Prof. Bernd Hamm

Das Ende der
Demokratie,
wie wir sie
kennen

 

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Zusammenfassung   -  Dieser Beitrag befasst sich zunächst mit einigen wichtigen Elementen bei der Definition einer global herrschenden Klasse. Er untersucht dann, wie die Neokonservativen in den USA an die Macht gekommen sind und wie sie Regierungswechsel in anderen Weltregionen erzwingen wollen, um dort Chaos zu stiften. Eine Strategie der Spannung dient dazu, die eigene Bevölkerung unter Konformitäts­druck zu stellen. Aber die eigentliche Revolution besteht darin, dass bereits heute weite Politikbereiche einer wirksamen demokratischen Kontrolle entzogen sind. An drei Fallstudien wird nachgewiesen, wie weit der Dunkle Staat heute bereits geht. Demokratie steht am Rande des Überlebens.

Im deutschsprachigen Raum war der Soziologe Professor Dr. Bernd Hamm der erste, der sich mit vernetzten Tiefenstrukturen in westlich-parlamentarischen Demokratien befasste.

In einem Manuskript vom Herbst 2014 mit dem Titel „Das Ende der Demokratie ... wie wir sie kennen“ bezeichnete Hamm diese Parallelstrukturen als „Dunklen Staat“.

Dieser erste Vorstoß blieb weitgehend unbekannt, obwohl in den USA die Diskussion zum „Tiefen Staat“ recht weit gediehen war. 2014 war in Deutschland die Zeit dafür offensichtlich noch nicht reif.

Der Beitrag befasst sich mit einigen wichtigen Elementen zur Definition einer global herrschenden Klasse. Er beschreibt ferner, wie die Neokonservativen in den USA an die Macht gekommen sind und wie sie Regierungswechsel in anderen Weltregionen erzwingen, um dort Chaos zu stiften.

Die eigentliche Revolution besteht jedoch darin, dass bereits heute weite Politikbereiche einer demokratischen Kontrolle entzogen sind. Die Strategie der Spannung dient dazu, die eigene Bevölkerung unter Konformitätsdruck zu setzen.

Der Tiefe Staat - ein Konglomerat aus Ministerien, Behörden, Politikern, Rüstungsindustrie, den Geheimdiensten, privatisierter Sicherheitsindustrie, Kontraktfirmen und Lobbyisten – hat in den USA weitgehend die Kontrolle übernommen. Die Demokratie steht am Rande des Überlebens.

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Inhalt     Essay in pdf

 

1. Die Theorie 

2. Wer regierte die Welt - gestern, und wie? 

3. Der dunkle Staat  

4. Fallstudien 

5. Schlussfolgerung 

 

Fußnoten     Quellen

 

1. Die Theorie

 

In einem früheren Beitrag (Hamm-2010) habe ich einen analytischen Bezugsrahmen für die Untersuchung von Machtbeziehungen vorgeschlagen, wie sie für die globale Gesellschaft von Bedeutung sind. Ich hatte dabei vier Fragen angesprochen:

(1) Wie ist die global herrschende Klasse im Inneren strukturiert?

(2) Ist es theoretisch korrekt, für die Gruppe der Herrschenden den Begriff Klasse zu verwenden?

(3) Welches sind die wichtigsten Instrumente, mit denen sie ihre Macht ausübt?

(4) Welche Konsequenzen entstehen daraus für die wahrscheinliche Zukunft der Menschheit?

Stark beeinflusst von C. Wright Mills' klassischem Werk The Power Elite (1956), hat die neuere Machtstrukturforschung sich ein idealtypisches Modell mit vier konzentrischen Kreisen zu eigen gemacht (Krysmanski, H. 2014):

Im innersten Kreis finden wir die globale Geldelite, die reichsten Individuuen, Familien oder Clans mit einem Vermögen deutlich über einer Milliarde Euro. Die CEOs großer transnationaler Konzerne und die größten internationalen Finanzmagnaten bilden den zweiten Kreis. Sie beschäftigen sich vor allem damit, den Reichtum des innersten Kreises und damit ihren eigenen zu mehren [1].

Die wichtigsten internationalen Politiker, einige noch in Regierungsfunktionen, andere als Berater im Hintergrund und in internationalen Institutionen, bilden zusammen mit den Spitzen des Militärs den dritten Kreis. Diese im engeren Sinn politische Klasse hat zwei Aufgaben: Sie muss die Verteilung des gesellschaftlichen Produkts so organisieren, dass so viel wie es die jeweilige Machtbalance zulässt hin zu den beiden inneren Kreisen transferiert wird; und sie muss den politischen Zirkus einer vermeintlich pluralistischen Demokratie mit der erforderlichen Legitimität absichern (Moyers, B., Winship, M. 2014; Petras, J. 2014).

Im vierten Kreis finden wir die Spitzen der Wissenschaft, die Medienmogule, Rechtsanwälte, zuweilen auch prominente Schriftsteller, Stars aus Film und Musik, Künstler, wenige Vertreter von NGOs oder der Kirchen, ein paar Spitzenkriminelle - kurz: alles, was die Angehörigen der inneren Kreise für ihre Dekoration schätzen. Sie genießen den Zugang zu den Mächtigen, sind gut bezahlt und werden alles dafür tun, diese Privilegien nicht zu verlieren (Hamm, B. 2010:1008-9; siehe auch Phillips, P., Osborne, B. 2013).

Der Grad der internationalen Orientierung scheint mit dem Status auf dieser Hierarchie zu korrelieren: Die beiden innersten Kreise waren immer international. Der dritte und vierte Kreis sind jedoch viel stärker national gebunden (durch Eigentum und Wahl) als die beiden innersten. Der innerste Kreis ist nicht statisch, aber doch relativ festgefügt. Er beruht auf finanziellem und sozialem Kapital, die oft über Generationen aufgebaut worden sind (die Stahl-, Finanz-, Waffen- und Ölbarone). Hier ist die wichtigste Machtquelle die Familie (z.B. die Rockefellers, die Rothschilds, die Morgans, die DuPonts, die Vanderbilts, die Agnellis, die Thyssens, die Krupps, um nur einige zu nennen) (Buchheit, P. 2014) [2].

Daneben gibt es die Neureichen:

Namen wie George Soros, William Gates, Warren Buffet, Mark Zuckerberg, Sheldon Adelson, oder die Koch-Brüder fallen einem ein (Smith, Y. 2013; Heath, T. 2014); russische oder osteuropäische Oligarchen wie Alisher Usmanov, Mikhail Chodorkowski, Boris Beresowski, Mikhail Fridman, Rinat Ahmetov, Leonid Mikhelson, Viktor Vekselberg, Andrej Melnichenko, Roman Abramovich; dazu Carlos Slim Helu, Lakshmi Mittal, Mukesh Ambani, Jorge Paulo Lemann, Iris Fontbona oder Aliko Dangote aus den sogenannten Entwicklungsländern.

Diese Parvenüs sind oftmals politisch aktiver, zumindest auf der Vorderbühne, als die alten wohlhabenden Familien. George Soros mit seiner Open Society Foundation und seinen ständigen Warnungen vor den Fehlern eines unregulierten Kapitalismus (von dem er dennoch profitiert) ist am besten bekannt für seine linksliberalen Neigungen, während die Koch-Brüder, Sheldon Adelson oder Rupert Murdoch aggressiv rechtslastig sind (Heath, T. 2014; Snyder, M. 2013; Webster, S.C. 2013; Monbiot, G. 2010).

Die Oligarchen der früheren Sowjetunion haben fast alle ihre Vermögen während der Präsidentschaft von Boris Jelzin zusammengerafft. Dieser pathologische Alkoholiker setzte nach dem Fall der sozialistischen Regime die weitgreifende Privatisierung von Staatsbetrieben und von Rohstoffen durch. Die Schocktherapie wurde unter dem Einfluss westlicher Berater, allen voran Jeffrey Sachs mit dem Harvard-Privatisierungsprogramm und mit der Hilfe des Internationalen Währungsfonds durchgedrückt.

Jegor Gajdar, Anatoli Tschubais (selbst ein Oligarch) und Alfred Koch [3] waren ihre lokalen Vollstrecker in Russland (Vaclav Klaus in der Tschechoslowakei, Leszek Balcerowicz in Polen etc.).

Die Strategie, mit deren Hilfe man Oligarchen und soziale Polarisierung schafft, ist leicht zu verstehen und ist durch den IWF immer wieder und bis heute als Strukturanpassungspolitik (später nannte man das zynisch „Armuts­minderungsstrategie") praktiziert worden: Abschaffung aller Preiskontrollen und Subventionen, Kürzungen der öffentlichen Haushalte durch Entlassungen, Verminderung öffentlicher Investitionen und sozialer Infrastrukturen (außer für das Militär), Begrenzung der Löhne (aber nicht der Kapitaleinkünfte), Abwertung der Währung, Privatisierung öffentlicher Unternehmen und Infrastrukturen, Privilegien für ausländische Investoren (also das, was man auch als Washington Consensus kennt).

Weit verbreitete Armut ist die unmittelbare Folge, begleitet von in wenigen Händen konzentriertem extremem Reichtum.

Ist es theoretisch korrekt, diese globale Oligarchie als soziale Klasse zu bezeichnen?

Dann müsste sie (1) die Produktionsmittel kontrollieren, (2) durch ein Klassenbewusstsein untereinander verbunden sein, und (3) Partei sein im globalen Klassenkampf um die Verteilung des gesellschaftlichen Produkts. Das zweite Kriterium hatte ich bereits bejaht: "Die global herrschende Klasse tendiert dazu, sich selbst, vergleichbar mit feudalen Königen, von Gottes Gnaden hoch über alle anderen Menschen gesetzt zu sehen. Faschismus dürfte eine tragende Säule ihrer Ideologie sein und Krieg nur eines der Werkzeuge, um ihre Macht und ihre Gewinne zu steigern" (Hamm, 2010:1010; siehe auch Turley, J. 2014; Dolan, E.W. 2013).

Da die Geldelite dazu neigt, ihre sozialen Kontakte vor allem nach innen zu richten, wird ihr Klassenbewusstsein ständig bestätigt. Das trifft auch dann zu, wenn sie in anderer Hinsicht nicht homogen ist (Lofgren, M. 2013; Domhoff, G.W., Staples, C, Schneider, A. 2013).

Für die erste Frage muss man bedenken, in welchem Ausmaß der Finanzsektor die Kontrolle über Produktion und Dienstleistungen gewonnen hat.

Die enorme Menge an frisch gedruckten US-Dollars seit der Aufkündigung des Goldstandards 1971 ist hier entscheidend. Die Federal Reserve Bank hat diese Politik unter mehreren aufeinander folgenden Administrationen bis heute verfolgt. Die Geldmenge, die auf der ständigen Suche nach lukrativen Anlagen um die Welt vagabundiert, hat zwar nichts mit realen Werten in der Form von Gütern und Dienstleistungen zu tun, sondern resultiert alleine aus dem Druck von Papiergeld und der Ausgabe von Krediten. Aber dies hat es der Finanzindustrie ermöglicht, produzierende Unternehmen über Aktien und Anleihen und ihre jeweiligen Derivate innerhalb und außerhalb der USA aufzukaufen.

Damit hat die Finanzindustrie tatsächlich die Kontrolle über weite Teile der Volkswirtschaft übernommen, und zwar auch (durch strukturelle Abhängigkeiten) bis in die kleinen und mittleren Unternehmen hinein, aber auch über fruchtbare Böden, über Rohstoffe. Darüber hinaus beeinflusst die Finanzindustrie in hohem Maße Wissenschaft, Forschung und Technologie und - durch Lobbying und Zuwendungen - die politische Entscheidungsfindung [4] und hat sogar die Unterstützung durch das Oberste Bundesgericht erlangt (Younge, G. 2014; Sottile, J.P. 2014; Hedges, C. 2014; Ford, G. 2014).

In der Tat gehören die Kongressangehörigen in den USA selbst zu den oberen Rängen der Finanzindustrie (und damit zum dritten Kreis in unserem Modell); sie werden sich also auf weite Strecke mit den Interessen der beiden inneren Kreise identifizieren (Money Choice 2013). Somit ist es korrekt anzunehmen, dass die Finanzindustrie die Produktions­mittel kontrolliert.

Allzu oft denkt man beim Begriff "Klassenkampf" nur an Aktionen von Arbeitern, die ihre Klasseninteressen verteidigen, und vergisst dabei den ebenso wichtigen (und heutzutage viel bedeutenderen) Klassenkampf, der von der herrschenden Klasse mithilfe des Staates organisiert und geleitet wird.

"Der vollständige Umfang neoliberaler Politiken, von der sogenannten 'Austeritätspolitik' über Massenentlassungen von privaten und öffentlichen Angestellten bis zu massiven Vermögensübertragungen geschehen in der Absicht, die Macht, das Vermögen und die Vorherrschaft des Kapitals über die Arbeit zu stärken. ... Klassenkampf von oben will die Konzentration des Vermögens bei der herrschenden Klasse verstärken, die regressive Besteuerung der Arbeit fördern und die Unternehmenssteuern senken, selektive Regulierungen durchsetzen, welche die Spekulation begünstigen und die Ausgaben für Renten, Gesundheit und Bildung für Arbeiterfamilien mindern" (Petras, J. 2013).

Klassenkampf von oben zielt auf die Maximierung der kollektiven Macht des Kapitals über restriktive Gesetze für Arbeiterorganisationen, soziale Bewegungen und die Tarifrechte der Arbeiter (Fantina, R.2014). Die Armen haben keine Stimme. Die Belastung staatlicher Haushalte durch Bankenrettung ist Klassenkampf; die Banken betreiben den Klassenkampf zwischen Hypothekengebern und Haushalten, zwischen Gläubigern und Schuldnern. "Billionen von Dollar werden vom Staatshaushalt auf die Banken übertragen. Um hunderte Milliarden werden Sozialausgaben gekürzt, was alle Sektoren der Volkswirtschaft in Mitleidenschaft zieht" (Petras, J. 2013).

Regierungen sind dafür verantwortlich, der allgemeinen Bevölkerung durch das Steuersystem Geld aus den Taschen zu ziehen und es über das Bankensystem den Reichen zuzuschustern. Was sie mit der Hilfe des IWF Griechenland, Portugal, Irland, Zypern oder Spanien antun und was sie der Ukraine, Ägypten, Thailand, Venezuela oder Libyen anzutun hoffen, das haben sie in der Vergangenheit mit genau der gleichen Medizin den Entwicklungsländern angetan.

"Sie wollen alles - Profit und Macht. Unsere Welt wird beherrscht und umgestaltet von einer winzigen globalen Finanz-, Unternehmens-, Politik- und Wissenschaftselite. Darunter müssen alle leiden, nur damit die bekommen, was so mancher in ihrer Position anstreben würde: mehr - sie wollen alles. Sie wollen, dass Du das Maul hältst, während sie sich bedienen. Wenn Du ein Problem damit hast: dafür gibt es Überfallkommandos, Gefängnisse und Faschismus" (Marshall, A.G., 2013; ähnlich Drum, K. 2013).

Auch zwischen Nationalstaaten besteht eine globale Machthierarchie. Man kann paraphrasieren, was oben über die Einstellung der Mitglieder der herrschenden Klasse gesagt wurde: Die mächtigste Nation tendiert dazu, sich selbst als durch göttliche Gnade über alle anderen Nationen gestellt zu sehen. Faschismus dürfte eine tragende Säule ihrer Ideologie sein und Krieg nur eines der Werkzeuge, um ihre Macht und ihren Profit zu mehren. "Nach dieser selbstgerechten Überzeugung [des amerikanischen Exzeptionalismus] sind die USA die unverzichtbare Nation. Sie sind von der Geschichte auserwählt, die Hegemonie eines säkularen 'demokratischen Kapitalismus' überall auf der Welt durchzusetzen. Das Primat dieses Ziels stellt die US-Regierung über alle traditionelle Moral und über alle Gesetze, die nationalen wie die internationalen" (Roberts, P.C., 2013).

"Wenn wir Gewalt anwenden müssen", sagte Madeleine Albright einmal, "dann weil wir Amerika sind; wir sind die unverzichtbare Nation. Wir stehen aufrecht und blicken weiter in die Zukunft als andere Nationen."

"Ich glaube an die Sonderstellung Amerikas mit jeder Faser meiner Existenz", so Präsident Obama bei seiner Rede 2014 an der Militärakademie West Point (Kommentare etwa bei Parry, R. 2014; Escobar, P. 2014; Moon of Alabama 2014; Roberts, P.C. 2014).

 

Der Anspruch auf die Rolle des Welthegemons fordert einen hohen Preis (Nader, R., 2014). Die sozio-ökonomische Polarisierung in den USA hat erheblich zugenommen; hunderttausende Familien sind durch Zwangsversteigerungen aus ihren Häusern vertrieben worden; etwa zwanzig Prozent aller Haushalte sind auf Essensmarken angewiesen. Immer mehr Haushalte sind nicht mehr in der Lage, Mieten zu bezahlen oder für ihr Alter vorzusorgen, viele Tausende leben in Behelfswohnungen, in Autos, in Zeltstädten (Ellis, B., ohne Datum).

Dutzende Kommunen, darunter bedeutende Großstädte, stehen vor dem Bankrott. Einige Kommunalregierungen haben damit begonnen, die Armen aus den Innenstädten zu vertreiben, so dass sie immer mehr unsichtbar werden [5]. Frauen, Kinder und Nicht-Weiße sind besonders betroffen; mangelhafte Gesundheitsversorgung und höhere Sterblichkeit sind die Folgen [6]. „Wenn heute ein Kind in den USA geboren wird, wenn es zum ersten Mal atmet, hat es bereits $ 50.000 Schulden" (Ventura, J. 2013). Gleichzeitig profitiert die (private) Gefängnisindustrie von einer staatlich geförderten Politik der Einsperrung, die selbst vor lebenslangen Strafen für Kinder nicht zurückschreckt. Das Department of Homeland Security wird zu einer stehenden Armee ausgebaut, die polizeistaatliche Methoden anwendet (Whitehead, J., ohne Datum).

Die Einsetzung des US-Dollar als Weltreservewährung in Bretton Woods hat die ökonomische Weltmacht der USA begründet. Da die USA so in die Lage versetzt wurden, neu gedrucktes Geld zu exportieren, konnten sie sich die Arbeitsleistung anderer Länder einfach für die Kosten des Papierdruckens aneignen und damit andere Länder zwingen, ihren Luxus, ihre überwältigende Militärmacht und ihre Kriegstreiberei zu finanzieren (Frank, A.G. 2004).

Wenn man dem die Strukturanpassungspolitik des durch die USA beherrschten Internationalen Währungsfonds und der Weltbank und schließlich noch die verdeckten Operationen der CIA rund um den Globus hinzufügt, dann wird klar, dass die USA der wichtigste Gegner im globalen Klassenkampf geworden sind und dass das Zentrum der global herrschenden Klasse in den USA zu suchen ist.

Nach Galtungs Struktureller Theorie des Imperialismus (Galtung, J. 1980) muss sich der Hegemon auf Vasallen in untergeordneten Ländern verlassen (also auf deren Regierungen und Eliten).

Eliten in untergeordneten Ländern haben die Aufgabe, die unangefochtene Rolle des Welthegemons zu sichern, ihm ungehinderten Zugang zu lokalen Ressourcen und Kontrollrechte zu gewähren und seinen Repräsentanten Straffreiheit zu sichern. Damit bestätigt sich auch die Alltagserfahrung, nach der die global herrschende Klasse in der Machtelite der USA zu suchen ist (siehe die Zeitreihenanalysen der US Machtelite, die G. William Domhoff und seine Gruppe vorlegen, Domhoff, G.W. 2014).

 

Der Lackmustest der Macht, auf individueller wie auf kollektiver Ebene, beruht auf zwei Kriterien: der Möglichkeit, sich für begangene Straftaten Immunität zu sichern, und dem Ausmaß, indem sich der Mächtige die Ressourcen anderer aneignen kann.

Ein hervorragendes Beispiel liefern die Anschläge des 11. September 2001.

Wie Ruppert (2004) und andere [7] gezeigt haben, sind diejenigen, die eine neue und gründliche Untersuchung, die die offizielle Geschichte überprüfen könnte, verhindern, zweifellos in einer Machtposition (siehe die Fallstudie unten). Das gilt natürlich auch für jene, die Kriege anzetteln, die für den Mord an Hunderttausenden verantwortlich sind und dennoch dafür nicht vor Gericht gebracht werden (Wakelin, D.L. 2014; Arbuthnot, F. 2014).

Niemals ist jemand in der US-Regierungen für Folterungen zur Rechenschaft gezogen worden (Gerstein, J. 2014; Ackerman, S. 2014), für gezielte Morde, für Dronenopfer - obgleich all dies nach amerikanischem Recht und nach den Genfer Konventionen illegal war. Nie ist irgendein Offizieller angeklagt worden, weil er Verfassungsrechte verletzt hat, für die Ausspähungen ohne Gerichtsbeschluss, für die Verletzung des Habeas Corpus, für den Mord an US-Bürgern ohne ordentlichen Prozess, für die Versagung des Rechtsbeistands, für die Verurteilung aufgrund geheim gehaltener Beweise.

Wer wird zur Rechenschaft gezogen für die Langzeitwirkungen der Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki? wer für die Folgen von Agent Orange in Vietnam? wer für den Einsatz von Munition mit abgereichertem Uran im Irak?

Das Problem ist nicht, die Kriegsverbrecher zu identifizieren; es besteht vielmehr darin, sie in einem ordentlichen Gerichtsverfahren für ihre Straftaten zu belangen. Aber wann geschieht das jemals? und warum nicht?

Im Namen der US-Regierung sind eineinhalb Millionen Iraker und einige Amerikaner umgebracht worden [8], wurde das Land ruiniert und wurden dem Steuerzahler drei Billionen Dollar an Kriegskosten aufgebürdet. Die USA haben darüber hinaus den Konflikt zwischen Sunniten und Schiiten angeheizt mit unabsehbaren Folgen für lange Zeit (Stone, O., Kuznick, P., 2013:521-34).

"Das Justizministerium der Obama-Administration, insbesondere seine strafrechtliche Abteilung [...], hat sich niemals bemüht, diese hochrangigen Kriminellen zur Verantwortung zu ziehen. Stattdessen haben sie genau das getan, was sie bereits mit hochrangigen Kriminellen der Bush-Regierung etwa im Fall von Folter und Ausspähung unternommen haben: nämlich die mächtigsten Gruppen in der Gesellschaft trotz überwältigender Beweislage und schwersten Straftaten vor Verfolgung geschützt" (Greenwald, G. 2013).

Und weiter: Wer bringt die Bankster vor Gericht dafür, dass sie die Mittelschicht ausgeplündert haben? (Whitney, M. 2014; Cantu, A. 2014)

Die Ruhe nach diesen Straftaten ist ohrenbetäubend.

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