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2.3 - Möglichkeiten und Grenzen von Öko- und Psychotherapie

"Eine moderne Wissenschaft von der Seele darf nicht die größere ökologische Realität ignorieren, die die individuelle Psyche umgibt
– so als könnte die Seele gerettet werden, während die Biosphäre zusammenbricht."   (Theodore Roszak, 403)

 

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Am Buch- oder Vortragsende kommen immer die guten Lösungen. Ob dieses Buch diesem Anspruch genügen kann, wird sich zeigen. Der schon zitierte Soziologe Hartmut Rosa wagte es, sein Publikum, noch dazu Psychotherapeuten, am Ende eines Vortrages 2015 insofern zu enttäuschen, als er ihnen den Ball zurückspielte. Schlussfolgernd zu den Überlegungen zum Individualismus, der eventuell ja sogar erst am Anfang stehenden Beschleunigung, dem dadurch überforderten Subjekt mit Burnout, Depression und dabei wiederum rückläufiger Empathie- und Resonanzfähigkeit meinte er:

Die Frage wäre dann, was macht man als Psychiater oder Psychotherapeut? Man könnte sagen, man spielt selber eine Rolle im Optimierungsbedarf. Wir sorgen dafür, dass die Gesellschaft auch morgen noch wachstumsfähig, beschleun­igungs­fähig und innovationsfähig ist. Oder man sagt, nein, damit haben wir nichts zu tun, wir schauen halt, wir kehren die Scherben zusammen, wir flicken notdürftig die zusammen, die da in diesem Beschleun­igungs­spiel nicht mehr mitkommen oder davon alle möglichen Beulen oder schlimmere Schäden davon tragen, wir sind eine Art von Reparaturbetrieb, oder wir bringen den Leuten bei, wie sie die schlimmsten Schäden ein bisschen eindämmen können. Oder man begreift sich sogar als Ort des Widerstandes, das weiß ich nicht. Die Frage wäre, wenn an dem Steigerungsspiel etwas falsch ist, wo soll dann eine Änderung herkommen? Ich schlage vor – von Ihnen. Vielen Dank! (404)

Die Zuhörer waren einigermaßen verblüfft. Ein wissenschaftlicher Beobachter gesellschaftlicher Abläufe ruft nach Psychotherapie. Ein starkes Stück. Mein eigener Berufsstand ist plötzlich gefragt. Das Dumme an der Sache ist nur: Wir stecken selbst tief drin in den Dilemmatas der heutigen Zeit. Wir sind selbst Konsumenten, auch Therapeuten fliegen gern in Urlaub, wir haben eigene Bedürfnisse nach guten Wohnmöglichkeiten, gutem Essen, nach vielen Kontakten und auch nach Sicherheit und Spiritualität. Und Macht haben wir auch, tagtäglich im Gespräch mit unseren Klienten und Patienten. Meist sind wir uns dessen nicht bewusst. Im Kleinen sind wir durchaus auch gerechtigkeitsliebend, aber im Großen überfordern uns die Größe, Komplexität und Globalität der Probleme wie die meisten anderen Bürger auch.

In seinem Werk zur »Ökopsychologie« aus dem Jahr 1994 meint daher Theodore Roszak, dass man sich ja an die Psychologen und Psychiater wenden würde, in der Hoffnung, dass sie über den Wahnsinn aufklären könnten, aber unsere offiziell anerkannten psychotherapeutischen Schulen seien selbst Produkte eben der wissen­schaftlichen und industriellen Kultur, die den Planeten jetzt so brutal niederdrücke. 

Daran hat sich im Grunde bis heute nichts geändert. Vielmehr ist festzustellen, dass die Beschäftigung mit der Innenwelt den Blick auf die äußere Welt verstellt, so James Hillman, früherer Studiendirektor des C.G.-Jung-Instituts in Zürich:

Wir haben einhundert Jahre Psychoanalyse hinter uns, und die Menschen werden immer sensibler, und der Welt geht es immer schlechter. Warum hat die Psychotherapie dies nicht bemerkt? Weil die Psychotherapie sich nur mit jener ›inneren‹ Seele beschäftigt. Indem sie die Seele aus der Welt herausnimmt und nicht erkennt, dass die Seele auch in der Welt ist, kann die Psychotherapie nicht mehr funktionieren. Die Gebäude sind krank, die Institutionen sind krank, das Geldsystem ist krank, die Schulen, die Straßen – und die Krankheit bleibt draußen.(405)    Hillman bei detopia

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Innere Konflikte, Ängste und Schuldgefühle, womit sich Psychotherapie ja gerne beschäftigt, gäbe es auch beim ökologischen Thema genügend. Immerhin, so ganz sind diese Themen an meiner Berufsgruppe nicht vorbei gegangen. Gerade auch den Klimawandel betreffend werden Möglichkeiten psychologischer Forschung und Inter­vent­ionen diskutiert, etwa von der American Psychological Association.406

Aber wir unterliegen denselben Verdrängungsmechanismen wie der Großteil der restlichen Gesellschaft auch. Der Sozialpsychologe Harald Welzer berichtet dazu passend, wie er sich auf einer Konferenz zur Lage des Klimas für den Workshop mit dem Thema »What, if we fail?« eingetragen hatte, und er dann neben dem Themenanbieter der einzige Teilnehmer war.407

Aber die bisherigen Zitate zeigen schon, dass es durchaus einige, wenngleich auch wenige, Vertreter der Psychowissenschaften gibt, die aus ihrer Sicht die Realität betrachtet haben. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit sollen einige Überlegungen und Ansätze daraus dargestellt werden.

    Ökotherapie – ein Versuch der Verbindung beider Themen 

Im Jahr 1972, in dem die »Grenzen des Wachstums« erschienen sind, kritisierte bereits der Münchner Psychotherapeut Wolfgang Schmidbauer, Autor vieler Fachbücher und heute noch Kolumnist für die ZEIT, die Psychologie als »Rückzugs­wissenschaft«.408

Das mythisch geordnete kollektive Gefühl (z. B. »Mutter Erde«) sei entmachtet, an seine Stelle würden individuelle, psychologisch erforschte und von Macht­interessen manipulierte Einzelgefühle treten. Auch der Experte (somit er selbst) könne allenfalls seine Würden und Titel ablegen und versuchen, ohne sie, gemeinsam mit anderen, einen Weg zu finden.

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So führte er die schädlichen Wirkungen des Konsums auf und prangerte die Erziehung zum Konsumenten ebenso an wie Konsumterror und Konsumzwang. Als realistische Utopie schlug er daraus folgernd Konsumverzicht vor, zunächst als individuelle, spontane Aktion, mit der Annahme, dass nach genügender Verbreitung sich Politiker auch eher zu gesetzgeberischen Maßnahmen bereitfinden würden. Und er mutmaßte idealistisch:

Wenn das heute praktizierte Konsumverhalten den Menschen verdummt, seine schöpferischen Fähigkeiten verschüttet, sein Gefühlsleben entleert und verkümmert, seine Gesundheit zerstört, dann wird der Verzicht auf dieses Verhalten der erste Schritt zu einer echten Selbstverwirklichung und einer neuen Identität des Menschen sein.409

Der daraus entstehende Konflikt mit dem hohen Freiheitswert war ihm dabei durchaus bewusst, auch die geringe Aussicht auf Verwirklichung seiner Vorschläge. So fragte er resignativ, ob wirklich alles noch viel schlechter werden müsse, ehe es besser werden könne. Es scheine so. Wir könnten nur hoffen, dass es am Tiefpunkt der Konsumgesellschaft noch die Basis für eine Umkehr ohne den totalen ökologischen Zusammenbruch gebe.

Die Frage stellt sich auch heute noch, 45 Jahre später, was nicht seine Annahmen als unnötige Angstmacherei entlarvt, sondern eher die durchaus vorhandene Zähigkeit unseres Systems zeigt. Denn die Situation hat sich weiter zugespitzt seitdem, wie wir gesehen haben, nicht etwa entspannt.

Zehn Jahre später formulierte er zwei Forderungen einer Ökotherapie an die Psychotherapie, nämlich

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Eher solle der Ökotherapeut bei sich selbst beginnen, durchaus auch seine subjektiven Empfindungen preisgeben, seine Betroffenheit, sein eigenes Interesse an dem, was er vorschlage. Er verwende dabei eine kontrollierte Form von Offenheit und spontanem Gefühlsausdruck, um bestimmte Ziele zu erreichen. Und er brauche selbst Freunde, mit denen er immer wieder bei sich beginnen und seine eigenen Ängste ausdrücken könne. Denn Offenheit gegenüber dem Klienten bedeute nicht Befriedigung durch den Klienten, sondern Arbeit für den Klienten (er nimmt hier wichtige Aspekte einer intersubjektiv angelegten Psychotherapie vorweg, die jetzt erst in der Fachdiskussion angekommen ist).411

Schrittweise soll dabei deutlich werden, dass beide, Ökotherapeut wie Klient, dieser laut Schmidbauer überflüssigen, aber unausweichlichen Störung nicht entrinnen können. Ökotherapie sei dabei nicht Heilung, sondern Klärung der Störung. Typische Experten- und Leistungsmerkmale könnten hier nicht helfen, etwa die Frage nach der »guten« Ausbildung des Therapeuten, der »Indikation« der Behandlung oder ob der Klient auch »kooperativ« sei. Förderlich erscheine ihm eher, dass beide Beteiligten offen darüber sprechen würden, ob sie ihrem Gefühl nach genug oder zuwenig getan hätten.

Weiter propagiert er, von der »Natur« zu lernen. Das Gefühl für die Schönheit eines natürlichen Lebenszusammenhangs, etwa einer in Jahrhunderttausenden gewachsenen Landschaft, sei für ihn dabei wesentlicher als der rechnerische Beweis für die Stabilität differenzierter Ökosysteme. Letzteres sei eher ein argumentativer Notbehelf gegenüber Menschen, die blind geworden seien gegenüber allem, was sich nicht rational fassen lasse.

Dabei solle das Dunkel nicht vom Therapeuten gedeutet werden. Vielmehr sollte beim Klienten Vertrauen in seine eigenen Fähigkeiten geschaffen werden, sich dem Dunkel des Körper-Unbewussten, der Stimmungen und Träume auszuliefern, um daraus auch Klarheit über seine Wünsche und Entspannungsmöglichkeiten zu gewinnen, »und nicht frühzeitig umzukehren auf der Suche nach dem gewohnten hellen Gefängnis«. Dabei solle der Therapeut aber entbehrlich bleiben, denn

die seelisch verstörten Kinder der Industriegesellschaft klammern sich an die Psycho-Experten – und die Psycho-Experten klammern sich an ihre Klienten. Wird diese gegenseitige Abhängigkeit deutlicher, gerät der Experte in Gefahr, zu werden, was er sein sollte, aber nicht gerne ist: überflüssig.(412)

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Um entbehrlich zu bleiben, sollte er Nebenberufe haben, oder sich an den Wilden orientieren, die mit zwei Stunden Arbeit am Tag auskommen würden, und lieber seine alten Sachen reparieren als neue zu kaufen. Auch habe er nicht jede Stunde seines Tageslaufs für seine hilfreiche Tätigkeit verplant. Der Ökotherapeut arbeite zudem auch gerne in Gruppen, weil er in der Gruppe ein größeres Stück Umwelt mitgestalten könne, und auch weniger Abhängigkeit von seiner Expertenrolle zu erzeugen glaube. Und er glaube nicht, zu heilen, aber er versuche, sich und Anderen das emotionale Überleben in einer kranken Welt zu erleichtern. Schlussendlich räumt er ein, dass der dargestellte Ökotherapeut nicht er selbst sei, er aber gerne so werden wolle wie dieser.

Es ist erstaunlich, dass solche Gedanken schon 1972, dann 1982 sowie überarbeitet 1992 formuliert wurden, die bereits Elemente der Postwachstumsökonomie sowie moderner Psychotherapie beinhalten, sowie auch den heute noch meist nicht in Frage gestellten hohen Anspruch einer Heilung relativieren, der eben oft nicht zu erfüllen ist, auch nicht mit modernsten technischen Mitteln, und auch nicht für unter Umständen aufkommende Gefühle von Verzweiflung, Hoffnungslosigkeit, Angst und Schuld beim Betrachten der ökologischen Krise.

Leider wurde der Ansatz einer Ökotherapie als eigenes psychotherapeutisches Konzept nicht weiter verfolgt (so wie sich auch Konzepte zu einer Ökopsychosomatik 413 bisher nicht durchgesetzt haben). Eine Tagung zu »Ökotherapie und Tiefenökologie in Theorie und Praxis« fand noch 2008 statt, der Publikation dazu lassen sich aber überwiegend nur theoretisch-abstrakte Überlegungen entnehmen.414

2009 erschien ein lesenswerter Band mit Beiträgen zu »Ecotherapy«415, in dem auch Forschungsergebnisse zu ökotherapeutischen Ansätzen dargestellt werden. Sie verdeutlichen durchaus machbare und wirksame Beratungs- und Psychotherapieansätze in der Natur.416 Die Natur auch als Erfahrungsraum und Beziehungsobjekt zu erleben wird hier vorgeschlagen. In Psychiatrie und Psychotherapie aber führt ein solcher Ansatz immer noch ein »Aschenputtel-Dasein«,417 trotz früherer Ansätze einer »romantisierenden Psychiatrie« mit dem Bau großer psychiatrischer Krankenhäuser auf dem Land. Elemente einer Ökotherapie bestehen heute noch vereinzelt in psychiatrischen und geriatrischen Kliniken etwa in Form von Gartentherapie und tiergestützten Therapien.

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   Rolle der Achtsamkeit  

 

In der ambulanten Psychotherapie wiederum, stellt der Psychiater Michael Huppertz fest, ist die Natur heute noch unbedeutender als in der institutionalisierten Psychiatrie, Psychosomatik oder Rehabilitation.418 Er verweist rückblickend darauf, dass sich die Vorgeschichte der Psychotherapie durchaus noch draußen und unter Einbezug der Natur abgespielt habe, Freud dann aber die Psyche im Zimmer unter quasi laborähnlichen Bedingungen behandeln wollte. Er berichtet sodann von einer englischen Organisation, die traumatisierten Flüchtlingen bereits seit 1985 unter Begleitung von Psycho- und Physiotherapeuten sowie Medizinern die Möglichkeit gibt, in einer Gartenparzelle Obst und Gemüse anzubauen. Neben und bei der Arbeit im Garten finden Einzel- und Gruppengespräche statt. Möglich wurden Stabilisierung, eine Öffnung für Gespräche über die Vergangenheit sowie die Möglichkeit, in der neuen Umgebung anzukommen. Ähnliche Effekte lassen sich auch bei der Integration von Flüchtlingen in Deutschland beobachten.419

 wikipedia  Michael_Huppertz *1953

Achtsamkeitselemente, so Huppertz, seien als Voraussetzung für die Arbeit an den Traumata unübersehbar, etwa Gegenwärtigkeit, Sinnlichkeit, Sich-Spüren, Umgang mit Gefühlen, Wahrnehmen der eigenen Möglichkeiten und Grenzen, Verbesserung des Selbstwertgefühls, Verbundenheit, Akzeptanz oder Dankbarkeit. Er hat mit Kollegen ein Konzept mit Übungen zu Achtsamkeit in der Natur entwickelt und wendet dies erfolgreich auch für andere psychische Störungen an. Nicht in erster Linie geht es dabei um eine Verbesserung der Beziehung zur Natur, aber die Natur als Erlebnisraum und Beziehungsobjekt erweist sich als hilfreich. Eventuell kann dann auch über das eigentliche psychische Anliegen hinaus grundlegend die Beziehung zur Natur verbessert und dadurch ihr Wert höher geschätzt werden. Denn, so Huppertz, eine moralische Wertschätzung der Natur lässt sich nur aus den Beziehungen, die wir zu ihr unterhalten, gewinnen.

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Wobei Achtsamkeit dabei aber mitnichten die einzige sinnvolle Beziehung sei, die wir zu ihr unterhalten könnten. Der Begriff der »Achtsamkeit« an sich ist mehrdeutig, und wird vor allem deshalb wohl heute so gern verwendet. Zum einen ist damit eine Wachsamkeit assoziiert, in unserem Kontext hier etwa die Aufmerksamkeit für gesell­schaftliche und politische Prozesse sowie die fortschreitende Umwelt­veränderung.

Welzer wiederum versteht darunter eine »permanente Prüfung und Überarbeitung bestehender Erwartungen, dazu eine erhöhte Aufmerksamkeit für mögliche Fehler und Abweichungen«,420 somit ein permanentes Lernen in einer Umgebung, die in ständiger Veränderung begriffen ist,421 etwas also, was heute ebenso nötig erscheint. Achtsamkeit ist aber vor allem für viele Menschen ein geläufiger Begriff, wenn es um Stressabbau und die Work-Life-Balance geht. Programme wie MBSR (Mindfulness Based Stress Reduction) werden hierfür schon länger eingesetzt und haben auch in klassischen Forschungsansätzen ihre Wirksamkeit bewiesen. So können bei etlichen körperlichen, psychischen und psychosomatischen Erkrankungen die Lebensqualität verbessert sowie eine den jeweiligen Krankheiten zuträgliche Änderung der Lebensweise und gute Bewältigungsstrategien erreicht werden, oft auch ein deutlicher Rückgang der Grundsymptomatik.422

Warum also sollte nicht ebenso durch achtsamkeitsbasierte Strategien eine Änderung der Lebensweise möglich sein, die neben Stressabbau auch positive ökologische Effekte hat? Der französische Psychiater Christophe André vermutet, dass durch eine solche Änderung bei sich selbst auch das nähere und dann auch fernere Umfeld beeinflusst werden können.423 Denn Untersuchungen hätten gezeigt, dass der Grundtenor des Umweltengagements und der Achtsamkeitsmeditation im Wesentlichen identisch ist. Beide verbindet, so meint auch André, eine Beziehung zur Natur, ein Gefühl der Demut ihr gegenüber und das Wissen um unsere Abhängigkeit von ihr (somit letztlich wieder von ihren Dienstleistungen, die uns im zweiten Kapitel begegnet waren). Mit Blick darauf, dass die heute immer zahlreicher gewordenen Möglichkeiten des Konsums und der Freizeitgestaltung außer zu Umweltschäden auch zu Stress und Burnout beitragen, könnte auf die von ihm empfohlenen ersten Schritte, die teilweise an die schon genannten Elemente der Ökotherapie erinnern, durchaus ein therapeutischer Fokus gelegt werden:

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Die solchermaßen trainierte innere Stimme könnte dann eher bremsen, wenn die Zeit am Bildschirm zu lang geworden ist, ein Werbespot läuft, der Teller übervoll ist oder eine missmutig werdende Stimmung einfach ein Hinausgehen erfordert. In diesem Zusammenhang empfiehlt auch er Werte wie Offenheit, nämlich Offenheit für den Augenblick, für Mitmenschen und die eigenen Gefühle. Ob sich allerdings dadurch seine Hoffnung erfüllt, frei zu werden von einer Welt, die uns entfremdet hat, bleibt fraglich, ändert sich doch diese Welt zunächst dadurch kaum, und durch das eigene, nun achtsame Tun droht die Entfremdung von der weiter meist nicht-achtsam agierenden Umwelt eher noch größer zu werden.

Wie also stünden insgesamt die Chancen einer Öko-Psycho-Therapie? Dem Juristen und Rechtsphilosophen Felix Ekardt kann an dieser Stelle zugestimmt werden:

Trotzdem wird die ebenfalls natürliche Kurzzeitdeterminierung und tendenziell egoist­ische Grundhaltung des Menschen wahrscheinlich verhindern, dass entsprechende Empfindungen zugunsten nicht sichtbarer Menschen durchschlagen, selbst wenn wir uns alle therapieren lassen würden.425

   Ansätze der Umweltpsychologie 

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Lange schon hat sich der Zweig der Umweltpsychologie etabliert, die mit Aufklärung und verhaltenstherapeutischen Ansätzen Änderungen zu initiieren versucht. 191/192 So beschrieb Sigrun Preuss bereits 1991 in einem mittlerweile vergessenen Büchlein unter dem Titel »Umweltkatastrophe Mensch« Grenzen und Möglichkeiten, ökologisch bewusst zu handeln.426 Sie verweist darauf, dass die Psychologie zur grundlegenden Entscheidungsgröße für ein verändertes ökologisches Handeln der Menschheit werde. Denn wir könnten nur erfassen, was unsere Vorstellungskraft sich auszumalen vermöge, wir könnten nur denken, was unsere kognitiven Strukturen ermöglichen, wir könnten nur fühlen, was wir uns zu empfinden gestatten würden, und wir könnten nur tun, was wir uns nicht verbieten müssten.

Gerade dieser Aspekt, dass das Predigen von Verzicht und Askese nicht zu Verhaltens­änderungen führt, wird auch heute gerne noch übersehen. Sie verweist weiter auf die Interdependenz, also die Wechselwirkung zwischen Person und Umwelt, was neben der sozialen dann auch die natürliche und kulturelle Umwelt betreffe. Ökologische Zusammenhänge aufgreifend, wie sie oben aufgeführt wurden, folgert sie, dass der Organismus in einem von ihm selbst (mit-)gestalteten Lebensraum existiere und handele und von dieser Umwelt sowohl subjektive als auch objektive Beeinflussung erfahre. Gelernt werden müsse daher, ökologisch bewusst zu handeln im Sinne eines gezielten, wissenden Handelns unter dem prinzipiellen Vorsatz der ökosystemaren Zusammenhänge.

Viele umweltrelevante Zusammenhänge aber würden sich aufgrund einer hochgradigen Nicht-Erfahrbarkeit der direkten und unmittelbaren Wahrnehmung entziehen (siehe dazu in diesem Buch bei der »Psychologie des Nichtstuns«), was zu umwelt­unbewusstem Verhalten führe. Wahrnehmung aufgrund unmittelbarer sinnlicher Erfahrung könne emotionale Betroffenheit aktualisieren, was über Bewertung zu Handlungsfähigkeit führen könne (dies wiederum ähnlich den oben diskutierten Werten entstehend durch emotionale Ergriffenheit).

Zur Therapie schlägt sie ein Workshop­modell vor mit Bewusstwerdung der Situation, der Entwicklung konstruktiver Bewältigungsstrategien, um sich dann auch der Angst stellen zu können, mit einer emotionalen Stabilisierung und Kräftigung aus einem Trauerprozess, einem Loslassen heraus, impliziert doch auch ihrer Ansicht nach die Nicht-Verkraftbarkeit umwelt­relevanter Inhalte immer auch die Angst vor Tod und Sterben.

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Aber es sei, so meint auch Preuss, eine Ökologisierung der Psychotherapie vonnöten, denn Therapeut und Klient würden sich in der Abwehr verbünden. Der entscheidende Schritt sei somit die Weiterentwicklung der Therapeuten. Sie könnten ihren Klienten nur helfen, sich über Sachverhalte gewahr zu werden, die sie für sich selbst nicht abwehren müssten.

Preuss‘ weitere, nun verhaltenstherapeutisch getönten Vorschläge, beziehen sich auf den zu leistenden Beitrag der Produkt- und Kontextgestaltung, ebenso auf entsprechendes Training und eine Verhaltensausformung durch Handlungsanreize (wie sonst im Alltag geschehend etwa durch Verkehrsschilder, erzwungene Verkehrs­beruhigung durch Barrieren etc.).

Dieses nun schon vor über 25 Jahren erschienene Konzept wurde hier etwas ausführlicher dargestellt, da einerseits deutlich wird, dass viele der heute diskutierten Vorschläge schon lange verfügbar wären und teilweise durchaus darauf zurückgegriffen werden kann, sie sich andererseits offenbar nicht als durchschlagend erfolgreich oder praktikabel erwiesen haben.

Vielleicht waren die Annahmen und Folgerungen schlichtweg falsch, was ja sein könnte. Aber geschrieben zu einer Zeit, da von Klimawandel, Ressourcenkonflikten und Artensterben erst vereinzelt die Rede war, kamen sie wohl eher zu früh und waren nicht in der Lage, die allgegenwärtige Abwehr in Form der Verdrängung zu durchbrechen.

Auch erscheint aus heutiger Sicht das damals geforderte ökologisch bewusste Handeln unter stetem Wissen um die prekäre Situation nicht möglich. Immer deutlicher ist in den letzten Jahrzehnten geworden, dass Aufklärung über die Umweltschäden mit entsprechender Handlungsaufforderung alleine eher sogar zu einer Verstärkung von Verleugnung, Verdrängung und Kontrollillusion führen.

Es soll daher exemplarisch mit kritischem Blick auf zwei in jüngster Zeit erschienene Konzepte der Umweltpsychologie eingegangen werden.

So stellt auch der Organisations­psychologe Marcel Hunecke fest, dass ein kultureller Wandel die Anwendung psychologisch fundierter Maß- nahmen bei der Mehrheit der Bewohner der frühindustrialisierten Länder erfordere.427

Aber, dies sei hier schon angemerkt, es stellt sich natürlich die Frage, wie das bewerkstelligt werden soll. Eine Psychotherapie der Massen erscheint unmöglich, und erinnert eher an autoritäre Gehirn-wäsche. Dies ist wohl so auch nicht gemeint.

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Ausgehend davon, dass subjektive Zufriedenheit irgendwann nicht mehr materiell weiter gesteigert werden kann, fokussiert er eher auf Lebensqualität und nicht-materiell gestützte Zufriedenheit. Formuliert wird dafür eine Genuss-Sinn-Ziel-Theorie, bei der eben nicht im jeden Satz nachhaltiges Verhalten im Angesicht der Ökokrise angemahnt werden muss. Über drei allgemeine Strategien der guten Lebensführung, nämlich über

könnten demnach positive Emotionen weitgehend unabhängig von materiellen Dingen gefördert werden.

Diese drei Säulen würden sich gegenseitig stützen und die Resilienz gegenüber Störungen des subjektiven Wohlbefindens stärken, was seiner Ansicht nach wiederum die Wahrscheinlichkeit für nachhaltiges Verhalten erhöhe. Er verweist dabei auf Befunde, die zeigen, dass subjektives Wohlbefinden und ökologisches Verhalten dann positiv miteinander korrelieren, wenn sie jeweils durch nicht-materialistische Werte und von einer achtsamen Haltung gestützt werden. Auch hier begegnen uns also Werte und Achtsamkeit wieder.

Hunecke benennt sechs wissenschaftlich begründete psychische Ressourcen zur Förderung einer guten Lebensführung:

Anwendungsfelder zur Förderung dieser Ressourcen könnten demnach sein die Gesundheitsförderung, Coaching, auch die Bildung an Schulen und Hochschulen, weiter Unternehmen und Non-Profit-Organisationen sowie das Gemeinwesen (näheres dazu in seinem Buch).

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Kritik am eigenen Ansatz nimmt Hunecke auf den letzten Seiten seines vor wenigen Jahren erschienenen und öffentlich leider nur wenig wahrgenommenen Buches gleich vorweg. Auch er spricht das schon diskutierte Dilemma zwischen einem auf den Einzelnen bezogenen Ansatz sowie nötiger übergeordneter politischer Maßnahmen an. Allein würden aber politische und ökonomische Steuerungsprozesse nicht ausreichen, um den Ressourcenverbrauch auf ein nachhaltiges Maß zu reduzieren, so Hunecke. Hierzu sei ein kultureller Wandel notwendig, der sich von keinem Ort aus zentral steuern lasse.

Das genau ist aber das Manko dieses Ansatzes wie anderer auch. Eine zentrale Steuerung ist kaum möglich (wobei schon deutlich wurde, dass manche Autoren dies anders sehen), eine Ökodiktatur weder sinnvoll noch erwünscht, ein kultureller Wandel wiederum wird seit Jahrzehnten angestoßen und vollzieht sich durchaus, jedoch viel zu langsam, um die ökologische Krise noch entscheidend abwenden zu können.

Auch jüngst publizierte, an sich sinnvolle Ansätze einer »Zukunftsbildung«429 (die von den Autoren als die eigentliche, zentrale Frage des globalen Überlebens angesehen wird) werden sich nicht rechtzeitig einführen lassen; sie sind nicht einmal am Horizont der Bildungsdiskussion erkennbar.

Die als psychische Ressource bei Hunecke wiederum genannte Solidarität zielt auf die hier schon geführte Diskussion zu Altruismus, Kooperation, Nächsten- und Fernstenliebe. Die aber ist bei zunehmender Verschlechterung der Lebensbedingungen hier immer weniger gegeben, selbst wenn andere Menschen und Völker unter viel schlechteren Bedingungen leben und eine solche Verschlechterung in unseren Breiten häufig wohl eher gefühlt als real ist und oft erst für die Zukunft befürchtet wird.

Für bereits von Leidensdruck und Burnout geplagte und daher Hilfe suchende Menschen mag die von Hunecke angepeilte nicht-materielle Förderung der subjektiven Zufriedenheit hilfreich sein. Ob andere Personenkreise dies überhaupt wünschen, ist allerdings fraglich. Viele Menschen sind mit dem bequemen motorisierten, materiellen und digitalen Leben, das sie führen, zufrieden, ordnen etwaig empfundenen Stress anderen Ursachen zu oder vermeiden erfolgreich durch all die heute möglichen Ablenkungsfaktoren das Spüren einer tieferen Unzufriedenheit. Sie wünschen daher keine von außen eingeredete Notwendigkeit, nun mit Weniger zufriedener werden zu sollen.

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Sowieso scheint für ein solches Thema in den Industriestaaten nur ein kleiner Personenkreis offen zu sein, vor allem wenn man außer verbalen Bekundungen auch das reale Verhalten berücksichtigt.430

Und schließlich laufen rein auf eine Stärkung des subjektiven Wohlbefindens zielenden Therapieansätze Gefahr, letztlich die Personen wieder nur leistungs- und konkurrenzfähiger sowie fit für das Hamsterrad zu machen, in welchem sie dann weiter die Umwelt durch klassische Arbeit, Konsum und große Reisen schädigen können, ohne sich dessen bewusst zu sein.

Sich durch Beratung und Therapie besser zu fühlen bedeutet eben nicht automatisch, nun umweltgerechter zu handeln. Direkte Mahnung und Handlungsaufforderung wiederum sind, wie schon erwähnt, ebenso wenig wirksam. Daher drohen auch mit Checklisten versehene Vorschläge ins Leere zu laufen, die von einer studentischen Initiative für Psychologie im Umweltschutz jüngst herausgegeben wurden.431

Inhalt und Wert der genannten Möglichkeiten sind nicht anzuzweifeln, jedoch die Chance ihrer Umsetzbarkeit.

Und wenn das Vorwort der Autorin schon damit beginnt, dass sie nach einem halben Jahr Freiwilligendienst in Costa Rica mit vielen Eindrücken zurückgekommen sei, die ihr Motivation für nachhaltiges Engagement gegeben hätten, muss der ewig nörgelnde Autor dieser Zeilen doch gleich wieder auf die Vorbildfrage und den im Vergleich zur Normalbevölkerung kaum geringeren ökologischen Fußabdruck von Umweltschützern verweisen (gleichzeitig muss aber auch er gestehen, dass er selbst in seiner studentischen Ära mehrmals Fernreisen per Flugzeug absolviert hat, und dass frustrierenderweise heute trotz nun schon zehnjährigem Verzicht auf diesen Mobilitätsmodus, trotz Biokiste und fleischarmer Ernährung, trotz viel Fahrrad und wenig Auto sowie Solaranlage auf dem Dach sein jährlicher CO2-Ausstoß immer noch nahe beim deutschen Durchschnitt von zehn Tonnen liegt, somit weit entfernt von der global zu fordernden 2,7-Tonnen-pro-Person-Gerechtigkeit).432

Der genannte Arbeitskreis diskutiert die persönliche ökologische Norm, die Anwendung sozialer Normen mit gekonnter Einbeziehung von Soll- und Ist-Normen, Möglichkeiten einer Abwägung, auch von individuellen Kosten und Nutzen, dann ebenso die Stärkung von Selbstregulation und positiver Emotionen, aber auch die Möglichkeit des Aufbrechens alter Gewohnheiten. Als Fazit zu diesem zentralen Thema wird gefolgert:

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Werden Gewohnheiten kurzzeitig, z. B. durch kritische Lebensereignisse, unter­brochen, ist die Zeit günstig für das Ausprobieren neuer und umwelt­freundlicher Handlungs­alternativen. Im besten Fall führt das neue Verhalten zu einer positiven Erfahrung, die vorherige Erwartungen übertrifft.433

Durch ökologisches Handeln positive Erfahrungen zu machen kann dieses im Sinne erlebter Selbstwirksamkeit durchaus positiv verstärken. Aber wenn Gewohnheiten erst beispielsweise durch Sperrung von Straßen geändert werden können, was in diesem Büchlein zuvor als Alltagsbeispiel aufgeführt wurde (siehe auch schon oben bei Preuss), oder erst durch kritische Lebensereignisse, dann deutet auch dies darauf hin, dass die ökologischen Grenzen unserer Lebensstile wohl erst erfahrbarer sein müssen, um zu einer relevanten Verhaltensänderung zu führen. Dies zu wissen und gleichzeitig auszuhalten, weist auf andere psychologische Notwendigkeiten hin, die von der Tiefenökologie aufgegriffen wurden und bei den eigenen Wegen in der Krise noch angesprochen werden (bei Sigrun Preuss deuten sie sich ebenso an). Und natürlich stellt sich langsam die Frage, was denn der allzu kritische (und vielleicht allzu pessimistische?) Autor dieses Buches denn selbst vorzuschlagen hat.

Bevor wir dazu kommen, soll ein letzter psychologischer Strang diskutiert werden. Wenn wir mit einer ökologischen Psychotherapie des Einzelnen derzeit schon nicht oder nur wenig weiterkommen, weil die Therapeuten selbst noch therapiert und Konzepte dafür ausgefeilt werden müssten, an all dem jedoch die Fachrichtung bisher wenig Interesse zeigt, bliebe für die im Grunde nötige »Anwendung psychologisch fundierter Maßnahmen bei der Mehrheit der Bewohner der frühindustrialisierten Länder« wohl nur der Weg in die Öffentlichkeit und Politik.

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Wenn Psychologie politisch wird

 

Bisher haben sich die Lebenswissenschaften aus der öffentlichen Diskussion der Umweltkrise (wie auch etlicher anderer Krisen) weitgehend herausgehalten, und werden auch gerne ignoriert. Das erstaunt insofern, da unser Verhalten ja wesentlich von psychischen Antrieben gesteuert wird, die zumeist nicht bewusst sind.

Ob man da etwa die narzißtisch-destruktiven Persönlichkeiten eines Assad, Erdogan, Putin oder Trump betrachtet oder die Wirkung von Optimismus oder Pessimismus an den Börsen – zumeist sind psychologische Faktoren bestimmend dafür, in welche Richtung die Dinge sich entwickeln. Wenn für die Entwicklung von Empathie und stabiler Persönlichkeit, wie dargestellt, nicht nur die eigenen Umgebungsbedingungen von Bedeutung sind, sondern auch die sozialen, politischen, ökonomischen und ökologischen Begleitumstände, wäre eine politische Einmischung der Psycho­disziplinen umso nötiger. Aber im Bundestag sitzen gerade einmal elf Vertreter »medizinisch bzw. heilkundlicher Berufe« (dafür aber 70 Verwaltungsbeamte und -angestellte).434

Eine gesellschaftliche Transformation entlang eines Nachhaltigkeitspfades werde es ohne Berücksichtigung der Psychologie und der Lebenswissenschaften nicht geben, meint der Psychiater Stefan Brunnhuber, Mitglied des Club of Rome. Auch er kommt zu dem Schluss, dass nachhaltige Veränderungen kein kognitives, sondern ein motivationales Phänomen seien. Und er weist ebenso darauf hin, dass wir uns zumindest dann ändern, wenn es beginnt wehzutun, aber es tue noch nicht hinreichend weh:

Denn erst wenn wir das unerträgliche Leid, das über eine Milliarde Menschen tagtäglich in absoluter Armut ertragen müssen, die schreiende Ungerechtigkeit in den Wohlstands­unterschieden, den Schwund an Artenvielfalt und ökologischen Habitaten oder auch die globale Erwärmung als einen Anteil unseres eigenen Selbst und unserer Lebensentwürfe erleben, sind die emotionalen Voraussetzungen für eine Verhaltensänderung innerhalb eines grünen Dilemmas gegeben. Das ist zweifellos anspruchsvoll, aber nicht unmöglich.435

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Er schlägt eine «Transformationspyramide« vor, die sieben Schritte von senso­motorischen Lernerfahrungen unter anderem über kritische Ich-Funktionen, später über Achtsamkeit und Transzendenz sowie Primärmotive und postkonventionelle Affekte bis hin dann zu den nötigen Lebensstilmodifikationen beinhaltet.

Was meint er mit dieser Motiv- und Affektunterscheidung?

Als Primärmotive nennt er etwa Bindung, Neugier, Gerechtigkeit, Selbstinteresse, soziale Anerkennung und Autonomie, Wohlbefinden und Verzicht, Revierverhalten und Kooperation. Für sie sei ein starker genetischer Anteil anzunehmen. Seien sie bedroht (entsprechend der oben schon diskutierten ungünstigen Bedingungen), würden die Beteiligten suboptimale, ineffiziente, psychopathologisch auffällige und aggressive Reaktionsformen entwickeln. Postkonventionelle Affekte wie Demut, Würde, Vergebung und unter­scheidende Weisheit wiederum könnten eher aus der Entwicklungsdynamik der Person entstehen. Erst wenn, neben weiteren Voraussetzungen, diese Affekte dauerhaft zugänglich seien, könne es zu Lebensstilmodifikationen kommen.

Daher fordert er schon im Vorwort, dass nicht die Technologie, nicht ein zusätzliches Wirtschaftswachstum, sondern die Änderung unseres Bewusstseinsschwerpunktes den Ausschlag geben würde. Statt einer großen Revolution werde die gesellschaftliche Transformation aus vielen kleinen evolutionären Schritten bestehen. Insgesamt, und hier kommen wir dann auch zu einer Verbindung zur Politik, sieht er vier gleichwertige Perspektiven eines Nachhaltigkeitspfades:

Daraus ergebe sich eine weitere Schlussfolgerung: soziale Bewegungen wie Carsharing, Ehrenamt, Zeitkonten, Verleihstationen, Reparaturkultur, eingeschränkter Fleischkonsum, Genossenschaften, Komplementärwährungen, Re-Regionalisierung, Common Gardening, Kreislaufwirtschaften mit Leasing und Service, Re-Use, Recycling, Entspezialisierung der Arbeitswelt (Reskilling) sowie Slow City und Slow Food seien keine

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Anomalien, keine Fehler im System oder krankhafte Entwicklungen. Sie seien vielmehr sozialpsychologische Praktiken, die die kommende gesellschaftliche Entwicklung vorwegnehmen würden.

Gut, dass in diesem langen Satz nochmals viele Vorschläge enthalten sind, die positive Möglichkeiten aufzeigen. Sie haben viel mit den schon skizzierten Postwachstums­szenarien zu tun. Aber es wird ebenso betont, dass es um kommende Entwicklungen geht, weniger um ein mehr oder weniger schnelles Abwenden der Situation, in die wir schon geraten sind.

Denn deutlich wird auch, dass das alles viel Zeit benötigt, wird doch wiederum auch hier nicht weniger als eine ganz erhebliche qualitative Weiterentwicklung menschlicher Eigenschaften und Fähigkeiten gefordert, die zwar möglich ist, weil nicht alles genetisch oder im Hirn von vornherein festgelegt ist, sondern vieles durch wiederum passende und gute Bedingungen beeinflussbar ist, die aber gerade angesichts der sich nicht zum Guten entwickelnden Bedingungen nicht sehr wahrscheinlich ist. Eine »aufscheinende Weisheit«, wie sie der Psychiatrieethiker Hermes Andreas Kick zu erkennen glaubt,436 zeigt sich daher bei der Zielgruppe der nun mehrfach erwähnten Bewohner der frühindustrialisierten Länder bisher kaum.

Deutlicher in der Öffentlichkeit positioniert sich der schon mehrfach zitierte Sozialpsychologe Harald Welzer, von dem häufig Essays in großen Tages- und Wochen­zeitungen zu lesen sind und dessen Bücher, die häufig auch keine euphorische Stimmung erzeugen, durchaus hohe Verkaufszahlen erreichen. Durch griffige Formulierungen, zuspitzende Analysen und Polemik ist es ihm gelungen, entsprech­ende Aufmerksamkeit auf sich und auch manche psychologische Positionen zu ziehen. Auch stellt er gesellschaftliche Bezüge her, etwa wenn er vom »Ende der Welt, wie wir sie kannten«437 oder von »Konsumtotalitarismus«438 spricht.

Und schließlich fordert er eine »Politik der Zukunftsfähigkeit« wiederum vor dem Hintergrund, dass man ohne tiefgreifenden Wandel von Wirtschafts- und Lebensweise nicht durch das 21. Jahrhundert kommen werde, ja nicht einmal eine »Energiewende« (im Original in Anführungszeichen gesetzt) hinkriege:

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Die Zukunft ist unter der Diktatur der Gegenwart abhandengekommen. Denn wofür eigentlich ›der Euro gerettet‹ werden soll oder weshalb alle paar Tage eine neue Generation Handys oder Flachbildschirme, Elektro­fahrräder oder Kühlschränke in die Läden kommen muss, oder wieso man jede Überlebensrationalität einem Wachstumsfetischismus des Augenblicks opfert – darauf gibt es keine Antwort. Eine diktatorische Gegen­wart erfordert aber auch gar keine Legitimation – ihre jeweils aktuellen Not- und Bedürfnislagen liefern Frage und Antwort zugleich. Es geht um die schiere phantasiefreie Erhaltung eines Status quo, der seine Existenz­berechtigung schon dadurch zu erweisen scheint, dass er eben da ist und eine Welt des ›Alles Immer‹ vorhält, in der selbst noch Empfänger staatlicher Unter­stützung genug bekommen, um als Käufer sinnloser Dinge auftreten zu können.439

Konkrete politische Antworten gibt er jedoch nicht (auch in seinem sehr lesenswerten Buch über die »smarte Diktatur« der digitalen Welt440 leider nicht, hier werden vielmehr über eine gesunde Polemik hinaus in teilweise deftigen Formulierungen fast schon Frust und Verbitterung spürbar).

Vielmehr fällt bei ihm und anderen auf, dass fast schon hilflos Revolution (Hartmut Rosa) sowie Protest und Widerstand (Harald Welzer) propagiert werden, ähnlich der Schrift »Empört euch« des ehemaligen französischen Wider­standskämpfers und UN-Diplomaten Stéphane Hessel.(441)  wikipedia  Stéphane_Hessel  1917-2013     wikipedia  Hartmut_Rosa *1965

Wut und Ratlosigkeit können zu diesem Schluss führen, und innerer Widerstand gegen unsere Lebensweise aufgrund deren erkennbarer Folgen tut Not, auch wenn ein richtiges Leben im Falschen schwierig ist. Ebenso wäre es sinnvoll, nach außen öffentlich gegen die entscheidungsträgen Entscheidungsträger zu demonstrieren, aber letztlich müssten wir auch gegen uns selbst protestieren, die wir bisher selbst kaum bereit sind, eine stressende Bequemlichkeit gegen ein entspannendes Weniger einzutauschen.

Vielleicht kann es jedoch diese konkreten (und gewünscht einfachen) Antworten angesichts der komplexen Ausgangssituation gar nicht geben. In seinem Projekt Futurzwei und den dazu veröffentlichten Bänden sammelt Welzer jedoch Gegenentwürfe und Initiativen, die im Sinne eines Experimentierens mit einer anderen Wirklichkeit schon heute neue Lebens- und Wirtschaftsstile praktizieren.

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Dabei, so Welzer, zeichnet sich in Umrissen ab, wie die Kultivierung des erreichten zivilisatorischen Standards bei radikal gesenktem Ressourcenverbrauch aussehen könnte. Denn eine solche lernende Gesellschaft werde auch eine andere Vorstellung davon entwickeln müssen, was Lernen im 21. Jahrhundert sein könne. In einer Zeit, in der kein Rezeptwissen für die Wiederherstellung von Zukunftsfähigkeit vorhanden ist, gebe es auch keinen Anlass mehr für Belehrung. Vom Standpunkt künftiger Überlebenstechniken und dazugehörender Wissensbestände habe ein Bauer aus Bangladesch möglicherweise einiges mehr zu bieten als ein Banker aus Frankfurt.

 

    Wiederbelebung einer intuitiven Beziehung  

 

Wir haben nun gesehen: einfache psychologische Rezepte für die Ökokrise gibt es nicht, so sinnvoll neben der Seelenpflege auch die Weltpflege wäre. So bleibt auch mir nichts anderes übrig, im Konjunktiv einen möglichen Weg aus der Krise zu skizzieren, der manches schon Gesagte aufgreift, und ebenso fraglich bleiben muss. Bevor ich drei wesentliche Punkte einer möglichen ökopsychischen Ausrichtung aufliste, möchte ich gerne eine oben schon kurz erwähnte Studie, publiziert 2011, hier ausführlicher darstellen, die mich in ihrer Schlüssigkeit nachhaltig (!) beeindruckt hat.(442)

Für diese kanadische Studie durften 150 Studenten nach zufälliger Aufteilung einen Weg außerhalb des Universitätsgeländes zu einem vereinbarten Ziel gehen oder in derselben Zeit durch Gebäude und Tunnels auf dem Gelände selbst. Beide Wege beanspruchten je etwa 17 Minuten, es regnete nicht, und es herrschten Herbst­temperaturen von 2,5 bis 17 Grad. In beiden Gruppen durfte jeweils ein Teil der Teilnehmer vorher einschätzen, welche Gefühle der jeweilige Weg wohl auslösen würde, die anderen hatten ihre tatsächlich entstandenen Emotionen am Ende des Marsches anzugeben. Es zeigte sich, dass diejenigen, die außen gingen und am Ziel befragt wurden, signifikant entspannter und deutlich besserer Stimmung waren als die Teilnehmer, die den Weg »indoor« hinter sich hatten.

Die Studenten jedoch, die schon vor dem Marsch ihre Gefühle antizipieren sollten, unterschätzten die positiven Effekte des Aufenthaltes im Freien,

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während der Gang durch die Gebäude emotional eher überbewertet wurde. Unter Verwendung eines standardisierten Fragebogens stellte sich weiter heraus, dass die persönliche Verbundenheit mit der Umwelt bei den Frischluft-Gehern größer war als bei den Tunnel-Nutzern. Dieser Effekt wiederum war eng verknüpft mit den guten Gefühlen, die draußen entstanden waren.

Wenn man also mit gutem Grund davon ausgehen kann, dass die Vorannahme von Gefühlen, die durch eine Handlung entstehen könnten, die Wahl der Handlung selbst wesentlich beeinflusst, so führt dies den Studienautoren nach zu der Schlussfolgerung, dass viele Menschen es versäumen, mehr Zeit in der Natur zu verbringen, weil sie vorher gar nicht annehmen, dass es ihnen gut dabei gehen könnte. So entgeht ihnen eine einfache Möglichkeit, sich besser zu fühlen und der Natur verbunden zu sein. Dieses Konstrukt der Naturverbundenheit ist jedoch, wie andere Studien schon gezeigt hatten,443 eng verknüpft mit umweltgerechten Einstellungen und entsprechendem Verhalten.

Nun gut, ein Spaziergang von einer Viertelstunde rettet nicht die Welt, das räumen auch die Autoren der Studie ein. Aber ihre Ergebnisse zeigen ihrer Ansicht nach einen positiv getönten Weg zu Nachhaltigkeit auf, der eher vermittelbar ist als all die vielfältigen Katastrophenszenarien von Klimawandel und Luftverschmutzung, die den Einzelnen eher rat- und hilflos machen und dabei vielmehr lähmen als aktivieren. Bewegung im Grünen könnte somit beiden helfen: Mensch und Umwelt.

Ein praktisches Anschauungsbeispiel für das Ergebnis dieser Untersuchung (und für die auch bei Therapeuten bestehende Naturentfremdung) ergab sich für mich kürzlich auf dem Weg zum Veranstaltungsort einer großen psychotherapeutischen Tagung. Der zehnminütige Fußweg vom S-Bahnhof dorthin führt auf Bürgersteigen an teils lebhaft befahrenen Straßen entlang, schon nach etwa 200 Metern weist jedoch ein Schild mit Angabe des Zielpunktes nach links auf einen Schotterweg, dieser hinter einen Bahndamm in einen Wald führend. Es war Herbst, ein sonniger Morgen, der Boden weitgehend trocken, und die bunten Blätter der zahlreichen Laubbäume jenseits des Bahndammes leuchteten herüber. In der Vorwegannahme eines guten Gefühls auf einem ruhigen Weg im Wald nahm ich dieses Alternativangebot gerne an, blickte aber neugierig vor einer Kurve auf den Bürgersteig zurück.

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Ich zählte 17 Personen, alle offensichtlich auf dem Weg zum Kongress, die, ohne Notiz vom Schild oder dem Parallelweg zu nehmen, dem vorgebahnten Asphalt folgten. Wie sie sich gefühlt haben dabei, blieb mir natürlich unbekannt (ich selbst kam beschwingt am Tagungsort an, was natürlich auch meinem inneren Stolz geschuldet war). Intuitiv zu spüren, dass ein naturnäherer Weg das Wohlbefinden steigern könnte, fällt aber offenbar schwer.

Während ich dann den Vorträgen zum passenden Thema »Beziehung und Beziehungsgestaltung«444 lauschte, kam es mir, wie wichtig es wäre, diese Thematik genau auf unsere Beziehung zur Natur anzuwenden. Von der aber war bei der Tagung keine Rede. Trotzdem lassen sich wohl dargestellte Beziehungs- und Wirksamkeits­faktoren darauf übertragen.

Zur Beziehungsgestaltung im therapeutischen Kontext folgte ein Vortrag des Neurobiologen Gerhard Roth über die Wirksamkeit von Psychotherapie aus Sicht der Hirnforschung. Es würde zu weit führen, hier nun zu sehr auf Einzelheiten einzugehen. Deutlich wurde aber auch hier (wie auch bei einem weiteren Vortrag des Psychoanalytikers Michael Ermann), dass Emotionen wichtiger sind als Einsicht und Deutung.

Die verhaltenstherapeutische Annahme, dass sich etwa allein durch kognitive Umstrukturierung, also durch eine bewusste Änderung von Fehleinschätzungen und verzerrenden Gedanken, eine Besserung des psychischen Befindens erreichen lässt, hat sich dabei nicht bestätigen lassen. Sie ließ sich nicht mit neurobiologischen Veränderungen in Übereinstimmung bringen. Entsprechende Bahnen^von kognitiven Hirnzentren zu emotionalen Bereichen sind demnach kaum gegeben, andersherum aber eher. Dies entspricht letztlich auch der Alltagserkenntnis, dass unser Denken (also unsere Kognition) wesentlich von Gefühlen und Motiven beeinflusst wird, andersherum aber die Ratio kaum Angst oder Depression anhaltend lindern kann (dies ist als Tendenz zu sehen, denn ganz so einseitig ist es natürlich nicht; Gedanken können durchaus Gefühle beeinflussen oder eng mit ihnen verwoben sein, bei so manch sorgenvollem Grübeln etwa).

Wichtig erscheinen aber auch aus neurobiologischer Sicht die Kindheits- und Jugendjahre, da hier wesentliche Voraussetzungen für die Entwicklung eines adäquaten Stressverarbeitungs- und Beruhigungssystems sowie eines adäquaten Bindungssystems mit Empathiefähigkeit geschaffen werden. Daher, so Roth, ist in einer ersten Therapiephase die Entwicklung einer guten Beziehung zwischen Therapeut und Patient erforderlich, damit ein gutes Bindungs- und Vertrauensverhältnis entstehen kann.

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Um aber alte eingeschliffene Muster und Gewohnheiten zu ändern, die sich auch neurobiologisch in strukturellen Defiziten zeigen (betreffend z. B. die Verteilung, Dichte und Empfindlichkeit von Cortisol- und Serotonin­rezeptoren in den limbischen Zentren sowie ein Ungleichgewicht zwischen den Zentren) und sehr häufig zu Rückfällen etwa bei Depressionen führen, ist im weiteren Verlauf der Psychotherapie das Aufspüren von Ressourcen und Einüben alternativer Schemata im Fühlen, Denken und Handeln von Bedeutung. Gerade dieses Eintrainieren neuer Gewohnheiten aber ist häufig mühsam.

All diese wissenschaftlichen Erkenntnisse aufgreifend meine ich mit Blick auf die angesprochene Beziehung zur Natur, dass drei Faktoren wesentlich sind, will man der ökologischen Krise entscheidend begegnen:

Alle drei Punkte sind nicht gerade originell neu und wurden teilweise in den vorherigen Konzepten schon angesprochen. Gerade der Aspekt, dass das Antizipieren eines guten Gefühls beim Aufenthalt in der Natur wesentlich dafür sein dürfte, einen solchen auch öfter bewusst anzusteuern und dadurch Beziehung zu ihr aufzubauen, scheint mir wichtig zu sein. Denn erst der Aufbau einer solchen Beziehung kann ihren Wert und daher die Notwendigkeit der Bewahrung der (Rest-)Natur deutlich machen. Oft geforderte Empathie und Kooperation dürfen sich daher nicht alleine auf andere Menschen beziehen, sondern sind mindestens genauso auf unsere natürlichen Lebensgrundlagen auszurichten.

Gegenwärtig aber stellt Natur allenfalls den »ruhenden Hintergrund für menschliche Operationen« dar und wird »als Ressourcen-Lager und als universale Deponie«445 aufgefasst.

Wenn dabei die Menschen immer mehr in Städte ziehen, selbst für kurze Strecken Autos verwenden und Naturflächen generell und auch in Städten immer weniger werden, kommen uns zunehmend die Möglich­keiten abhanden, gute Gefühle beim Aufenthalt in der Natur wahrzunehmen, geschweige denn gedanklich schon vorwegzunehmen.

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Natürlich wissen wir intuitiv, dass uns ein Urlaub am Meer und in den Bergen gut tun wird, deshalb sind uns diese Zeiten auch so wichtig. Aber haben wir wirklich Kontakt mit unserer Lebensumgebung aufgenommen, wenn wir Hunderte von Kilometern lang auf Asphalt dem idealisierten Ziel entgegenfahren, dort auf Tausende von Menschen mit dem gleichen Ziel treffend? Hören wir noch Geräusche in der Natur, spüren wir noch unterschiedliche Bodenbeschaffenheiten unter unseren Füßen und riechen wir noch die vielfältigen Geruchsqualitäten, die Wald und Flora bieten? Oder geht das unter in der Musikbeschallung der bewirtschafteten Almhütte, der Animation am Meeresstrand oder dem lauten Gedröhn der Urlaubsdisco? Zur Empathie mit der Natur kommt es so sicher nicht. Ein Buch zu Tiefenökologie beginnt mit dieser Geschichte:

Während eines Seminars zum Thema >Müll in uns und um uns< brach aus einer Teilnehmerin plötzlich der Satz heraus: >Es braucht nicht mehr Umweltmanagement, sondern mehr Liebe zur Natur!<446

Solche Sichtweisen laufen immer Gefahr, ähnlich wie die schon erwähnte Nächstenliebe belächelt zu werden, da sie doch nur die Natur, die es ja als solche sowieso kaum noch gibt, romantisieren würden. Dieses Lächeln fällt dann auch bei öffentlichen Diskussionen auf, wenn jemand es wagt, darauf aufmerksam zu machen, dass im Gelände eines geplanten Gewerbegebietes seltene Fledermausarten zu finden sind. Derlei abschätzige Reaktionen zeigen jedoch, dass bei vielen Menschen die Beziehung zu den Lebensgrundlagen im Sinne der schon diskutierten »Naturdefizitstörung« deutlich geschwunden ist. Alles, was man braucht, ist in Supermärkten zu haben, das Benzin kommt von der Tankstelle, und mit dem Auto lassen sich Einkäufe und die Wege in die Natur problemlos bewältigen.

Typisches Beispiel unserer Freizeitnutzung von Natur ist etwa ein stark frequentierter Badesee in der Sommerzeit, während die Wege um das hinter der nächsten Brücke liegende Biotop leer bleiben und somit die Chance zur Beobachtung von Fröschen, Molchen oder anderen Kleintieren ungenutzt bleibt.447

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Die geforderte Beziehung zur Natur zu entwickeln muss aber nicht zwangsläufig bedeuten, jetzt noch mehr Urlaube in den Bergen oder am Meer zu verbringen oder nur die blühende Blumenwiese im Garten zu bewundern. Gerade der Alltag bietet vielfältige Chancen zur Herstellung eines Bezugs, sei es etwa indem Füße und Fahrrad statt dem Auto verwendet werden, indem selbst bei Regen ein Spaziergang gewagt und dann durchaus positiv erlebt werden kann, oder indem Gartenarbeit (die auch auf dem Balkon möglich ist) eingesetzt wird und dabei wieder ein Gefühl für Erde und »gesunden Dreck»« entstehen kann. Ich erinnere mich gerne an einen 50-jährigen Patienten, der mir freudestrahlend eine große Zucchini aus seinem Schrebergarten mitbrachte und von dem Frosch am kleinen Teich berichtete, den er länger beobachtet hatte.

Was nämlich gerne übersehen und höchstens unbewusst bei der Suche nach Erholung im Grünen umgesetzt wird, ist die Tatsache, dass Natur auch einen heilenden Effekt hat.448 So ist bekannt, dass bei einem hohen Anteil an Grünflächen um den Wohnsitz schwerwiegende Lebensereignisse weniger belastend sind und das psychische Befinden als besser eingeschätzt wird. Auch treten Ängste und Depressionen seltener auf. Weiter fördern Spiel und Bewegung im Freien bei Kindern motorische, sprachliche und mathematische Fertigkeiten sowie die Konzentration und die Leistungsfähigkeit, gerade das unorganisierte Spiel in der Natur scheint hier sogar einen Vorteil gegenüber organisiertem Sport im Verein zu haben.

Allein der Blick aus dem Krankenhausfenster ins Grüne hilft, Schmerzmittel einzusparen, und ermöglicht eine frühere Entlassung verglichen mit dem Blick auf eine Backsteinwand, wie bereits Studien der 1980er-Jahre ergaben. Jogger, die in natürlichen Landschaften laufen, fühlen sich erholter, weniger ängstlich, aggressiv oder depressiv als Menschen, welche die gleiche Menge Kalorien in Fitnessstudios oder anderen Innenräumen verbrennen. Ängstlichkeit und schwere Depressionen mögen allerdings viele Betroffene davon abhalten, nach außen zu gehen. Offenbar ist aber viel Grün in der Umgebung allein schon vor dem Fenster positiv wirksam, ähnlich dem Blick aus dem Krankenhausfenster. Bereits Licht, insbesondere am Vormittag, verhilft zu Beruhigung und besserem Schlaf, weshalb auch Lichttherapie eingesetzt wird, ein Hinausgehen dafür aber schon genügen würde.

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Zudem wurde festgestellt, dass eine halbe Stunde Ausdauersport dreimal wöchentlich ähnlich wirksam ist wie eine Tablette gegen Depressionen (was aber wohl nur, aber immerhin, bei leichten bis mittleren Depressionen eine Relevanz hat, denn mit schweren Antriebsproblemen ist kaum jemand zum Joggen zu bewegen). Daher empfehle ich gerne als Strategien zur Befindlichkeitsverbesserung oder gar als zusätzliche »Antidepressiva« drei normalerweise stets verfügbare Faktoren, nämlich Licht, Bewegung und diese dann im Grünen.

Eine Beziehung zur Natur erscheint zunächst einfach herzustellen zu sein. Der Tatsache, dass Eisbären und Zebras sowie verbleibende Felder geschützt und nur wenig Chemie in der Landwirtschaft eingesetzt werden sollen sowie die nächste Samstagswanderung in den Bergen sicher schön wird, können die meisten Menschen zustimmen, auch wenn damit noch keine tiefere Beziehung zur Natur aufgebaut ist. Dazu würde dann aber auch gehören, die Umwelt nicht nur als Objekt zu betrachten, weder beim Urlaub noch in der Wissenschaft. Es hilft uns nicht, alle Tier- und Pflanzenarten auf der Welt gezählt und aufgelistet zu haben, wenn wir sie dann eh nur vernichten.

Normalerweise stelle ich auch keine Kosten-Nutzen-Rechnung an, bevor ich eine Partnerschaft eingehe oder ein Kind bekomme. Genau das passiert aber, wenn offenbar erst alle ökologischen Zusammenhänge erforscht und den Dienstleistungen der Natur ein finanzieller Wert gegeben werden sollen, um sie dann vielleicht schützen zu können. Intuitiv weiß ich, dass mir Kontakte und Beziehung gut tun, dafür brauche ich keine Wissenschaft. Wir werden nicht mit den Methoden, die uns in die heutige Situation gebracht haben, selbige bewältigen können, ähnlich hatte dies Albert Einstein schon formuliert.449 Insofern ist tatsächlich mehr »Liebe« zur Umwelt als ihr Management gefragt. Nachhaltigkeit wird gerne auf Ökonomie, Ökologie und Soziales bezogen. Die Natur, die die Lebensgrundlagen stellt, sollte dabei aber an erster Stelle stehen.

Etwas schwieriger wird es dann schon beim Empfinden oder gar Äußern von intensiven Emotionen. Das wurde in der Erziehung nicht immer gefördert und ist in der heutigen rationalen und rationalisierten Arbeits- und Freizeitwelt meist nicht gewünscht, sondern führt eher zu Konflikten im Sinne von: »nun sei doch nicht wieder so emotional!«

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Vielmehr sind Fitness und Funktionieren gefragt, und wenn überhaupt, dann nur positive Emotionen, weil diese wieder mentales Befinden und Alltagsbewältigung potenziell verbessern. Dass auch Gefühle wie Angst, Furcht, Trauer, Wut und Aggression im Menschen angelegt sind, geht dabei unter. Dabei könnte gerade das intensive Empfinden von Trauer oder Wut beim Anblick dieser Welt die Beziehung zu dieser vertiefen und ein Handeln eher ermöglichen. Dies gilt genauso für positive Gefühle wie Freude, Rührung, Demut und Dankbarkeit, etwa beim Aufenthalt in der Natur.

Der schwierigste Faktor an meinem wie an den vorherigen Konzepten scheint mir aber das Einüben und Trainieren neuer Verhaltensmuster zu sein, dessen Wirksamkeit sich jedoch wie dargestellt auch neurobiologisch zeigt. Denn es leuchtet ein: alles, was anders oder gar neu ist, will geübt werden, damit es in Fleisch und Blut übergeht, das gilt für ein Instrument oder den Führerschein genauso wie für nachhaltiges Einkaufen und Leben. Gerade hier sind aber so viele Dinge zu bedenken, die uns immer wieder zu überfordern drohen. Um im Bild zu bleiben: hier sind ganz viele Instrumente gleichzeitig neu zu lernen. So müsste etwa auf ein eigenes Auto und Flugreisen verzichtet und am Carsharing teilgenommen werden, die Ernährung auf möglichst fleischlos und regional-biologisch umgestellt werden, auch müssten sämtliche Möglichkeiten zum Energiesparen konsequenter genützt werden, um nur drei Beispiele zu nennen.

Dieses Einüben mag dann noch schwerer fallen, wenn der Erfolg nicht garantiert ist, sei es, weil sich keine weiteren Orchestermitglieder finden, also Nachbarn oder andere Nationen nicht mitziehen wollen, oder weil selbst trotz hartnäckigem Übens sich kein guter Klang einstellen will, also trotz vielfältiger Lebensstilumstellung der ökologische Fußabdruck sich bei weitem nicht so senken lässt wie eigentlich notwendig (wie ich ja selbst bemerkt habe). Das schon erwähnte ökologische Durchhaltevermögen ist somit schwer. Einzig vielleicht eine psychische Wirksamkeit im Sinne von Stressreduktion und Entspannung durch Verzicht auf Unnötiges mag das versuchte ökologisch korrekte Handeln positiv verstärken. Allerdings lehnen viele Menschen einen solchen Zusammenhang für sich ab, wie schon erwähnt, und nachhaltige Lebensweisen können selbst wiederum bei all dem zu Bedenkenden und mehr selbst zu Tuendem phasenweise als stressig empfunden werden.

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Grundsätzlich aber können wir Behandler im Rahmen stressbewältigender Ansätze, die wir (aber auch z. B. Hausärzte) in vielen kurzen Dialogen in unserer Praxis ebenso wie in der Psychotherapie tagtäglich anwenden, durchaus den Materialismus der heutigen Zeit in Frage stellen und stattdessen Selbstbewusstsein und Autonomie dahingehend fördern, dass hierfür nicht Konsum und Statusdenken ausschlaggebend sein müssen, sondern auch einmal gegen den Strom geschwommen werden darf. Dies muss nicht direktiv oder manipulativ geschehen, sondern kann durch offene Fragen, das Aufzeigen von Widersprüchen oder das Aufgreifen geschilderter oder aktueller Erfahrungen hilfreich sein. Allein die Thematisierung des entstehenden Drucks durch das während des Gesprächs klingelnde Smartphone könnte dafür ein Aufhänger sein.

Im Sinne einer Förderung bestehender Fähigkeiten und Ressourcen ist beim Erleben des Patienten und schon vorhandenen Erfahrungen anzusetzen. Viele Patienten haben selbst schon bemerkt, wie gut es tut, im Zustand der Ruhe und Entspannung, bei ausgeschaltetem Smartphone, beim Aufenthalt im Grünen oder auch im guten Gespräch mit Freunden und Familie sich nicht permanent mit zu vielen Angelegenheiten und Problemen beschäftigen zu müssen. Urlaub auf einer Berghütte etwa kann sehr erholsam sein, wenn man plötzlich merkt, dass für gutes Befinden nicht viel Materielles gebraucht wird und die spartanische Einrichtung völlig ausreicht. Heimweh nach dem Haushalt mit seinen vielen zu versorgenden Gegenständen, nach verpassten Filmen und ungelesenen Mails tritt dabei kaum auf. Dies lässt sich auch in der Beratung und Therapie gerade von Erschöpfungs- und Überforderungs­syndromen aufgreifen mit der Suche von Wegen, diese Erfahrungen im Alltag umzusetzen.

Empfehlen kann man zudem, sich Gleichgesinnte zu suchen und gemeinsam neue Lebensstile einzuüben. Vielleicht sollten Konzepte ausgearbeitet werden, die ähnlich wie das oben erwähnte MBSR (Stressreduktion durch Achtsamkeit) an regelmäßigen Treffen (bei MBSR sind es acht Abende und ein Wochenendtag) einen Austausch über mögliche Verhaltensänderungen vor Ort und schon erzielte Erfolge beinhalten, verbunden mit theoretischen Aspekten, aber auch der Erfahrung eines positiven Gemeinschaftsgefühls in einer überschaubaren Gruppe. Dabei könnten ebenso gemeinsame Ausflüge in die Natur durchgeführt werden, etwa auch mit Anwendung entsprechender Achtsamkeitsübungen, wie sie ja publiziert sind.

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Die Gruppen sollten dann aber, ggf. auch psychologisch geleitet, die entsprechenden Emotionen aufgreifen, die im Alltag aktuell bei jedem im Vordergrund stehen, aber auch beim Anblick der Welt auftauchen. Gruppenprogramme sind ja nichts Ungewöhnliches, Selbsthilfegruppen wie auch Gruppentherapien sind seit Jahrzehnten etabliert. Von deren Strategien ließe sich sicher auch für solche »SNBSR (Sustainability and Nature Based Stress reduction)»-Gruppen (oder wie immer man sie auch nennen will450) einiges lernen.

Aber ein solches Vorgehen, das zudem wohl nur einen kleinen Teil der Bevölkerung in nur wenigen Ländern ansprechen würde, erfordert langwierige Prozesse. Zunehmend ist aber schnelles Handeln gefragt. Es bliebe wieder nur die Perspektive des Eintrainierens von veränderten Lebensstilen für eine erst noch kommende Zeit sich weiter (schleichend) verändernder Lebensbedingungen. Aber es stellt sich zugespitzt schon die Frage, wie sich weltweit die Einführung eines Lern- und Übungsprogramms zur Absolvierung des Führerscheins (und dadurch dann offiziell erlaubter Umweltschädigung) durchsetzen konnte, und ob ähnliches nicht auch für die noch viel komplexeren Handlungsanforderungen zur Bewahrung der Umwelt möglich und nötig wäre (aber ein Auto ist konkret nützlich, bequem und macht Spaß; all das fehlt den bisherigen Nachhaltigkeits­konzepten noch. Wenn eine Nachhaltigkeits-App einen ähnlichen Hype erzeugen könnte wie Pokemon Go, wäre viel gewonnen!).

Was also könnten Psychotherapeuten nun tun? Es sei zumindest kurz zusammengefasst. Zunächst also könnten sie

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Es wäre also viel möglich, muss aber wohl im unrealistischen Bereich des Möglichen bleiben angesichts der vielen Hindernisse, die dem entgegenstehen. Wenn man so etwas sagt, bekommt man schnell zu hören, dass mit Pessimismus oder gar Fatalismus keine positive Motivation geschaffen werden kann. Das ist richtig, aber sich illusionär etwas vorzumachen hilft auf die Dauer auch nicht weiter; gerade in Beratung und Therapie ist es angeraten, sich offen und ehrlich schwierige Konflikte und Situationen gemeinsam anzuschauen; viele Autoren fordern inzwischen, ebenso ehrlich über die Umweltthemen zu diskutieren. Das aber vermeiden gerade auch unsere Entscheidungsträger in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, die damit ähnlich verleugnend bleiben wie die von ihnen dirigierten Bürger.

* * *

Ökotherapie, Achtsamkeit, Naturbezug herstellen, nachhaltige Lebensstile einüben, die Wahrnehmung dabei auftretender Emotionen fördern - es gäbe von psychiatrischer und psychologischer Seite durchaus Vorschläge, wie der ökologischen Krise begegnet werden könnte. Wenngleich nur wenige Fachleute aus den Psychowissenschaften sich mit der Umweltkrise bisher beschäftigt haben, liegen auch von dieser Seite durchaus fundierte Analysen und Rezepte vor, wenngleich es wie so oft an der Umsetzbarkeit hapert, zumal sich hier gleich zwei in der Gesellschaft zumeist unbeliebte Themen, Öko und Psycho, begegnen. Eine Ökopsychotherapie der Massen oder auch des Einzelnen erscheint gegenwärtig kaum vorstellbar.

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Zunächst nämlich müssten die Therapeuten selbst, die hier auf gleicher Ebene stehen wie andere Bürger, Klienten und Patienten auch, sich entsprechend weiter entwickeln und therapieren. Dafür wäre allerdings eine Öffnung der Psychotherapieschulen für diese Themen notwendig. Der eingangs zitierte James Hillman kritisiert vielmehr die hier häufig bestehende Annahme, dass die äußere Welt tote Materie sei und nur die Innenwelt lebe, weshalb wir in der Therapie oder auch Meditation nur nach innen gehen würden. Und er stellt ketzerische Fragen:

Könnte es sein, dass das, von dem wir alle am meisten überzeugt sind, dass nämlich die Psychologie das einzig Gute ist, was es in einer scheinheiligen Welt noch gibt, dass dies nicht wahr ist? Dass die Psychologie, die Arbeit an sich selbst, ein Teil der Krankheit wäre, nicht die Heilung? Ich glaube, dass die Therapie einen philosophischen Fehler gemacht hat, der in der Annahme besteht, dass die Erkenntnis dem Handeln vorangeht. Ich glaube nicht, dass dies so ist. Ich glaube, dass die Reflexion immer dem Ereignis nachgeht.(451)

Er stellt somit die oben dargestellte Lehre der Umweltpsychologie, dass dem Bewusstwerden das Handeln folgen könne, in Frage. Wobei das zuletzt dargestellte umweltpsychologische Konzept letztlich dann auch die Bedeutung kritischer Lebensereignisse betont hat. Also scheint doch erst die Krise spürbarer werden zu müssen, bevor Reflexion und Handlungsänderungen einsetzen können. An dieser Stelle könnte einem Zynismus vorgeworfen werden. Das wäre aber ein Missverständnis. Denn diese Schlussfolgerung macht ja gerade bedrückt und traurig und erschwert ein fröhliches »Weiter so!« oder anstrengendes »Nun anders!«

Aller Konjunktiv und die Betonung dessen, was sich ändern müsste, auch in diesem Kapitel, machen somit nur eingeschränkt Sinn, solange keine konkreten Wege dahin erkennbar sind. Die Hoffnung jedenfalls, die Hartmut Rosa in die Psychotherapeuten arn Anfang dieses Kapitels gesetzt hat, scheint sich nicht erfüllen zu wollen. Auch die hier aufgezeigten Wege erscheinen mehr als fraglich. Der Neurophilosoph Thomas Metzinger nämlich meint gar, dass nicht mentale Prägungen oder Wertesysteme kausale Hauptfaktoren für die heutige Situation sind, sondern - wie oben schon erwähnt - neuronal in langer evolutionärer Geschichte realisierte Muster, die Tiefenstruktur unseres Geistes sei betroffen.452

Nach Betrachtung vorgeschlagener Lösungsmöglichkeiten zur ökologischen Situation, die uns zurück zu uns und unserer psychischen Befindlichkeit geführt haben, ist daher ein Fazit zu ziehen zu den Chancen insgesamt, die globale Umweltkrise mit ihren ökonomischen und sozialen Folgen noch abzuwenden. Es fällt nicht positiv aus. Was umso mehr erfordert, danach eine angemessene Haltung dazu zu entwickeln. Die trotzdem nicht resignativ sein muss.

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Dr. Andreas Meißner - Möglichkeiten und Grenzen von Öko- und Psychotherapie