIGNAL / Juni 1988 / 146

EIN WOODSTOCK DES KLIMAWANDELS / Juni 1988 - April 1989 / 151

FRAGMENTIERTE WELT / Herbst 1988 / 159

DER GROSSE EINBEZIEHER UND DER ALTE INGENIEUR / Frühjahr 1989 / 166

NATÜRLICHE PROZESSE / Mai 1989 / 173

DER WEISSES-HAUS-EFFEKT / Frühjahr - Herbst 1989 / 179

STINKTIERE AUF DER GARTENPARTY / November 1989 / 183

 

Epilog  -  Glasbodenboote  (195) 

 

QUELLEN (233)    DANK  (237)  

 

dlf  nathaniel-rich-losing-earth-vor-30-jahren-scheiterte-die.1270.de.html?dram:article_id=445799  

Volkart Wildermuth 2019 dlf  

 

dlf Beitrag vom 09.04.2019: Vor 30 Jahren scheiterte die Klimarettung

Von Volkart Wildermuth

Seit 1989 wurde mehr CO2 in die Atmosphäre abgeben, als in der gesamten Geschichte der Menschheit davor, schreibt Nathaniel Rich.

Das Thema Erderwärmung ist ein Dauerthema: Gestützt auf Interviews berichtet der US-Autor Nathaniel Rich in seiner historischen Reportage „Losing Earth“, wie die drohende Klimakatastrophe vor Jahrzehnten hätte verhindert werden können.

Und täglich grüßt die Klimakonferenz – das ist fast so was wie ein roter Faden in diesem Buch. Denn: „Fast alles, was wir über die Erderwärmung wissen, war bereits 1979 bekannt“, beginnt Nathaniel Rich sein Buch. „Es war damals sogar besser bekannt“ – als heute!

Und das muss anders werden. Darum dieses Buch.

Am Anfang der Geschichte steht der Umweltaktivist Rafe Pomerance. In einem Regierungsbericht zum Thema Kohle stolperte er über den Satz, dass in einigen Jahrzehnten die Nutzung fossiler Brennstoffe zu „erkennbaren und schädlichen“ Veränderungen der Erdatmosphäre führen würde. Seitdem machte es sich Pomerance zur Aufgabe, diesen Zusammenhang bekannt zu machen, ihn aus der Fachwelt herauszuholen ins öffentliche Bewusstsein.

Und fast schien es so, als hätte er damit Erfolg: „Die Großmächte waren nur noch wenige Unterschriften von einem bindenden Rahmenvertrag entfernt, mit dem die CO2-Emissionen verringert werden sollten – so nah waren wir seitdem nie mehr.“

1989 war das.

Tauziehen in Hinterzimmern und Konferenzräumen Was aber war passiert? Gestützt auf viele Interviews berichtet Nathaniel Rich in seiner Reportage detailreich und chronologisch vom Tauziehen in den Hinterzimmern und Konferenzräumen während der Jahre 1979 bis 1989. Er zeigt, was schief ging und warum.

Das könnte eine langweilige Geschichtsstunde sein, wäre das Thema nicht so aktuell. Im Grunde sollten Greta Thunberg und alle „Fridays for Future“-Aktivistinnen und -Aktivisten das Buch genau lesen, damit die nächsten Klima-Konferenzen tatsächlich ein Erfolg werden. Denn es gilt, Lektionen zu lernen.

Lektion Eins: Es geht gar nicht ums Klima. „Das Schicksal der Zivilisation hing davon ab ... Trotzdem war es kein politisches Problem.“ Es gab keine klare Lösung und ohne die wollten sich Politiker nicht die Finger verbrennen.

Lektion zwei: Ohne Schlagworte geht es nicht. Erst der Begriff „Ozonloch“ machte aus einem abstrakten Atmosphärenproblem etwas, gegen das Menschen aktiv protestierten konnten.

Lektion drei: Selbst wenn alle guten Willens sind, passiert am Ende nichts, wenn das Schicksal der Wirtschaft auf dem Spiel steht. Georg W. Bush hatte mit dem Klima Wahlkampf gemacht, eine drohende ökonomische Krise hatte aber mehr Gewicht.

Massenbewegung der Jugend als Ausweg „Wo stehen wir heute?“, fragt Nathaniel Rich abschließend und antwortet:

„Seit 1989 wurde mehr Kohlendioxid in die Atmosphäre abgeben, als in der gesamten Menschheitsgeschichte davor.“

Das sei kein technisches oder politisches Versagen, sondern in erster Linie ein moralisches, schreibt Rich. Denn auch die heutige Generation weiß, dass die Kinder die Rechnung für das jetzige Verhalten begleichen müssen, „deren Leben uns, wir haben es durch unsere Taten bewiesen, völlig egal ist.“

Die aktuellen Klimakompromisse hält der Autor für völlig nichtssagend, weil die Nationen viel versprechen, aber nur wenig, sehr wenig tun. 

Den einzigen Ausweg sieht der Journalist in einer Massenbewegung der Jugend:

„Irgendwann werden die Jungen genug Macht aufbauen, um endlich zu handeln“. „Losing Earth“ soll dabei helfen. 

 

Durch Geschichtsschreibung soll man schlauer werden. Mehr noch: Keiner, wirklich keiner, soll mehr sagen können, er oder sie haben von nichts vom Klimawandel gewusst.

 

dlf  /nathaniel-rich-losing-earth-vor-30-jahren-scheiterte

 

 

 

wikipedia-2021 - Losing Earth

Losing Earth („Der Verlust der Erde“) ist ein Buch von Nathaniel Rich. Es fußt auf zahlreichen Interviews und entstand aus einer im New York Times Magazine erschienenen umfangreichen Reportage über die Klimakrise.

(Die Keeling-Kurve zeigt die Zunahme des CO2-Anteils in der Atmosphäre, gemessen am Mauna Loa)

Die Kernthese von Losing Earth ist, dass die Klimakatastrophe, in der sich die Erde befindet, in den Jahren 1979 bis 1989 abwendbar gewesen wäre, die Chance dazu jedoch verspielt wurde. Damals lag die Konzentration des Treibhausgases Kohlenstoffdioxid in der Atmosphäre mit etwa 335 ppm zwar bereits über dem über Jahrtausende stabilen Rahmen, jedoch hätte dieser Wert noch vergleichsweise harmlose Folgen gehabt. 

Akteure in Richs Reportage sind der Umweltvertreter Rafe Pomerance und der NASA-Wissenschaftler James E. Hansen sowie weitere Aktivisten, Wissenschaftler und Berater in deren Umfeld. Gemeinsam erkannten sie die Beschleunigung der Überhitzung des Klimasystems der Erde und sammelten Lösungen, mit denen sich diese Überhitzung abwenden lässt. Rich argumentiert, dass die damalige Debatte sich weder bzgl. der Erkenntnis über die Problemlage noch bzgl. der Lösungsansätze von der heutigen Debatte maßgeblich unterscheidet. Jedoch scheiterten – kurz bevor 1989 ein Durchbruch erzielt werden konnten – alle Versuche, einen breiten öffentlichen Konsens zu erlangen, der eine Klimakatastrophe abgewendet hätte.

Rich glaubt, dass wir bereits mitten in einer katastrophalen Entwicklung stecken und dass es sehr unwahrscheinlich sei, die Erderwärmung auf zwei Grad zu begrenzen, was gemäß James E. Hansen bereits eine "Anleitung für eine lang dauernde Katastrophe" sei. Diese lang dauernde Katastrophe sei nun das günstigste Szenario. Sollte die Erwärmung auf 3 Grad ansteigen, wäre dies eine kurzweilige Katastrophe, bei 5 Grad Erwärmung drohe gemäß mancher "der bekanntesten Klimaforscher, die sonst kaum zur Übertreibung neigen" das "Ende der menschlichen Zivilisation". Hierfür wäre dann die Erderwärmung gar nicht mehr die direkte Ursache, sondern vielmehr die durch sie und begleitende Umweltkrisen ausgelösten Folgeeffekte wie Hunger, Dürre, Meeresspiegelanstieg und Flüchtlingsströme von Hunderten Millionen Menschen und damit einhergehende Kriege um Ressourcen der Hauptgrund.[

"Wir" Menschen hätten in den vergangenen Jahrzehnten gewusst, dass wir den Untergang unserer heutigen Zivilisation riskieren, und wir wüssten es heute. Wir wüssten, "dass eine Erderwärmung um zwei Grad weit schlimmer ist als um anderthalb Grad und dass das Operieren mit halben Gradschritten schon an sich euphemistisch" sei. "Jede Stelle hinter dem Komma" sei "schlimmer als die davor: 2,1 Grad ist erheblich besser als 2,2 Grad, was wiederum in dramatischer Weise besser ist als 2,3 Grad." 

Wir wüssten ebenso, "dass die kommenden Veränderungen für unsere Kinder noch schlimmer sein werden und noch einmal schlimmer für deren Kinder", und wir hätten durch unser Verhalten bewiesen, dass uns deren Schicksal "völlig egal" sei. Stattdessen würden wir uns in "Ausflüchte" stürzen da wir "nicht gern an Verlust oder Tod" dächten und es schwierig sei, "nüchtern über eine existenzielle Bedrohung der Spezies nachzudenken". Natürlich werde es der "Erde und dem Klima" gutgehen, aber "dem Menschen wird es nicht gutgehen". Eine Erwärmung um 5 Grad bedeute, dass die Menschheit "vor einem neuen finsteren Zeitalter" stünde. Dieser Tatsache könnten die Menschen nicht leicht ins Auge sehen, aber es habe "aufklärende Wirkung, wenn man es tut". Denn erst dies lasse "jene Dimension der Krise deutlich hervortreten, die bislang weitgehend unberücksichtigt geblieben ist: die moralische Dimension".[3]

Rezensionen
„Eine Lektüre, die zornig machen kann: Nathaniel Rich zeigt, dass die Folgen des Klimawandels schon in den späten siebziger Jahren bekannt waren.“ – Frankfurter Allgemeine Zeitung[4]
„Losing Earth ist eine Offenbarung. Als ich die Geschichte letzten Sommer in der New York Times las, traute ich meinen Augen nicht. Es kommt nicht oft vor, dass eine Zeitung ein kleines Buch als Sonderausgabe druckt und mit Fotos und Videos frei zugänglich im Netz hält. Während des Lesens stand mir immer wieder der Mund offen. Ich war wütend und wurde kampflustig. Ich konnte kaum glauben, was ich las.“ – Der Standard[5]
„Das Thema Erderwärmung ist ein Dauerthema: Gestützt auf Interviews berichtet der US-Autor Nathaniel Rich in seiner historischen Reportage ‚Losing Earth‘, wie die drohende Klimakatastrophe vor Jahrzehnten hätte verhindert werden können.“ – Deutschlandradio Kultur[6]
„Es gibt Geschichten, die verändern die Art und Weise, wie man die Welt sieht und versteht, und "Losing Earth" von Nathaniel Rich im Magazin der "New York Times" ist so eine Geschichte, Journalismus wie von einem anderen Stern: Auf einmal ist all das, was man eh wusste, in einer neuen Klarheit und Dringlichkeit greifbar, mit einem Knall wird deutlich, in der nicht nachlassenden Hitze dieser Wochen, was es bedeutet, im Zeitalter der Katastrophe zu leben.“ – Spiegel Online[7]
„Ein ebenso gründlich recherchiertes wie leidenschaftliches Buch ... Diese Geschichte ist eine Warnung und dabei noch gar nicht zu Ende erzählt. Beim Lesen des Buches stellte ich mir unwillkürlich vor, wie meine Kinder irgendwann eine spätere Ausgabe lesen, die dann auch berichtet, wie meine Generation auf das reagiert, was wir jetzt wissen.“ – Jonathan Safran Foer

 

https://www.perlentaucher.de/buch/nathaniel-rich/losing-earth.html

KLAPPENTEXT
Aus dem Englischen von Willi Winkler. Die Klimakatastrophe, die wir jetzt erleben, hätte verhindert werden können. Vor dreißig Jahren gab es die Chance, den Planeten zu retten - doch sie wurde verspielt. Nathaniel Rich schildert in seiner Reportage, wie es zu diesem wahrhaft globalen Versagen kam. Wir folgen einer Gruppe von Wissenschaftlern, Aktivisten und Politikberatern rund um den Umweltlobbyisten Rafe Pomerance und den Nasa-Forscher James Hansen, die Ende der siebziger Jahre erstmals erkennen, dass sich die Erderwärmung desaströs beschleunigt, aber auch, was dagegen zu tun ist - beinahe alles, was wir heute darüber wissen, stammt aus dieser Zeit. Rich schildert ein Jahrzehnt erbitterter Kämpfe um Öffentlichkeit, Anerkennung, politische Maßnahmen - und wie diese 1989, kurz vor dem Durchbruch, tragisch scheitern.
Eine historische Reportage, die aktueller nicht sein könnte: Wir bekommen in den kommenden Jahren das zu spüren, was vor drei Jahrzehnten versäumt wurde - so wie unser gegenwärtiges Scheitern das Schicksal des Planeten in naher Zukunft besiegelt. Die Erde in ihrer heutigen Gestalt ist bereits verloren, sie wurde damals verloren - und so erzählt Rich hier die Geschichte eines beispiellosen Menschheitsversagens.


Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 26.06.2019
Burkhard Müller kann Nathaniel Richs Buch über die verpasste Chance zur Rettung der Welt nicht empfehlen. Zu dramatisch, zu einseitig und viel zu bequem erscheint ihm, was Rich da herbeikonstruiert, um quasi theologisch von Sündenfall und Apokalypse zu faseln. Das geht für Müller schon Richtung Fake News. Wenn der Autor die Klimakonferenz von Noordwijk 1989 als versäumten Wendepunkt und Bushs Stabschef als Teufel darstellen will, gegen den treue engagierte Wissenschaftler vergeblich zu Felde ziehen, glaubt ihm Müller kein Wort. Hauptsache Rich hat seine Story mit Schurke, Held, Opfer? Ohne mich, meint der Rezensent.


Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 05.06.2019
Rezensent Christian Schwägerl liest schockiert und wütend die trockenen Tatsachen, die Nathaniel Rich in seinem Buch versammelt, etwa, dass Exxon 1982 den heutigen CO2-Wert exakt prognostizierte und dass dennoch nichts geschah. Richs Bezugspunkt ist laut Schwägerl sogar das Jahr 1979, als die Umweltagentur EPA die Gefahren durch die Nutzung fossiler Brennstoffe ziemlich genau erkannte. Für den Rezensenten kaum zu fassen, aber leider wahr, wie ihm der Autor akribisch nachweist. Die Verhinderungsmechanismen der Politik und Wirtschaft liefert Rich gleich mit, meint Schwägerl, wenngleich nicht immer deutlich genug. Verstehen kann und sollte man die Ignoranz aber ohnehin nicht.


Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 10.04.2019
Rezensent Volkart Wildermuth empfiehlt das Buch von Nathaniel Rich, damit keiner sagen kann, er hätte nichts gewusst vom Klimawandel und den damit zusammenhängenden politischen Lügen. Was sich zwischen 1979 und 1989 in Sachen Klimapolitik tat oder auch nicht, vermittelt der Autor laut Rezensent lebendig und detailreich anhand von Interviews. Aktuell ist das Thema schon wegen seiner Bezüge zu "Fridays for Future", findet Wildermuth. Greta Thunberg würde er gerne ein Exemplar des Buches schenken, damit die Aktivistin lernt, worauf es bei der nächsten Klima-Konferenz ankommt.

 

 

2013

Nathaniel Rich

Schlechte Aussichten

Roman

Klett-Cotta, Stuttgart 2013, 352 Seiten

d-nb.info/1028827628   

Odds against tomorrow

dlf  von-der-apokalypse-besessen.950.de.html?dram:article_id=258529

BUCHKRITIK vom 20.08.2013

Besprochen von Sigrid Brinkmann

 

 

Von der Apokalypse besessen

Tsunamis, Vulkanausbrüche oder Terroranschläge – Katastrophen begeistern den Protagonisten in Nathaniel Richs Roman „Schlechte Aussichten“. Der Apokalypsen-Fanatiker macht seine Leidenschaft zum Beruf: Er berät Konzerne, die im Katastrophenfall nicht für die Schäden haften wollen.

„Andere Leute phantasieren von überraschenden Erbschaften, Liebe auf den ersten Blick und endlosen weißen Himmelsauen. Mitchell träumte von einem ausbrechenden Supervulkan, der Nordamerika unter einem halben Meter Asche begrub.“

Nathaniel Richs Protagonist ist ein von Logikspielen faszinierter Student. Sich gewaltige Katastrophen vorzustellen, hat für ihn etwas Befreiendes. Dazu passt, dass es Mitchell zu einer Kommilitonin zieht, die am Brugada-Syndrom leidet und jeden Moment tot umfallen kann. Nachdem Mitchell ein verheerendes Seebeben im Sund von Seattle vorhergesehen hatte, flüchtete sich die Studentin in eine Landkommune. Er selbst zog nach New York. Soweit die Ausgangssituation, aus der heraus Nathaniel Rich sukzessive ein veritables Untergangsszenario entwickelt.

Mitchell heuert als Fachmann für Risikomanagement in dem auf Havarien spezialisierten Unternehmen Futureworld an. Dieses kalkuliert die Kosten von zu erwartenden Katastrophen, spricht seine Klienten von jeglicher Haftung frei und reicht den schwarzen Peter weiter an Versicherungen, die nicht mehr imstande sind, die anfallenden Entschädigungen zu leisten. Subtil beschreibt Rich, wie der von Naturkatastrophen faszinierte Mitchell schnell in die Rolle einer Kassandra schlüpft. Während Troja brannte, saß die Seherin gelassen an ihrem Webstuhl.

Ein neues Amerika für neue Amerikaner

Im Unterschied zu seinen Arbeitgebern ist Mitchell indes kein Zyniker. Rich schickt seinen Protagonisten wiederholt in Bibliotheken, wo dieser sich ein enzyklopädisches Wissen über Evakuierungsrouten und Gefahrenzonen aneignet sowie Pläne zum Einsatz der Rettungskräfte in Manhattan studiert. Der Autor selbst hat vermutlich nichts anderes getan. Er liebt detaillierte Beschreibungen, verliert sich aber nie darin. Alles bleibt anschaulich und auf unheimliche Weise vorstellbar. Auch, dass das FBI den in Bibliotheken hockenden Albtraumanalysten kurzzeitig beschatten lässt.

Nathaniel Rich lebt seit 2010 in New Orleans. Dort beobachtet er, wie Pflanzen durch den Hurricane Katrina zerstörte Stadtteile mehr und mehr überwuchern. Er vermutet, dass in fünfzig Jahren kaum mehr Menschen die amerikanischen Küstenstädte bewohnen werden. Seine Fiktion von der Überflutung der „Himmelsstadt“ Manhattan hat etwas Beklemmendes, denn Rich hatte das Romanmanuskript gerade abgeschlossen, als im Oktober 2012 Sandy durch die Metropole fegte und U-Bahnschächte voll Wasser liefen. Die Seiten, in denen der Autor das bizarre Gleiten eines Kanus durch graue Fluten beschreibt, gehören zu den schönsten dieses verstörend futuristischen Romans.

Am Ende wird Mitchell ein Stück Erde auf verlassenem Grund beackern. Er will „sein eigenes, in sich geschlossenes Universum“ schaffen; ausscheren aus dem Kreislauf von Angst und Paranoia. 

Nathaniel Rich sieht eine Zukunft, in der eine Spezies neuer Siedler wacklige Hütten baut und auf schiefen Böden schläft. Selbstgenügsamkeit, diese eine Qualität, könnte schon das ganze Programm der Streiter für „ein neues Amerika und neue Amerikaner“ ausmachen. Zu wenig, gewiss, aber eben auch unabdingbar für jeden, der sich ernsthaft nach einem „ethisch tadellosen Leben“ sehnt.

 

 

 

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