Dirk Maxeiner und Michael Miersch Herausgegeben von Mathhias Horx Öko-Optimismus
"Wissenschaftsbuch des Jahres 1996"
1996 im Metropolitan Verlag, 342 Seiten 1999 bei rororo, überarbeitet, 415 Seiten |
1996 detopia: Antwort von Nenning in TAZ "Widerrufen Sie!" |
Ich danke Dirk Maxeiner für sein freundliches Email.(detopia-2001)
Verlagstext Wer in der aktuellen Umweltdebatte bezweifelt, daß die technische Zivilisation direkt in den Abgrund führt, wer Umweltprobleme im besten Sinne der Aufklärung für lösbar hält, wer an ein besseres Morgen glaubt, dem weht der Wind des Zeitgeistes hart ins Gesicht. Die Geschichte zeigt jedoch, daß soziale Reformen, gesellschaftlicher Fortschritt und technische Verbesserungen von Menschen verwirklicht wurden, die an die Zukunft glaubten. Wer die Apokalypse erwartet, verändert die Welt nicht. Dieses Buch wurde von einer Initiative von "Bild der Wissenschaft" ausgezeichnet als Wissenschaftsbuch des Jahres 1996. |
Kurzbeschreibung Die selbstregulierenden Mechanismen des Ökosystems Erde sind nicht nur komplexer, sondern auch stabiler als angenommen. Und auch der praktische Umweltschutz hat einige Erfolge zu feiern. In Deutschland werden Flüsse, Seen und die Luft längst wieder sauberer, viele Tiere wie Störche und sogar Wölfe kehren zurück. Mit Unterstützung von praktischem Umweltschutz kann sich die Natur in einem Tempo erholen, das erdgeschichtlich gesehen atemberaubend ist. Neben zahlreichen anderen Bereichen zeigen die Autoren anhand der Komplexe Tropenhölzer, Pelze und Elfenbein, wie sentimentaler Eigendünkel und die Gefühlslogik der Medien zu Resultaten reiner Unvernunft führen. Modellhaft werden dagegen detaillierte und realisierbare Zukunftsszenarien in den Bereichen Naturschutz, Wald, Landwirtschaft, Klima, Auto und Verkehr sowie im Umgang mit der Dritten Welt entwickelt. |
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Inhalt Vorwort.htm (9)
1.
Medien (15)
2.
Wissenschaft (45)
3.
Lebensstil (65)
4.
Umweltgeschichte und Prognosen
5.
Feindbilder
6.
Naturschutz
7. Wälder
8.
Landwirtschaft 9. Klimamodelle sind kein Grund zur Panik (302) Der Ozean tut nicht, was er soll 10. Mobilität und Verkehr # Der Verkehr von Morgen (258) Die Zukunft hat schon begonnen (273) 11. Dritte Welt # Die Geburtenrate sinkt (287) Leben wir auf Kosten der Armen? (296) 12. Und was lernen wir daraus? (309) Zehn Schlüsselfragen für die Zukunft (309) Nachwort: Der falsche Traum vom Weltwochenende (333) Ausgewählte Literatur (411) |
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Leseberichte
Illusion pur 2000 von Leser aus Weimar bei Amazon Dieses Buch ist unrealistisch und verharmlost die Wirklichkeit, ein "tolles" Kindermärchen. Es soll dem Konsumenten das Gefühl geben, er könne so weiter machen wie bisher, Veränderungen wären in ausreichendem Maße schon im Gange, was angesichts von noch immer nicht gestoppter FCKW-Verkäufe und Regenwaldabholzung nicht die Wahrheit sein kann. Bitte beachten Sie beim Lesen des Zitats, das Daimler erst vor wenigen Tagen aus der ANTI-KLIMASCHUTZ-LOBBY ausgetreten ist!
Öko-Optimismus, Amazon.de
Alles wird gut – der Wald lebt, die Artenvielfalt nimmt nicht ab, und ständig werden neue Rohstoffvorräte entdeckt. Kurz: der Weltuntergang fällt vorerst aus. Das ist die Botschaft der beiden Journalisten Dirk Maxeiner und Michael Miersch in ihrem Buch ÖkoOptimismus. In einer erfrischenden, klaren und mitunter knallharten Sprache, auch mit einer Fülle von Beispielen längst sichtbarer Umwelterfolge, räumen die beiden Optimisten mit der Heuchelei der grünen Eliten auf, mit ihren fragwürdigen und von ihnen selbst nicht gelebten Glaubensgrundsätzen, ihren obskuren Prognosen, ihrer permanenten Schwarzmalerei. Der Müsli-Mutter, die gegen die Wegwerfwindel kämpft und ihren Biohonig auf Kosten der Umwelt aus Neuseeland importiert, geht es dabei ebenso ans verschmutzte (Um-)Weltbild wie dem "Greenpeace-Gefreiten", der, beseelt von blindem Kadavergehorsam, die Brent Spar zu "retten" half. Die Autoren haben vor allem ein Ziel: Die ganze Umweltdebatte zu versachlichen, den Weg zu mehr Pragmatismus und vor allem mehr Optimismus zu weisen. Ein typisches Zitat, das Auskunft über den Grundton dieses Buches gibt: "Umweltprobleme werden nicht durch moralphilosophische Saltos gelöst, sondern durch praktische Vernunft. Niemand muß den spirituellen Zustand eines Sandsteins einnehmen, um den Kölner Dom zu retten." Dieser neue Klassiker der Umweltliteratur macht nicht nur Spaß vom ersten bis zum letzten Satz, sondern auch klüger.
Die Zeit 26.4.96 "In der Umweltbewegung kündigt sich eine Wende an. Nach den Apokalyptikern kommen jetzt die Öko-Optimisten." Der Spiegel Nr. 17 / 1996 "Die Autoren konfrontieren die vorherrschende Meinung mit Empirie, Logik und Skepsis. Die Debatte ist eröffnet." Focus Nr. 18 / 1996 "Dirk Maxeiner und Michael Miersch provozieren die deutschen Umweltschützer: Sie sind optimistisch." Profil 25.5.96 "Ausgerechnet zwei engagierte deutsche Öko-Journalisten kämpfen in einem neuen Buch gegen Grünmythen, Umwelt-Legenden und Untergangsängste an. Lesen Sie Öko-Optimismus." NZZ 6.7.96 "Der erklärte Wille der Autoren, der Umweltbewegung zu neuen geistigen Spielräumen zu verhelfen, ist aller Ehre wert." Die Welt 8.7.96 "Ein sachkundiges und mutiges Buch – ein überfälliges dazu." FaZ 2.1.97 "Öko-Optimismus ist ein Schlagwort, das in den allgemeinen politischen Sprachgebrauch eingegangen ist. Die beiden Umwelt-Journalisten Michael Miersch und Dirk Maxeiner haben es in die Welt gesetzt. Öko-Optimismus ist ein Kontrastprogramm zum Katastrophengetrommel, welches jahrelang die Umweltpolitik untermalt hat."
Kommentar
vom 1.11.96
Die "Öko-Optimisten" haben mal wieder zugeschlagen. Die Vereinfacher werfen der Umweltbewegung Vereinfachung vor. In der taz vom 31. Oktober meint Michael Miersch, Co-Autor des umstrittenen Buches "Öko-Optimismus": die Umweltbewegung lüge und sei potentiell totalitär, die Medienleute seien unfähig zur Kritik und würden nur Stimmungen hochkitzeln, einheimische Bevölkerungsgruppen z.B. in malaiischen Waldgebieten seien zwar irgendwie schützenswert, hätten aber - so der Eindruck des Lesers - aufgrund ihrer geringen Zahl kein richtiges Mitspracherecht bei der Entwicklung ihres Landes und der Nutzung seiner Ressourcen. Hochgezogen hat sich der Autor an einem Beispiel: der Vergabe eines Journalistenpreises für einen Film, der die Waldnutzung in Malaysia als sinnvoll darstellt, was wiederum teilweise heftige Reaktionen bei Umweltgruppen hervorgerufen hatte. Anstatt nun aber diesen Fall daraufhin zu analysieren, inwieweit er die Diskussion um die Waldnutzung voranbringt, mißbraucht er ihn, um die Umweltbewegung generell anzuklagen. Dies funktioniert besonders gut, wenn man wesentliche Argumente gegen den Film verschweigt, z.B. daß es sich bei der gezeigten Waldregion um ein Vorzeigeprojekt handelt, dessen Holz gar nicht auf dem Markt angeboten wird. Aber der Film wird von der Tropenholzlobby eingesetzt, um den "Boykott" gegen Tropenholz aufzuweichen. Ungetrübt von solchen Details macht sich Herr Miersch also über die Umweltbewegung her. Dabei kommt es unweigerlich zu Fehl- und Kurzschlüssen, die man auch als gezielte Stimmungsmache sehen kann. So ist es unzulässig, die Umweltbewegung in einen Topf zu werfen und negative Merkmale als repräsentativ für die ganze Bewegung darzustellen. Die Manipulation erreicht ihren Höhepunkt, wenn Herr Miersch dieses Gebräu dann noch mit Spekulationen würzt (Was wäre, wenn ...), die überhaupt nichts mehr mit der Realität zu tun haben. Genauso geht der Autor bei seiner Kritik der Medien vor. Er erweckt den Eindruck, daß Journalisten entweder gutgläubig-tumb den Rufen der Umweltschützer folgen oder sich von vornherein mit ihnen verschworen haben. Richtig ist jedoch, daß sich im Umgang mit Umweltthemen zeigt, welche Journalisten sorgfältig arbeiten und welche auf Sensationen gieren, über die sie mit ungenügender Distanz berichten. Darauf haben Umweltorganisationen nur geringen Einfluß. So ist auch jenes Bild fern jeder Realität, daß die Umweltbewegung via Medien ein ungeheures Machtpotential entfaltet, gegen das der Vernünftigste nichts mehr ausrichten könne. Das Gegenteil ist richtig: nur durch überzeugende Argumente kann man Menschen dauerhaft für eine Sache gewinnen. Nur überzeugende Argumente kann man der Macht der Industrie und Lobbygruppen mit ihren gigantischen Werbebudgets entgegensetzen. Der letzte Griff des Herrn Miersch in die Trickkiste ist das Beispiel der malaiischen Forstwirtschaft. Es ist eben wie gesagt keine funktionierende Wirtschaft, sondern ein Vorzeigeprojekt. Tropenholz wird nach wie vor durch Raubbau gewonnen, mit den bekannten Folgen. Greenpeace ruft nicht generell zum Boykott auf, sondern empfiehlt, Holz aus ökologischer Waldnutzung zu kaufen, das von unabhängigen Zertifizierern entsprechend gekennzeichnet wird. Es gibt ein Projekt dieser Art bereits auf den Solomon Islands. Langfristig wird dies der einzige Weg sein, um die Wälder zu retten: der Verbraucher muß an einem Zertifikat erkennen können, woher das Holz kommt und wie es gewonnen wurde. Greenpeace und andere Organisationen sind in dieser Hinsicht überaus aktiv. Wir wissen, daß der Großteil der Industrie die Umweltbewegung – und vor allem Greenpeace – gerne kleinkriegen würde, auch wenn sie sich gelegentlich als dialogbereit präsentiert. In den USA verfolgt die Industrie bereits seit einiger Zeit die Taktik, selbst "Umweltgruppen" zu gründen, die die eigentlichen Umweltschützer diskreditieren oder industriefreundliche Positionen vertreten sollen. Man könnte den Eindruck gewinnen, daß wir uns auch in Deutschland auf Ähnliches einstellen müssen.
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Mit freundlicher Gestattung von Herrn Leuschner für detopia.www.udo-leuschner.de 1997
Das Auf und Ab der Umweltbewegung spiegelt sich im Schicksal der Zeitschrift natur, die 1981 von dem Journalisten Horst Stern gegründet wurde. Die finanzielle Rückendeckung lieferte der Schweizer Ringier-Konzern, der sich auf diese Weise den Einstieg in den deutschen Pressemarkt erhoffte. Die aufwendig gemachte Zeitschrift entwickelte sich tatsächlich zu einer Art Flaggschiff des deutschen Öko-Journalismus. Die geschäftlichen Erwartungen der Geldgeber konnte sie aber nicht erfüllen, weil die Zahl der umweltbewegten Käufer und Abonnenten trotz steigender Tendenz nicht zum Massenpublikum reichte. Als dann auch noch die Auflage zu sinken begann, verlor Ringier das Interesse. Eigentlich sollte die Zeitschrift Ende 1995 eingestellt werden. Auf Drängen der Redakteure, die um ihre Arbeitsplätze bangten, verkaufte Ringier sie dann einem ehemaligen natur-Redakteur, dem es gelungen war, einen neuen Geldgeber zu finden. Das ehemalige Flaggschiff des Öko-Journalismus gleicht seitdem einem Rettungsboot, das ramponiert auf den Wellen des Marktes treibt und dessen Insassen vor allem mit dem Überleben beschäftigt sind. Zwei ehemalige Redakteure von "natur" plaudern aus dem NähkästchenDie beiden Autoren des vorliegenden Buches waren von 1988 bis 1993 Chefredakteur bzw. Ressortleiter bei natur. Maxeiner übernahm damals den Posten des Chefredakteurs von Manfred Bissinger, der nach Hamburg ging, um das Reisemagazin Merian aufzumöbeln. Sein Amtsantritt wurde von Unkenrufen aus der ökologischen Szene begleitet, daß natur unter der neuen Leitung endgültig ins kommerzielle Fahrwasser steuern werde. In der Tat fehlten Maxeiner und seinem Adlatus Miersch der grüne Stallgeruch oder auch das Image eines "Linken", wie es Bissinger anhaftete. Sie hatten zwar zuvor ein Umweltmagazin namens Chancen redigiert, mit dem der Bauer-Verlag auf der ökologischen Welle zu schwimmen versuchte. Im Unterschied zu natur handelte es sich dabei aber um ein ausgesprochen "konstruktives" Umweltmagazin, mit dem die Autoren schon damals jenen "Öko-Optimismus" zu verbreiten versuchten, den sie jetzt zum Titel ihres Buches erhoben haben. In den Augen von ökologischen Fundis war diese Vergangenheit jedenfalls keine Empfehlung, und man kann sich vorstellen, daß Maxeiner und Miersch nach ihrem Wechsel zu natur außer- wie innerhalb der Redaktion einen schweren Stand hatten. Im vorliegenden Buch schreiben sich die Autoren einiges von der Seele, was sich damals bei ihnen angestaut haben mag. Im ersten Kapitel über "Medien" widmen sie sogar etliche Seiten exklusiv dem "Fallbeispiel: Zeitschrift natur". Den Niedergang der Zeitschrift erklären sie damit, daß sie sich "zu Tode gesiegt" habe: Die Botschaft von der ökologischen Erneuerung sei so erfolgreich in die Köpfe eingesickert, daß es für ein spezielles Umweltmagazin möglicherweise gar keinen Bedarf mehr gebe. Schließlich würden sich heute praktisch alle Medien, von Bild bis zum Spiegel, der Umweltproblematik annehmen. Auch im Umweltjournalismus ist die Auflage das Maß aller DingeBesonders mache einer Umweltzeitschrift wie natur zu schaffen, daß sie ihren Lesern ständig das Gefühl moralischer Überlegenheit vermitteln müsse. Das sei anfangs relativ leicht gewesen, als die Fronten noch klar schienen und die Industrie sich verstockt zeigte. Da habe man die Auflage, die auch im Umweltjournalismus das Maß aller Dinge sei, mit Enthüllungen, Skandalen und Schuldzuweisungen erhöhen können. Mit der zunehmenden Verbreitung des Umweltbewußtseins und der Kompromißbereitschaft der Wirtschaft seien die intellektuellen Herausforderungen an Ökologiebewegung und Umweltjournalismus jedoch größer geworden. Die Vermittlung der komplexen Zusammenhänge werde immer komplizierter und erlaube keine einfachen Schuldzuweisungen mehr. Die Leser würden aber Versuche in dieser Richtung nicht unbedingt honorieren. "Insbesondere dann nicht, wenn sie den Kauf einer ökologischen Zeitschrift als Ablaßhandel begreifen. Das Abonnement dient zur inneren Reinwaschung, wenn dies nicht mehr gewährleistet wird, bestellen sie ab." Konzeptionell wie inhaltlich laufe deshalb der Versuch, eine glaubwürdige Umweltzeitschrift zu machen, auf die Quadratur des Kreises hinaus. Zu welchen skurrilen Blüten das führen kann, bezeugt die Schlagzeile "Glykolskandal: Gift auch im Tabak", mit der natur einmal die Raucher vor winzigen Spuren von Glykol im Tabak warnte, als ob die eigentlichen Gifte nicht Nikotin und Teer seien. Eine andere Schlagzeile lautete "Bauminvasion gefährdet Almwiesen" - als würde der Wald mit seinem Vordringen auf unbewirtschaftete Almwiesen nicht ein erfreuliches Zeichen seiner Lebendigkeit geben und als seien Almwiesen nicht überhaupt erst durch Rodung entstanden. Während die Leser von natur solche Ungereimtheiten schluckten oder sogar mit Wonne genossen, gerieten sie mächtig in Rage, als die Zeitschrift 1991 eine Anzeige der deutschen Kernkraftwerksbetreiber veröffentlichte. Der Publizist Robert Jungk kündigte seine Mitarbeit auf. Die baden-württembergischen Grünen beschlossen den Boykott der Zeitschrift, falls sie künftig nicht auf Anzeigen der Stromwirtschaft verzichte und dies auch noch in einem Redaktionsstatut verbindlich festlege. Mit viel Witz, Ironie und Polemik die Ungereimtheiten der Öko-Szene aufgespießtMan kann Maxeiner und Miersch nachfühlen, daß ihnen diese kleinkarierte Gesinnungstüchtigkeit auf die Nerven ging und sie sich wie die Redakteure eines Bistumsblattes gefühlt haben mögen, die zwar die sinkende Auflage stoppen sollen, aber doch keinen Fußbreit vom rechten Glauben abweichen dürfen. Um so ungenierter lästern sie nun in ihrem Buch über die irrationalen Komponenten und Selbsttäuschungen des gängigen Umweltbewußtseins, die speziellen Scheuklappen der Öko-Pharisäer, die Umwelt-Exerzitien der Medien und die zahlreichen heiligen Kühe des Umweltjournalismus. Ihr Buch gliedert sich in drei Teile. Zunächst geht es um das Umweltbewußtsein, wie es sich in Medien, Wissenschaft, Lebensstil, Prognosen und Feindbildern widerspiegelt. Anschließend werden einzelne Aspekte der Umweltproblematik behandelt, Naturschutz, Wälder, Landwirtschaft, Klima, Verkehr und Dritte Welt. Zum Schluß formulieren sie "zehn Schlüsselfragen für die Zukunft". Das Buch ist flott geschrieben und leicht lesbar. Mit viel Witz, Ironie und Polemik werden Ungereimtheiten und Übertreibungen in Umweltfragen aufgespießt. Die Autoren zeigen an zahlreichen Beispielen, wie einseitig die Darstellungen oft sind und welche Gegenargumente sich anführen lassen. Mitunter demonstrieren die Autoren auch nur, daß die Informationslage höchst verwirrend ist und auch sie sich überfordert fühlen, den tatsächlichen Sachverhalt zu beurteilen. So sei beim Thema Babywindeln bis heute nicht klar, welche Variante am schonendsten ist: Wegwerfhöschen kaufen, Baumwolltüchter selbst waschen oder einen Windeldienst beauftragen. Es gebe drei Öko-Bilanzen dazu, die zu drei verschiedenen Ergebnissen kommen. "Brent Spar" und andere Öko-RitualeAls Paradebeispiel für die Übertreibungen der Öko-Debatte dient ihnen die Auseinandersetzung um die Bohrinsel "Brent Spar": Sie fing damit an, daß Greenpeace Alarm schlug und die Risiken der geplanten Versenkung in den schwärzesten Farben malte. Politiker jeglicher Couleur stießen ins selbe Horn, um sich als Umweltschützer darstellen zu können. Zahllose Autofahrer boykottierten die Shell-Tankstellen. Seinen mediengerechten Höhepunkt erreichte das Spektakel, als ein Greenpeace-Hubschrauber die Bohrinsel anflog und per Wasserstrahl abgewehrt wurde. Alle Medien jubelten, als Shell schließlich von der Versenkung Abstand nahm. Es sah ganz danach aus, als sei der wachsamen öffentlichen Meinung die Verhinderung eines Umweltverbrechens gelungen - bis Greenpeace kleinlaut zugab, das Ausmaß der Gefahren doch arg übertrieben zu haben. Auch in anderen Fällen sei die Beteiligung an Öko-Ritualen für viele wichtiger als wirklich umweltbewußtes Verhalten. So habe eine Studie des Europäischen Tourismusinstituts gezeigt, daß Sympathisanten der Grünen weit häufiger um den Globus düsen als der Rest der Bevölkerung. Dabei sei doch bekannt, "daß wir bei einem Flug nach Amerika und zurück soviel Sprit verbrennen wie irgend so ein mieser Autofetischist, der 10.000 Kilometer lang seinen niederen Instinkten nachgeht". "Sanfte" Medizin für eingebildete KrankheitenDer moderne "Ökochonder" werde von der fixen Idee beherrscht, daß er tausenderlei Umweltgiften ausgesetzt sei und daß der eigene Körper bereits eine wandelnde Sondermülldeponie darstelle. Eine 23jährige Frau habe deshalb genauso umweltbewußt sterben wie leben wollen und eine Öko-Zeitschrift um Rat gebeten: "Wo kann ich meinen vergifteten Körper einmal begraben lassen, ohne Boden und Grundwasser zu verseuchen?" Zum eingebildeten Leiden des Ökochonders passe die Wertschätzung der sogenannten sanften Medizin, deren Wirkung ebenfalls auf Einbildung beruhe: "Natürlich, alternativ, biologisch, ganzheitlich oder zumindest sanft soll die Behandlung heute sein. Modebewußte Kranke hören auch gern, daß die Therapie irgend etwas mit Energiefeldern zu tun hat, böse Schlacken aus dem Körper treibt oder negative Schwingungen abstellt. Wenn die ganze Dienstleistung dann auch noch chinesisch, indisch oder gar im Indianerkostüm daherkommt, ist die Heilung so gut wie gesichert. Doch wehe, solche Zauberformeln fehlen. Ein Doktor, der mit rückständigem Zeug wie Blutwerten oder EKG hantiert, muß sich auf größtes Mißtrauen gefaßt machen." Andererseits gebe es auch viel blindes Vertrauen gegenüber allem, was sich den weißen Kittel des Wissenschaftlers übergezogen hat. Akademischer Jargon sei kein automatischer Ausweis hoher Kompetenz, sondern bestehe in der Regel aus "schlechtem Deutsch und verschrobener Grammatik". Ebensowenig dürfe man einer Untersuchung vertrauen, nur weil sie von irgendeinem Institut durchgeführt wurde. Schließlich dürfe sich jeder Massagesalon als Institut bezeichnen. Und akademische Titel besagten auch nicht viel:
Eine florierende Analyseindustrie produziert Umweltanklagen in Serie"Wer einen Effekt findet, ist im Geschäft, wer keinen findet, ist draußen" glossieren sie das Dilemma des Wissenschaftlers, der sich heute mit Umweltfragen befaßt, von denen möglicherweise seine Karriere abhängt. In der Folge habe sich eine florierende Analyseindustrie entwickelt, die Gesundheitsgefahren und Umweltanklagen in Serie produziere. Wer nur lange genug mit Hilfe des Computers den Konsum bestimmter Lebensmittel mit bestimmten Krankengruppen vergleiche, habe gute Chancen, irgendwann einen scheinbar auffälligen Zusammenhang zu finden, etwa zwischen Milchkonsum und Frühgeburten, Rotkohl und grünem Star, Leberkäse und Hühneraugen. Auf diese Weise sei auch jene schwedische Studie entstanden, die für Kinder in der Nähe von Hochspannungsleitungen ein höheres Leukämie-Risiko ermittelte. Aus demselben Zahlenmaterial könne man ebenso den Schluß ziehen, daß die Nähe zu Stromleitungen vor Gehirntumor schütze. Ein Befund sei so fragwürdig wie der andere, doch werde der zweite wohlweislich nicht erwähnt. Überhaupt: Wer durchschaue schon das Geflecht von Interessen, das hinter einzelnen Studien oder Tests stecken mag? - So schlug die Zeitschrift Ökotest einmal Alarm, weil im Babybrei der Drogeriekette Schlecker Pestizid-Rückstände gefunden worden seien. Den Hintergrund bildete, daß Schlecker den Babybrei des Herstellers Hipp aus dem Regal genommen hatte, weil man sich nicht über den Preis einigen konnte und ein anderer Anbieter billiger war. Anscheinend hat sich Hipp darauf an Ökotest gewandt und gezielte Tips gegeben, wo bei dem Konkurrenten eine Achillesferse zu finden wäre. - Daß die Pestizid-Rückstände tausendfach unter der Schwelle lagen, ab der Toxikologen gesicherte Aussagen über ein Risiko treffen können, spielte keine Rolle. Das ZDF-Heute-Journal garnierte seinen Bericht über die Enthüllung sogar mit Bildern von Kindern, die an einer schweren Form der Hautkrankheit Neurodermitis erkrankt waren. "Die Umweltschützer rennen inzwischen offene Werkstore ein"Viel heiße Luft sei auch bei anderen Umweltthemen mit drin, die täglich durch die Medien geistern: Ob Artensterben, Regenwälder, Bevölkerungsexplosion, Ozonbelastung, Klimagefahren, Asbestentsorgung oder Chlorchemie - bei näherer Betrachtung erwiesen sich die Kassandra-Rufe oft als übertrieben oder gar als unbegründet. Sicher habe mancher alte Schmutzfink nur Kreide gefressen und warte unbelehrbar darauf, bis die "Umweltspinnerei" endlich aufhört. Der größere Teil der Verantwortlichen in Wirtschaft und Politik habe jedoch eingesehen, daß für die Umwelt tatsächlich etwas getan werden muß. Deshalb sei jetzt anstelle der Konfrontation die Kooperation nötig. Daß die Zeit der bloßen Glaubensbekenntnisse vorbei sei, habe schon 1992 der "Deutsche Umwelttag" gezeigt, der mit viel Aufwand vorbereitet wurde, aber kaum Besucher anlockte. - Keine Folge des Desinteresses am Umweltschutz, sondern vielmehr seiner allgemeinen Akzeptanz. Längst werde das Thema quer durch alle Parteien diskutiert, werde von Medien, Industrieverbänden, Gewerkschaften, Kirchen oder Sportvereinen aufgegriffen. Selbst Bild geriere sich inzwischen als Kämpfer für Ökologisches und kuschele publikumswirksam mit Umweltorganisationen. Und der Schlagersänger Heino - mit sicherem Instinkt fürs Volkstümliche - habe sich sogar als Sympathisant der Grünen geoutet. Während sich viele Umweltschützer noch immer als unterdrückte Minderheit fühlten, seien sie so längst zum Meinungsführer geworden: "Die Schattengefechte der vermeintlich Schwachen geraten zum Ritual und zur Farce. Anstatt die ausgestreckten Hände vieler Unternehmer zu ergreifen, rennen sie lieber mit theatralischem Kampfgeschrei offene Werkstore ein." Scharfe Kritik aus Kreisen der UmweltbewegungDas Buch erschien in der Reihe "Zukunftsbibliothek" des Metropolitan-Verlags, die bis vor kurzem von dem Zeitgeist-Experten und Trendforscher Matthias Horx herausgegeben wurde (er ist inzwischen zum Econ-Verlag zurückgekehrt). Es fand viel Zustimmung. Eine Initiative der Zeitschrift bild der wissenschaft erkor es gar zum Wissenschaftsbuch des Jahres 1996. Auch Bundesumweltministerin Angela Merkel fand lobende Worte. Eher gereizt reagierte dagegen die Umwelt-Szene: Für sie haben die beiden Autoren ein ziemlich oberflächliches und sophistisches Elaborat verfaßt, das sich schon durch seinen flapsig-flachen Stil diskreditiere. Selbst da, wo ihre Kritik berechtigt sein möge, liefere sie letzten Endes nur Wasser auf die Mühlen derer, die den Umweltschutz noch mehr in den Hintergrund drängen möchten als dies durch die Verschärfung der wirtschaftlich-sozialen Probleme ohnehin schon der Fall sei. - Es seien deshalb in Wirklichkeit die beiden Autoren, die als notorische "Trend-Hopper" mit theatralischem Kampfgeschrei offene Tore einrennen würden. In der Tat bedarf es heute keines allzu großen Mutes mehr, den heiligen Kühen der Öko-Szene den Respekt zu verweigern. So erschien der Spiegel - dem Zeitgeist immer hart auf den Fersen - kurz nach der Brent-Spar-Affäre mit einer Titelgeschichte zum "Öko-Wahn". Sicher wird man auch nicht alles, was Maxeiner und Miersch in diesem Buch pointiert und polemisch vortragen, auf die Goldwaage legen dürfen. Beispielsweise bezweifeln sie die Umweltfreundlichkeit des Elektroautos unter Verweis auf eine amerikanische Studie, wonach Elektroautos sogar 60mal so stark die Umwelt belasten wie konventionelle Fahrzeuge. - Hier, so scheint es, wird keiner Legende am Zeug geflickt, sondern vielmehr einer neuen Legendenbildung Vorschub geleistet. Zumindest aber demonstriert dieses Buch, daß die Dinge oft viel komplizierter sind, als es sich die ökologische Schulweisheit träumen läßt. Es lockert damit ideologische Fixierungen und regt zum selbständigen Denken an. Außerdem ist es so leicht und amüsant geschrieben, daß es allein dadurch ein Lesevergnügen darstellt.
(PB 6/97/*leu)
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