Professor David Benatar

Besser, nie gewesen zu sein

Vom Übel des Existierens

Better Never to Have Been.
The Harm of Coming into Existence

 

Wer jemals geboren wurde oder wird,
der hat den Schaden
und wer nicht oder nie geboren wurde/wird,
der kann sich glücklich schätzen.

Professor David Benatar (2006) Besser, nie gewesen zu sein - Vom Übel des Existierens - Better Never to Have Been - The Harm of Coming into Existence

2006    240 Seiten 

wikipe Autor  *1966 in Südafrika

DNB Autor 

Bing.Buch   Goog.Autor 


 

detopia:  Ökobuch 

B.htm    2005-Buch


U.Horstmann     E.Cioran

P.Mainländer   A.Schopenhauer  

L.Lütkehaus   Martin Neuffer

2021 Audio dlf 14 min über Antinatalismus  "Ist die Menschheit noch zu rechtfertigen?"

 

 

2006 by Oxford University 
ISBN: 978-0199549269

 

aus Wikipedia 2015:

David Benatar ist ein zeitgenössischer Philosoph und Professor an der Universität Kapstadt, Südafrika. Seine Hauptarbeitsgebiete sind Ethik, Medizinethik und Metaphysik. 

In seinem Hauptwerk <Better Never to Have Been> begründet Benatar eine anti-natalistische Position. Es sei moralisch stets verwerflich Kinder zu haben, da der Beginn der Existenz für jeden Menschen ein Schaden sei. Ausnahmslos jedes Leben sei so schlecht, dass es stets besser ist, nicht zu existieren. 

Grundlage für Benatars Überzeugungen ist eine von ihm ausführlich analysierte Asymmetrie von Leid und Glück

Er gelangt zur Feststellung einer Asymmetrie, indem er Glück und Leid erst unter dem Gesichtspunkt ihres Gegebenseins analysiert (Symmetrieverhältnis), dann unter dem Gesichtspunkt ihres Nichtgegebenseins (Asymmetrie):

Das Gegebensein von Leid ist schlecht, das Gegebensein von Glück gut. Das Nichtgegebensein von Leid ist gut, während das Nichtgegebensein von Glück nicht schlecht ist (außer wenn jemand seines Glücks beraubt wird). 

In Anbetracht dieser Asymmetrie sei es stets geboten, einen zusätzlichen Menschen nicht zu zeugen. Die Leiderfahrungen, die er unweigerlich machen würde, machen seine Hervorbringung zu einer moralisch als schlecht zu bewertenden Tat, während die Unterlassung, einen Menschen zu zeugen (der laut Benatar durchaus auch Glückserfahrungen hätte), nicht schlecht ist: Das fehlende Glück ist kein Glück, dessen jemand beraubt wird.

Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen gelangt Benatar zu der Überzeugung, dass Abtreibungen nichtempfindender Embryonen oder Föten moralisch gesehen nicht nur zulässig, sondern stets geboten sind, da durch sie verhindert wird, dass unweigerlich leidende Menschen auf die Welt kommen.

Die Leiderfahrungen, die ausnahmslos jeder Mensch durchmacht, können durch Glückserfahrungen nicht kompensiert werden.

Benatar stützt seinen Anti-Natalismus ferner durch die Behauptung, wir alle neigten dazu, unser Leben als glücklicher und besser einzuschätzen als es wirklich ist. Grund für diese Verzerrung seien evolutionär bedingte biologische und psychologische Mechanismen. Das von Benatar begründete Gebot der Nachkommenlosigkeit würde in einer menschenlosen Erde resultieren

Benatar hält seiner Ethik zugute, dass ihr Ziel erreichbar ist: Während die Vermehrung von Glück niemals an ein Ende komme, führe die Verhinderung und Verminderung von Leid schließlich zum Aussterben der Menschheit. Obwohl Benatar für das Aussterben der Menschheit mittels Nachkommenlosigkeit argumentiert, versteht er sich als Menschenfreund und nicht als Misanthrop. 

In seinem Hauptwerk berücksichtigt er auch das Leid der Tiere. Er spricht sich gegen die Hervorbringung von Tieren zum Zwecke ihrer Nutzung, insbesondere Schlachtung, aus und bedauert, dass die Tiere nach dem Verschwinden aller Menschen von der Erde weiter leiden würden.

 

Antinatalismus

wikipedia  Antinatalismus   

Dieser Artikel handelt vom Antinatalismus als einer Philosophie, die sich aus ethischen Gründen dafür ausspricht, keine neuen Menschen hervorzubringen. Das Wort leitet sich vom lateinischen natalis, „zur Geburt gehörig“, ab. Das Gegenteil von Antinatalismus ist der Pronatalismus.

Bevor der belgische Philosoph Théophile de Giraud den Begriff Antinatalismus zur Bezeichnung der für Kinderlosigkeit argumentierenden Philosophie gebrauchte, benutzte der französische Denker Philippe Annaba den Begriff Antiprokreationismus.[2]

Vom philosophischen Antinatalismus zu unterscheiden ist eine antinatalistische Politik: Eine Reihe von Staaten verfolgt oder verfolgte über lange Zeit eine antinatalistische Bevölkerungspolitik (Chinas Ein-Kind-Politik).

Antinatalistische Positionen vertreten unter anderem ...

der arabische Dichter Al-Ma’arri, Arthur Schopenhauer, Brother Theodore, E. M. Cioran, Matti Häyry, Peter Wessel Zapffe, Martin Neuffer, Karim Akerma, Gunter Bleibohm, David Benatar Théophile de Giraud, Jean-Christophe Lurenbaum[13], Julio Cabrera[14], Thomas Ligotti[15], Michel Onfray[16] sowie das Voluntary Human Extinction Movement.

Als radikaler Vertreter dieser Position gilt Chris Kordas in den Vereinigten Staaten als Religionsgemeinschaft anerkannte Organisation Church of Euthanasia (CoE), die mit der Forderung Thou shalt not procreate („Du sollst dich nicht fortpflanzen“) das anhaltende rapide Bevölkerungswachstum kritisiert.

 

antinatalismus.blogspot.com 

 


 

Leseberichte:

Von Thanatos 2012:

Wenn ich die Dreiteilung der Kritiken zum Buch des Vor-Rezensenten übernehme, so kann ich mich dort zu denjenigen, die "genau das auch schon gedacht haben, es nur selbst nicht so gut ausdrücken konnten", zählen.

Als Schopenhauer- und Cioran-Begeisterter war mir die Erkenntnis 'better never to have been' bestens vertraut, und ich teile diese Ansicht ohne jede Einschränkung. 

So sah ich zunächst keinen Bedarf, mir diese Erkenntnis durch Benatar auch noch analytisch-philosophisch beweisen zu lassen. Soll heißen, ich wollte dieses Buch ursprünglich gar nicht erwerben. Die Lektüre einiger Kritiken und Ansichten dazu erweckte jedoch meine Neugierde, so dass ich letztendlich nicht widerstehen konnte. Als Fazit kann ich mich kurz fassen: 'Better Never to Have Been' ist das Beste, was ich seit längerer Zeit gelesen habe, überdies eine ermutigende Bestätigung von dem, "was ich auch schon gedacht habe".

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Von rob 2010:

Es ist jetzt schon eine Weile her, dass ich das Buch gelesen habe, daher möge bitte niemand erwarten dass ich dessen Aussage hier in wenigen Zeilen auch nur annaehernd so zwingend darlegen kann wie Benatar es tut. 

In diesem Buch begründet David Benatar warum es moralisch falsch ist, Kinder zu zeugen. Diese, fuer die meisten Menschen wohl alles andere als intuitiv einsichtige These, wird von ihm in meinen Augen fast schon unwiderlegbar schluessig hergeleitet. Sie stuetzt sich hauptsaechlich auf zwei Grundlagen. Erstens dass unser Leben schlechter ist, als wir uns eingestehen (und das, obwohl die meisten von uns es bereits relativ (!) gut haben). Zweitens, und das ist fuer mich der wichtigere Punkt, dass Freude und Leid grundsaetzlich unterschiedlich sind. 

Klar ist, dass Freude gut ist und Leid schlecht (fuer den Mensch, der sich jeweils freut oder der leidet). Die Asymmetrie liegt nun aber darin, dass die Abwesenheit von Leid ebenfalls gut ist, waehrend die Abwesenheit von Freude nur dann schlecht ist, wenn es auch jemanden gibt, dem diese Freude dann fehlt. Das bedeutet, wenn ein Mensch niemals existiert hat, dann ist es auch nicht schade um die Freude, die dieser potentielle Mensch erfahren haben koennte, wenn er gelebt haette. Warum man das bei genauer Betrachtung nur so und nicht anders sehen kann wird mit, fuer mich, ueberzeugenden Beispielen und Folgerungen erlaeutert. Alle anderen Denkweisen fuehren zu noch seltsameren und unlogischen oder inkonsequenten Schluessen. Zu Ende gedacht folgt daraus natuerlich, dass, wenn alle es so sehen wuerden und auch danach handelten, die Menschheit aussterben wuerde. 

Dies ist laut Benatar aber ansich nichts Schlimmes, sondern moralisch relevant ist nur, wie es den (heute oder zukuenftig) tatsaechlich lebenden Menschen geht. Leider glauben viele (in meinen Augen dumme, sorry) Menschen, dass jemand wie Benatar Menschen hassen muss, wenn er ihr Aussterben befuerwortet. Das ist natuerlich voelliger Bloedsinn. Der Kern dieses philantropischen (!) Antinatalismus ist ja gerade, dass nur auf diesem Wege das Leid abgeschafft werden kann, welches nun mal inhaerent zum Leben dazugehoert. Kinder zu zeugen garantiert dagegen, dass zusaetzliches menschliches Leid geschaffen wird, fuer welches die Eltern die Verantwortung zu tragen haben. 

Wenn man dieses Buch unvoreingenommen liest wird man z.B. auch erkennen, dass nicht die kinderlosen Menschen die Egoisten sind, sondern im Gegenteil die Eltern, da diese ihre Kinder zur Erfuellung ihrer eigenen Wuensche benutzen. Denn ein Kind, dass noch gar nicht gezeugt wurde, kann selbstverstaendlich auch noch gar keine Wuensche oder Beduerfnisse haben, insbesondere auch nicht den Wunsch zu leben. (Hier koennten religioese Menschen vielleicht widersprechen, aber in diesem Buch geht es um Philosophie (im rationalen Sinne), nicht um Theologie; Seelen etc. finden dementsprechend keine Beruecksichtigung.) 

Nebenbei sei bemerkt dass Benatar in seinem Buch lediglich die Nichtexistenz derjenigen Menschen befuerwortet, die tatsaechlich auch noch nicht existieren. Mord oder Suizid werden hier nicht angepriesen. Auch ein Punkt, der leider oft durcheinandergeworfen wird. Die gleichen Ueberlegungen lassen sich uebrigens, wie Benatar ebenfalls bemerkt, auch auf Tiere uebertragen. Auch deren "Existenz ansich" ist (moralisch gesehen) nichts wertvolles, wohingegen ihr Leid, welches bei von uns gezuechteten Tieren natuerlich wir zu verantworten haben, durchaus moralisch relevant und vermeidenswert ist. Ich halte dieses Buch fuer einen sehr wertvollen Beitrag zum Gebiet der Moralphilosophie und ich bedauere es, dass es nicht von mehr Menschen gelesen werden wird. Es koennte ihnen die Augen oeffnen und so sehr viel Leid verhindern.

Ein winziger Minuspunkt: das Buch scheint mir so geschrieben, dass man auch einzelne Kapitel fuer sich allein lesen und verstehen koennen soll. Dadurch wiederholt es sich oefters, was unnoetig ist und etwas aufhaelt, wenn man es von vorne bis hinten liest. Aber angesichts der verschwindend kleinen Minderheit an Menschen, die Benatars Gedanken teilen, kann ich es verstehen, dass er lieber alles ganz genau und doppelt und dreifach erklaert. Helfen wird es freilich nicht, es werden ihm auch so kaum Leute zustimmen - schon allein weil kaum jemand sich mit diesem Thema ueberhaupt beschaeftigen moechte.

Es gibt bisher noch keine deutsche Uebersetzung, Benatars Sprachstil ist jedoch recht klar und verstaendlich. Er ist einer der Philosophen, die ihre Gedanken verstaendlich machen koennen und wollen. Ueberkompliziertes Geschwaetz kommt in seinen Texten nicht vor.

Letzte Bemerkung: 

Ich habe einige Kritiken zu dem Buch gelesen. Sie fallen in drei Kategorien: die, die das Buch fuer "technisch/intellektuell" interessant und gut argumentiert halten, aber "irgendwie" trotzdem anderer Ansicht sind (ohne dies konsequent begruenden zu koennen). 

Die, die es ueberhaupt nicht verstehen, rumschimpfen, den Autor beleidigen, und insgesamt jegliche Vernunft vermissen lassen, z.B. weil sie nicht mal verstehen, dass Wahrheit nicht allein deswegen unwahr wird, weil einem die Schlussfolgerungen nicht gefallen - sie gefallen Benatar selbst auch nicht, aber das Leben ist nun mal kein Wunschkonzert. 

Und die, die "genau das auch schon gedacht haben", es nur selbst nicht so gut ausdruecken konnten. 

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Lesebericht

 

Vom Schaden des Existenzbeginns

von Karim Akerma

 

"Er sagte: <Die Menschen, die einen neuen Menschen machen, nehmen doch eine ungeheuere Verantwortung auf sich. Alles unerfüllbar. Hoffnungslos. Das ist ein großes Verbrechen, einen Menschen zu machen, von dem man weiß, dass er unglücklich sein wird, wenigstens irgendwann einmal unglücklich sein wird. Das Unglück, das einen Augenblick lang existiert, ist das ganze Unglück. Ein Alleinsein erzeugen, weil man nicht mehr allein sein will, das ist verbrecherisch.> Er sagte: <Der Antrieb der Natur ist verbrecherisch, und sich darauf berufen ist eine Ausrede, wie alles nur eine Ausrede ist, was Menschen anrühren.>"  [Thomas Bernhard, Frost]

Täte jedermann und jede Frau das, was der südafrikanische Philosoph David Benatar als moralisch geboten ansieht, so gäbe es bald niemanden mehr, der sein Buch <Better never to have been> (<Besser nie gewesen>) noch lesen könnte. 

Wie kann jemand ein Buch schreiben, das alle künftigen Leser auf immer und ewig verlöre, richteten alle Menschen ihr Tun und Unterlassen an der Moraltheorie des Autors aus? 

Nicht geboren zu sein, dies übertrifft alles, formulierte bereits Sophokles im Ödipus auf Kolonos. Und John Milton lässt seinen Adam in <Das verlorene Paradies> Gott die Klage vortragen: 

"Ich ward / Ward ohne meinen Willen; drum wär’s billig / Ich würde wieder Staub auf meinen Wunsch / Nimm alles hin, was ich empfing; zu schwer / Sind die Bedingungen, die mir ein Glück / Nach dem ich nicht gestrebt, verbürgen sollten! / ... Du zeugtest mich? Weshalb? Ich heischt es nicht!" (Milton, 10.Buch, Vers 746ff) 

Benatar bestätigt die Dichter, deren Reihe sich hier leicht fortsetzen ließe, und hebt die Klagen mit den Mitteln der analytischen Philosophie zu einer erfüllbaren Moraltheorie auf. 

Damit niemand auf den Gedanken kommt, in seiner – brillant vorgetragenen – Argumentation für unser Aussterben ein bloßes und existentiell gleichgültiges Gedankenexperiment zu erkennen, teilt Benatar schon in der das erste Kapitel bildenden Einleitung mit: „Es sei betont, dass meine Argumente durch und durch ernst gemeint sind und ich zu den Ergebnissen stehe.“ (Benatar, S. 5)

 Den Argumenten liegen gewissenhaft durchgeführte Analysen zugrunde. Sie sind im Duktus der Philantropie gehalten, für jeden Leser ein philosophischer – wenn nicht gar existentieller – Gewinn und im Ganzen überzeugend.

 

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