Herbert MarcuseSozialphilosoph und Professor
Der eindimensionale Mensch (1964) Studien zur Ideologie der fortgeschrittenen Industriegesellschaft.
Konterrevolution und Revolte (1972) Denn
die nächste Revolution wird das Werk von Generationen sein; |
1955 in Massachusetts |
wikipedia.Autor *1898 in Berlin bis 1979 (81) DNB.name (566) DNB.person DNB.nummer (341)
detopia: M.htm |
detopia: R.Dutschke H.Enzensberger R.Bahro A.Mitscherlich R.Uesseler A.Gorz
|
Video 1980 ZDF - Zeugen des Jahrhunderts 48min, ZDF, Kleinformat Audio 2014 Bühnespektakel über den eindimensionalen Menschen 4min, dlf Audio 2019 Wie die befreite Gesellschaft gelingen kann 34min, BayR, Gespräch Zeugen des Jahrhunderts, ZDF, gesendet 1980, gefilmt 1978 youtube.com/watch?v=x6Uvwcbx7ok
deutschlandfunkkultur.de/archivgespraech-mit-herbert-marcuse-wie-die-freie
(Eindimensionaler Mensch, Anfang) "Dient nicht die Bedrohung durch eine atomare Katastrophe, die das Menschengeschlecht auslöschen könnte, ebensosehr dazu, gerade diejenigen Kräfte zu schützen, die diese Gefahr verewigen? Die Anstrengungen, eine solche Katastrophe zu verhindern, überschatten die Suche nach ihren etwaigen Ursachen in der gegenwärtigen Industriegesellschaft. Diese Ursachen werden von der Öffentlichkeit nicht festgestellt, bloßgelegt und angegriffen, weil sie gegenüber der nur zu offenkundigen Bedrohung von außen zurücktreten - für den Westen vom Osten, für den Osten vom Westen."
Herbert Marcuse bezeichnet die hochindustrialisierte Gesellschaft und den in ihr lebenden Menschen als <eindimensional>, weil er einen lückenlosen Zusammenhang von Manipulation und Konformismus sieht, der das - in sich widersprüchliche - kapitalistische System stabilisiert; die Menschen durch Konsum korrumpiert und alle Kritik absorbiert. Um diese Eindimensionalität aufzubrechen, eine neue, weniger herrschaftlich strukturierte Gesellschaft zu bilden, bedarf es der Einsicht der scheinbar Freien in ihre Unfreiheit, in ihre Manipuliertheit durch Werbung, Ökonomie und Massenmedien. Die scharfsichtige Studie, die erstmals 1964 erschien, hat das kritische Bewusstsein einer ganzen Generation stark beeinflusst und ist heute ein Standardwerk.
|
|
Autor aus Wikipedia 2011: Marcuse konstatiert sowohl in der Wissenschaft als auch im öffentlichen Diskurs ein <eindimensionales>, <positives>, <positivistisches> Denken. Insbesondere die Wissenschaft flüchte sich aus Furcht vor Werturteilen oder politischer Einmischung in die Empirie und in quantitatives Denken. Grundsätzliche, qualitative Reflexion der gesellschaftlichen Probleme und Aufgabenstellungen fänden in dieser technokratischen Herrschaftswissenschaft nicht statt. Statt die Ungleichheit im Kapitalismus und die nukleare Bedrohung anzugreifen und zu kritisieren, würden diese Probleme nur verwaltet und somit immer neu reproduziert. Marcuse hebt in diesem Zusammenhang einen vom klassischen Marxismus noch nicht beachteten Kapitalismus-Aspekt besonders hervor: Die Manipulation des Individuums, seine Instrumentalisierung durch die suggestive Kraft der Konsumwerbung. Herbert Marcuse setzt dem die Negation entgegen: einerseits die Verneinung durch Kritik, andererseits die Weigerung, das Spiel mitzuspielen und die Suche nach dem qualitativ Anderen. Marcuse ist bezüglich der Änderung dieser Verhältnisse sehr pessimistisch und betont die stabilisierende, affirmative Kraft des eindimensionalen Denkens. Das oft aufgegriffene Schlagwort der <Großen Verweigerung> als Ausweg taucht auf den letzten Seiten auf. Viele Gruppen der 68er-Bewegung und der alternativen Szenen bezogen sich auf dieses Motiv, aber auch auf seine anderen Werke und propagierten ein <Aussteigen> aus dem kapitalistischem System. Marcuses Utopie liegt darin, eine befreite Gesellschaft vernunfttheoretisch und triebtheoretisch zu begründen, mindestens jedoch die Möglichkeit einer anderen freieren Gesellschaft wach zu halten. In seinem Essay Versuch über die Befreiung (1969), unter dem Arbeitstitel Jenseits des eindimensionalen Menschen geplant, entwickelte Marcuse im Anschluss an Der eindimensionale Mensch eine optimistischere Position.
In seinem 1967 vor Studenten der Freien Universität Berlin gehaltenen Vortrag <Das Ende der Utopie> wird dieser Ansatz ausgeführt:
In Gesellschaften mit hochentwickelten Produktivkräften besteht demnach die Möglichkeit zu einer Umwälzung, durch die Armut und Elend und entfremdete Arbeit abgeschafft werden können. Anders als Marx beschrieben hatte, kann „das Reich der Freiheit im Reich der Notwendigkeit“ erscheinen. Marcuse bezeichnet die Negation der bestehenden Gesellschaft als Voraussetzung zur Transformation menschlicher Bedürfnisse. Es bedarf einer jenseits der judäo-christlichen Moral stehenden neuen Moral, die die vitalen Bedürfnisse nach Freude und nach dem Glück erfüllt und die ästhetisch-erotischen Dimensionen umfasst. Er befürwortet ein Experiment der Konvergenz von Technik und Kunst sowie von Arbeit und Spiel. Charles Fourier habe die Differenz zwischen einer freien und einer unfreien Gesellschaft erstmals deutlich gemacht, indem er eine Gesellschaft in Aussicht stellte, "in der selbst gesellschaftlich notwendige Arbeit im Einklang mit den befreiten, eigenen Bedürfnissen der Menschen organisiert werden kann.“ In dieser Rede prägt Marcuse den Begriff vom möglichen <Ende der Geschichte>. Das Werk schließt mit dem Zitat von Walter Benjamin: „Nur um der Hoffnungslosen willen ist uns die Hoffnung gegeben“.#
|