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Manès
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wikipe Autor
*1905 in dnb Nummer (156) dnb Name (219) detopia Kommbuch |
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Mit
Dank an Dan Sperber (Sohn in Paris) und Dolf Schiesser und Rudolf Isler
1934:
1937:
1950:
Links zu Manes Sperber Jürgen Fuchs über Manes Sperber (detopia) rudolfisler.ch/portfolio-category/manes-sperber Übersicht rudolfisler.ch/portfolio-item/manes-sperber-archiv mit Dolf Schiesser rudolfisler.ch/portfolio-item/symposium-macht-und-tyrannis
mediathek.at/atom/0687FC73-102-00229-00000178-06872165 Das Salzburger Nachtstudio 57 min, 1985 mediathek.at/atom/1394B7CB-32E-00115-00000A28-1393D970 4 min, Die vergebliche Warnung mediathek.at/katalogsuche/suche/?q%5B%5D=manes+sperber 50 Audios mit M. Sperber youtube.com/watch?v=bMq8DU6W7s4 2005, Film von Rudolf Isler
Abs.:
Manès-Sperber-Archiv, Hans-RuDolf Schiesser,
Politische Erwachsenenbildung, 22. März 2005 Sehr geehrter (detopia).... und andere, durch eine google-Suche zu Manès Sperber bin ich auf [Ihre Seite] gelangt. Ausgesprochen erfreulich, dort eine so ungewöhnlich starke Sperber-Rezeption zu finden. Gleiches gilt für den kongenialen Jürgen Fuchs, mit dem ich bekannt war. Angesichts der Tatsache, dass nur noch 3 Bücher von Sperber im Buchhandel sind (Rechte liegen beim Sohn Dan Sperber, Paris.), finde ich die Werbung für den Autor und seine Bücher großartig. Empfehle übrigens u.a. die "Populärfassung" einer Habilitation von Rudolf Isler: Manès Sperber. Zeuge des 20. Jhds. - eine Lebensgeschichte, Sauerländer Verlag, Aarau 2003. Auch die anderen Seiten fand ich sehr interessant, wenn auch ein leichter esoterischer Zug in der Auswahl ebenso wenig zu übersehen ist, wie auch krasse Unverträglichkeiten. Man muss schon "kern gesund" sein, S. Heym und J. Fuchs oder H.E. Richter und Sperber zusammen zu bringen. Ebenso einen Ur-Schrei Janov mit einem seriösen Psychologen wie Sperber. Aber bitte schön.... Die Seiten haben mich trotzdem erfreut. Es wäre für das Archiv nicht unwichtig zu wissen, wer "T.S." ist, der den kurzen und guten Text zu "Wie eine Träne im Ozean" verfasst hat. Kann ich den vollen Namen haben? Ich suche weiterhin noch Originalabschriften / -abdrucke von Sperber-Texten, die in der DDR halb- bzw. illegal vervielfältigt wurden. So z.B.: Manès Sperber: Das Wüten der Gewalt. Die Schreckensherrschaft oder die Gewalt von oben (Auszüge). In: Dorothea Höck und Ludwig Mehlhorn (Hrsg.): Raster. Strukturen von Macht, Herrschaft, Gewalt. Berlin (radix-blätter) 1988, S. 70-80. (A4-Heft mit 84 Seiten, wachsmatrizen-vervielfältigt, klammergebunden) Manès Sperber: Sieben Fragen zur Gewalt (Auszüge). In: Arbeitskreis Solidarische Kirche (Hrsg.): Texte zur Diskussion - Macht, Herrschaft,Gewalt. Sommerakademie 1988. Ohne Ort, ohne Verlag (möglicherweise Vervielfältigung im Arbeitskreis Solidarische Kirche, Leipzig), mit Vermerk "nur zur innerkirchlichen Information", 1988. (A4-Mappe mit 10 einzeln geklammerten, Wachsmatrizen-vervielfältigten Texten)
Sollte
Ihnen diesbezüglich etwas in den Sinn kommen, wäre ich sehr dankbar. Manès Sperber. Schriftsteller, Philosoph, Psychologe. Geboren in Zablotow, heutige Ukraine, gestorben in Paris. 1916 floh Familie Sperber nach Wien, wo Manès Sperber Schüler und Mitarbeiter Alfred Adlers war. 1927 zog er nach Berlin und trat der KPD bei, die er 1937 - bereits im Exil in Frankreich - wegen der Schauprozesse und des stalinistischen Terrors verließ. 1933 floh Sperber vor den Nationalsozialisten nach Frankreich. Nach dem Zweiten Weltkrieg war Manès Sperber Philosoph an der Sorbonne, Lektor und Verlagsleiter. Zu seinen wissenschaftlichen Schriften zählen u.a. "Alfred Adler" (1926) und "Zur Analyse der Tyrannis" (1939), zu seinen literarischen Werken u.a. die Romantrilogie "Wie eine Träne im Ozean" (bestehend aus "Der verbrannte Dornbusch", 1949; "Tiefer als der Abgrund", 1950; "Die verlorene Bucht", 1955) und die dreiteilige Autobiographie "All das Vergangene" ("Die Wasserträger Gottes", 1974; "Die vergebliche Warnung", 1975; "Bis man mir Scherben auf die Augen legt", 1977). Begeistert hatte sich der aus dem chassidischen Milieu eines galizischen Schtetls stammende und in Wien aufgewachsene Manes Sperber der kommunistischen Bewegung angeschlossen; bestürzt und entsetzt wandte er sich 1937 von ihr ab. Sein gesamtes Werk, von der Romantrilogie "Wie eine Träne im Ozean" bis zu den Essays und der dreiteiligen Autobiographie, steht im Zeichen dieser Auseinandersetzung mit der kommunistischen Ideologie. Der Philosoph und Schriftsteller wurde so für die einen zum "militanten Moralisten" (Marcel Reich-Ranicki) und für die anderen zum kalten Krieger und "Kommunistenfresser". Band sechs der Profile widmet sich der Auseinandersetzung um einen Autor, der als Schriftsteller und Ideologe zwischen der altösterreichischen, der deutschsprachigen und der französischen Kultur des 20. Jahrhunderts steht. |
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Rudolf Isler: Manès Sperber: Zeuge des 20. Jahrhunderts - eine Lebensgeschichte. Mit einem Geleitwort von Daniel Cohn-Bendit. NZZ am Sonntag, 9. November 2003 In beinahe idealtypischer Weise verkörpert Manès Sperber die Widersprüche des europäischen 20. Jahrhunderts. Er war gläubiger Jude und wurde Atheist, dann glaubte er an die Verheissungen der kommunistischen Partei, wurde kritischer Rationalist und beschäftigte sich im Alter wieder vermehrt mit der jüdischen Tradition. Seine Essays beschlagen ein weites Feld von Psychologie über Politik zur Erziehungslehre. Die letzte Thematik hat Isler vor einigen Jahren bewogen, eine pädagogische Dissertation über Sperber zu schreiben. Auf dieser wissenschaftlichen Grundlage aufbauend, hat er jetzt eine knappe, aber gehaltvolle Lebensgeschichte Sperbers geschrieben, wobei er grosses Gewicht auf die weltanschauliche Entwicklung des jüdischen Autors legt. Die Romantrilogie, in der Sperber eine komplexe und stark autobiografische Geschichte erzählt, aber auch die spätere eigentliche Autobiografie deutet Isler als Versuch Sperbers, die Widersprüche seines von Tradition, Moderne und Postmoderne geprägten Lebens zu reflektieren: "Die ungewöhnlich kreative und vielschichtig ausgestaltete Verbindung von Tradition und Moderne ist für mich einer der faszinierendsten Aspekte von Sperbers Nachkriegswerk."
All das Vergangene ... 936 Seiten - Europa-Verlag - 1987 - 4. Aufl. - ISBN: 3203508400 Autobiographie von Manès Sperber, erschienen 1983; zuvor veröffentlicht in drei Einzelbänden: Die Wasserträger Gottes, 1974; Die vergebliche Warnung, 1975; Bis man mir Scherben auf die Augen legt, 1977. Sperbers Memoiren können als Parallelwerk zu der bereits 1961 erschienenen autobiographischen Romantrilogie Wie eine Träne im Ozean aufgefaßt werden; in beiden Werken hat Sperber zentrale historische Erfahrungen seiner Generation aus der Sicht eines Skeptikers und kritischen Humanisten aufgearbeitet. Mit der zweifachen Darstellung seiner »Zeit- und Raumerfahrung« in Roman und Autobiographie (durch Rückverweise und Zitate aus dem vorangegangenen Werk unterstreicht Sperber selbst die Kompatibilität der beiden ...
Manès Sperber:
Anpassung
und Widerstand -
Herausgegeben
und eingeleitet von Wilhelm von Sternburg
Eine Rezension von Eberhard Fromm - Wortmeldungen zu Fragen unserer Tage Es sind erst 12 Jahre seit dem Tode von Manès Sperber vergangen und doch trifft man bereits immer mehr lesende Menschen, denen sein Name fremd ist. Offensichtlich teilt er das Schicksal anderer bedeutender Autoren, „die in den Jahren unmittelbar nach ihrem Tod zunächst einmal in Vergessenheit geraten, weil sie zu Lebzeiten vielleicht zu übermächtig waren“ (S. 32), wie der Herausgeber Wilhelm von Sternburg in seiner Einleitung schreibt. Manès Sperber (1905-1984) stammt aus Ostgalizien. Schon früh kam er nach Wien, wo er sich anarchistischen Organisationen anschloß, seine Liebe zur Literatur entdeckte und zum Schüler des Begründers der Individualpsychologie Alfred Adler wurde. Bereits mit neunzehn Jahren arbeitete er als Psychologe, kam 1927 nach Berlin in die Gesellschaft für Individualpsychologie. Politisch schloß er sich der KPD an, fuhr 1931 in die Sowjetunion, kam 1933 in Berlin in Haft und emigrierte sofort nach seiner Freilassung zuerst nach Wien, dann nach Paris, wo er ideologischer Leiter des Instituts zum Studium des Faschismus wurde, einer von der Komintern gegründeten Einrichtung. 1937 trat Sperber aus der KPD aus, zum öffentlichen Bruch kam es jedoch erst 1939 nach dem Hitler-Stalin-Pakt. Nach dem Krieg lebte und arbeitete er als freier Schriftsteller in Paris. 1937 entstand sein Buch „Zur Analyse der Tyrannis“, in der Zeit nach dem Krieg die Romantrilogie „Wie eine Träne im Ozean“, die dreibändigen Erinnerungen „All das Vergangene ...“ sowie viele Essays, die in verschiedenen Sammlungen erschienen sind. Der Außenseiter, der Dissident, der Intellektuelle Sperber, so charakterisiert ihn Sternburg, „bleibt ein psychologisierender Historiker, ein philosophischer Geschichtsbetrachter und skeptischer Wahrheitssucher.“ (S. 26) Die vorliegende Auswahl umfaßt sieben Beiträge, die bereits in anderen Sammlungen veröffentlicht wurden, sowie vier bisher unveröffentlichte Beiträge. Nach einer bekenntnishaften Klärung zur Frage „Mein Judesein“ erzählt Sperber in „Unterwegs überall im Niemandsland“ aus seinem ereignisreichen Leben. Besonders nachdrücklich begründet er seinen unheilbaren Bruch mit Deutschland und seine Überzeugung, „daß es noch während zwei, drei Generationen für Juden meiner Art unwürdig bleiben wird, sich mit Deutschen zu identifizieren“. (S. 67) Derart biographisch eingestimmt - dazu zählt natürlich auch die knappe Einleitung („Der Tod, dieser nicht enden wollende Skandal“) des Herausgebers -, kann man sich nun den einzelnen Essays, Artikeln und Reden zuwenden. Sie beschreiben weniger Geschehnisse und Prozesse als vielmehr Positionen des Autors zu grundsätzlichen Fragen unseres Jahrhunderts. So analysiert er den Haß - und damit im Zusammenhang natürlich den Antisemitismus - als ein Phänomen, das sowohl totalisiert und auch atomisiert, als eine Krankheit, als einen wenigstens partiellen Wahnsinn: „Man haßt jene Menschen, die man entstellt hat, und man entstellt sie, um sie hassen zu können. Warum? Um nämlich in der absoluten Negation des fremden Wertes die absolute Bestätigung des eigenen zu finden.“ (S. 122) In dem Essay über Anpassung und Widerstand, das dem Band seinen Titel gab, entwickelt er die Auffassung, daß sich die Anpassungsprobleme heute völlig anders stellen, als noch vor ein, zwei Generationen. Die Ursache liege vor allem in den Erschütterungen und Katastrophen dieses Jahrhunderts, die in der Menschheitsgeschichte ihresgleichen suchen und die zu schweren Störungen in der Beziehung von Anpassung und Widerstand geführt hätten. Sperber fordert deshalb „den Mut zum sinnvollen, also verantwortbaren Widerstand ebenso zu fördern wie die Fähigkeit zur Anpassung an eine unpersönlich fordernde, massenhaft befremdende Gesellschaft“ (S. 167). Zwei Fragen tauchen in vielen Beiträgen immer wieder auf: Probleme des Totalitarismus und Forderungen an die Intellektuellen. Sperber denkt über die „Anziehungskraft totalitärer Systeme“ nach und wägt das Verhältnis von „Freiheit und Gleichgültigkeit“ ab, er beschreibt ausführlich - an Beispielen politischer Prozesse - eine von ihm so genannte „polizistische Geschichtsauffassung“ und er analysiert das Verhalten der Intellektuellen. Für ihn ist der Intellektuelle verpflichtet, überall dort einzugreifen, „wo es gilt, bestimmte Taten zu verhindern oder anzuklagen, wenn eine moralische oder geistige Not zu einer allgemeinen Gefahr zu werden droht“. (S. 137) Intellektuelle sollen im Kampf gegen die Verlockungen und Drohungen der Macht mahnen und sich gegen die Borniertheit der Realpolitik wenden. Von den deutschen Intellektuellen verlangt Sperber, daß sie nicht einfach mit Schweigen ihre Vergangenheit bedecken, denn: „Wer durch Wort, Schrift oder sonstige Mittel dazu beigetragen hat, den Geist und die Seelen der Menschen der Lüge und der Tyrannis zu unterwerfen, der kann nicht nachher, wenn der Kampf der anderen diesem Zustand ein Ende bereitet hat, so tun, als trüge er nun auch keine Verantwortung mehr.“ (S. 221) Eine Forderung, die sicher für jeden Intellektuellen gilt und die in der Gegenwart auf neue Weise Aktualität gewonnen hat. Insofern bestätigt sich der Eindruck, den man beim Lesen dieser Sammlung gewinnt: Es ist kein Lesebuch zu Manès Sperber; es sind gültige Wortmeldungen zu Fragen und Streitpunkten unserer Tage; es sind Anregungen, am Ende des Jahrhunderts dieses 20. Jahrhundert kritisch zu betrachten, ohne es zu beschönigen und ohne es zu verachten. Berliner LeseZeichen, Ausgabe 03/97 (c) Edition Luisenstadt, 1997 |
hagalil.com/archiv/2005/12/sperber.htm 2005 zum 100sten Geburtstag, Würdigung
wikipedia Künstlerkolonie_Berlin (Hier wurde Sperber 1933 verhaftet.)
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Manès Sperber: "Kultur ist Mittel, kein Zweck" Herausgeberin: Mirjana Stancic
Was ist Kunst? Ist sie zeitlos und zweckfrei? Wozu dient Kunsttheorie?
Der Marxismus als Theorie für politisches und im weitesten Sinne gesellschaftliches Handeln wurde vor mehr als zwanzig Jahren zu Grabe getragen; linke Parteien nennen sich in Europa nur noch selten sozialistisch oder kommunistisch. Kunst und Kultur haben sich aus der politischen Umklammerung durch einzelne Parteien befreit, sind aktuell häufig verwirrend - oder gar verirrend - brutalen Marktmechanismen ausgeliefert. Der Altösterreicher Manès Sperber (1905-1984) gilt heute vor allem als Literat, dessen teils autobiografische Trilogie "Wie eine Träne im Ozean" zu den Klassikern des 20. Jahrhunderts zählt, zu einer zentralen Auseinandersetzung mit dem Totalitarismus, mit Kommunismus und Faschismus. "Es ist der Versuch zu verstehen, wie man Revolutionär wird und warum man Revolutionär bleibt. Es ist aber auch die Geschichte von denen, die diesen Weg verlassen, wenn sie erfahren, wie schrecklich die Revolution ist." (Daniel Cohn-Bendit) Der kroatischen Literaturwissenschaftlerin Mirjana Stancic, Herausgeberin einer umfassenden und fundierten Sperber-Biografie ("Manès Sperber. Leben und Werk", 2003), ist es zu verdanken, neben dem literarischen Manès Sperber nun auch vom marxistischen Theoretiker und Individualpsychologen lesen zu können. Ein umfangreiches Typoskript aus dem Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek war Basis für die Herausgabe dieses Lehrwerks fast vergessener marxistischer Kunsttheorie. Manès Sperber lebte von 1927 bis 1933 in Berlin, wo er im Auftrag seines Lehrers Alfred Adler den linken und den rechten Flügel der Individualpsychologischen Vereinigung ideologisch versöhnen sollte. Der junge Sperber, noch nicht einmal fünfundzwanzig Jahre alt, barst vor Energie; hielt Vorträge an verschiedenen Institutionen. Ihm schwebte eine enge, praktisch wirksame Verknüpfung von Individualpsychologie und Marxismus vor. Außerdem beabsichtigte er, der Kommunistischen Partei Deutschlands beizutreten. Sein Mentor Alfred Adler missbilligte diesen politischen Schwenk entschieden und wandte sich von seinem früheren Meisterschüler ab. Aus diesem persönlichen politischen und wissenschaftlichen Aufbruch heraus ist das vorliegende Werk zu verstehen als ein meisterhaft formulierter Essay, ein Lehrbuch marxistischer Kulturtheorie und ein Schaustück kreativen Denkens im Umfeld politischer Doktrinen. Kultur hat nach Manès Sperber einen gesellschaftlichen Auftrag zu erfüllen, ist Mittel für den Zweck des Aufbaus einer sozialistischen Herrschaft. Es bedarf eines bestimmten kulturellen Niveaus, um den Sozialismus zum Einsatz kommen zu lassen. Deshalb sind Kunst und Kultur zu fördern. Man kann heute die Begeisterung kaum nachvollziehen, mit der Sperbers Generation an die Schaffung einer gerechten Weltordnung und an die Vorbildrolle der jungen sowjetischen Gesellschaft glaubte. Manès Sperber definiert in knappen, treffenden Worten seine Kunsttheorie, erklärt die politisch wirksame Rolle einzelner Kunstgattungen, erweist sich als profunder Kenner der abendländischen Kunsttradition und der zeitgenössischen Strömungen der beginnenden Dreißigerjahre. Zu Schulungszwecken schließen sich an jedes Kapitel kritische Fragen aus den imaginären Reihen ideologischer Abweichler und konkrete Antwortvorschläge, die die Zuhörer bzw. Leser wieder auf den Pfad des Marxismus zurückholen sollen. Es sind diese dialogischen Passagen, die am lebendigsten wirken und viel über die Entstehungszeit rund um den Zweiten internationalen Kongress revolutionärer Schriftsteller in Charkow (1930) verraten. Allein Sperbers Bewunderung für den sozial engagierten Norweger Knut Hamsun, Literaturnobelpreisträger von 1920, sollte uns zeigen, diesen Essay nicht aus der heutigen Sicht mit der Erfahrung späterer stalinistischer Verbrechen zu sehen (wohl aber mit dem Wissen über die Gräuel des Bürgerkriegs zehn Jahre zuvor, über die Grausamkeit die Kollektivierung der Landwirtschaft und die damals aktuelle Rivalität zwischen Stalin und Trotzki!). Knut Hamsun schwärmte später für den Nationalsozialismus, nach dem Zweiten Weltkrieg bewahrte ihn nur sein hohes Alter vor einer Strafe als Kollaborateur. Mirjana Stancic, die an der Universität Osijek und später in Bochum und Essen deutsche Literatur lehrte, hat den Text mit informativen - und aus dem Abstand von achtzig Jahren notwendigen - Fußnoten ergänzt; eine umfassende Einführung erleichtert die ideologische und literarische Einordnung des meisterhaften Essays. (Wolfgang Moser; 02/2011)
Manès Sperber: "Kultur ist Mittel kein Zweck" Mirjana Stancic (Herausgeberin). Residenz Verlag, 2010. 363 Seiten.
Manès Sperber wurde am 12. Dezember 1905 in Galizien geboren und starb am 5. Februar 1984 in Paris. Er wurde aufgrund der Romantrilogie "Wie eine Träne im Ozean" (1961), einer Absage an den Kommunismus, weltberühmt. Zahlreiche Auszeichnungen, u. A. "Friedenspreis des deutschen Buchhandels" (1983). "Kultur ist Mittel, kein Zweck" ist Teil des Nachlasses von Manès Sperber im Österreichischen Literaturarchiv. |
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Text zu dem Audio von oben https://www.deutschlandfunk.de/vom-kpd-mitglied-zum-antikommunisten-100.html 12.12.2005 Vom KPD-Mitglied zum Antikommunisten Vor 100 Jahren wurde der Schriftsteller Manès Sperber geboren Von Ariane Thomalla Er wurde als junger Psychologe in Berlin zum Kommunisten und trat begeistert in die KPD ein. 1937 im Pariser Exil jedoch gehörte Manès Sperber zu denen, die entsetzt über die Moskauer Prozesse der Partei den Rücken kehrten. Aus dem dogmatischen Kommunisten wurde ein dogmatischer Antikommunist. Sein Leben lang ließ Sperber das Thema seines jugendlichen Irrtums nicht mehr los. Oktober 1983. In der Bundesrepublik protestiert die Friedensbewegung mit Sitzblockaden, Menschenketten und symbolischen Besetzungen gegen den NATO-Doppelbeschluss und die Aufstellung der Pershing II-Raketen. In der Frankfurter Paulskirche wird der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels an Manès Sperber verliehen. Zwei Auffassungen von Frieden prallen aufeinander. Sperber, der sich einst vom moskautreuen Kommunisten zum nicht weniger dogmatischen Antikommunisten gewandelt hat und 1968 sogar der Studentenbewegung jede Wahrheit absprach, greift auch jetzt mit einem scharfen Plädoyer für die Abschreckungspolitik seine Gegner an:
Die Grünen fordern, Sperber solle den Friedenspreis zurückgeben. Doch hält er die Rede, von der er fand, dass sie eine seiner pazifistischsten sei, schon nicht mehr selbst. Alfred Grosser verliest sie für den Schwerkranken, der fünf Monate später in Paris, seiner zweiten Heimat, mit 79 Jahren stirbt. Seine erste Heimat war die kleine Stadt Zablotow am galizischen Rand der Donaumonarchie, die Anfang des Jahrhunderts zu 90 Prozent von Juden bewohnt war, chassidischen Juden. Ein Ort der Gesetzestreue und Heilserwartung, aber auch des Hungers und der Hässlichkeit. Das klassische, im Zweiten Weltkrieg "ermordete Schtedl", dessen Vernichtung Sperber nie verwand:
Sein Vater, der aus einer alten Rabbiner-Familie stammte, war der Geldverleiher des Orts. Er konnte es sich leisten, seinem hochbegabten Jungen einen Lehrer aus Wien in dieses Haus mit Bediensteten, Kutschen und Pferden kommen zu lassen. Doch der Junge war sozial sensibel.
Aus all dem habe er gelernt -
Im Ersten Weltkrieg geriet Zablotow zwischen die Fronten. Die Eltern flohen mit dem Elfjährigen nach Wien, wo Armut und Antisemitismus die Familie einholten. Der junge Sperber schloss sich einer revolutionären jüdischen Pfadfinderbewegung an. Mit sechzehn legte er Alfred Adler, dem Begründer der Individualpsychologie, einen Essay über die Psychologie des Revolutionärs vor. Adler machte Sperber zu seinem Schüler und betraute ihn überraschend früh mit der Therapie von Kindern und Jugendlichen. Er schickte den jungen Psychologen mit 22 nach Berlin. Dort konvertierte der zum Kommunismus, was zum Bruch mit Adler führte, der die Individualpsychologie verraten sah. 1933 geriet Sperber kurz in Haft als Kommunist, konnte jedoch danach über Jugoslawien nach Paris entkommen, wo ihm 1937 die Moskauer Schauprozesse die Augen öffneten. Er folgte dem Beispiel von Hans Sahl und Arthur Koestler und verließ die Partei. Noch ein Jahr zuvor war es Sperber, der in der Kampagne gegen Leopold Schwarzschild, dem Herausgeber der Zeitschrift "Das Neue Buch" und Kritiker der Moskauer Verbrechen, agitierte, er sei ein von Goebbels bezahlter Agent. Zum Schriftsteller wurde Manès Sperber erst mit 44 Jahren, wobei ihm das Leiden an seinem fundamentalen Lebensirrtum die Feder führte. Neben seiner zuletzt verfassten Autobiographie "All das Vergangene" war auch die (über 1000 Seiten umfassende) erfolgreiche Romantrilogie "Wie eine Träne im Ozean", die Arthur Koestler als "die Saga der Komintern" bezeichnet hat, weitgehend autobiographisch.
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