Hans Magnus
Enzensberger

Einzelheiten I

Bewußtseins-
Industrie

Aufsatzsammlung

1962, 1964, 2007

212 Seiten

wikipedia Autor  *1929 
bei Nürnberg bis 2022 (93)

DNB Buch (12)

Bing Buch


detopia

Umweltbuch

Utopiebuch   E.htm  

Propagandabuch 

Sterbejahr  1960-Buch 

Aufmerksamkeit

Audio 2019
 "Literarischer Jahrgang 1929"

 - Christa Wolf

 - Günter Kunert

 - Heiner Müller

- bei Kunert

Gorz 

Hamm-Bernd  

Sloterdijk

Walter.Jens 

Stumberger 

Günter Anders 

 

 

2007   DNB.Buch (15)  Bing.Buch  Goog.Buch

Die Bewusstseinsindustrie wird uns schon in der allernächsten Zukunft nötigen,

von ihr - als einer radikal neuen -

— mit den Massen ihrer Anfänge nicht mehr zu bestimmenden —,

rapide zunehmenden Macht -

Notiz zu nehmen. Sie ist die eigentliche Schlüsselindustrie des zwanzigsten Jahrhunderts.

 ...

An die Stelle der materiellen tritt die immaterielle Verelendung,

die sich am deutlichsten im Schwinden der politischen Möglichkeiten des einzelnen ausdrückt:
einer Masse von politischen Habenichtsen,
über deren Köpfe hinweg sogar der politische Selbstmord beschlossen werden kann,
steht eine immer kleinere Anzahl von politisch Allmächtigen gegenüber.

 

Dass dieser Zustand von der Majorität hingenommen und freiwillig ertragen wird,
ist heute vielleicht die wichtigste Leistung der Bewusstseins­industrie.

 

(1962)

Die hier veröffentlichten Essays bilden den Teil I der Sammlung Einzelheiten von 1962.

Sie zerstreuen die Legende, daß Gedanken mit der Welt aus der sie kommen nichts zu schaffen hätten. 

Enzensberger analysiert einen Produktionsprozeß:

die Herstellung nicht von Waren, sondern von Bewusstseins-Inhalten. 

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aus wikipedia 2019 zum Autor

 

Politische Stellungnahmen

Seine bekannteste Auseinandersetzung mit den Medien, vor allem mit dem Fernsehen, ist sein Text Baukasten zu einer Theorie der Medien (1970).

Enzensberger bezeichnet darin die elektronischen Medien als Hauptinstrumente der „Bewusstseins-Industrie“ im Sinne Adornos und Horkheimers, der er weitgehende Steuerungs- und Kontrollmacht über die spätindustrielle Gesellschaft zuschreibt. Enzensberger fordert in dem Text eine sozialistische Medientheorie und zugleich einen emanzipatorischen und emanzipativen Umgang mit den Medien. Probleme sieht er im „repressiven Mediengebrauch“ (ein zentral gesteuertes Programm mit einem Sender und vielen Empfängern, der die Konsumenten passiv macht und entpolitisiert).

Spezialisten produzieren den Inhalt, werden dabei jedoch durch Eigentümer oder Bürokratie kontrolliert. Ein „emanzipatorischer Mediengebrauch“ dagegen würde jeden Empfänger zum Sender machen. Durch die Aufhebung der technischen Barrieren würden die Massen mobilisiert und politisch eingebunden. In seinen 1988 veröffentlichten Gesammelten Zerstreuungen bezeichnete Enzensberger das Fernsehen als „Nullmedium“.

Im Jahr 1987 verwendete er die Begriffe „Ossie“ und „Wessie“ in dem Prosaband Ach, Europa! Wahrnehmungen aus sieben Ländern. In einem fiktiven Reisebericht durch das Europa im Jahr 2006 beschrieb er in einem Kapitel ein friedlich wiedervereinigtes Deutschland, in dem sich aber Ossies und Wessies weiterhin feindlich gegenüberstehen.

In seinem Buch Schreckens Männer (2006) beschäftigte er sich mit dem islamistischen Terror. Islamistische Selbstmordattentäter gebärdeten sich wie Sieger, seien aber tatsächlich radikale Verlierer. Er beschrieb die arabische Welt als eine Zivilisation, die im 12./13. Jahrhundert den Europäern weit überlegen gewesen sei, sich aber gegenwärtig in einer relativ unproduktiven Periode befinde. Das produziere Minderwertigkeitskomplexe, die ihrerseits Wut erzeugten. Die Ursache für ihre Probleme würden die Selbstmordattentäter nicht bei sich, sondern in der westlichen Welt, den USA, bei den Juden oder in Verschwörungstheorien suchen.

Enzensberger ist ein Kritiker der Rechtschreibreform und unterzeichnete auf der Basis der Frankfurter Erklärung zur Rechtschreibreform von 1996 unter anderem im Jahr 2004 den Frankfurter Appell zur Rechtschreibreform.

2003 gehörte Enzensberger zu den wenigen deutschen Intellektuellen, die den US-geführten Irak-Krieg verteidigten.[12]

2011 äußerte sich Enzensberger zunehmend kritisch zur Europäischen Union. Er beschreibt sie als Konstruktion von oben und bemängelt ein Fehlen des demokratischen Elements. In einem Gespräch mit dem liberalen Debattenmagazin Schweizer Monat sprach er von einem „Geburtsfehler der Institution“: „Von Anfang an stand hier der technokratische Aspekt im Vordergrund: Politik hinter verschlossenen Türen. Geheimniskrämerei. Kabinettspolitik.“ Er konstatierte: „Die EU hat als Institution, die in der Vergangenheit angetreten war, um sich an wirtschaftlichen Erfolgen messen zu lassen, heute also auch ihre ursprüngliche Legitimation verloren.“[13]

Bezugnehmend auf Äußerungen der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel, die im ZDF-Sommerinterview die Überwachungs- und Spionageaffäre 2013 als „umfangreich aufgeklärt“ bezeichnet hatte,[14] sagte Enzensberger während eines Interviews zusammen mit Frank Schirrmacher in der ARD-Sendung ttt – titel, thesen, temperamente:

„In jeder Verfassung der Welt steht ja ein Recht auf Privatsphäre, Unverletzlichkeit der Wohnung und so weiter … das sind ja lange Passagen. Das ist abgeschafft! Das heißt, wir befinden uns in postdemokratischen Zuständen.“

Enzensberger sah eine Allianz zwischen Konzernen und Nachrichtendiensten am Werk: „Es gibt eine Minderheit von Leuten, die das nicht akzeptieren will, aber die Mehrheit der Leute findet das völlig harmlos, unproblematisch. Die verstehen gar nicht, dass eine politische Macht dahinter steht.“ Enzensberger zufolge machten die Konzerne die Bürger zu vorhersagbaren, fröhlichen Konsummaschinen und auf den Servern der Nachrichtendienste seien die Bürger vollständig kontrollierbare Menschen. Edward Snowden sei wahrscheinlich ein Held des 21. Jahrhunderts.[15] Ende Februar 2014 veröffentlichte Enzensberger in der FAZ unter dem Titel Wehrt Euch! zehn Regeln für Menschen, die sich der Ausbeutung und Überwachung in der digitalen Welt widersetzen wollen.[16]

2014 gab Enzensberger an, Ulrike Meinhof und Andreas Baader hätten 1970 nach der Baader-Befreiung bei ihm Unterschlupf gesucht. Er schrieb, die Planungen der Rote Armee Fraktion (RAF) seien denkbar schlecht gewesen und schloss daraus, dass die RAF „aus Versehen entstanden“ sei. Es habe bei der Gründung der RAF keine Gedanken „an eine politische Überlegung oder an eine Strategie“ gegeben.[17]

Hans Magnus Enzensberger lebt in München.[18]

Kritik

Enzensberger gelang es oft, in der kulturellen und politischen Debatte Themen zu setzen und zutreffende Vorhersagen zu machen. Einerseits wurde sein Gespür für Trends und Tendenzen anerkannt (Habermas: „Er hat die Nase im Wind.“), andererseits wechselte er selbst oft seine politischen Ansichten.

Bekannt ist seine sukzessive Abkehr von den Idealen der 68er-Bewegung und seine umstrittene Gleichsetzung von Saddam Hussein mit Hitler.[20]

Dieser Vergleich brachte ihm unter anderem den Vorwurf des Missbrauchs der antifaschistischen Rhetorik für den Wiedereintritt der deutschen Armee in Kriegshandlungen ein.[21] Ein Buch zum Thema kritisiert zudem, mit seiner Ansicht, Hitler sei nicht einzigartig gewesen, habe Enzensberger „den deutschen Faschismus zum Exportartikel“ gemacht.[22] Die Änderung seiner Standpunkte wurde früher von einigen Kritikern negativ wahrgenommen.[23]

Enzensberger selbst: „Sehen Sie, es gibt über mich so viele Geschichten. Es gibt die Bruder-Leichtfuß-Geschichte von dem, der überall mitmacht und dauernd seine Überzeugung wechselt, es gibt die Geschichte vom Verräter, der unzuverlässig und kein guter Genosse ist, es gibt die Deutschland-Geschichte über einen, der mit seiner Heimat Probleme hat. Das sind Legenden, mit denen man leben muss. An all diesen Geschichten ist etwas dran. Keine würde ich als absolut falsch bezeichnen. Aber warum soll ich sie mir zu eigen machen?

Im März 2009 widmete ihm das Deutsche Literaturarchiv in Marbach ein zweitägiges Symposium: „Hans Magnus Enzensberger und die Ideengeschichte der Bundesrepublik“.[25] Nach der Tagung beurteilte das deutsche Feuilleton die häufigen Positionswechsel Enzensbergers eher wohlwollend und verständnisvoll.[26] Das „habituelle Hakenschlagen“ (FAZ) oder sein „Zickzackkurs“ (FR) seien als Ironie, frühe Postmoderne und prinzipielle Zustimmungsverweigerung zu deuten. 

 

 

   

 

 

Zur Kritik der politischen Ökologie.

 

Enzensberger, Hans Magnus, 1973:

In: Kursbuch 33 (Oktober).

Goog.Artikel

 

 

 

 

 

 

1993  97 Seiten

Aussichten auf den Bürgerkrieg

DNB Buch  (24 mit Übersetzungen)

 

"Mit dem Ende des Kalten Krieges hat auch den machtgeschützten Idyllen des Westens die Stunde geschlagen. Das beklemmende Gleichgewicht der Pax atomica existiert nicht mehr. Stattdessen sieht sich die Welt mit Dutzenden von Bürgerkriegen konfrontiert. Niemand war auf diese Lage gefaßt, und keiner weiß, wie es weitergeht.

Nicht nur in der Dritten Welt, im Osten und auf dem Balkan wird gekämpft.

Auch in den Metropolen, so lautet Enzensbergers These, hat der molekulare Bürgerkrieg bereits begonnen. Vor diesen Konflikten versagen alle herkömmlichen Schemata und Erklärungen: Klassenkampf, Jugendrevolte, nationale Befreiung ...

Die Ideologien dienen nur noch als austauschbares Kostüm; Überzeugungen sind nicht mehr vorhanden. Das Gemeinsame der großen und kleinen Bürgerkriege ist der Autismus der Gewalt und die Neigung zur Selbstzerstörung, zum kollektiven Amoklauf ...

Während es brennt, ist mehr denn je zuvor von den Menschenrechten die Rede. Man überhäuft uns mit Beschwörungen und Schuldzuweisungen. Die Schere aber zwischen den hocherhobenen Ansprüchen und ihrer Einlösung öffnet sich weiter mit jedem Tag.

Überfordert sind nicht nur die Einzelnen, sondern auch die politischen Systeme.

Die Zahl der Verlierer, der »überflüssigen Menschen«, nimmt rapide zu.

Auch an der Frage der Interventionen zeigt sich immer deutlicher, daß die Rhetorik des Universalismus gescheitert ist.

Vielleicht ist es an der Zeit, von unseren moralischen Allmachtsphantasien Abschied zu nehmen und unsere bescheidenen Kräfte auf das zu konzentrieren, was wir leisten können und wofür wir zu haften haben.

Von der Leichtigkeit, die man diesem Schriftsteller nachsagt, ist in Enzensbergers jüngster Arbeit nichts mehr zu spüren. Aus seinem Versuch, ein moralisches und politisches Minenfeld zu erkunden, spricht ein bisweilen quälender Ernst.

Das Ergebnis verspricht keinen Trost, nichts Endgültiges, im besten Fall mehr Klarheit: die Panik wäre ein Luxus, den wir uns nicht leisten können."

 

 

1972

Der kurze Sommer der Anarchie

299 Seiten

 

 

 

 

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