Deborah
Danowski,
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2014
wikipe Castro
detopia: |
Wallace-Wells
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Lesebericht Audio DLF 2019
Aus dem brasilianischen Portugiesisch von Clemens und Ulrich van Loyen Há Mundo Por Vir? Ensaio Sobre os Medos e os Fins
Verlag / Klappentext
Die Vorstellungen vom Ende der Welt sind so vielfältig und zahlreich wie ihre Kulturen. Von der Sintflut über nukleare Katastrophen bis zur Vernichtung der Menschheit durch ein Supervirus reichen die Fantasien, die nicht nur die Science-Fiction durchziehen, sondern auch ganze Philosophien und Religionen begründen. Die Philosophin Deborah Danowski und der Ethnologe Eduardo Viveiros de Castro beleuchten in diesem Buch die wichtigsten und verbreitetsten Variationen des Themas vom Ende der Welt vor dem Hintergrund der globalen Umweltkrisen im Anthropozän. Die gegenwärtigen Katastrophenszenarien sind zumeist auch Gedankenexperimente über den drohenden Niedergang der westlichen Zivilisation. Es wird klar: Das Ende der Welt muss nicht gleich das Ende aller Zeiten bedeuten. In diesem in viele Sprachen übersetzten Essay ziehen die beiden Autoren eine Bilanz aus den Enden der Welt, um aus ihnen weitreichende philosophische, ökologische und anthropologische Schlussfolgerungen für die politische Praxis zu schöpfen. Ein wichtiges Buch für unsere Zeit, ein Buch, das Hoffnung macht. |
Inhalt Inhalt.pdf
Und welche gewalttätige Bestie... (7) Metaphysik und Mythophysik (12)
...da die Zeit gekommen (14) Gaia und anthropos (14) Die Perspektive des Weltendes (28)
...Kriecht nach Bethlehem, um geboren zu werden? (33) Die Welt vor uns (33) Die Welt nach uns (35)
Außerhalb des Denkens oder Der Tod des Anderen (39) Ein bestimmtes Volk ohne Welt der unmittelbaren Vergangenheit (39) Das thanatologische Argument (42) »Niemand wird das Fehlen bemerken« (49)
Am Ende allein (55) Ceci n’est pas un monde (55) Nach der Zukunft: Das Ende als Anfang (60) Das Große Drinnen: Die spekulative Höhlenkunde von Gabriel Tarde (74)
Eine Welt aus Menschen (79) Das Ende der Verwandlungen oder das erste Anthropozän (80) Anthropomorphismus gegen Anthropozentrismus (88) Das Ende der Welt der Indios (94)
Menschen und Erdverbundene im Krieg von Gaia (101) Die unmögliche Spezies (102) Das Ende der Welt als fraktales Ereignis (121)
Die Welt in der Schwebe (138) An die Welt glauben (150)
Danksagung und Postscriptum (155) Ulrich van Loyen: Nachwort (158) Anmerkungen (162) Literaturverzeichnis (176) |
Leseberichte
deCastro
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matthes-seitz-berlin.de/buch/in-welcher-welt-leben.html
sueddeutsche danowski-viveiros-de-castro-in-welcher-welt-leben-rezension 10. Juli 2019 Von Thomas Steinfeld Nimmt alle anderen Gründe für einen Weltuntergang in sich auf - die Klimakatastrophe.
perlentaucher danowski-de-castro/in-welcher-welt-leben
zu Süddeutsche Zeitung 2019 Rezensent Thomas Steinfeld ist bestens gerüstet für den Weltuntergang mit diesem Handbuch der brasilianischen Philosophin Deborah Danowski und dem Ethnologen Eduardo Viveiros. Die allgegenwärtige Klimakrise stets im Hinterkopf blickt der Kritiker hier mit den Autoren auf unterschiedliche Weltuntergangsvisionen: So lernt er etwa den "Akzelerationismus" kennen, dessen Anhänger glauben, die Welt lasse sich durch eine technische Perfektionierung des Kapitalismus retten, begegnet hier aber natürlich auch der Lehre vom Anthropozän, also der Idee, mit der Gegenüberstellung von "Mensch und Natur" habe das Ende der Welt bereits begonnen. Überzeugend können die Autoren dem Rezensenten auch die Thunberg'sche Beschwörung einer geschlossen am Gemeinwohl interessierten Menschheit widerlegen. Ihrer [der Autoren] Idee eines "Anthropomorphismus", der das Gegenüber von Mensch und Natur im Sinne einer "Erdverbundenheit" aufhebt, will sich der Kritiker allerdings auch nicht recht anschließen.
zu Dlf 2019 Hans von Trotha bewundert den Optimismus und das Reflexionsvermögen von Deborah Danowski und Eduardo Viveiros de Castro. Wie die Autoren in ihrem halb philosophischen, halb anthropologisch-ethnologischen, teils abstrakten, teils konkreten Essay zeitgenössische Vorstellungen und Diskurse von der Apokalypse präsentieren und zugleich nüchtern und engagiert gegen jede Form von Katastrophismus argumentieren, findet Trotha bemerkenswert. Nicht nur die indigenen Kosmologien Amerikas erscheinen dem Rezensenten dadurch in neuem Licht.
dlf castro-und-danowski-in-welcher-welt-leben
zu Frankfurter A.Z., 05.2019 Christian Schwägerl schätzt das Buch des Anthropologen Eduardo Viveiros de Castro und der Philosophin Deborah Danowski für seine optimistischen Denkfiguren aus der Welt der Indigenen. Mit Anthropomorphismus aus der Falle des Anthropozentrismus - das scheint Schwägerl bedenkenswert. So wenig leichtgängig er die akademisch gehaltene Studie findet, so sehr überrascht ihn ihr Ideenreichtum. Ausgehend von der Vorstellung, nach der Apokalypse auf der Erde bleiben zu wollen, entwickeln die Autoren laut Rezensent mit großer analytischer Kraft und sachlicher Umsicht eine Apokalypsephilosophie in der Tradition eines Günther Anders. |
deutschlandfunkkultur.de/de-castro-und-danowski-in-welcher-welt-leben-es-geht-um-100.html
De Castro und Danowski: „In welcher Welt leben?“
Es geht um alles, es geht um das Ende
Lesebericht Audio DLF 2019 07:06 MinutenEin Versuch über die Angst vor dem Ende – so der Untertitel des Sachbuches.
Von Hans von Trotha · 06.08.2019
Das Essay von Eduardo Viveiros de Castro und Deborah Danowski beschäftigt sich mit dem Ende der Erde. Die Autoren erläutern, welche Ideen dazu heute existieren. Und gehen einen weiten Weg, um etwas Optimismus ausfindig zu machen.
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Manche scheinen immer noch zu glauben, die Bedrohung durch den Klimawandel sei ein Thema unter vielen, das dank medienwirksamer Auftritte Einzelner besonders intensiv durch die publizistischen Arenen getrieben würde. Da kommt ein Text gerade recht, der den Diskurs klärt, an dem wir derzeit alle, mehr oder weniger bewusst, beteiligt sind. Es geht um alles. Beziehungsweise um nichts. Es geht um das Ende.
Deborah Danowski und Eduardo Viveiros de Castro beginnen ihren Essay mit einen Überblick über zeitgenössische Ideen zur drohenden Selbstzerstörung der Zivilisation, sprich: zum Ende der Welt.
Die „mythische Dualität von Menschheit und Welt“ und die „politische Kollision des Menschen mit der Erde“ speisen apokalyptische Diskurse, denen weitgehend gemeinsam ist, dass sie das Ende der Welt mit einem Ende des Denkens gleichsetzen.
Danowski und Viveiros de Castro argumentieren engagiert und sachlich im Rahmen akademischer Diskurse, die den Film und die Literatur immer einbeziehen, die als Science-Fiction das Ende der Welt vielfach durchgespielt haben.
Gegen „Katastrophismus“ und den sogenannten „Akzelerationismus“, einer Art Versöhnung von Niedergangsszenarien und Kapitalismus, verwahren sie sich ebenso wie gegen Alain Badious Rede von der Ökologie als „neue(m) Opium des Volkes“.
Der Essay besteht aus zwei unterschiedlichen Hälften, deren erste eher von Denkfiguren der Philosophin Danowski bestimmt ist, während die zweite auf die anthropologisch-ethnologische Arbeit Viveiros de Castros in seiner Heimat Brasilien baut.
Dieser Gestus vom Abstrakten zum Konkreten wartet mit einer überraschenden Wendung auf: einem Perspektivwechsel im Blick auf die „indigenen Kosmologien der Amerikas“.
„Wir befinden uns jetzt auf der Schwelle zu einem Prozess der planetarischen Umgestaltung, der in mancher Hinsicht stark dem ähnelt, was im Amerika des 16. Jahrhunderts geschah: eine überfallene Welt, dem Erdboden gleichgemacht, von fremden Barbaren dezimiert. Der geneigte Leser stelle sich vor, einen jener B-Movies zu sehen (oder in ihm mitzuspielen), in denen die Erde von Außerirdischen erobert wird, die sich als ‚Menschen‘ ausgeben, um den Planeten zu beherrschen und seine Ressourcen zu nutzen, nachdem die ihrer ursprünglichen Welt erschöpft sind. (…) Man stelle sich vor, dass in Wirklichkeit wir diese Außerirdischen sind.“
Danowski und Viveiros de Castro beklagen „die Unfähigkeit, Schmerz zu empfinden und Trauer zu zeigen über das, was bereits tot ist.“ Das bedeute jedoch nicht, „dass wir nur hier sind, um festzustellen, dass die Welt untergegangen sei, gerade untergehe oder untergehen werde. Es gibt“, so die Pointe, „zahlreiche Welten auf der Welt“.
Und das heißt: „Vom Ende der Welt zu sprechen, bedeutet nicht, von der Notwendigkeit zu sprechen, sich eine neue Welt an Stelle der gegenwärtigen vorzustellen, sondern ein neues Volk (…), das an die Welt glaubt, und sie hervorbringen muss mit dem, was wir von der Welt lassen.“
Man muss schon weit denken, um derzeit in dieser Welt noch optimistisch nach vorn blicken zu können.
Leserbericht aus Deutschland von Werner E. Winkler auf detopia
Zu großen Teilen fast unlesbar (für normal gebildete LeserInnen). 9. August 2019
Auf Empfehlung des ZEIT-Autors Johannes "Jo" Schneider hin habe ich mir dieses Buch (ausnahmsweise direkt beim Verlag) bestellt und es mir mit großer Erwartung vorgenommen, da mir sein Aufsatz über die "auserzählten Apokalypsen" so gut gefallen hatte.
Doch schon nach wenigen Zeilen, denen ich als mittelmäßig gebildeter Leser folgte, kam die Ernüchterung: Eine/r der beiden AutorInnen scheint sich nicht darum zu scheren, dass es abseits der 0,1% an Lesern, die gleichzeitig Dutzende von Philosophen der Gegenwart und deren Werke kennen als auch des Französischen, Lateinischen und Englischen so mächtig sind, um kurze Einschübe in Originalsprache zu verstehen, auch solche gibt, die gerne ein Buch "lesen" würden, statt in einer Fülle von Zitaten, Fremdwörtern oder kleinen akademischen Seitenhieben zu versinken.
Ein Beispielsatz hierzu:
"Für Meillassoux gleicht das korrelationistische Manöver dem Transzendentalen Idealismus Kants, der Phänomenologie, dem postmodernen Skeptizismus und anderen Antiabsolutismen; doch es findet sich dem Autor zufolge in virulenterer Weise in sämtlichen "subjektorientierten" Philosophien, die die Korrelation verabsolutieren oder ontologisieren (epistemisch oder kritisch ist sie allerdings nur im klassischen Korrelationismus und in den ihm nachfolgenden Strömungen). Beispiele hierfür sind der objektive Idealismus hegelscher Prägung, der Voluntarismus Nietzsches und andere spirtualistischen, vitalistische oder panpsychistische Systeme, die der Autor als "Hyperphysische" qualifiiziert."
Wie erfrischend hingegen der/die zweite AutorIn, derenthalben ich von diesem Buch doch nicht ganz abraten möchte (also den normal gebildeten LeserInnen): "Wenn wir also davon ausgehen, dass es zu viele Menschen auf dieser Welt gibt (leider kann diese Evidenz von keiner Überlegung widerlegt werden), dann gibt es einige wenige, die zu viel Welt haben und viel zu viele Menschen, die zu wenige Welten haben – und hier wird die Angelegenheit haarig."
Oder auch hier: "Als die wahren Spezialisten für das Ende der Welt haben die Maya und andere indigene Völker Amerikas uns also tatsächlich viel zu lehren. Wir befinden uns jetzt auf der Schwelle zu einem Prozess der planetarischen Umgestaltung, der in mancher Hinsicht stark dem ähnelt, was im Amerika des 16. Jahrhunderts geschah: eine überfallene Welt, dem Erdboden gleichgemacht, von fremden Barbaren dezimiert."
Wer sich mit der Grundfrage des Buches, nämlich wie sich die Klimakatastrophe auf die ganze Welt und die eigene, kleine, auswirken wird und wie man mit dem dann gewonnenen Wissen umgehen möchte, beschäftigen will – dem sei eher das fulminante Werk von Gregory Fuller "Das Ende. Von der heiteren Hoffnungslosigkeit im Angesicht der ökologischen Katastrophe" in seiner aktuellen Neuerscheinung, das kleine Bändchen "O.K. trotz K.O. Vorbereiten auf das Ende der Zivilisation" von Swante Schwarz oder das Essay "Was sind die Konsequenzen der Klimakatastrophe" (aus meiner eigenen Feder) ans Herz gelegt.
Beide nehmen es sicher nicht mit der Fremdwörter-Quote oder der Anzahl der Belegzitate aus anderen Werken auf, aber es kann garantiert werden, dass einem nach dem Lesen nicht mehr Fragezeichen als zuvor durch den Kopf schwirren, sondern zumindest auf einige der drängendsten Fragen, die ja überaus existenzieller Natur sind, konkrete Antworten versucht werden.