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James Hillman
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1992 275 Seiten
wikipe
Hillman *1926 in en.wikipe Ventura *1945 in NYC detopia: Ökobuch |
Meißner-Andreas 2017 |
Die Autoren: James Hillman studierte am C.G. Jung-Institut Zürich und ist langjähriger jungianischer Psychotherapeut in den Vereinigten Staaten. Michael Ventura wurde 1945 in New-York-City geboren, ist Kolumnist der <Los Angeles Weekly>. Wir haben einhundert Jahre Psychoanalyse hinter uns, und die Menschen werden immer sensibler, und der Welt geht es immer schlechter. ... Wir arbeiten unaufhörlich an unseren Beziehungen, an unseren Gefühlen und Reaktionen, aber dabei übergehen wir etwas, ... den immer schlechter werdenden Zustand der Welt. Warum hat die Psychotherapie dies nicht bemerkt? Weil die Psychotherapie sich nur mit jener 'inneren Seele' beschäftigt. Indem sie die Seele aus der Welt herausnimmt und nicht erkennt, daß die Seele auch in der Welt ist, kann die Psychotherapie nicht mehr funktionieren. James Hillman Die Psychotherapie hat geglaubt, indem sie die Menschen therapiere, würden diese immer besser und dadurch auch die Welt. Doch — so zeigen die Autoren in ihrem eindrücklichen Buch — die ausschließliche Hinwendung nach innen zieht die Energie von der Außenwelt ab. Die Aggressionen z.B., die berechtigterweise aus der heutigen Umweltsituation entstehen, werden auf traumatische Geschehen in der Kindheit zurückgeführt und dadurch individualisiert. Die Energie geht damit für das Engagement in der Welt: in der Nachbarschaft, im Quartier, im größeren politischen Rahmen, verloren. Die Autoren rütteln an Selbstverständnis und liebgewordenen Vorstellungen der Psychotherapie: am Streben nach ständigem inneren Wachstum etwa, am Postulat der Veränderbarkeit der Psyche und insbesondere an der Konzentration auf die Kindheit und das innere Kind. Sie üben Kritik an den «degenerativen» Erscheinungen einer Psychotherapie, die sich weit vom revolutionären Denken ihrer Väter — wie Freud und Jung — entfernt hat, das die damalige puritanische Gesellschaft veränderte. Die gelungene Mischung von Geist und Gefühl, von Reflexion und Spontaneität, von Nach-, Be- und Umdenken geben dem Buch das Gepräge. Es ist aber auch gekennzeichnet durch die tiefe Betroffenheit der Autoren über den Zustand unserer Welt, was letztlich der Anlaß zu seiner Entstehung war. |
Inhalt Inhalt.1993.pdf = Inhalt.1999.pdf (1) Gespräch: "Eine revolutionäre Zelle" (9)
(2) Briefe: Das rückwärts, vorwärts und seitwärts gelebte Leben (61) Seele schaffen (63) Was mache ich hier? (67) Das rückwärts gelebte Leben (76) Kleine Dämonen, kleine Daimonen (86) Die Psychiatrie ist in Angst (97) Die Stadt (99) Der Beobachter (101) Telefonieren oder Briefe schreiben? (107) Briefe schreiben (112) Gespräche (118) Was ist ein Klient? (121) Leerer Protest (113) Die Ränder des Verhaltens (119) Willkommen in der Traumzeit (137) Mißbrauch der Substanz und die Seele in den Dingen (148) Wiederherstellung (157) Vom Praktisch-Sein (167) Das zweite, dritte und vierte Gesicht (173) Mittelmaß (179)
(3) Gespräch: "Nimm ab, wenn du da bist!" (189)
Coda: Einige Wochen später (274-275) |
Der Titel steht für sich
Lesebericht von Mnemo 2017 bei Amazon
Ein kluges Buch, welches mit einem Zwiegespräch von M. Ventura und J. Hillman beginnt und endet. Gerahmt wird damit ein Briefwechsel der beiden. Beide diskutieren auf hohem Niveau und auf Augenhöhe. Es ist immer wieder eben nicht klar, von wem welcher Satz kommt. Es ist kein Lehrer-Schüler- oder gar Jekyll-Hyde-Dialog; Ventura vergleicht es treffend mit zwei Jazz-Musikern. (Besonders schön, als die beiden endlich die Ausfahrt zum 2. Mal verpassen.)
Es kann als Versuch betrachtet werden, das Außen mit dem Innen, die individuelle Verantwortung mit der gesellschaftlichen zu verbinden, die Psychologie mit der Politik.
Einige wenige (der archetypischen Psychologie folgenden) Beispiele sind, dass die Hinwendung zur Biographie als Mythosarbeit in die "falsche" Richtung verstanden werden kann, dass die Arbeit am (Inneren-) Kind-Archetyp uns auf der Kind-Ebene fixiert (damit auch das "Alter" entwertet) und auch das therapeutisch gewollte Aus-Balancieren der Emotionen im Inneren unser Engagement nach außen hemmt oder gar blockiert.
Eine Hauptprovokotion mag sein, wenn die Psychotherapie für die aktuelle Politik verantwortlich gedacht wird. Die Thesen werden dabei durchweg nachvollziehbar dargestellt und aufbereitet.
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Vorwort
1991 7 Die Entstehungsgeschichte dieses Buchs kann mit einigen wenigen "weil-Sätzen" erzählt werden:
Uns schwebte ein zwangloses, zügelloses, ja sogar lustiges Buch über die Psychotherapie vor, ein Buch, das Risiken eingeht, Regeln bricht, Stopplichter mißachtet. Zu diesem Zweck beschlossen wir, beim gesprochenen, freundschaftlichen (und daher respektlosen) Wort und beim lockeren Plauderton des Briefs zu bleiben. Warum? Weil die Psychotherapie in der ihr genehmen Form in Frage gestellt und auch angegriffen werden will: ernsthaft, beherrscht, anständig — mit anderen Worten, das psychotherapeutische Gewerbe will wie jede etablierte Institution in einer Weise angesprochen werden, die ihre grundlegenden Verhaltenskodizes und damit implizit auch ihre grundlegenden Verhaltensziele akzeptiert. Wenn man sich aber darauf einläßt, dann gelingt es nicht, diese Kodizes und Ziele in Frage zu stellen; man akzeptiert sie vielleicht mehr, als man selbst weiß und verstärkt sie, in dem man das Spiel nach ihren Regeln spielt. So schafft man aber keinen Durchbruch — einen Durchbruch, bei dem, wie es James Hillman hier fordert, das Behandlungszimmer zu einer revolutionären Zelle wird, zu einer Möglichkeit, nicht nur sich selbst, sondern seine Welt zu ändern. So haben wir einen anderen Weg eingeschlagen und das Buch gemacht, das der Leser in Händen hält. 8
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Aus Wikipedia-2020
Hillman kam 1946 als Angehöriger der United States Army nach Frankfurt am Main, wo er im Dienst der US-Besatzungsmacht als News-Redakteur eingesetzt wurde. Er studierte dann zunächst an der Pariser Sorbonne und am Trinity College Dublin, bis er für ein Jahr nach Indien zog.
Ab 1953 setzte er sein Studium an der Universität Zürich fort, wo er 1959 promovierte. Gleichzeitig absolvierte er die psychoanalytische Ausbildung am C. G. Jung-Institut, wo er dann bis 1969 als erster Studiendirektor arbeitete. Ab 1966 war er als Referent auch an den jährlichen Eranos-Tagungen. 1970 wurde er Herausgeber der Spring Publications, einer Schriftenreihe für Analytische Psychologie, sowie der Fachzeitschrift Spring.
1978 zog Hillman wieder in die USA zurück: in Dallas gründete er 1980 das Dallas Institute for Humanities and Culture. Er lebte als freier Schriftsteller in Connecticut.
Werke - Auswahl
Suicide and the Soul, 1964 Selbstmord und seelische Wandlung. Eine Auseinandersetzung. Rascher, Zürich 1966; 4. A. Daimon, Zürich 2002
Insearch: psychology and religion, 1967; 2nd rev. ed. 1995 Die Begegnung mit sich selbst. Psychologie und Religion. Klett (Versuche 15), Stuttgart 1969 Neuausgabe als: Die Suche nach Innen. Daimon, Zürich 1994
Pan and the Nightmare, 1972; new rev. ed. 2000 Pan und die natürliche Angst. Über die Notwendigkeit der Alpträume für die Seele. Schweizer Spiegel, Zürich 1981; 2. A. IKM, Zürich 1995
The Dream and the Underworld, 1979 Am Anfang war das Bild. Unsere Träume – Brücke der Seele zu den Mythen. Kösel, München 1983
Healing Fiction, 1983 Die Heilung erfinden. Eine psychotherapeutische Poetik. IKM, Zürich 1986, ISBN 3-7270-1218-8
We’ve Had a Hundred Years of Psychotherapy - And the World’s Getting Worse, 1992 Hundert Jahre Psychotherapie – und der Welt geht’s immer schlechter (mit Michael Ventura). Walter, Olten 1993
The Soul’s Code: On Character and Calling, 1997 Charakter und Bestimmung. Eine Entdeckungsreise zum individuellen Sinn des Lebens. Goldmann, München 1998
The Force of Character and the Lasting Life, 1999 Vom Sinn des langen Lebens. Wir werden, was wir sind. Kösel, München 2000
A Terrible Love of War, 2004 Die erschreckende Liebe zum Krieg. Kösel, München 2005