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Weitere Umweltwarner  

Zirnstein-1994

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Neben den Autoren des Club of Rome, wenn auch wohl durch sie wesentlich inspiriert, hatten inzwischen auch zahlreiche andere Gelehrte sich der Umwelt­problematik angenommen. Nicht nur die Schäden der Gegenwart zu zeigen, sondern die Aufgaben der Zukunft klarzulegen versuchte der vor allem als Bildungspolitiker hervorgetretene Georg Picht in seine Schrift <Mut zur Utopie, die großen Zukunftsaufgaben> (1970). In den Vorträgen wies er auf die "Die Verantwortung der Menschheit für ihre zukünftige Geschichte" hin, indem er die großen Probleme, namentlich auch das Bevölk­erungs­wachstum ansprach.

Von sozialdemokratischer Seite hat der Politikwissenschaftler Iring Fetscher (geb. 1922) die Gefahren beschworen, die nach seiner Ansicht die expansive Natur des Kapitalismus hervorbringt. Er ist der Meinung, die auch schon Julian Huxley vertreten hat, daß der "Zwang" besteht, "die selbst­zerstörerisch gewordene Industriezivilisation durch eine bewußt geplante, qualitativ andere Weltzivilisation" abzulösen (Fetscher 1976, S. 26). - Leider müßte der "Mangel", der aus der Ressourcenbegrenzung folgt, bürokratisch-administrativ verteilt werden, mit allen Folgen der Macht, die den Verteilern unvermeidlich zuwächst.

Der seit 1969 als Abgeordneter der CDU im deutschen Bundestag wirkende Herbert Gruhl (1921-1993), ein Oberlausitzer Bauernsohn, sorgte mit dem 1975 erschienenem Buch <Ein Planet wird geplündert, die Schreckens­bilanz unserer Politik> für Aufsehen. In Deutschland haben wohl wenige Bücher die Öffent­lichkeit so wachgerüttelt wie dieses. Da Gruhl "die erschreckende Einsicht" gewann, "an einer Politik beteiligt zu sein, die unsere Lebens­grundlage um so geschwinder zerstören wird, je erfolgreicher sie ist", verließ er die CDU, um die grüne Partei mitzubegründen. Aber nach einem Dreivierteljahr zog er sich enttäuscht von den Ökolinken auch hier zurück und beteiligte sich an der Ökologisch-Demokratischen Partei. Umweltfragen kennen sicherlich keine Parteigrenzen und die engagierten Umweltschützer können sich kaum nur unter den Fittichen einer Partei entfalten. Herbert Gruhl kam in den folgenden Jahren zu der sicherlich nicht unberechtigten Schlußfolgerung, daß sich die Situation der Umwelt weiter verschlimmerte. Im Jahre 1992 beschrieb er daher den technischen Aufstieg der Menschheit als eine <Himmelfahrt ins Nichts>.

Ebenfalls im Jahre 1975 richtete WOLFGANG HÄDECKE in der <Neuen Rundschau> warnende Worte wegen des "ökologischen Dilemma" an die Öffentlichkeit, schon, um die Gedanken von MEADOWS weiter zu verbreiten. HÄDICKE betonte etwa, daß erstmals in der "Geschichte der industriellen Zivilisation" die Hoffnung auf eine Lösung der Probleme durch Technologie nicht erfüllt werden kann, weil die Technologie nicht mehr die Mittel zur Lösung der Probleme zu liefern vermag. Irgendwie war das auch bei dem Gülleanfall in manchen Gegenden mit übermäßigem Viehbesatz deutlich, denn es gab eben keine Möglichkeit, die Gülle loszuwerden.

HÄDICKE forderte ein Ende mit dem "Wahn", alles sei lösbar. Die möglichen Lösungen konnten weniger technisch, sondern nur noch politisch sein, das heißt die ökologische Transformierung der Wirtschaft betreffen, unter Verzicht auch auf die dem Westen nachgeahmte Industrialisierung mit ebensolcher Expansion in den Entwicklungsländern.

Ein bedeutender Historiker, der die Einwirkung der Menschen auf die Biosphäre zunehmend in seine von der Vorgeschichte bis zur Gegenwart reichenden Geschichts­darstellungen einbezog war Arnold Toynbee. In einem Dialog mit dem Japaner DAISAKU IKEDA, <Wähle das Leben>, wurde er ebenfalls zu einem der großen Warner vor den Menschheitsgefahren.

Eine Zusammenfassung der ernstesten Warnungen bildete der Bericht Global 2000, der hauptsächlich in den USA entstand. Ebenfalls beeindruckend waren die Worldwatch-Institute-Reports Weit verbreitet waren auch die Bücher <Die biologische Zeitbombe> und <Das Selbstmordprogramm> von Gordon Rattray Taylor (1911-1981).


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Hoffnungsvoller schrieb, allerdings schon etliche Jahre zuvor, Rene Dubos (1901-1982), ein 1924 nach den USA ausgewanderter französischer Mikrobiologe, der sich in seinen letzten Lebensjahren mit den großen Menschheits- und Lebensproblemen befaßte (MOBERG et al. 1991). Er meinte 1976 (S. 459) über seine Heimat, die Umgebung von Paris, die Ile de France, daß jahrhundertelange menschliche Besiedlung ein Gebiet nicht ruinieren muß, sondern für menschliches Auge und die Interessen der Menschen sogar verbessern kann.

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In den kommunistisch-sozialistischen Ländern wurde jahrzehntelang behauptet, daß nur der Kapitalismus wegen seines Profitstrebens zur Umwelt­zerstörung verleite. Es gab in den Zeitungen und Zeitschriften der damaligen "DDR" Überschriften wie: "Weltbevölkerung - Welternährung - Wie lange darf es noch Kapitalismus geben?" (Forum 12, 1975, S. 12), "Klub der Ratlosigkeit. Das Stichwort "Club of Rome"" (Wochenpost Nr.1, 1980, S.10), "Lösung nur durch eine Änderung bestehender Produktions­verhältnisse" (Universitätszeitung Leipzig, 19.9.1986).

BORIS KOMAROW (Pseudonym) zitierte 1979 K. MITRJUSCHKIN: "Die ökologische Krise spitzt sich in den kapitalistischen Ländern ständig zu, doch in der UdSSR gibt es dafür keinerlei Anzeichen".

Im <Auftrage des Wissenschaftlichen Rates für Marxistisch-Leninistische Philosophie der DDR> schrieb der hochgejubelte ROLF LÖTHER 1985 die Broschüre <Mit der Natur in die Zukunft>, in der sich derartige Behauptungen vielfach wiederholen. HERBERT SCHWENK behauptete noch 1988, daß MARX und ENGELS erkannten,

"daß das Wesen des Kapitalismus mit den Erfordernissen einer harmonischen Beziehung zwischen Gesellschaft und Natur unvereinbar ist..., daß die Arbeiterklasse mit ihrer historischen Mission und zusammen mit allen anderen humanistischen Kräften zugleich auch die Aufgabe des Schutzes und der Erhaltung der Biosphäre erfüllt" (S.19).

Noch dicker kam es dann auf den Seiten 30 und 31, auf denen es heißt:

"Nicht der globale Charakter der Umweltprobleme schlechthin ist die entscheidende Quelle der ökologischen Gefahren, sondern seine Verquickung mit besonders extremen Formen des räuberischen Wesens des Kapitals auf der heutigen Stufe seiner Entfaltung. Gänzlich anderer Art ist der Anteil des Sozialismus an der globalen Umweltproblematik. ... Aber diese vom Sozialismus ausgehenden globalen Wirkungen haben nichts mit einem Raubbau an Mensch und Natur und den damit verbundenen Gefahren zu tun".


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Gelobt wurde der Naturschutz in der sowjetischen Arktis, dort, wo in Wirklichkeit teilweise ungeheuerliche Gefahren aus radioaktiven Abfällen und weggeworfenen Atomreaktoren vor allem atomgetriebenen Unterseebooten drohten. "Neues Deutschland" schrieb am 30. August 1984 (S.96): "Im Sommer 1984 starteten Forstleute der DDR zu einem Rundflug über die Wälder des Bezirkes Suhl. Das Ergebnis war erfreulich und bestätigte den Werktätigen der Forstwirtschaft, daß unter ihrer Obhut ein guter Wald herangewachsen ist". Schön wäre es, kann 1993 nur gesagt werden!

Die alte BRD wird dann von SCHWENK beschuldigt, daß ihre Flüsse vergiftet sind und ihr Trinkwasser zuviel Nitrat enthält -- damals, als Pfarrer in dem zur DDR gehörenden Teil der Rhön für nitratfreies Trinkwasser wenigstens für Kleinkinder sorgten und in Berlin die Umwelt­bibliothek beschlagnahmt wurde! Dabei soll an Slums und auch gravierenden Umweltproblemen der "kapitalistischen" Länder keineswegs vorbeigesehen werden. Aber die eigene Rotbrille war teilweise eine erschreckend schlechte Sehhilfe. 

In der damaligen DDR hat Rudolf Bahro (geb. 1935) sowohl das Gesellschaftssystem kritisiert wie den ökologischen Umbau gefordert. Er wurde zu einer langen Haftstrafe verurteilt, wobei der fingierte Grund herhalten mußte, daß sein in der BRD veröffentlichtes Buch "Die Alternative" Staatsgeheimnisse verraten hätte. 

Kirchliche Umweltgruppen, der Aufbau von Umweltbibliotheken in Kirchengemeinden und überhaupt alle Umweltinitiativen wurden von der Staatssicherheit ("Stasi") der DDR ständig beobachtet und verfolgt, ihre führenden Personen des Landes verwiesen. 

Aber auch Greenpeace im Westen hatten Auseinandersetzungen mit dem Militär, verzeichnete jedoch auch Siege.

Nur bei relativ wenigen Autoren berührt wurde das Problem, wie die Menschen oder doch ein Teil von ihnen psychisch auf die Natur- und Umwelt­zerstörung reagieren (s. DUBOS 1973). Unter Voranstellung nur der Produktion materieller Güter wurde vielfach gar nicht gefragt: Wieviel Natur, Freiraum, ästhetische Landschaft braucht der Mensch?

"Kultur", hatte der russische Dichter Alexander Bloch geschrieben, ist die "melodische Wirklichkeit" und für die Russen beispielsweise solle gelten, daß "die melodischen Klänge unserer grausamen Natur ...", die "in den Ohren von Gogol, Tolstoi und Dostojewski geklungen haben, in ihrem Werke widerklingen" (zitiert nach DUBOS 1983, S. 157) und daß dieses kulturelle Erlebnis die Emotionen der Russen beeinflusse.

Wie aber geht es den Menschen, wenn die Natur ihrer Heimat nicht mehr existiert? Kann eine Landschaft der rauchenden Schlote und des verdunkelten Himmels für immer die grüne Natur ersetzen? 

Die Drogensüchtigen und Kriminellen in manchen Großstädten sollten zum Nachdenken anregen, diese Frage nicht ganz vergessen zu lassen.

Wurden die kriegszerstörten Städte zunächst in anderem als dem früheren, in einem modernen Stile aufgebaut, wie das 1940 bombardierte Rotterdam oder teilweise auch Frankfurt am Main, so hat man in Westeuropa und in der Bundesrepublik Deutschland zunehmend bald versucht, beim Wiederaufbau den historischen Stadtkern dem alten Stil zumindest anzunähern, manchmal vielleicht zu sauber und frisch, so daß etliche Städte wie Filmkulissen wirken. 

Aber der Gedanke, dem Menschen nicht alle Vielfalt zu nehmen, war wohl richtig und nötig, und warum, wenn nicht wegen des ästhetischen Erlebnisses, besuchen täglich Zehntausende Touristen Venedig, Florenz und andere Kulturzentren? Wer aber würde auf eine Autofahrt, und sei es eine Vergnügungsfahrt, verzichten, um Kröten auf einer Wanderung an ihre Laichplätze zu schonen?

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Gottfried Zirnstein 1994 Ökologie und Umwelt in der Geschichte