Carna ZachariasWo liegt Utopia?Nur wer träumt, ist Realist1985 im Schönberger-Verlag |
1985 250 Seiten (*1948)
detopia: |
Inhalt Vorwort (7) Lektorat: Bücherwerkstatt Bramböck, München Umschlag: ›Der Wanderer über dem Nebelmeer‹, um 1818, Hamburger Kunsthalle Seien wir Realisten, fordern wir das Unmögliche! Literatur (245) Für Peter Wilfert Dieses Buch ist eine Rehabilitation des Begriffes Utopie. Es entlarvt die Gleichsetzung von "utopisch" mit "unrealistisch" als gezielte Propaganda, mit deren Hilfe alle unliebsamen Ideen in den Bereich des Nichtmachbaren verwiesen werden können. Die Autorin macht deutlich, daß Utopien immer in Krisen- und "Wendezeiten" entworfen und zu allen Zeiten nicht nur geträumt, sondern auch gelebt wurden. Konkrete Beispiele aus der Gegenwart belegen diese These. Sie hat ein Buch für alle Menschen geschrieben, die sich danach sehnen, die wahre, humane Realität wiederzuerobern.
Carna Zacharias wurde 1948 in Göttingen geboren und lebt als freie Journalistin und Schriftstellerin in München. Sie ist u.a. für das "Bayrische Fernsehen" und die "Abendzeitung" tätig. |
Die
Sehnsucht nach Glück: Vom Umgang mit Wünschen
(12)
Zwischen
Atlantis und Wolkenkuckucksheim: Wo liegt Utopia? (29)
Science
Fiction und Utopie (45) Utopia als Symbol (63)
Am
Anfang war die Frau: Matriarchat und Utopie (75)
Denn
alle Lust will Ewigkeit: Liebe und Utopie (93) Der Alptraum vom perfekten Staat... (107) ... und der Traum von der perfekten Gesellschaft: Sozialismus und Utopie (115) Interview mit Karl Held Kampf gegen die Wahrscheinlichkeit: Frieden und Utopie (129) Interview mit Constanze Eisenbart Von der Kommune zur Szene: Utopie in der Praxis (145) Im Bündnis mit dem Leben: Die Grünen und die Utopie (153) Interview mit Otto Schily Der Traum vom Neuen Menschen: Erziehung und Utopie (165) Interview mit Jürgen Zimmer Die Zukunft läßt nicht mehr lange auf sich warten: Utopien junger Mädchen (185) Die Wiederverzauberung der Welt: New Age, Evolution und Utopie (201) Interviews mit D. Hagenbach und M.L. Moeller Die unwirkliche Realität der Realisten (221) Argumente für eine offene Utopie (229-244) |
Vorwort
8-9
Können nur Menschen sehnsüchtig über das Bestehende hinaus, also utopisch denken? — Meine Katze hält sicherlich die pausenlose Versorgung mit größeren Mengen von Rinderherz für die einzige Utopie, die diesen Namen verdient, während wir bekanntlich etwas mehr zum Leben brauchen.
Egal, ob Nicht-Menschen überhaupt Utopien bilden oder ob sie dazu unfähig sind – ich glaube, daß eine Menschheit, die darauf verzichtet, utopisch zu denken, keine Zukunft hat.
Mit dem Orwell-Jahr 1984 und der Wiederentdeckung der negativen Utopien ist der Eindruck erweckt worden, als könnten aufgeklärte kluge Leute nur noch negative Utopien ernstnehmen. Diese und eine Reihe hervorragender sachlich-engagierter Analysen über das Schicksal der Erde haben uns in der Tat die Augen geöffnet. Wir alle kennen unsere Situation, und niemand darf behaupten, er bekäme keine ausreichenden Informationen darüber. Wer sehen will, kann sehen!
Wenn ich ein Buch über die Hoffnung, die <positiven> Utopien, geschrieben habe, so keinesfalls, um diese Analysen und Warnungen zu entkräften, sondern um zu versuchen, daraus Schlüsse zu ziehen. Mit dumpfer Angst und Resignation gibt man gerade denen recht, die man am meisten fürchtet. Es ist heutzutage allerdings einfacher, über Befürchtungen als über Wünsche zu sprechen. Die <heile Welt> ist zu sehr ein Zynismus derer geworden, für die die heilste Welt eine nicht mehr existente ist.
Unsere globale Zukunftskrise ist zu gefährlich, als daß man die Realität denen überlassen könnte, die sich damit brüsten, Realisten zu sein. Das sind nämlich diejenigen, die Waffen erfinden, mit denen praktischerweise ›nur‹ Menschen und keine Produktionsmittel vernichtet werden, oder diejenigen, für die unmoralisch nur eine zu niedrige Bestechungssumme ist.
Doch auch die Phantasie ist zu kostbar, um sie an die Phantasten abzutreten.
Die Utopie ist eine Möglichkeit, durch das Herabholen der Phantasie auf die Erde die Realität wiederzuerobern.
Dieses Buch bemüht sich um eine Ehrenrettung des Begriffs "Utopie", der heute, völlig unhistorisch, mit "Hirngespinst" gleichgesetzt wird.
Es versucht darüber hinaus, Voraussetzungen für ein neues utopisches Bewußtsein zu entwickeln, das sich nicht in der Konstruktion idealer Staaten erschöpft, sondern das zugleich offen und ganzheitlich ist.
In einer Reihe von Interviews — ich habe mich dabei auf den deutschsprachigen Raum beschränkt — werden Ansätze in konkrete Richtungen deutlich, aber sie schöpfen keineswegs das gesamte Gebiet ›Utopie‹ aus.
In meinem Buch präsentiere ich weder ›fertige‹ Utopien noch eine einheitliche Theorie oder ein geschlossenes Gedankengebäude. Ich versuche vielmehr Impulse zu geben und wünsche mir, daß einige Funken auf die Leser überspringen und in jedem etwas Eigenes entzünden.
9
München, 1985, Carna Zacharias
Danksagung: Ich möchte meinen Interviewpartnern dafür danken, daß sie mir ihr Wissen und ihre Zeit zur Verfügung gestellt haben. Außerdem Judith Wilfert für ihre einfühlsame praktische Hilfe. Und ganz besonders meinem Vater Gerhard Zacharias, der mir zahlreiche wertvolle Hinweise gab. |
Und ich glaube nicht
Ich glaube wirklich an etwas, und das nenne ich <ein Tag wird kommen>.
Ingeborg Bachmann |