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III. Das Klimakaleidoskop  

3-Anmerkungen  a559 bis  a661    

1- Erzählungen (s167)   2- Krisenwirtschaft (s184)    3- Die Kirche der Technologie (s199)  

  4- Konsumpolitik (s215  5- Geschichte jenseits des Fortschritts (s228)   6-Ethik am Ende der Welt  (s236)

 

 

3.1-  Erzählungen (s167)

s315-s332

559  Einen guten akademischen Überblick über dieses Phänomen bietet E. Ann Kaplan, Climate Trauma: Foreseeing the Future in Dystopian Film and Fiction, Rutgers University Press, 2015.

560  Das Genre nahm richtig Fahrt auf mit H. G. Wells' Die Zeitmaschine und fand schließlich seinen bevorzugten Platz im postapokalytischen Kino, unter anderem in Filmen wie The World, the Flesh, and the Devil und The Day After - Der Tag danach.

561  »Nihilismus und Defätismus als Reaktion auf die Klimakrise sind weder mutig noch erkenntnisreich, und es ist zutiefst merkwürdig, sie als eine schöne, poetische Regung zu betrachten«, schrieb Kate Aronoff auf Twitter, wahrscheinlich in Bezug auf die Schriften von Roy Scranton. »Der Klimawandel ist vieles. Was er nicht ist, ist ein Vehikel für männliche Literaten, über ihre Existenzangst zu schreiben und das dann als Wissenschaft zu verkaufen.« Siehe: https://twitter.com/KateAronoff/status/1035022145565470725

562  Siehe insbesondere Jean-Francois Lyotard, Das postmoderne Wissen: Ein Bericht, Wien, Passagen Verlag, 2012.

563  Einen hervorragenden Bericht darüber enthält Morris Dickstein, Dancing in the Dark: A Cultural History ofthe Great Depression, New York, W. W Norton, 2009.

564  Ghoshs Buch, Blessing 2017, trägt den anschaulichen Untertitel Der Klimawandel als das Undenkbare.

565 Der Begriff hat erst im letzten Jahrzehnt Verbreitung gefunden, obwohl es das Genre - meist spekulative Fiktion, in der die klimatischen Bedingungen eine treibende Kraft darstellen - mindestens schon seit der Zeit von J. G. Ballard (Der Sturm aus dem Nichts, Paradiese der Sonne, Welt in Flammen) und möglicherweise schon seit H. G. Wells (Die Zeitmaschine) und Jules Verne (Der Schuss am Kilimandscharo) gibt. Anders formuliert: Es ist mehr oder weniger genauso alt wie das Genre Science-Fiction, an den sein Name angelehnt ist. Margaret Atwoods MaddAddam-Trihpe (bestehend aus Das Jahr der Flut, Oryx und Crake und Die Geschichte von Zeb) zählt sicherlich dazu, und sogar Ian McEwans Solar. Diese Werke stellen Ghoshs These auf die Probe, da es sich bei allen um klimageprägte Romane mit der narrativen Struktur eines bürgerlichen Romans handelt. Etwas anders einzuordnen ist Cormac McCarthys Die Straße - dabei handelt es sich um einen Klimaepos. Doch wer heute von Cli-Fi als Genre spricht, scheint damit etwas... nun ja, Genrehafteres zu meinen, beispielsweise Kim Stanley Robinsons Capital-Code-Trilogie oder sein späteres Werk New York 2140.

 

566  Ghosh geht hier von einer sehr engen Definition eines archetypischen Romans aus; er denkt hauptsächlich an solche, die sich um die Reise eines Protagonisten durch ein aufkommendes bürgerliches System drehen. Und obwohl er den Kalten Krieg und den 11. September als Beispiele für Geschichten aus dem echten Leben nennt, die Romane dieser Schule inspiriert haben, stimmt es nicht unbedingt, dass die besten Romane - und Filme - über das Ende des Kalten Krieges diejenigen sind, in denen die Figuren exakt in der Landkarte des Jahres 1989 platziert sind, wie aufgespießte Schmetterlinge.

Und auch diejenigen, die sich dem 11. September so genähert haben, waren größtenteils Blindgänger, obwohl es manchmal den Eindruck machte, als habe sich eine ganze Generation, insbesondere die männliche Hälfte, zum literarischen Handeln aufgerufen gefühlt. »Wenn der 11. September passieren musste«, schrieb Martin Amis in The Second Plane, seinen Überlegungen zum Schicksal der Fantasie im Zeitalter des Terrors, »tut es mir kein bisschen leid, dass er sich zu meiner Lebenszeit ereignet hat«.

Die Erderwärmung hat Martin Amis, soweit ich weiß, nicht dazu gebracht, sich zu fühlen wie George Orwell, obwohl sie ein eigenes kleines Genre hervorgebracht hat, den Traueressay: die fatalistische, quasipoetische, ökologische Klage in der ersten Person. Ein Beispiel dafür liefert Roy Scranton in seinen Werken Learning to Die in the Anthropocene und We're Doomed, Now What? - näher können Geschichten über den Klimawandel wohl nicht an die selbstmythologisierende moralische Klarheit von Orwell herankommen.

 

567  Das ist eine der klassischen »Konflikterzählungen«. Andere Beispiele reichen von Robinson Crusoe bis zu Schiffbruch mit Tiger.

568  Oxfam, »Extreme Carbon Inequality«, Dezember 2015, www.oxfam.org/sites/www.oxfam.org/files/file_attachments/mb-extreme-carbon-inequality-021215-en.pdf

569  Diese Ansicht ist allgegenwärtig, unter anderem, weil sie so überzeugend ist, aber mit besonderem Nachdruck präsentieren sie Naomi Klein in ihren Büchern Die Entscheidung: Kapitalismus vs. Klima und The Battle for Paradise, Jedediah Purdy in After Nature und vielleicht noch eindrucksvoller in den Essays und Diskussionen, die in Dissent veröffentlicht wurden, sowie natürlich Andreas Malm in Fossil Capital.

 

570  Die Geschichte hilft da auch nicht viel weiter, denn die Industrialisierung durch die Linken während Stalins Fünfjahresplan, Maos Großem Sprung nach vorn oder sogar in Venezuela unter Hugo Chavez verfolgte auch keinen verantwortungsbewussteren Ansatz als das, was im Westen geschah.

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571  Es gibt eine Vielzahl von Berichten über das Fehlverhalten der Ölkonzerne, aber zwei Werke, die sich gut zum Einstieg eignen, sind: Naomi Oreskes und Erik M. Conway, Die Machiavellis der Wissenschaft. Das Netzwerk des Leugnens, Weinheim, Wiley-VCH, 2014, und Michael E. Mann und Tom Toles, Der Tollhauseffekt, Erlangen, Solare Zukunft, 2018. Siehe auch Peter Kareiva und Valerie Carranza, »Existential Risk Due to Ecosystem Collapse: Nature Strikes Back«, Futures, September 2018.

572  Laut dem Weltklimarat sind es 35 Prozent, siehe: IPCC, Contribution of Working Group III to the Fifth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change, Genf, 2014.

573  Claire Poole, »The World's Largest Oil and Gas Companies 2018: Royal Dutch Shell Surpasses Exxon as Top Dog«, Forbes, 6. Juni 2018.

574  Laut dem World Resources Institute waren es 2017 14,36 Prozent, siehe: Johannes Friedrich, Mengpin Ge und Andrew Pickens, »This Interactive Chart Explains World's Top Ten Emitters, and How They've Changed«, World Resources Institute, 11. April 2017, www.wri.org/blog/2017/04/interactive-chart-explains-worlds-top-10-emitters-and-how-theyve-changed.

 

575  1980 nannte der Kunstkritiker John Berger die modernen Zoos »das Epitaph für eine Beziehung, die so alt war wie der Mensch selbst«. »Der Zoo, in den die Leute gehen, um mit den Tieren zusammenzukommen, sie zu beobachten, sie zu sehen, ist in der Tat ein Denkmal für die Unmöglichkeit solcher Begegnungen.«

»Heute könnten sich diese Worte auf einen Großteil der Massenkultur der Mittelschicht beziehen«, schrieb der Rechtswissenschaftler und Umweltschützer Jedediah Purdy in »Thinking Like a Mountain«, n+1 29, Frühjahr 2017, einem Essay über neue Formen des nature writing in Zeiten des Anthropozäns. »Sie ist zu einer Art Gedenkstätte für die nicht menschliche Welt geworden, die in tausend Repräsentationen zum Leben erweckt wird, selbst während sie vollständig verschwindet.« Damit meint er, dass wir aus der Natur einen Zoo gemacht haben, ja; aber wir leben immer noch in diesen Käfigen. »Neben der weltweiten Domestizierung lauert ein entgegengesetztes und furchterregendes Potenzial«, schreibt Purdy. »Jeder neue Supersturm, jede Epidemie und jeder jährliche Hitzerekord trägt den Untergang in sich, vor allem für die Armen der Welt, aber letztendlich für fast jeden. Trotz aller tiefgreifenden und rasant zunehmenden Ungleichheiten ist das Leben heute weniger gefährlich und die Natur eine stabilere und flexiblere Kulisse für das menschliche Tun als je zuvor. Dennoch wirkt es so, als könne die Welt sich auf uns stürzen wie eine Phalanx gekränkter Götter, die gerade die Seiten gewechselt haben.«

 

576  Diese Vorhersage traf E. O. Wilson in einem Kommentar in der New York Times, der am 3. März 2018 unter dem Titel »The Eight Million Species We Don't Know« erschien - und der Gedanke findet sich auch in seinem 2016 veröffentlichten Buch Die Hälfte der Erde. Ein Planet kämpft um sein Leben (C. H. Beck, 2016) wieder. Laut dem »Living Planet Report 2018«, den der World Wildlife Fund und die Zoological Society of London herausgeben, ist die Tierwelt schon um diesen Wert geschrumpft - sogar um 60 Prozent seit 1970.

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577 Über dieses Thema habe ich einen langen Artikel mit dem Titel »The Anxiety of Bees« verfasst, New York, 17. Juni 2015.

578  Ein Artikel über diese Studie aus dem Jahr 2017 erschien in der Fachzeitschrift PLOS One, unter dem sperrigen Titel »More than 75 Percent Decline over 27 Years in Total Flying Insect Biomass in Protected Areas«. 2018 führte eine Untersuchung der Insektenpopulationen in den Regenwäldern Puerto Ricos zu noch besorgniserregenderen Ergebnissen - ein Forscherkollege nannte die Funde sogar »hyperbesorgniserregend«. Der Insektenbestand dort ist auf ein Sechzigstel geschrumpft. (Bradford Lister und Andres Garcia, »Climate-Driven Declines in Arthropod Abundance Restructure a Rainforest Food Web«, Proceedings ofthe National Academy of Sciences, 30. Oktober 2018.)

 

579  Das jüngste Beispiel dafür ist vielleicht Jamie Lowes Artikel »The Super Bowl of Beekeeping«, The New York Times Magazine, 15. August 2018. Die ursprüngliche »Bienenfabel« hatte eine ganz andere Bedeutung: Bernard Mandevilles so betiteltes Gedicht aus dem Jahr 1705 legte ausführlich dar, dass öffentliche Tugendbekundungen unweigerlich heuchlerisch seien und dass die Welt zu einem besseren Ort werde, je rücksichtsloser die Menschen ihre »Laster« verfolgen. Die Tatsache, dass dieses Gedicht später zu einem Grundpfeiler der Idee des freien Marktes wurde und Adam Smith prägte, ist umso bemerkenswerter, wenn man bedenkt, dass es erstmals nach der Südseeblase an Popularität gewann.

 

580  »Wenn das Geoengineering funktioniert, wessen Hand stellt dann das Thermostat ein?«, fragte Alan Robock 2008 in der Fachzeitschrift Science. »Wie soll sich die Welt auf ein optimales Klima einigen?« Zehn Jahre später schrieb sein Student Ben Kravitz auf dem Blog des Forschungsprogramms Geoengineering an der Harvard University - ja, Harvard hat ein Forschungsprogramm zum Thema Geoengineering, und ja, auch einen Blog dazu: »Es könnte möglich sein, im Klimasystem gleichzeitig eine Vielzahl von Zielen zu erreichen.«

581 Jakub Nowosad et al., »Global Assessment and Mapping of Changes in Meso-scale Landscapes: 1992-2015«, International Journal of Applied Earth Observation and Geoinformation, Oktober 2018.

582 Yinon M. Bar-On et al., »The Biomass Distribution on Earth«, Proceedings ofthe National Academy ofthe Sciences, Juni 2018.

583 Brooke Jarvis, »The Insect Apocalypse Is Here«, The New York Times Magazine, 27. November 2018.

584 J. E. Hansen, »Scientific Reticence and Sea Level Rise«, Environmental Research Letters 2, Mai 2007.

585 Daniel A. Chapman et al., »Reassessing Emotion in Climate Change Communi-cation«, Nature Climate Change, November 2017, S. 850-852.

586 IPCC, Global Warming of 1.5°C: An IPCC Special Report on the Impacts of Global Warming of 1.5°C Above Prelndustrial Levels and Related Global Greenhouse Gas Emission Pathways, in the Context of Strengthening the Global Response to the Threat of Climate Change, Sustainable Development, and Efforts to Eradicate Poverty, Incheon, Korea, 2018, www.ipcc.ch/report/srl5.

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3.2-  Krisenwirtschaft  (s184

 

587  Die beste Einführung in das, was die Verhaltensökonomik uns über diese Verzerrungen lehren kann, bietet das Buch des Nobelpreisträgers Daniel Kahneman Schnelles Denken, langsames Denken, München, Siedler, 2012.

588  Deshalb bezeichnet der Wissenschaftler Timothy Morton den Klimawandel als »Hyperobjekt«. Doch obwohl der Begriff sich gut dazu eignet, zu verdeutlichen, wie immens der Klimawandel ist und wie schlecht es uns bisher gelingt, dieses Ausmaß zu erkennen, gilt dennoch: Je tiefer man in Mortons Analyse einsteigt, desto weniger Erkenntnisse bietet sie.

In Hyperobjects: Philosophy and Ecology After the End ofthe World (Minneapolis, University of Minnesota Press, 2013) nennt er fünf Eigenschaften: Hyperobjekte sind 1) viskos, womit gemeint ist, dass sie sich an jedes Objekt und jede Idee anheften, mit der sie in Berührung kommen, wie Öl, 2) schmelzflüssig, womit gemeint ist, sie sind so groß, dass sie unserem Empfinden von Raumzeit zu widersprechen scheinen, 3) nicht verortbar, womit gemeint ist, dass sie so verteilt sind, dass jeder Versuch, sie aus einer bestimmten Perspektive voll zu erfassen, scheitert, 4) phasig, womit gemeint ist, dass sie dimensionale Eigenschaften haben, die wir nicht verstehen, so wenig wie wir einen fünfdimensionalen Gegenstand fassen könnten, der unseren dreidimensionalen Raum durchkreuzt, und 5) interobjektiv, womit gemeint ist, dass sie gegenläufige Objekte und Systeme verbinden. Viskos, nicht verortbar und interobjektiv - okay. Aber das macht die Erderwärmung noch nicht zu einem Phänomen, das sich von dem unterscheidet, was wir bisher kennen, oder von denen, die wir recht gut verstehen, wie etwa dem Kapitalismus.

Was die anderen Eigenschaften angeht: Wenn der Klimawandel unserem Empfinden der Raumzeit widerspricht, liegt es nur daran, dass wir eine dürftige, enge Vorstellung von Raumzeit haben, da die Erderwärmung sehr wohl innerhalb der Atmosphäre unseres Planeten abläuft, und nicht auf unerklärliche Weise, sondern durch Mechanismen, die Wissenschaftler seit Jahrzehnten sehr präzise voraussagen. Dass wir es in diesen Jahrzehnten verpasst haben, uns damit auseinanderzusetzen, bedeutet nicht, dass die Erderwärmung unser Verständnis überstiege. Das zu sagen klingt fast nach einer Ausflucht.

 

589 Das schrieb Jameson in »Future City«, veröffentlicht in der New Left Review in der Ausgabe von Mai/Juni 2003.

590 Die Bedeutung, die der »Fossiler Kapitalismus«-Theorie beigemessen wird, variiert natürlich, aber Spielarten davon finden sich in Vaclav Smils Energy and Civilization, in Andreas Malms Fossil Capital und in Jason Moores Capitalism in the Web ofüfe.

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591  Diese Frage stellt Moore in Capitalism in the Web of Life und auch Benjamin Kunkel diskutiert sie ausführlich in: »The Capitalocene«, London Review of Books, 2. März 2017.

592  Naomi Klein, Die Schock-Strategie: Der Aufstieg des Katastrophen-Kapitalismus, Frankfurt a. M., S. Fischer, 2007.

593  Naomi Klein, The Battlefor Paradise: Puerto Rico Takes On the Disaster Capita-lists, Chicago, Haymarket, 2018.

594  Laut der Internationalen Energieagentur betrugen die Emissionen 2017 weltweit 32,5 Gigatonnen, während es 1990 nur 22,4 gewesen waren. Natürlich darf man dabei nicht vergessen, dass die sozialistischen und selbst die linksgerichteten Staaten in Bezug auf den Kohlendioxidausstoß nie deutlich besser abgeschnitten haben als die stark kapitalistisch geprägten. Daher könnte es ein wenig irreführend sein, zu sagen, dass die Emissionen vom Kapitalismus an sich oder auch nur von Interessen, die innerhalb eines kapitalistischen Systems besonders stark hervortreten, in die Höhe getrieben werden. Stattdessen könnte es auf die universelle Macht des materiellen Wohlergehens verweisen, dessen Nutzen wir meist nur sehr kurzsichtig betrachten.

595  Dieser Artikel von Jonathan D. Ostry, Prakash Loungani und Davide Furceri erschien im Juni 2016.

596  Romer veröffentlichte »The Trouble with Macroeconomics« am 14. September 2016 auf seiner Homepage.

597  Der Nobelpreisträger hat sich in vielen Publikationen über die Einführung einer CO2-Steuer geäußert; eine klare Aussage darüber, welchen Betrag er für optimal hält, trifft er in: »Integrated Assessment Models of Climate Change«, National Bureau of Economic Research, 2017, https://www.nber.org/reporter/2017number3/nordhaus.html.

598  Adam B. Smith, »2017 U.S. Billion-Dollar Weather and Climate Disasters: A Historie Year in Context«, National Oceanic and Atmospheric Association, 8. Januar 2018.

599 »Risks Associated with Global Warming of 1.5 Degrees Celsius or 2 Degrees Celsius«, Tyndall Centre for Climate Change Research, Mai 2018. Siehe auch: Marshall Burke et al., »Global Non-Linear Effect of Temperature on Economic Production«, Nature 527, Oktober 2015, S. 235-239, https://doi.org/10.1038/naturel5725.

600 »Negative Emission Technologies: What Role in Meeting Paris Agreement Targets?«, European Academies' Science Advisory Council, Februar 2018.

601 Jason Hickel, »The Paris Agreement Is Deeply Flawed - It's Time for a New Deal«, Aljazeera, 16. März 2018.

602 David Keith et al., »A Process for Capturing COz from the Atmosphere«, Joule, 15. August 2018.

603 David Coady et al., »How Large Are Global Fossil Fuel Subsidies?«, World Development 91, (März 2017), S. 11-27.

604 David Rogers, »At $2.3 Trillion Cost, Trump Tax Cuts Leave Big Gap«, Politico, 28. Februar 2018. Andere Schätzungen liegen höher.

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3.3-  Die Kirche der Technologie  (s199)

 

605 Diese Sichtweise legte er im Januar 2016 klar und deutlich auf einer Konferenz in New York dar.

606 Ted Chiang, »Silicon Valley Is Turning into Its Own Worst Fear«, BuzzFeed, 18. Dezember 2017.

607 Nick Bostrom, »Analyzing Human Extinction Scenarios and Related Hazards«, Journal of Evolution and Technology 9, März 2002.

 

608   In »Survival of the Richest« (Medium, 5. Juli 2018) beschrieb der Zukunftsforscher Douglas Rushkoff seine Erfahrungen als Vortragsgast auf einer Privatkonferenz für Superreiche - die Veranstalter waren selbst keine Technologen, sondern Hedge-fonds-Reiche, die sich aber, so nahm es Rushkoff wahr, von den großen Technologen inspirieren ließen. Rasch, so schrieb er, entwickelte sich das Gespräch in eine Richtung:

Welche Region wird von der kommenden Klimakrise weniger schlimm betroffen sein, Neuseeland oder Alaska? Baut Google Ray Kurzweil tatsächlich ein Zuhause für sein Gehirn, und wird sein Bewusstsein den Übergang überstehen oder sterben und ganz neu geboren werden? Schließlich erklärte der CEO eines Brokerhauses, dass er mit dem Bau seines unterirdischen Bunkersystems fast fertig sei, und fragte: »Wie schaffe ich es, nach dem Ereignis das Bewachtungsteam im Griff zu behalten?«

»Das Ereignis.« Laut Rushkoff ist das eine Art Oberbegriff für alles, was den Status oder die Sicherheit der Privilegiertesten der Welt gefährden könnte - »ihr Euphemismus für den Umweltkollaps, den Aufstand, den Atomschlag, den unaufhaltsamen Virus oder den ultimativen Hackerangriff, der alles zusammenbrechen lässt. Diese eine Frage beschäftigte uns den Rest der Stunde«, fährt Rushkoff fort.

Sie wussten, dass bewaffnete Kräfte nötig sein würden, um ihre Anwesen vor dem wütenden Mob zu schützen. Aber wie sollten sie die Wachen bezahlen, wenn das Geld seinen Wert verloren hatte? Was würde die Wachen davon abhalten, sich ihren Chef selbst auszuwählen?

Die Milliardäre zogen in Betracht, die Lebensmittelvorräte mit speziellen Kombinationsschlössern zu sichern, deren Code nur sie kannten. Oder die Wachen als Gegenleistung für ihr Überleben eine Art Strafhalsband tragen zu lassen. Oder vielleicht Roboter zu bauen, die als Wachen und Arbeiter dienen könnten - falls die Technologien rechtzeitig so weit waren.

In Unsterblich sein (München, Carl Hanser, 2017) registriert Mark O'Connell den gleichen Impuls innerhalb der obersten Kaste im Silicon Valley. Dem Buch als Motto vorangestellt ist ein Zitat von Don DeLillo: »Genau das ist Sinn und Zweck von Technologie.

Auf der einen Seite erzeugt sie eine Sehnsucht nach Unsterblichkeit. Auf der anderen droht sie mit der Auslöschung allen Lebens.« Es stammt aus Weißes Rauschen, genauer gesagt vom Kollegen und Freund des Erzählers, Murray Jay Siskind, der sowohl als komischer Gegenpart des Romans auftritt als auch als dessen »Erklärer«.

Mir war nie klar, wie ernst wir als Leser Murrays Aussagen eigentlich nehmen sollen, aber diese beschreibt die übliche Doppelzüngigkeit der Tech-Branche ziemlich treffend: Man dreht wegen der »existenziellen Risiken« durch, schafft aber gleichzeitig private Auswege aus der Sterblichkeit.

Für Rushkoff sind das alles Facetten des gleichen Impulses, den die Klasse der Visionäre, Strippenzieher und Wagniskapitalgeber teilt, deren Zukunftsträume allgemein als Arbeitsauftrag aufgefasst werden, insbesondere von den Armeen von Ingenieuren, über die sie verfügen wie über ein Wildes Heer - sie investieren in neue Formen der Raumfahrt, der Lebensverlängerung und eines durch Technologien ermöglichten Lebens nach dem Tod.

»Sie bereiteten sich auf eine digitale Zukunft vor, was weitaus weniger damit zu tun hatte, die Erde zu einem besseren Ort zu machen als damit, das menschliche Dasein an sich zu überwinden und sich von der sehr realen und präsenten Gefahr des Klimawandels, des ansteigenden Meeresspiegels, der Massenmigration, der globalen Pandemien, nationalistischen Ängsten und der Ressourcenerschöpfung zu distanzieren«, schreibt Rushkoff.

»Für sie dreht sich die Zukunft der Technologie im Grunde nur um eines: Flucht.«

 

609  Christina Nichol, »An Account of My Hut«, n+1, Frühjahr 2018. Nichol erklärt diesen Titel so: 

Ich habe einmal eine Geschichte mit dem Titel »An Account of My Hut« (»Aufzeichnungen aus meiner Hütte«) gelesen, von Kamo no Chömei, einem japanischen Einsiedler aus dem 12. Jahrhundert. Chömei beschreibt, wie er sich, nachdem er einen Brand, ein Erdbeben und einen Taifun in Kyoto erlebt hat, aus der Gesellschaft zurückzieht und in einer Hütte lebt.

Siebenhundert Jahre später verfasste Basil Bunting, der Dichter aus Northumber-land, seine eigene Fassung von Chömeis Geschichte:

Oh! Es gibt nichts, worüber ich mich beklagen könnte.
Buddha sagt: »Nichts in dieser Welt ist gut,«
Ich mag meine Hütte...
Doch selbst wenn ich der Welt entsagen wollte, könnte ich mir in Kalifornien keine Hütte leisten.

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610  Diese Vorhersage - die seitdem immer und immer wieder diskutiert wird - weitete Keynes zu einem Essay aus, der bemerkenswerterweise am 11. und 18. Oktober 1930 in Nation and Athenaeum erschien, kurz nach dem Börsencrash 1929, unter dem Titel »Economic Possibilities for our Grandchildren«.

611 Diese Formulierung tauchte zum ersten Mal in Robert M. Solows Rezension zu Manufacturing Matters von Stephen S. Cohen und John Zysman auf (»Wed Better Watch Out«, The New York Times Book Review, 12. Juli 1987).

612 Alex Hern, »Bitcoin's Energy Usage Is Huge - We Can't Afford to Ignore It«, The Guardian, 17. Januar 2018.

613  Bill McKibben, »Winning Is the Same as Losing«, Rolling Stone, 1. Dezember 2017. »Man könnte es auch so sagen: 2075 wird die Welt von Solarpanels und Windrädern angetrieben werden - frei verfügbare Energie ist ein Verkaufsargument, das schwer zu schlagen ist«, schrieb McKibben. »Aber wenn wir so weitermachen wie bisher, wird damit ein kaputter Planet beleuchtet. Die Entscheidungen, die wir 2075 treffen, werden keine Rolle mehr spielen; selbst die Entscheidungen, die wir 2025 treffen, spielen eine deutlich geringere Rolle als diejenigen, die in den nächsten paar Jahren anstehen. Heute haben wir einen Hebel.«

614 Dieser Leitspruch war zum ersten Mal 2003 in The Economist zu lesen.

615 IDC, »Smartphone OS Market Share«, www.idc.com/promo/smartphone-mar-ket-share/os

616 David Murphy, »2.4BN Smartphone Users in 2017, Says eMarketer«, Mobile Marketing, 28. April 2017, https://mobilemarketingmagazine.com/24bn-smartphone-users-in-2017-says-emarketer.

617 Diese Zahlen stammen von Robbie Andrew, einem Forscher am Center for International Climate Research, und aus seiner Präsentation »Global Collective Effort«, die er im Mai 2018 auf seiner Homepage veröffentlichte (http://folk.uio.nO/roberan/t/2C. shtml). Darin beruft er sich auf Daten aus Michael R. Raupach et al., »Sharing a Quota on Cumulative Carbon Emissions«, Nature Climate Change, September 2014.

618 »UN Secretary-General Antonio Guterres Calls for Climate Leadership, Outlines Expectations for Next Three Years«, UN Climate Change News, 10. September 2018: »Wenn wir nicht bis 2020 einen Kurswechsel vorgenommen haben, riskieren wir es, den Punkt zu verpassen, an dem wir einen unkontrollierbaren Klimawandel noch verhindern können, mit dramatischen Konsequenzen für die Menschen und die natürlichen Systeme, auf die wir angewiesen sind.«

619 Jocelyn Timperley, »Q&A: Why Cement Emissions Matter for Climate Change«, CarbonBrief, 13. September 2018, www.carbonbrief.org/qa-why-cement-emissions-matter-for-climate-change.

620 Ken Caldeira, »Climate Sensitivity Uncertainty and the Need for Energy Without CO2-Emission«, Science 299, März 2003, S. 2052-2054.

621 James Temple, »At This Rate, It's Going to Take Nearly 400 Years to Transformthe Energy System«, MIT Technology Review, 14. März 2018,

 www.technologyreview.com/s/610457/at-this-rate-its-going-to-take-nearly-400-years-to-transform-the-energy-System

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622 Informationsdienst der Vereinten Nationen, »New Report on Health Effects Due to Radiation from the Chernobyl Accident«, 28. Februar 2011, www.unis.un-vienna.org/unis/en/pressrels/2011/unisinf398.html. Siehe demgegenüber Weltgesundheitsorganisation, »Chernobyl: The True Scale of the Accident«, 5. September 2005, www.who.int/mediacentre/news/releases/2005/pr38

623 Vereinte Nationen, »Report of the United Nations Scientific Committee on the Effects of Atomic Radiation«, Mai 2013, S. 11, www.unscear.org/docs/GAreports/A-68-46_e_V1385727.pdf

624 Lisa Friedman, »Cost of New E. RA. Coal Rules: Up to 1400 More Deaths a Year«, The New York Times, 21. August 2018. Siehe auch Pamela Das und Richard Horton, »Pollution, Health, and the Planet: Time for Decisive Action«, The Lancet 391, Nr. 10119, Oktober 2017, S. 407-408, https://doi.org/10.1016/S0140-6736(17)32588-6.

625 James Conca, »Why Aren't Renewables Decreasing Germany's Carbon Emissions?«, Forbes, 10. Oktober 2017.

626 Andreas Malm, The Progress ofThis Storni: On Society and Nature in a Warming World, London, Verso, 2018.

627 So heißt es im Text ihres Songs »Tunnel Vision«.

 

3.4-  Konsumpolitik  (s215)

 

628  Annie Correal, »What Drove a Man to Set Himself on Fire in Brooklyn?«, The New York Times, 28. Mai 2018.

629  Ein umfassender Bericht über diesen Brief findet sich hier: Theodore Parisienne et al., »Famed Gay Rights Lawyer Sets Himself on Fire at Prospect Park in Protest Suicide Against Fossil Fuels«, New York Daily News, 14. April 2018.

630  Bürger, die sich heute mit wohltätigen Spenden für medizinische Forschungen, Universitätsstipendien, Museen oder Literaturmagazine ein reines Gewissen erkaufen, könnten vermehrt dazu übergehen, für einen CO2-Ausgleich zu bezahlen oder in Fonds für die Kohlenstoffabscheidung zu investieren (einige fortschrittlichere Nationen würden womöglich sogar die Einnahmen aus der Kohlenstoffsteuer direkt in CCS- und BECCS-Maßnahmen überführen.) Progressive Wissenschaftler werden die Gentherapie auf den Klimawandel anwenden, wie sie es beim Wollhaarmammut schon begonnen haben - bei ihm erhoffen sie sich, es könnte, sobald es wieder zum Leben erweckt ist, die Graslandschaften der eurasischen Steppe wiederherstellen und so verhindern, dass Methan aus dem Permafrostboden austritt. Bald werden sie vermutlich zu den Moskitos übergehen, in der Hoffnung, die von ihnen übertragenen Krankheiten auszurotten.

Vielleicht wird ein eigensinniger Milliardär versuchen, eigenhändig die Erde mithilfe von Geoengineering abzukühlen, und mit ein paar Privatflugzeugen über dem Äquator herumfliegen, um dort Schwefel auszubringen, während er Bill Gates und seine Moskitonetze als Vorbild anführt.

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631  Thomas Piketty, Das Kapital im 21. Jahrhundert,  CH. Beck, 2014.

632  Über den Gründer von Modern Farmer, einem Feinschmeckermagazin für Hipster, ging 2018 das Gerücht um, er wolle ein »Goop für den Klimawandel« lancieren.

633 Alexis Temkin, »Breakfast with a Dose of Roundup?«, Environmental Working Group Children's Health Initiative, 15. August 2018, www.ewg.org/childrenshealth/gly-phosateincereal. Siehe auch: »Während eines Waldbrandes reichen reine Staubmasken nicht aus!«, warnte der Nationale Wetterdienst auf Facebook. »Sie schützen nicht vor den kleinsten Rauchpartikeln. Am besten bleiben Sie im Haus und halten die Türen und Fenster geschlossen. Wenn Ihre Klimaanlage läuft, halten Sie die Frischluftöffnung geschlossen und den Filter sauber, damit kein Rauch von außen hineingelangen kann.«

634 Der vielleicht eindringlichste Bericht über dieses Phänomen findet sich in Anand Giridharadas' Buch Winners Take All: The Elite Charade of Changing the World, New York, Knopf, 2018. Diese Geschichte wird in Tim Rogan, The Moral Economists (Princeton, New Jersey, Princeton University Press, 2018) erzählt; siehe auch Tehila Sassons Rezension des Buches, die unter dem Titel »The Gospel of Wealth« am 22. August 2018 in Dissent erschien.

635 Dieses Phänomen hat, als einer von vielen, auch Stephen Metcalf prägnant in seiner kurzen Geschichte des Neoliberalismus beschrieben: »Neoliberalism: The Idea That Swallowed the World«, The Guardian, 18. August 2017.

636 Geoff Mann und Joel Wainwright, Climate Leviathan: A Political Theory of Our Planetary Future, London, Verso, 2018.

637 Katharine Ricke et al., »Country-Level Social Cost of Carbon«, Nature Climate Change 8, September 2018, S. 895-900.

638 Den vielleicht besten Bericht über diese Initiative liefert Bruno Macäes in Belt and Road: A Chinese World Order, London, Hurst, 2018. Das Projekt »könnte auch zu dauerhaften Umweltschäden führen«, behauptete eine Gruppe von Forschern kürzlich. (Fernando Ascensäo et al., »Environmental Challenges for the Belt and Road Initiative«, Nature Sustainabüity, Mai 2018).

639 Harald Welzer, Klimakriege: Wofür im 21. Jahrhundert getötet wird, Frankfurt a.M., S.Fischer, 2008.

640 Laut Hamza Shaban von The Washington Post geschah das im Frühjahr 2018 innerhalb von nur zwei Monaten gleich dreimal: »Facial Recognition Cameras in China Snag Man Who Allegedly Stole $17000 Worth of Potatoes«, 22. Mai 2018. Siehe auch: Stephen Chen, »China Takes Surveillance to New Heights with Flock of Robotic Doves, but Do They Come in Peace?«, South China Morning Post, 24. Juni 2018.

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3.5-  Geschichte jenseits des Fortschritts  (s228)

 

641  Nicht nur das Wachstumsversprechen wurde zu Zeiten der Industrialisierung erfunden, sondern auch die Idee der Geschichte, die verspricht, dass die Vergangenheit eine Erzählung des menschlichen Fortschritts ist - was suggeriert, dass das Gleiche auch für die Zukunft gelten wird.

Dieser Fortschrittsglaube hat eine im Alltagsleben verankerte Grundlage, nämlich dass sich dieses im Viktorianischen Zeitalter so schnell veränderte, dass niemand, der Augen im Kopf hatte, es übersehen konnte. Es gab aber auch eine intellektuelle Grundlage - im 19. Jahrhundert behaupteten verschiedene Philosophen, von Hegel bis zu Comte, gelegentlich, dass die Geschichte einen Verlauf haben müsse, dass sie auf die eine oder andere Weise auf irgendeine Form des Lichts zuführen müsse. Diese Vorstellung verwunderte die Leser der zeitgenössischen Autoren Darwin und Spencer nicht weiter, genauso wenig wie die Besucher der Ausstellung in Queen Victorias Crystal Palace, der ersten Weltausstellung, in der die nationalen Darbietungen zu einem impliziten Wettbewerb über die Frage der Entwicklung angeordnet waren und die mehr oder weniger versprach, dass die Technologie allen eine bessere Zukunft verhieß.

Als Jacob Burckhardt sein Werk Die Kultur der Renaissance in Italien verfasste, in dem er die heute fast sprichwörtliche dreiteilige Struktur der westlichen Geschichte darlegte - auf die Antike folgte das Mittelalter, dann die Moderne -, konnte er sich als Kontrahenten von Hegel und Comte verstehen und dennoch ein Buch schreiben, das die Vergangenheit explizit als ein einziges, in verschiedene Perioden unterteiltes Drama darstellte. So tief war die Vorstellung einer progressiven Geschichte in dieser Zeit der rasanten gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Veränderungen verwurzelt: Selbst Kritiker des reflexartigen westlichen Triumphalismus neigten dazu, die Geschichte als Marsch nach vorn zu verstehen. Das beste Beispiel dafür ist Marx: Wer seine Variante des Hegelianismus mit zusammengekniffenen Augen anschaut, erkennt darin die Form des unentrinnbaren Wanddiagramms der Geschichte, das Sebastian Adams 1871 zum ersten Mal veröffentlichte - erstaunlicherweise motiviert durch die christliche Evangelisation.

1920 brachte H. G. Wells seine einflussreiche Version The Outline of History heraus; darin erklärte er, dass »die Geschichte der Menschheit«, die er in 40 Kapitel von »Die Erde in Zeit und Raum« bis zu »Die nächste Phase der Geschichte« einteilte, »eine Geschichte der mehr oder weniger blinden Bemühungen ist, einen gemeinsamen Sinn zu finden, in Bezug auf den alle Menschen glücklich leben können«. Das Buch verkaufte sich millionenfach und wurde in Dutzende Sprachen übersetzt, und es wirft seine langen Schatten auf fast jeden Versuch einer populärwissenschaftlichen, groß angelegten Darstellung der Geschichte, der seitdem unternommen wurde, von Kenneth Clarks Civilisation bis zu Jared Diamonds Guns, Germs, and Steel. 

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642  Dass diese Form der absoluten Skepsis Harari eine derart begeisterte Anhängerschaft unter den führenden Gestalten des technokratischen Fortschritts verschaffte, zählt zu den Kuriositäten des TED-Talk-Zeitalters. Aber die Skepsis schmeichelt auch, vor allem denjenigen, die von ihrem Erfolgsbewusstsein dazu verleitet werden, die ausladendsten Bögen der Geschichte zu betrachten. Wenn Harari uns einlädt, die Geschichte in Augenschein zu nehmen, scheint er uns dadurch auch aus ihr herauszuziehen. Dabei tritt eine belehrende Veranlagung zutage, die Harari nicht nur mit Jared Diamond, sondern auch mit Joseph Campbell und sogar Jordan Peterson teilt. In seinem folgenden Buch Homo Deus plädiert er für einen neuen modernen Mythos, obwohl er ihn nicht direkt als solchen anerkennt. Er legt dar, dass in naher Zukunft eine supermächtige künstliche Intelligenz aufkommen werde, die alles, was wir unter dem Begriff »Menschheit« kennen, nahezu veraltet dastehen ließe.

643  Die menschlichen Überreste, die aus dieser Zeit gefunden wurden, zeugen klar und deutlich von einem harten Leben: Die Menschen waren kleiner, kränklicher und starben früher als ihre Vorfahren. Die Durchschnittsgröße ging von 1,78 Meter bei Männern und 1,68 Meter bei Frauen auf 1,65 Meter bzw. 1,55 Meter zurück. Die sesshaften Gemeinschaften waren anfälliger für Infektionskrankheiten, aber auch die Fettleibigkeit und Herzerkrankungen erlebten ein Hoch. Deshalb kann die »Anklage gegen die Zivilisation«, wie der Kritiker John Lanchester es genannt hat, im Grunde auch als Anklage gegen die Landwirtschaft geführt werden.

644  Jared M. Diamond, »The Worst Mistake in the History of the Human Race«, Discover, Mai 1987.

645  Yuval Noah Harari, »Does Trumps Rise Mean Liberalism's End?«, The New Yorker, 7. Oktober 2016.

 

646  Zur Ekpyrosis: Das war der Glaube, dass der Kosmos in einem sogenannten »Großen Jahr« regelmäßig vollständig zerstört würde, nur um dann wieder neu geschaffen zu werden, damit das Ganze von vorne beginnen konnte. Piaton zog die Bezeichnung »perfektes Jahr« vor, in dem die Sterne an ihre ursprüngliche Position zurückkehrten.

Zum »dynastischen Zyklus«: Obwohl in manchen Berichten über den Kreislauf von einem Dutzend Phasen oder mehr die Rede ist, gibt es laut dem chinesischen Philosophen Mengzi nur drei (im Grunde Aufstieg, Höhepunkt und Niedergang).

Zur »Ewigen Wiederkunft«: Zum ersten Mal legte Nietzsche dieses Konzept, dass sich alles ewig wiederholen müsse, als eine Art Gedankenexperiment in Die fröhliche Wissenschaft (1882) dar. Aber er kehrte immer wieder zu ihm zurück und beschrieb es oft eher als ein Gesetz des Universums - ganz ähnlich, wie es auch schon die alten Ägypter, die Inder und die griechischen Stoiker sahen.

Zu Arthur Schlesinger: Arthur M. Schlesinger, The Cycles of American History, Boston, Houghton Mifflin, 1986.

Zu Paul Michael Kennedy: In seinem Buch Aufstieg und Fall der großen Mächte aus dem Jahr 1987 entwirft Kennedy ein recht einfaches Modell für die Geschichte der Großmächte: Wachstum, befeuert durch natürliche Ressourcen, gefolgt von Niedergang, beschleunigt durch militärische Überforderung.

 

647  Der Tenor dieses Buches, Malms nächstem Werk nach Fossil Capitalism, besteht darin, dass wir zwar glauben mögen, dass die »Natur«, als Gegensatz zur »Gesellschaft«, verschwunden sei, dass die Erderwärmung sie aber mit all ihrer strafenden Macht wieder zurückbringt.


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3.6-  Ethik am Ende der Welt  (s236)

 

648  McLemore, dessen Ängste teilweise durch eine Quecksilbervergiftung ausgelöst gewesen sein könnten, fürchtete vor allem das Schmelzen des arktischen Eises, Dürren und die Verlangsamung des thermohalinen Förderbandes.

649 Richard Heinberg, »Surviving S-Town«, Post Garbon Institute, 7. April 2017.

650 Thomas' Buch heißt Inheritors of the Earth: How Nature Is Thriving in an Age of Extinction (New York, Public Affairs, 2017), und es handelt sich dabei nicht unbedingt um eine vollmundige Feier dessen, was er »Zeitalter des Aussterbens« nennt, sondern eher um den bescheidenen Vorschlag, neben den schlimmen Auswirkungen auch die positiven, schöpferischen Aspekte des Klimawandels zu sehen. Dieser eigenwillige Optimismus klingt auch in Michael Shellenbergers und Ted Nordhaus' Werken Break Through: Why We Can't Leave Saving the Planet to Environmentalists und Love Your Monsters: Postenvironmentalism and the Anthropocene an, ebenso wie bei den kanadischen, schwedischen und südafrikanischen Wissenschaftlern, die hinter dem Forschungskollektiv »Bright Spots« stehen und, obwohl sie die Auswirkungen der Erderwärmung in erster Linie fürchten, trotzdem eine Liste der positiven Umweltentwicklungen führen, die ihrer Meinung nach für ein »gutes Anthropozän« spricht, wie sie es nennen.

651 Dieses Gedicht stellte beispielsweise Joan Didion ihrem Essayband Die Stunde der Bestie voran. Darin finden sich folgende Zeilen: »Alles zerfällt; die Mitte hält nicht mehr;/Die bloße Anarchie ist losgelassen auf die Welt.«

652 Diese Sichtweise tritt auch in Jeffers' berühmtestem Gedicht, »Carmel Point«, deutlich zutage:
Wir müssen unseren Geist von uns selbst lösen;
Wir müssen unsere Ansichten ein wenig deshumanisieren, und zuversichtlich werden
Wie der Stein und das Meer, aus dem wir entstanden.

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653  Tatsächlich heißt es im Manifest weiter: »die menschliche Zivilisation ist ein extrem fragiles Konstrukt«, und dennoch, so schreiben die Verfasser, leugneten wir diese Fragilität ständig - unser Alltagsleben hinge davon vielleicht genauso ab wie vom Leugnen unserer Sterblichkeit. Das ist es, was der Philosoph Samuel Scheffler meint, wenn er behauptet, dass die Rolle, die früher das Jenseits gespielt hat, das uns zu einem moralischen und ethischen Verhalten anhielt und dieses ordnete und überwachte, in einer agnostischen Welt zum Teil von der Überzeugung übernommen wurde, dass die Welt nach unserem Tod fortbestehen wird.

Mit anderen Worten: Der Gedanke, dass das Leben es nicht nur wert ist, gelebt zu werden, sondern auch, gut gelebt zu werden, »wäre durch die Aussicht auf das Verschwinden der Menschheit stärker bedroht als durch die Aussicht auf den Tod«.

Charles Mann fasst die Aussage von Schefflers Ansicht zum ethischen Paradoxon des menschlichen Handelns in Bezug auf den Klimawandel so zusammen: »Der Glaube, dass das menschliche Leben weitergeht, auch wenn wir selbst sterben, ist eine der Grundstützen der Gesellschaft.«

»Sobald dieser Glaube zu bröckeln beginnt, könnte der Zusammenbruch einer Zivilisation unaufhaltsam sein«, schrieben Kingsnorth und Hine in ihrem Manifest. »Dass Zivilisationen irgendwann untergehen, ist so sehr ein Gesetz der Geschichte wie die Schwerkraft ein Gesetz der Physik. Was nach dem Untergang bleibt, ist eine wilde Mischung aus kulturellen Trümmern, verwirrten und zornigen Menschen, deren Gewissheiten sie betrogen haben, und die Kräfte, die immer schon da waren, die tiefer reichen als das Fundament der Stadtmauern: der Überlebenswille und die Sehnsucht nach einem Sinn

 

654 Paul Kingsnorth, »Dark Ecology«, Orion, November/Dezember 2012. Das Manifest enthält diese Passage:

Wie sieht die nahe Zukunft aus? Ich würde auf eine seltsame und unweltliche Kombination des fortschreitenden Zusammenbruchs wetten, der sowohl die Natur als auch die Kultur weiter in Bruchstücke zerfallen lässt, und auf eine neue Welle von grünen Tech-»Lösungen«, die in einem zum Scheitern verurteilten Versuch, diesen Kollaps abzuwenden, aufkommen.

Ich glaube heute nicht, dass irgendetwas diesen Kreislauf durchbrechen kann, abgesehen von einer Art Neustart von der Art, wie wir ihn schon oft in der Geschichte der Menschheit erleben konnten. Eine Art Rückfall auf eine niedrigere Stufe der zivilisatorischen Komplexität. Etwas wie der Sturm, der sich deutlich sichtbar um uns herum zusammenzieht.

Wenn euch das alles nicht gefällt, ihr aber wisst, dass ihr es nicht aufhalten könnt, was dann? Die Antwort lautet, dass wir dazu verpflichtet sind, ehrlich zu sagen, an welchem Punkt im großen Kreislauf der Geschichte wir uns gerade befinden, welche Dinge wir mit unserer Macht ändern können und welche nicht. Wer glaubt, wir könnten uns mit neuen Ideen oder Technologien aus der Fortschrittsfalle hinauszaubern, verschwendet seine Zeit. Wer glaubt, dass die übliche »Kampagnen«-Strategie heute dort funktioniert, wo sie es gestern nicht getan hat, verschwendet seine Zeit. Wer glaubt, die Maschine könne reformiert, gezähmt oder ihrer Reißzähne beraubt werden, verschwendet seine Zeit. Wer einen großen Plan für eine bessere Welt erstellt, der auf Wissenschaft und rationalen Argumenten gründet, verschwendet seine Zeit. Wer versucht, in der Vergangenheit zu leben, verschwendet seine Zeit. Wer das Leben als Jäger und Sammler oder das Versenden von Bomben an die Besitzer von Computergeschäften romantisiert, verschwendet seine Zeit.

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655  Das erkennt man daran, wie sehr so einige, die eine recht radikale Einstellung hinsichtlich der Umwelt und unseren Verpflichtungen ihr gegenüber hegen - von Jedediah Purdy bis zu Naomi Klein -, auf die Probleme des politischen Handelns fokussiert sind.

Purdy entwickelt in After Nature: A Politics for the Anthropocene (Harvard University Press, 2015) eine ganze politische Praxis aus der - unbestritten zutreffenden - Erkenntnis, dass die endgültige und absolute Eroberung der Erde durch den Menschen mit deren Zerstörung einhergeht. Er argumentiert, dass das Ende einer derart langen Ära der natürlichen Fülle nach einem demokratischeren Ansatz in der Umweltpolitik und den dazugehörigen Regeln und Gesetzen verlangt - selbst wenn oder gerade weil jede Alternative zum augenblicklichen Kurs infrastrukturell fast unmöglich erscheint. 2017 ging er in einem Austausch mit Katrina Forrester, der später in Dissent erschien, ausführlicher darauf ein:

Hier ist das Paradoxe: Die Welt kann so nicht weitermachen, aber sie kann auch nicht anders. Es war die kollektive Macht einiger - nicht aller - Menschen, die uns in diese Situation gebracht hat: Macht über die Ressourcen, Macht über die Jahreszeiten, Macht über einander. Diese Macht hat eine globale Menschheit erschaffen, die in eine Frankenstein-Ökologie verstrickt ist. Aber sie umfasst bisher noch nicht die Macht der Verantwortung oder der Zurückhaltung, die wir brauchten. Um sich dem Anthropozän zu stellen, werden die Menschen einen Weg finden müssen, sich einander zu stellen. Als Erstes brauchten wir ein Wir.

Aus einer bestimmten Perspektive mag das nach konventioneller Politik klingen, von der Art, die Kingsnorth als unvorstellbar naiv bezeichnet. Es ist aber auch meine Art der Politik, muss ich zugeben - ich nicke anerkennend mit dem Kopf, wenn ich lese, wie Kate Marvel zu Mut statt zu Hoffnung aufruft oder wie Naomi Klein von einer Gemeinschaft des politischen Widerstands schwärmt, die aus den örtlichen Protestgruppen entsteht und die sie »Blockadia« getauft hat.

Ich glaube wie Purdy, dass die Zerstörung der Erde und das Ende der natürlichen Fülle einen neuen Progressivismus erforderlich machen, der von einer frischen egalitären Energie angetrieben wird, und ich glaube wie AI Gore, dass wir im Bereich der Technologien jeden letzten Hoffnungsschimmer verfolgen sollten, um den katastrophalen Klimawandel abzuwenden, selbst wenn wir dafür die Kräfte des Marktes entfesseln - oder ertragen - müssen, damit sie dazu beitragen können.

Ich glaube wie Klein, dass einige bestimmte Marktkräfte unsere Politik fest im Griff haben, aber eben nicht vollständig, was uns einen hellen Silberstreif einer Chance lässt, und ich glaube auch wie Bill McKibben, dass bedeutsame und sogar dramatische Veränderungen auf den bekannten Wegen erreicht werden können: durch Wählen, organisierte Aktionen und politisches Handeln auf allen Ebenen.

Mit anderen Worten: Ich glaube vor allem an das Engagement, wo auch immer es helfen kann. Genau genommen halte ich jede andere Reaktion auf die Klimakrise für moralisch unverständlich.

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656  Dass diese Analogie immer wieder herangezogen wird, ist eher unglücklich, weil das den Eindruck trübt, der dadurch eigentlich vermittelt werden sollte: Die Mobilisierung der alliierten Kräfte war in der Geschichte beispiellos und wurde seitdem nie wieder erreicht. Die Allierten haben die Nazis nicht durch eine Veränderung des Grenzsteuersatzes besiegt, so sehr die Verfechter einer Klimasteuer diese auch als unmittelbares Allheilmittel betrachten wollen. Im Zweiten Weltkrieg wurden außerdem die Wehrpflichtigen einberufen, die Industrie verstaatlicht und die Lebensmittel weitgehend rationiert. Wenn Sie sich einen CO2-Steuersatz vorstellen können, der in nur drei Jahrzehnten derartige Auswirkungen hätte, haben Sie mehr Fantasie als ich.

 

657 Wendy Lynne Lee, Eco-Nihilism: The Philosophical Geopolitics of the Climate Change Apocalypse, Lanham, Maryland, Lexington, 2017.

658 Diesen Begriff verwendete Parker in seiner Erklärung, warum er aus der kanadischen New Democratic Party austrat, als diese sich für die Subventionierung von Erdgas aussprach.

 

659  In einem Essay mit dem Titel »Love Your Monsters« entwickelte Latour aus Mary Shelleys Parabel ein Klagelied über die Umweltverantwortung, das mit der vielleicht romantischen Bitte beginnt, klar und deutlich anzuerkennen, was wir angerichtet haben - er schreibt: »So wie wir vergessen haben, dass Frankenstein der Mensch war, nicht das Monster, haben wir auch Frankensteins eigentliche Sünde vergessen.«

Dr. Frankensteins Verbrechen war nicht, dass er in einer Kombination aus Größenwahn und technischen Fähigkeiten eine Kreatur schuf, sondern dass er diese Kreatur sich selbst überließ. Als Dr. Frankenstein seine Schöpfung auf einem Gletscher in den Alpen trifft, behauptet das Monster, es sei nicht als Monster geboren worden, sondern zum Kriminellen geworden, nachdem es von seinem panischen Schöpfer alleingelassen wurde, der aus dem Labor floh, sobald das fürchterliche Wesen zum Leben erwachte.

Einen ähnlichen Fall von Verantwortung skizziert Donna Haraway, die Theoretikerin hinter Cyborg Manifesto (1985), einem Pionierwerk des Feminismus, in ihrem kürzlich erschienenen Buch Unruhig bleiben, dessen Untertitel Die Verwandtschaft der Arten im Chthuluzän (Frankfurt a.M., Campus, 2018) lautet - nach Chthulu, H. P. Lovecrafts vielgesichtigem Ungeheuer von kosmischer Niedertracht.

 

660  Sam Kriss und Ellie Mae O'Hagan, »Tropical Depressions«, The Baffler 36 (September 2017). »Der Klimawandel bedeutet ziemlich sicher das Ende all dessen, was die Menschheit unserem Verständnis nach heute ausmacht«, schreiben Kriss und O'Hagan.

»Etwas am Ausmaß dessen ist niederschmetternd: Die meisten Menschen versuchen, nicht zu viel darüber nachzudenken, weil es unvorstellbar ist, so wie der Tod für die Lebenden immer unvorstellbar ist. Bei den Leuten, die darüber nachdenken müssen - den Klimaforschern, Aktivisten und Verfechtern -, löst die drohende Katastrophe einen ähnlichen Schrecken aus: Die mögliche Auslöschung der Menschheit in der Zukunft stellt die Menschheit heute infrage.«

 

661   »Wenn die verbreitetesten Ursachen für den individuellen Selbstmord Depressionen und psychische Isolation sind, könnte der Grund für unseren immer rascher herannahenden und kollektiv gewollten Selbstmord die Verzweiflung über das Scheitern des Kapitalismus und des konsumgetriebenen Sinns sein, und der lähmende Umstand, den die Psychologen >Einsamkeit der Spezies< nennen«, sagte Powers Everett Hamner von der The Los Angeles Review of Books (7. April 2018), in einem Interview, das unter dem Titel »Auf den Nicht-Selbstmord« erschien.

»Wir werden den Pflanzen gegenüber immer Parasiten sein. Aber dieser Parasitismus kann in etwas Besseres umgewandelt werden - ein Gegenseitigkeitsverhältnis. Einer meiner radikalisierten Aktivisten schlägt vor: Wir sollten Bäume fällen, als seien sie Geschenke, nicht etwas, das wir von vornherein verdient haben. Solch ein Bewusstseinswandel könnte eine Verlangsamung der Abholzung nach sich ziehen, da wir Geschenken für gewöhnlich mehr Wertschätzung entgegenbringen als Gratisgegenständen. Aber es würde auch viel dazu beitragen, dem durch die Einsamkeit der Spezies ausgelösten suizidalen Impuls der Menschen entgegenzuwirken. Das wissen viele indigene Völker bereits seit Jahrtausenden: Einem Lebewesen zu danken und es um Verzeihung zu bitten, bevor man es benutzt, trägt viel dazu bei, uns von der Schuld zu befreien, die zu Gewalt gegen uns selbst und andere führt.«

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